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Sonnabend, 23. April 2022
– 50 Jahre Kopenhagen ohne Straßenbahn
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Am 22. April 1972 wurde in
København die Straßenbahn eingestellt, zuletzt wurde dort
noch die Linie 5 betrieben. Die Geschichte der Straßenbahn in
København begann 1863 mit der Einführung der
Pferdestraßenbahn, welche 1897 um eine elektrische
Straßenbahn – zunächst aus Akkumulatoren gespeist –
ergänzt wurde. Ab 1899 wurden die Strecken der Straßenbahn
nach und nach mit Fahrleitung elektrifiziert. Noch 1960 begann die
Modernisierung des Wagenparks der Københavns
Sporveje (KS), wie die Kopenhagener
Straßenbahn heißt. Bis 1966 wurden 100 sechsachsige
Gelenktriebwagen von Düwag
aus Düsseldorf beschafft, die einen Großteil der alten
Triebwagen ersetzten.
Der letzte in der Nacht vom 22. auf den 23. April 1972 eingesetzte
Triebwagen 896 wurde mit Papierschildern und Tannenschmuck versehen.
Heute am 50. Jahrestag der Einstellung der Straßenbahn wurde der
in Restaurierung befindliche Triebwagen 890 – 2001 aus Alexandria
rückgeholt – analog dem Wagen 896 geschmückt. Hier passiert
Tw 890 die Hst Flemmingsminde auf der ersten Rückfahrt aus Eilers
Eg.
Während der Wagen 1972 nur langsam vorankam und am Ende rund zwei
Stunden Verspätung hatte, u.a. weil sich Demonstranten für
den Erhalt der Straßenbahn einsetzten und die Gleise blockierten,
stellte sich heute niemand der Straßenbahn in den Weg und das
Papier hielt dem Fahrtempo der Straßenbahn nicht stand. So fuhr
der Tw 890 nur die erste Runde mit dem Schilderschmuck.
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Vor der Beschaffung der 100
Düwag-Gelenktriebwagen testete Københavns Sporveje
im Jahre 1958 nacheinander zwei Probewagen, einmal den PCC-Triebwagen
3060 der Hamburger Hochbahn AG
und zum anderen den GT6 2412 der Rheinische
Bahngesellschaft AG, heute Rheinbahn
aus Düsseldorf. Die KS entschied sich letztlich für den
Düwag-Gelenktriebwagen mit der verbreiteten Breite von 2,20 Meter
statt den 2,35 Metern in Düsseldorf. 2002 kam der GT6 2412 im
angenäherten Zustand von 1958 als Geschenk aus Düsseldorf
nach Skjoldenæsholm und gehört seitdem dort zu
den am meisten eingesetzten Betriebsfahrzeugen. Hier hat der GT6 2412
Skovkanten passiert.
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Insgesamt noch 12 Lundingwagen waren bis zuletzt in
København im Einsatz, die 100 Düwagwagen konnten die 118
Triebwagen samt der 83 Beiwagen nicht alle ersetzen.
Der Triebwagen 587 kommt aktuell ohne den Beiwagen 1572 zum Einsatz,
welcher derzeit überarbeitet wird. Im Straßenbahnmuseum
Skjoldenaesholm sind sechs Trieb- und fünf Beiwagen des
Lunding-Typs erhalten – betriebsfähig sind
aktuell zwei Triebwagen, zwei Beiwagen befinden sich in Restaurierung.
Hier erreicht der Tw 587 die Hst Gammel Sparegodtvej.
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Auf der zweiten Runde erreicht der
Tw 890 die Hst Gammel Sparegodtvej bereits ohne die nachgestellte
Schmückung von 1972. Die Triebwagen 815 und 890 kehrten 2001 aus
dem ägyptischen Alexandria nach Dänemark zurück und
kamen noch einige Jahre im Museum zum Einsatz, ehe mit der
Restaurierung begonnen wurde,
zunächst die des Tw 890.
Der Tw 815 wurde einige Jahre später zur weiteren Aufarbeitung im
Originalzustand nach Gera gebracht,
welche bis 2015
abgeschlossen sein sollte. Durch die Insolvenz der Stadtwerke Gera,
welche den Verkehrsbetrieb mit in den Strudel der Insolvenz zog,
konnten die weit fortgeschrittenen Arbeiten nicht mehr abgeschlossen
werden.
Derzeit wird in Skjoldenæsholm durch das Team 100 verstärkt
an der Restaurierung des 890 gearbeitet, die inzwischen weitgehend
„nur“ noch aus der Komplettierung des Fahrzeuges besteht. Die in Gera
aufgearbeitete Inneneinrichtung soll alsbald nach Dänemark
transportiert werden.
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Auf der türlosen Seite sieht
der Tw 890 bereits fast fertig aus, nur Details wie die Zierleisten
fehlen noch. Auf der Türseite sieht es noch anders aus – die neu
hergestellten Türflügel werden aktuell an das Fahrzeug
angepasst, ehe die Türflügel zur Lackierung gehen und final
eingebaut werden.
Der 890 ist in Skjoldenæsholm prinzipiell bereits seit vielen
Jahren fahrfähig, zur Not – in der Anfangszeit – auch ohne das
B-Teil. 2019 kam der 890 zum Mitgliedertag kurzerhand ohne Türen
und Fensterscheiben zum Einsatz – 2021 waren schon alle
Scheiben eingebaut, die Türen fehlten noch und eine notwendige
Drehfahrt für den bevorstehenden Türeneinbau wurde zur
Präsentation des Erreichten genutzt.
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Ein Zustand, den es eigentlich nie
gab, der Erprobungsträger von 1958 neben einem Serienwagen
des Düwag-Gelenktriebwagens. Möglich nur im Museum, wie hier
auch ganz andere Zeitsprünge der Straßenbahn darstellbar
sind. Selbst die Geschichte der künftigen Stadtbahn in
København in Form der 2025 zu eröffnenden Hovedstadens
Letbane am Stadtrand von København wird im Museum
ausführlich, samt eines 1:1-Mock-Ups des bestellten
Fahrzeugtyps – dem SIEMENS Avenio
– dargestellt.
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Das im Mai 1978 eröffnete Sporvejsmuseet Skjoldenæsholm ist
seit seiner Eröffnung praktisch im ständigen, ehrenamtlich
betriebenen Ausbau. Nach der Eröffnung mit einer
reinen Meterspuranlage samt erster Fahrzeughalle wurde zwischen 1985
und 1998 eine Regelspuranlage in Betrieb genommen und in Form der Valby Gamle Remise ein
früheres Straßenbahndepot 1:1 in Skjoldenæsholm
wiederaufgebaut.
Die Fahrzeuge des einst städtischen, aber 2003 aufgelösten HT-Museums
aus København wurden übernommen, zahlreiche Hallenneubauten
errichtet und jüngst um den
Jahreswechsel 2021/22 herum die Fassade sowie die Gleisharfe der Remise
1 samt Gleisschleife erneuert.
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Über
die Wintermonate war Remise 1 eine große Baustelle. Die Schienen
der beim Aufbau des
Museums in den 1970er Jahren eingebauten Gleise stammten aus
altbrauchbaren Beständen der
Straßenbahnen in Kopenhagen, Aarhus bzw. Malmö und waren
nach 40 Jahren Nutzung im Museumsbetrieb an der Verschleißgrenze
angekommen. Um den Jahreswechsel wurden durch ein Gleisbauunternehmen
fabrikneue Gleiseverbaut.
Gleichzeitig wurden auch zwei Fassadenseiten der 1975 bis 1977
errichteten Remise 1 wärmegedämmt und neu verkleidet.
Inzwischen sind die noch nötigen Arbeiten nach dem Wiederaufbau
des Wagens 567 und dem Quasi-Neuaufbau des Wagens 226 abgeschlossen und
der Zugverband 567/226 im Museumsbetrieb angekommen. Der Wagen 267
wurde 2011 vom Omstigningsklubben
Skælskør übernommen und ab 2012 in rund
fünfjähriger Arbeit zum 567 im Zustand von 1915
restauriert. Der Beiwagen 226 ist unter Nutzung alter Achsen,
Achshaltern und weniger Holzteile ein Neubau.
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Im Einsatz für Rundfahrten war
der Leyland Diesel 155 Hk 322
von 1968, welcher in der Beschilderung der ab dem 23. April 1972
gefahrenen Buslinie 5 als Ersatz für die letzte
Straßenbahnlinie Kopenhagens fuhr.
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Das Straßenbahnmuseum mit
etwas mehr Höhe gesehen. Im Vordergrund Tw 261 mit Bw 1253. Anhand
der
helleren Flächen im Pflaster sind die über den Winter
erneuerten
Gleisbereiche zu erkennen. Im Vordergrund die bereits vor rund 15
Jahren gebaute Meterspurschleife, der noch das Gegenstück am
Skjoldenæsvej fehlt.
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Im Herbst 2014 begannen die
Arbeiten zum Ausbau des Straßenbahnmuseums, nachdem die
benötigten Flächen erworben werden konnten. Die Remise 3
umfasst zehn Gleise á 100 Meter, zwei Gleise davon mit
erweitertem Gleismittenabstand für breitere Wagen. Seit Oktober
2015 sind drei Gleise mit Straßenbahnen belegt,
die nicht betriebsfähig abgestellt bzw. Arbeitsreserve sind. Die
weiteren Gleise sind mit Bussen und Ersatzteilen belegt, so dass bis
auf eine
Bushalle alle extern angemieteten Hallen aufgegeben werden konnten.
Mit Fertigstellung der Gleisharfe vor Remise 3 und der westlichen
Ausfahrt können die vier
südlichen Gleise als Durchfahrgleise genutzt werden, die Remise 1
und die
Valby Gamle Remise sollen dann ausschließlich Werkstatt- bzw.
Ausstellungszwecken dienen. Rechts außerhalb des Fotos ist in
nächster Zeit der Bau einer beheizten Lackierwerkstatt vorgesehen,
die die neue Halle anschließende Weiche ist bereits vorbereitet.
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Tw 890 bricht zeitgleich mit der
Ankunft des Probewagens 2412 zu einer Runde nach Eilers Eg
auf. Gut sichtbar neben den erneuerten Dachfenstern die neu gestaltete
Fassade der Remise 1 – neben erneuerten, größeren Fenstern
wurden am westlichen Ende weitere Schaufenster eingerichtet, welche in
der nächsten Zeit mit zeitgenössischem Leben gefüllt
werden.
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Ein Blick über die
zentrale Museumsanlage mit den fünf seit 2014 neu gebauten Hallen.
Im Vordergrund der 2018 bis 2021 trockengelegte Teich bei Tobaksmarken,
auf deutsch an den Tabakfeldern. Ende 2021 wurde der Teich im Zuge der
Renaturierung der früheren Golfplatzflächen wieder mit Wasser
befüllt. Die
Bunker auf den anderen Spielbahnen rund um das Museum wurden bereits
begrünt, am Teich stehen die Arbeiten noch aus. Fast unscheinbar
fährt Tw 22 mit Bw 283 gen Eilers Eg.
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Bodenständig die Rückkehr
aus Eilers Eg. Am Neergaards Plads passieren die beiden Wagen 22 und
283 den Kaufmannsladen und den Friseur.
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Ein
langjähriges
Aufarbeitungsprojekt war der 1907 von Scandia
gebaute Tw 261. Der 1977 bei
Übernahme 70 Jahre alte Wagen wurde im Zustand von 1927
restauriert und im letzten Jahr 44 Jahre nach Übernahme
erstmals im Museumsbetrieb eingesetzt. Mit Bw 1253 erreicht der Verband
gleich die Promenade Valby Langgade.
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Am Teich der Tw 890 gen Eilers Eg.
Bis zu einem Alltagseinsatz des Triebwagens werden wohl noch mindestens
drei Jahre vergehen, aber die Einsätze heute waren
ein Vorgeschmack auf den dänischen Düwaggelenkwagen.
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Zwei Verbände, wie sie in den
1920er Jahren in København im Einsatz waren. Rechts der Tw 261
mit Bw 1253 und links der doppelstöckige Triebwagen 22, ein
zunächst als Akkutriebwagen gebautes Fahrzeug, welches 1902 auf
Oberleitungsbetrieb und 1924 einstöckig umgebaut wurde. Der
Beiwagen 283 wurde zwischen 1865 und 1872 gebaut und erhielt um 1888
einen neuen Wagenkasten. Seit 1902 fuhr er als Beiwagen hinter
elektrischen Triebwagen und wurde zusammen mit dem bei Falkenried in Hamburg gebauten Tw 17
früh für eine museale Erhaltung hinterstellt.
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Mit den Leyland Diesel 155 Hk
wurden 1968 so einige Straßenbahnwagen in København
ersetzt, längst ist der Wagen selbst ein Museumsstück und
Bestandteil der großen Bussammlung des Museums.
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Durch die im Winter erneuerte
Schleife rollt der Tw 890 mit seinen Drehgestellen und dem kurzen
Achsstand fast geräuschlos.
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Bei einer Umlaufzeit von 30 Minuten
fuhren sechs Wagen im 5-Minutenabstand. Durch einen
Rettungswageneinsatz verzögerten sich am frühen Nachmittag
die Abfahrten, so dass es kurzzeitig zum hintereinanderstehen der
beiden Düwag-Triebwagen kam.
Ein Umlaufzyklus pausierte, so dass sich der 1972 für den Ersatz
der letzten Straßenbahnlinie 5
beschaffte und auf Rundtour um den Valsølille Sø, …
äh natürlich auf der neuen
Buslinie 5 eingesetzte Wagen 571 an den Straßenbahnen
vorbeischlängeln musste. Aber das Problem
der Straßenbahnen hatte sich mit Ablauf des 23. April 1972 und
dem Ende der finalen Kavalkade in København erledigt,
København war fortan straßenbahnfrei.
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Die Verzögerung
ermöglichte das Freistellen der beiden Düwagzüge auf
Spur B, was angesichts des Wolkenstandes allerdings eine Geduldsprobe
war, da der Wagenführer des 890 auf seine planmäßige
Abfahrtszeit wartete und die Wolkenbildung das im Besucherbetrieb die
kommende Jahre kaum mögliche, gemeinsame Bild der beiden
Düwagwagen im Einsatz zum Lotteriespiel machte – welches am Ende
für die Fotografen ausging.
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Entspanntes Schlendern und Schauen
entlang der Valby Langgade mit den verschiedensten Kopenhagener
Straßenbahnen.
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Am Nachmittag kehrt zunehmend Ruhe
im Museum ein, der 890 wird noch zwei Runden nach Eilers Eg fahren und
Tw 261 wartet auf Zeitreisende.
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Tw 890 entlang der Valby Langgade
am Skibhusvej mit dem örtlichen Fahrradhandel.
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Augenscheinlich sind die beiden
Triebwagen 261 und 567 zwei verschiedene Straßenbahntypen,
tatsächlich gehören die beiden Wagen der gleichen Bauserie
von 1907 an und repräsentieren zwei unterschiedliche
Modernisierungszustände aus den Jahren 1915 (567) und 1927 (261) – Letzterer mit neuem,
längeren Fahrgestell und neuen, verlängerten Endbühnen.
Diese Umbauten wurden beim heutigen 567 zwischen 2012
und 2017 neben einem vollständig neuen Wagenausbau
rückgängig gemacht.
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An der aufgelassenen Hst
Tobaksmarken der Verband 567/226 auf dem Weg nach Eilers Eg.
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Die vier Jahre ohne Wasser haben
die Vegation im Teich wachsen lassen – die Natur wird es richten, ob
der Teich an dieser Stelle tümpelartig bleiben wird. Praktisch das
gesamte, Ende 2019 stillgelegte Golfgelände ist neu als
Renaturierungsfläche ausgewiesen. Von daher werden hier
künftig menschliche Eingriffe eher unterbleiben. Die beiden Scrapwagen 470 und 1065 passieren
Tobaksmarken.
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Der GT6 2412 erreicht die Hst
Flemmingsminde.
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Letzte Runde für den Tw 470
mit Bw 1065. Im satten Frühabendlicht passieren sie die Hst
Flemmingsminde.
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Dritter aktuell fahrfähiger
Düwagtriebwagen ist der der Cafévogn
2410, welcher morgens als erster Wagen nach Eilers Eg fährt und
kleine Snacks bereithält. Abends mit Museumsschließung kehrt
der Wagen meist als letzter Wagen ins Museum zurück und wird in
Remise 1 abgestellt.
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Fotos
in Google Earth |
©
2022 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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