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Sonntag, 10. April 2022
– Mit einem Wismarer über die Gebirgsbahn
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Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsfreunde
Lüneburg e.V. (AVL) engagiert sich seit 1981 für die
Geschichte und den Erhalt der Infrastruktur und der Fahrzeuge der Osthannoversche Eisenbahnen AG (OHE).
„Reichte“ es in früheren Jahren, historische Fahrzeuge im Bestand
zu haben und diese zu restaurieren, hat sich in den letzten Jahren die
Eisenbahnlandschaft nicht nur in Deutschland grundlegend gewandelt.
Die AVL gründete in diesem Zusammenhang 1997 die Touristik-Eisenbahn Lüneburger Heide
GmbH (TEL) als Eisenbahnverkehrsunternehmen
(EVU) und 2010 die Bleckeder
Kleinbahn Verwaltungsges. UG als Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU),
um den Betrieb rund um den HEIDE-Express
auf zeitgemäße Beine zu stellen. Im Laufe der Jahre konnte
ein repräsentativer Schnitt durch die Geschichte der OHE-Fahrzeuge
gesichert und meist für den Betrieb wieder aufgearbeitet werden.
Einer der recht neu im AVL-Bestand befindlichen Fahrzeuge ist der DT
0511. Der bei der Waggonfabrik Wismar
gebaute Triebwagen der Bauart „Lüneburg“ wurde 1934 vom Landeskleinbahnamt der Provinz Hannover
bestellt und noch im selben Jahr an die Kleinbahn Lüneburg-Soltau GmbH
ausgeliefert und mit der Betriebsnummer SK 2 in Dienst gestellt. In den
letzten Jahren bei der OHE war der Triebwagen meist von Celle Nord aus
im Touristikeinsatz und vertrat oder ergänzte den VT 0508, ein Wismarer Schienenbus der Bauart
„Hannover“. 2006 wurde der Triebwagen an die Ilmebahn GmbH aus Einbeck verkauft,
die ihn bis Ende 2018 im Ausflugsverkehr einsetzte. 2019 konnte
die AVL den zum Verkauf ausgeschriebenen Triebwagen übernehmen. Im
Nachgang einer Sonderfahrt nach Lüneburg konnte die
Rücküberführung nach Winsen heute für eine
Fotofahrt
genutzt werden.
In sechs Stunden von Lüneburg nach Winsen, eine Verbindung
für die der Metronom
eine Fahrzeit von 10 Minuten benötigt – der Weg ist das Ziel! Hier
durchfährt der DT 0511 den Bf Rettmer mit seinem markanten
Trocknungssilo des örtlichen Landhandels. Im vergangenen Jahr
wurde mit der Erneuerung der einstigen Stammstrecke des einstigen SK 2
und heutigem DT 0511 – der „Gebirgsbahn“ Lüneburg – Soltau
begonnen, welche sich seit Jahresbeginn 2022 in Form der Schieneninfrastruktur Ost-Niedersachsen
GmbH (SInON) wieder im Eigentum des Landes Niedersachsen
befindet.
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Durch den
Zusammenschluss der Kleinbahnen in der Provinz Hannover gelangte der
Triebwagen am 1. Januar 1944 zur Lüneburg-Soltauer
Eisenbahn GmbH
und ein gutes halbes Jahr später am 16. Juni 1944 zur OHE, wo
er als DT 00511 in das Nummernschema aufgenommen
wurde. Die OHE setzte ihn ab Ende der 40er bis Mitte der 50er Jahre
von Celle Nord aus ein. Nach einem rund einjährigen Einsatz vom Bw
Lüneburg Süd aus ging das Fahrzeug in das Eisenbahnausbesserungswerk Bleckede,
wo es von 1958 bis 1960 grundlegend umgebaut
wurde und das heutige Aussehen erhielt – die Motortechnik wurde
seinerzeit wo möglich an die Technik der damals hochmodernen
GDT-Triebwagen angepasst.
Das „heutige Aussehen“ muss dabei auf die Zeit von Juli 1969 bis Juli
1975 reduziert werden, da der DT 0511 erst im Jahr 1969 gummigefasste
Frontfenster erhielt. Zwischen 1975 und 2006 hatte der Triebwagen eine
rot/cremé-farbene Lackierung, welche bei der Ilmebahn durch eine
weitgehende Lackierung wie zu OHE-Zeiten ersetzt wurde.
Hier steht DT 0511 im einstigen Betriebsmittelpunkt der Gebirgsbahn,
dem Bf Melbeck-Embsen zur Fahrt nach Hützel bereit. Im Zuge der
Streckensanierung 2021 wurden im nördlichen Bahnhofsbereich
bereits zahlreiche Gleise abgebaut. Südlich von Melbeck-Embsen hat
die Streckenerneuerung aktuell noch nicht begonnen. Im April 2020
bestand die Gelegenheit, in Melbeck-Embsen einen klassischen
OHE-Güterzug in Szene zu setzen.
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Abfuhr von Holz macht einen nicht
geringen Teil des Güterverkehrs auf den früheren OHE-Strecken
aus, das hier zu sehende Holz stammt allerdings vom Streckenfreischnitt
entlang der Trasse – das Frühjahr 2022 war von Stürmen
geprägt. Hier der DT 0511 in der Anschlussstelle Heinsen. Falls
sich wer über
die verschiedene Bezeichnung DT und VT wundert (DT steht durchaus auch
für Dampftriebwagen), das OHE-Schema unterschied nach
Dieseltriebwagen (DT) und
Vergasertriebwagen (VT).
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Markant die Ausfahrt der
Anschlusstelle
Heinsen mit dem Gut Heinsen.
2015 hatte eine kleine Fotografenrunde den GDT 0518 für eine
Fotofahrt gechartert, das Wetter war den Fotografen
leider alles andere als gnädig. Warten auf Sonne hatte damals
(fast)
keine Chance. Heute war bester Sonnenschein auf das Postkartenmotiv mit
DT 0511.
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Bei der
Modernisierung ab 1958 tauschte das EAW Bleckede die
trommelgebremsten Achsen gegen Achsen mit größerem
Raddurchmesser und einer innenliegenden Scheibenbremse. Das
gegenüber den Wismarer Schienenbussen vom Typ Hannover ohnehin
größer konstruierte Fahrzeug wurde höher und der
Dachgepäckträger entfernt. Ein neuer
Deutz-Motor vom Typ A6L614
ersetzte den alten Motor von Daimler-Benz,
das Getriebe wurde gegen ein neues von Mylius ausgetauscht. Der Umbau
veränderte das Triebwagenäußere durch die nun normalen
Zug- und Stoßeinrichtungen und die neuen Signallampen.
Nach dem Umbau ging das Fahrzeug am 30. Mai 1960 wieder in Betrieb und
wurde bis zum Ende des Personenverkehrs auf der OHE vom Bw Winsen(Luhe)
aus eingesetzt. Zusammen mit dem VT 0508 hat das Fahrzeug bis ins neue
Jahrtausend bei
der OHE im Ausflugverkehr überlebt und wurde bei Bedarf vom Bw
Celle Nord aus eingesetzt. Haupteinsatzgebiet waren die Fahrten von
Soltau nach Döhle als Verstärker oder Ersatztriebwagen
für den VT 0508.
Nachdem im Jahr 2006 die Untersuchungsfristen abgelaufen waren, wurde
das Fahrzeug abgestellt und an die Ilmebahn
GmbH aus Einbeck verkauft. Die Ilmebahn ließ den DT 0511
im
„Bw13“ in Celle aufarbeiten und nahm ihn am 27. September 2007 wieder
in Betrieb.
Unter dem Namen „Ilmeblitz“ war der Triebwagen für
Sonderfahrten auf der rund 5 km langen Strecke zwischen Einbeck und
Einbeck-Salzderhelden im Einsatz.
Durch die Reaktivierung der Strecke für den Personenverkehr Ende
2018 verlor
der Triebwagen sein Einsatzgebiet und stand zum Verkauf, die AVL konnte
das Fahrzeug zur weiteren Erhaltung als früheres OHE-Fahrzeug
erwerben. Seit September 2019 ist der
DT 0511 wieder in seiner alten Heimat und kam heute auf seiner
früheren Stammstrecke zum Einsatz. Hier im Hp Schafstall, welcher
von der AVL zur Anbindung des Historischen
Schafstall Amelinghausen eingerichtet wurde.
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Bei Soderstorf der DT 0511 an einem
einsamen Feldwegübergang. Das recht neue Warnschild für den
Bahnübergang ist deutlich verblichener als das schon alte 20
km/h-Schild, wo die längst unzulässige Angabe „km“ einfach
überklebt wurde. Wenn da eine
Gruppe Fotografen – zum Teil mit Leiter – in der Gegend rumsteht, muss
der örtliche Dackel natürlich genau hinsehen, was da passiert
…
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Einsam im Wald gelegen ist der
frühere Hp
Grevenhof am Weg „Kleine Raubkammer“.
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Das südliche Ziel der Fahrt
von Lüneburg nach Winsen, der Bf Hützel ist erreicht. Die
Reste der technischen Anlagen aus der Zeit der Fernsteuerstrecke aus
Celle zeugen noch heute von der früheren Bedeutung des Bahnhofs.
Der Abzweig nach Winsen wird von der OHE (jetzt SInON) weiterhin
ferngesteuert.
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Im Bahnhof Hützel wurde bis
1956 ein mechanisches Einheitsstellwerk errichtet, das
Bahnhofsgebäude wurde dabei um einen Vorbau für das Stellwerk
erweitert. Seit 1973 war der Bahnhof Bestandteil der Fernsteuerstrecke
Soltau – Hützel, die Anlage von SEL wurde zum 1. April 2000
außer Betrieb genommen.
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Im Laufe des Nachmittags zog es
allmählich zu, in Eyendorf mit seiner markanten Baumreihe an der
Salzhausener Straße war das mehrfach erprobte „Warten auf Sonne“
mit entsprechendem Erfolg angesagt.
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Bei Gödenstorf der DT 0511 mit
einem recht idyllischen Feldwegübergang.
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Am Bf Toppenstedt in der
südlichen Ausfahrt entstand das letzte Motiv der Fahrt. Auf dem
angrenzenden Fußballplatz des TSV
Auetal war derweil mächtig Betrieb, jedes Tor wurde mit
großen Fanfaren gefeiert …
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Im Bf Winsen Süd kam es
abschließend noch
zum Zusammentreffen von zwei Vertretern Wismarer Schienenbusse.
Links der VT 0508 und rechts der DT 0511. Der VT 0508 ist ein Vertreter
der markanten Bauform Hannover (Typ
A), der bei der OHE auch den Kosenamen „Ameisenbär“ erhielt
und für die wohl
bekanntesten Vertreter der Schienenbusbauarten der 30er Jahre des
vergangenen Jahrhunderts steht.
1937 bestellte das Landeskleinbahnamt der Provinz Hannover eine Reihe
von Triebwagen bei der Waggonfabrik Wismar – der spätere VT 00508
wurde am
13. Dezember 1937 als T 3 an die Kleinbahn
Winsen-Evendorf-Hützel GmbH (WEH) geliefert, welche
am 10. Juli 1944 in die OHE aufging. Bis 1972 war der VT 0508 noch im
Betriebsbestand der OHE, zuletzt als Resvervefahrzeug.
Ab 1973 wurden in den Sommermonaten mit dem VT 0508
regelmäßig Ausflugsfahrten des Verkehrsvereins Soltau von
Soltau nach Döhle
veranstaltet, zuletzt unter dem Betreiber erixx. Seit der Corona-Pandemie
ruhte der Betrieb der Ausflugsfahrten, er wurde nicht wieder
aufgenommen.
Erixx fährt seit Dezember 2021 in der Heide nicht mehr und die OHE
selbst bietet keinen Personenverkehr an. Recht kurzfristig bot sich zu
Jahresbeginn 2022 für die AVL die Chance, den VT 0508 von der OHE
zu übernehmen. Am 17. Februar 2022 wurde der Kaufvertrag
unterschrieben und das Fahrzeug anschließend nach Winsen
überführt. Hier treffen sich die – die Sammlung an
früheren OHE-Fahrzeugen abrundenden – Neuzugänge der AVL aus
dem Hause Waggonfabrik Wismar vor dem Schuppen in Winsen Süd. Ein herzlichen Dank an die Aktiven der
Arbeitsgemeinschaft Verkehrsfreunde Lüneburg e.V. für die
Ermöglichung der heutigen Szenen!
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Fotos
in Google Earth |
©
2022 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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