|
|
|
|
|
|
|
|
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
6 |
7 |
8 |
9 |
10 |
11 |
12 |
13 |
14 |
15 |
16 |
17 |
18 |
19 |
20 |
21 |
22 |
23 |
24 |
25 |
26 |
27 |
28 |
29
|
30
|
31
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Sonnabend, 8. Juli 2023
– Mit dem Wismarer Schienenbus auf der Bleckeder Kleinbahn
|
|
|
|
Im Februar 2022 konnte der der
Verein Arbeitsgemeinschaft
Verkehrsfreunde Lüneburg e.V. (AVL) von der OHE den Wismarer Schienenbus VT 0508 der Bauart Hannover, Bauform A übernehmen.
Im Rahmen einer Fotofahrt kam der VT 0508 am Sonnabend auf die Bleckeder Kleinbahn. Auf der
Bleckeder Kleinbahn war ab Dezember 1938 über einige Jahre ein
Wismarer Schienenbus eingesetzt, der 1938 beschaffte Triebwagen SK 2
der Bauform C. Dieser
Triebwagen ist heute beim Verein
Verkehrsamateure und Museumsbahn e.V. (VVM) am Schönberger
Strand zuhause, nachdem die OHE den Triebwagen 1965 an Hamburger
Verkehrsamateure verkauft hatte, die 1968 den VVM gründeten.
Auf der Aufnahme ist der VT 0508 noch im Lüneburger Stadtgebiet im
Bereich Moorfeld unterwegs und passiert gleich die Brücke der
B209. Das Gleis ist verkrautet und stand Mitte Juni 2023 im Fokus eines
Vorfalls, bei dem ein rund 1.500 Tonnen schwerer Güterzug an
Abzweig Meisterweg in Lüneburg irrtümlich auf die Bleckeder
Kleinbahn statt auf die Lüneburger Hafenbahn geriet, der
Lokführer diesen Fehler aber nicht erkannte und entgegen
sämtlicher Regelwerke der Eisenbahn bis hinter den Bahnhof
Bleckede fuhr, ehe es für ihn aufgrund einer Sh2-Scheibe kein
Fortkommen mehr gab. Zuvor war der Tf an zahlreichen Halt gebietenden
Ne1-Tafeln vorbeigefahren. Anschließend war die Strecke rund zehn
Tage lang für den Betrieb gesperrt, da die Strecke durch die zu
schnelle Fahrt des Güterzuges einige zu behebende Schäden an
der Infrastruktur aufwies.
|
|
|
Der Triebwagen VT 0508
gehört zur Bauform A und wurde 1937 durch das Landeskleinbahnamt der Provinz Hannover
bei der Waggonfabrik Wismar
bestellt und mit der Fabriknummer 20299 am 13. Dezember 1937 an die Kleinbahn Winsen – Evendorf – Hützel
(WEH) als T 3 ausgeliefert.
Mit der am 10. Juli 1944 erfolgten Fusion mehrerer Kleinbahnen zur Osthannoversche Eisenbahnen AG (OHE) kam das Fahrzeug (neben drei weiteren Triebwagen der
Bauart Hannover) zur OHE und wurde fortan als VT 00508
bezeichnet. Bei allen Triebwagen entfiel später die erste 0 und
sie wurden fortan als VT 0506 - VT 0509 bezeichnet.
|
|
|
Der VT 0508 verblieb nach dem
Ausscheiden der Wismarer Schienenbusse aus dem Personenverkehr als
Reserve- und Arbeitsfahrzeug im Einsatzbestand der OHE. Ab 1973 wurde
der VT 0508 für Ausflugsfahrten und Charterfahrten genutzt, die
Ausflugsfahrten wurden vorwiegend durch den Verkehrsverein Soltau organisiert.
Zunächst wurden die Strecken nach Wietzendorf und Neuenkirchen
befahren, später waren Hützel und Döhle die Ziele.
Der VT 0508 erfuhr im Laufe der Jahre
verschiedene
Veränderungen, so wurden u.a. die Frontfenster durch gummigefasste
Scheiben ersetzt. Anfang der 60er Jahre entfiel der
Dachgepäckträger samt
Aufstiegsleitern. Durch den ungebrochen regen Einsatz des Triebwagens
und der damit verbundenen hohen Laufleistung waren die originalen
Ford-Benzinmotoren zum Sorgenfall geworden – Ende der 90er Jahre
bereitete die
Ersatzteilversorgung der Motoren immer größere Probleme,
sodass das EAW
Bleckede 1999 einen der beiden Motore gegen einen Dieselmotor von
Mercedes-Benz
tauschte. Aus Gewichtsgründen verblieb der zweite, nun ungenutzte
Ford-Motor im
anderen Vorbau.
Erst die Corona-Pandemie sorgte
für einen Stillstand des Triebwagens ab 2020. Ende 2021 sah sich
weder die OHE noch das für den Personenverkehr gegründete
Tochterunternehmen der OHE, die erixx
GmbH in Celle, zu einem Weiterbetrieb des VT 0508 in der Lage,
so dass der 1937 gebaute Triebwagen zum Verkauf angeboten wurde. Der
Verein AVL konnte den Triebwagen in einer Ad-hoc-Aktion übernehmen
und mit dem VT 0508 die Sammlung von OHE-Fahrzeugen abrunden. Im Juli 2022
konnten mit dem VT 0508 erste Probefahrten durchgeführt werden,
seit der Saison 2023 steht der VT 0508 am Standort Lüneburg
Süd für Sonderfahrten zur Verfügung. Hier ist der
Triebwagen noch im Stadtgebiet Lüneburg am Bü Fuchsweg
unterwegs.
|
|
|
Markant die Form der Wismarer
Schienenbusse mit ihren Schnauzen – die Waggonfabrik Wismar baute auch
Wismarer Schienenbusse, die einen Unterflurmotor und damit keine
Motorvorbauten besaßen. Die
Handschrift der Waggonfabrik war an diesen Fahrzeugen dennoch
unverkennbar, bei der AVL ist der DT 0511
als Verteter der Bauart Lüneburg
erhalten. Hier der VT 0508 ebenfalls am Bü Fuchsweg.
|
|
Das Wetter zeigte sich von der
besten Seite, auch wenn 30 Grad Celsius – bei trockener Luft – erreicht
wurden. Das Licht war bestens, links das Getreidefeld hatte Erntereife
erreicht – und war am Abend in diesem Bereich abgeerntet.
VT 0508 nahe dem Bahnhof Erbstorf-Ziegelei.
|
|
Wenige Meter weiter mit Schatten
spendenden Bäumen.
|
|
|
Die von Schmalspur auf Regelspur
umgebaute Strecke Lüneburg – Bleckede wurde im Güterverkehr
am 15. Januar 1919 und im Personenverkehr am 15. Februar 1919 in
Betrieb genommen. Zuvor bestand seit 1895 ein von der Bahnbau- und Betriebs-Gesellschaft Lenz
& Co. GmbH erbautes schmalspuriges Netz mit 750 mm Spurweite
(Dahlenburg –
Bleckede – Echem), seit 1904 um den neu gebauten Abschnitt
Lüneburg – Anschluss Karze mit Anbindung der Stadt Lüneburg
ergänzt. Die 1919 noch verbliebenen, nicht umgespurten 750
mm-Strecken wurden bis 1922 stillgelegt und abgebaut.
Nach der Umspurung verkehrten drei
Zugpaare täglich, sie brauchten mit einer Stunde Fahrzeit fast
genauso lange wie die Schmalspurzüge. Ab 1933 wurden Triebwagen
eingesetzt, die eine leichte Verkürzung der Fahrtzeit
ermöglichten. Ab 1951 fuhren auch Eilzüge, die die Strecke in
35 Minuten zurücklegten. 1954 verkehrten erstmals
Personenzüge auf der 1943 bis Alt Garge verlängerten Strecke.
1960 wurden die Personenzüge in den Bahnhof Lüneburg Ost
eingeführt, was für Umsteiger eine erhebliche Verbesserung
war. In der Zeit von 1950 (fünf
Zugpaare) bis 1970 (neun
Zugpaare) wurde der Verkehr verdichtet. Am 2. Juni 1973 wurde
der Personenverkehr Bleckede – Alt Garge eingestellt, am 21. Mai 1977
auch Lüneburg – Bleckede. Der Güterverkehr nach Bleckede (und weiter nach Waldfrieden) wurde
am 31. Dezember 2007 aufgegeben.
An die Zeiten des regen Verkehrs auf der Bleckeder Kleinbahn erinnern
noch die zahlreichen Ausweichgleise in den Bahnhöfen, welche heute
nur noch teilweise in Betrieb sind. Das Ausweichgleis in Erbstorf ist
eindeutig nicht mehr in Betrieb, das Herzstück dieser Weiche im
Einfahrbereich wurde vor Jahren ausgebaut.
|
|
|
Unter anderem für den
Anschluss des EAW Bleckede blieb
die Strecke Lüneburg – Bleckede nach Einstellung des
Güterverkehrs 2007 noch in Betrieb, die AVL befuhr die Strecke
nach Bleckede gelegentlich mit ihren historischen Zügen.
Aufgrund des schlechten Zustandes beantragte die OHE 2009 die
Stilllegung der Strecke, sie wurde 2011 aufgrund von
Oberbaumängeln für den Betrieb gesperrt. Da der Verein AVL
ein Interesse am Weiterbetrieb für die Züge des HEIDE-EXPRESS hatte, gründete
der Verein die Bleckeder Kleinbahn
Verwaltungsgesellschaft UG. Seit dem 1. Februar 2012 ist das
Unternehmen Bleckeder Kleinbahn UG
im Rahmen eines Pachtvertrages mit der OHE (heute SInON)
Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU)
für die Bleckeder Kleinbahn ab Kilometer 1,2 (Abzweig Meisterweg). Auf dem Foto
hat der VT 0508 den Hp Erbstorf verlassen.
|
|
Markantes Motiv ist die Siedlung Im Lurup in Erbstorf. Vor ziemlich
genau zehn Jahren begann auf dieser Strecke mit dem GDT 0518
eine Reihe von Fotofahrten auf dem Streckennetz der (früheren) OHE.
Bezeichnenderweise war bei der Fahrt 2013 als Fahrzeug zunächst
der damals noch der OHE gehörende VT 0508 als Fahrzeug vorgesehen,
er stand damals jedoch nicht für Charterfahrten zur
Verfügung. Zehn Jahre sollte es bis zur ersten Fotofahrt mit dem
VT 0508 noch dauern, nun unter Federführung des rührigen
Vereins AVL.
|
|
Die Szenerie von etwas weiter
hinten gesehen.
|
|
Die Gerste ist in der
Erntereihenfolge vorne, ihre Ernte hat begonnen. Der VT 0508 nahe der
Siedlung „Am Waldrand“ vor Scharnebeck.
|
|
Links wächst in rasantem Tempo
der Mais, von dem vor wenigen Wochen noch kaum etwas zu sehen war. VT
0508 hat Scharnebeck verlassen, dessen Bahnhofsgebäude im
Hintergrund noch zu erahnen ist.
|
|
Die überwiegend noch im
Kiesbettung liegende Trasse der Bleckeder Kleinbahn wächst mit der
Reduzierung der klassischen Mittel zur Wildkrautbekämpfung
zunehmend zu, 2024 soll das vollständige Verbot von Glyphosat greifen. Längst
vorbei die Zeiten, wo das Gleisbett bis 1997 über das Mittel Diuron frei von jedem Bewuchs war.
|
|
Zu Zeiten des Planeinsatzes des
Wismarer Schienenbusses wird es auf den Gleisen nicht viel anders
ausgesehen haben, könnte man meinen – dazu doch siehe die Zeilen
ein Foto zuvor. Der VT 0508 fährt in den Bf Boltersen ein,
|
|
Für die Bleckeder Kleinbahn
gibt es seit einigen Jahren eine Diskussion um die Reaktivierung im
Schienenpersonennahverkehr. Unter dem Planungstitel „Heide-Elbe-Bahn“
werden die Vorplanungen für eine Reaktivierung vorangetrieben,
seitdem das Land Niedersachsen konkrete Strecken für eine
mögliche Reaktivierung benannt hat.
Erste Probeverkehre auf der Bleckeder Kleinbahn wurden vor rund sechs Jahren
erfolgreich mit den
von der AKN stammenden VTE (welche
bei der Bayernbahn aktuell zum Verkauf stehen und ggf. nach Tschechien
bzw. Rumänien verkauft werden) durchgeführt. Für den Bf Boltersen
wäre eine zentrale Busanbindung der Umgebung erforderlich, da
dieser abseits der Wohnbebauung liegt.
|
|
VT 0508 passiert den Bü
Bruchweg hinter dem Bf Boltersen.
|
|
Entlang der Bahnhofstraße
nach Neetze. Die Wismarer Schienenbusse der Bauart Hannover zeichneten
sich durch die ihre Ladeplattformen neben den Motorvorbauten aus, wo
neben Koffern, Milchkannen auch Fahrräder transportiert wurden (oder ggf. auch mal Fotoleitern …).
|
|
Im Bleckedermoor bei Neu-Neetze
abseits jeder Bebauung oder Straßenführung.
|
|
Noch immer im Bleckedermoor, hier
kurz vor dem Bleckeder Ortsgebiet.
|
|
Nach der Aufgabe des
Güterverkehrs nach Bleckede Ende 2007 waren die Gleise im Hafen
von Bleckede verwaist und seit 2011 im Rahmen der Streckensperrung
nicht mehr befahrbar. Seit 2014 kann die Strecke in den Bleckeder Hafen
nach der Instandsetzung der Gleise durch die Bleckeder Kleinbahn UG
wieder befahren werden.
Im August 2016 wurden einzelne Ganzzüge zum Kieswerk der Elbe-Kiesförderung GmbH im
Bleckeder Hafen gefahren, um einen möglichen
direkten Bahnumschlag von Kies zu erproben, die Entladung fand damals
rund 400 Meter weiter im Bereich der Deichquerung statt, am Sitz des
Kieswerks. Die letzte Zugfahrt in
den Hafen ist schon etwas her, der VT 0508 muss sich im Kies seine Bahn
frei fahren.
|
|
Der VT 0508 am Haltepunkt Hafen der
Bleckeder Kleinbahn. Regelmäßiger Verkehr findet hier nicht
statt.
|
|
Nach links zweigt das
Anschlussgleis des örtlichen Landhandels ab, dieses ist nicht mehr
befahrbar.
|
|
VT 0508 fährt auf den Deich,
im Hintergrund die Elbe mit der Elbtalaue.
|
|
Die Bauweise der Häuser am
Bleckeder Hafen verrät die Nähe zur Elbe und die latente
Hochwassergefahr, das Haus dürfte bereits nicht nur ein Hochwasser
ausgehalten haben. VT 0508 passiert im Hintergrund den Deich.
|
|
Auf der Deichkrone quert VT 0508 in
Kürze die Straße mit dem Namen Sanddeich.
|
|
Solange noch keine Bäume auf den
Gleisen wachsen …
|
|
… findet der Zug seinen Weg.
|
|
VT 0508 auf dem Deich, welcher in
der Hochwachsphase der Gräser bereits gemäht ist. Links die
Fritz-von-dem-Berge-Straße.
|
|
Der VT 0508 verlässt die
Deichkrone in Richtung Bleckede Süd.
|
|
Ausfahrt Bleckede in Richtung
Boltersen.
|
|
Über den Bach Bruchwetter führt an der
Straße Am Bleckwerk
eine längst recht verwitterte Betonbrücke.
|
|
VT 0508 wieder an der
Bahnhofstraße vor Neetze.
|
|
Am Rand der Ortschaft Neetze der VT
0508 vor erntereifem Gerstefeld.
|
|
Wenige Meter weiter am
Feldwegübergang.
|
|
Bereits zu Rullsdorf gehört
diese Lichtung abseits jeder Bebauung. In Kürze wird der VT 0508
Boltersen erreichen.
|
|
Genauer geht die Ortsbestimmung an
der Lichtung nicht …
|
|
… und die Einfahrweiche wird
passiert.
|
|
Das Gebäude der alten Molkerei
in Boltersen ist als niedersächsisches Baudenkmal eingetragen, die
Molkerei dürfte einst auch zu den Bahnkunden gehört haben,
die Flächen rund um den Bahnhof lassen die Bedeutung des
Bahnhofsareals heute noch erahnen.
|
|
Restauriert ist seit
über 20 Jahren das unter Denkmalschutz stehende
Bahnhofsgebäude Scharnebeck, dessen
Bahnübergangsicherungsanlage noch
regelmäßigen Güter- und Personenverkehr der OHE erlebt
haben dürfte. Den Aktiven des
Verein Arbeitsgemeinscht Verkehrsfreunde Lüneburg e.V. mein
herzlicher Dank für die tiefenentspannte Durchführung der
Fahrt, welche heute alles andere als selbstverständlich ist.
|
|
Fotos
in Google Earth |
©
2023 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
Nach
oben |
|