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Sonnabend, 6. April 2019
– Endzeitstimmung an der Seenplatte
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Mecklenburg-Vorpommern gilt als
eines der am bahnunfreundlichsten Bundesländer. Schon früh
wurden zahlreiche Nebenstrecken im Land „abbestellt“, nach diversen
Zweiglinien fielen auch Verbindungen mit Netzwirkung dem Sparstift zum
Opfer. Bereits im Jahr 2000 wurde Güstrow – Karow – Meyenburg (Landesgrenze) stillgelegt, von wo
es bis heute in Brandenburg über Pritzwalk weiter nach
Neustadt(Dosse) geht.
Zwischen 2004 und 2007 ging die Strecke (Güstrow –) Priemerburg –
Karow
– Meyenburg in das Eigentum der Prignitzer
Eisenbahn GmbH (PEG) über, zwischen Primerburg und Karow
war die Strecke zwischen Ende 2004 und Frühjahr 2008 formell
stillgelegt. Die PEG hatte sich zuvor bereits im Betrieb der Strecken
für den Erhalt des Bahnverkehrs in der Prignitz engagiert
und stieg nun zusätzlich in die Erhaltung der Infrastruktur ein.
Nach Übernahme des Abschnitts Priemerburg – Karow wurde die
Strecke
zum 24. Mai 2008 wieder in Betrieb genommen und steht seitdem für
touristische Verkehre und Güterverkehr zur Verfügung.
Seit 2012 betreibt nach einer Betriebsübernahme die
RegioInfra
Gesellschaft mbH (RIG) die Infrastruktur und hält sie bis
heute betriebsfähig vor, obwohl bis heute keine
regelmäßigen Verkehre über die Strecken laufen. Auf
Dauer kann die Erhaltung der Infrastruktur ohne regelmäßige
Verkehre bei privatwirtschaftlichen Unternehmen nicht gutgehen, der
Aufwand zur betriebsfähigen Erhaltung
ist immens und lässt sich nur begrenzt durch Mischkalkulation
bewerkstelligen.
Zu Ende Dezember 2014 bestellte das Land Mecklenburg-Vorpommern auch
den Bahnbetrieb auf dem mittleren Abschnitt der Mecklenburgischen Südbahn
zwischen Parchim und Malchow ab – noch bis April 2015 betrieb die Hanseatische Eisenbahn GmbH (HANS)
den Abschnitt eigenwirtschaftlich weiter – ein Unternehmen der ENON GmbH & Co. KG, der Mutter
der in der Prignitz und an der Mecklenburgischen Seenplatte aktiven
Unternehmen zur Erhaltung der Bahninfrastruktur.
Bis heute bewegt die Abbestellung der Verkehre der Meckl. Südbahn
die Gemüter, dennoch zog die RIG Anfang April 2019 die Notbremse
und kündigte die Einleitung des förmlichen
Stilllegungsverfahrens für die Strecken Parchim – Malchow und
Priemerburg – Plau am See an und damit die Aufgabe eines der
strategischen Ziele des Unternehmens an – den Erhalt des
Eisenbahnnetzes in der Region.
Der aktuelle Unmut in der Region richtet sich dabei an die
mecklenburgische Verkehrspolitik, welche in den letzten Jahren rund 500
Mio EUR an für den Regionalverkehr vorgesehenen
Regionalisierungsmitteln in Sondervermögen geparkt hat, anstelle
sie für eine kluge Förderung der vorhandenen Infrastruktur in
einem touristisch geprägten Bundesland und damit für die
Daseinsvorsorge zu nutzen. Derzeit haben die meisten durch Eisenbahn
erschlossene Orte noch
Schienenanschluss, andere belebte Orte wie an der Strecke Wismar –
Karow wurden bereits schienenfrei gemacht.
Nun steht ein ähnliches Schicksal den weiteren Strecken rund um
den früheren Eisenbahnknoten Karow bevor. Eigentlich Ironie des
Schicksals, dass es zeitgleich mit der Quasikapitulation der RIG
erstmals regelmäßige Umleiterverkehre über die
RIG-Infrastruktur gibt, da die sonst über Waren verkehrenden
Holzverkehre Rostock – Malchow derzeit baubedingt über Karow
verkehren.
Heute sollte eine der Bedienungen von Malchow stattfinden,
fotografenfreundlich an einem Sonnabend. Kurzerhand ging es am
frühen Morgen an die mecklenburgische Seenplatte, wo bei
Lüdershagen das erste Motiv bezogen wurde. 232 347 passiert mit
ihrem Holzzug überpünktlich das verschlafene Dörfchen,
welches selbst keinen Bahnhof besitzt.
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Mitten durch die Mecklenburgische
Seenplatte führt die Verbindung (Güstrow
–)
Priemerburg – Meyenburg (– Pritzwalk),
seit nunmehr 19 Jahren nicht mehr
von Regionalzügen befahren. Nur gelegentlicher Güerverkehr
lässt sich noch an den Seen ablichten. 232 347 passiert den „Alten
Dorfsee“ bei Krakow am See.
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Bis zur Wiedervereinigung 1990
wurden in Karow neben dem Personenverkehr bis zu 50 Güterzüge
täglich abgefertigt. Drei Zulaufstrecken von Norden, zwei von
Süden – allesamt mit Netzwirkung – gaben dem Bahnhof einen immense
Bedeutung im Güterverkehr in der DDR. Als erste Verbindung wurde
1996
die Strecke aus Wismar vom Nahverkehr befreit, der Abschnitt zum
Dameruner Forst
wurde 2003 formell stillgelegt. Seit dem Jahr 2000 findet kein
Personenverkehr mehr zwischen Primerburg und Meyenburg statt, seit
April 2015 auch nicht mehr zwischen Parchim und Malchow – damit ist der
riesige Knotenbahnhof Karow seit vier Jahren ohne jeglichen Verkehr.
Die Gütergleise wurden vor einigen Jahren abgebaut, ein
großer Schwellenstapel im Hintergrund erinnert an den Abbau – ein
geplantes Solaranlagenfeld wurde bisher nicht auf dem Gelände
errichtet. Wenn die RIG wie angekündigt das Stilllegungsverfahren
durchführt und abschließt – sich in diesem Verfahren keine
Lösung
findet,
werden auch die restlichen Anlagen stillgelegt. Noch werden auch alle
technischen Sicherungsanlagen betriebsbereit gehalten – ohne
regelmäßige Einnahmen
wirtschaftlicher Selbstmord. 232 347 passiert mit ihrem Holzzug den Bf
Karow, bzw. das was davon noch übrig ist.
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Einfahrt in den Bahnhof Malchow.
Seit April 2015 findet hier abgesehen von den Bedienungen des Bauhofs
kein regelmäßiger Verkehr mehr
statt, die Regionalzüge aus Waren(Müritz) enden wenige Meter
weiter rechts in Malchow Stadt.
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Ein Bild mit Symbolcharakter.
Vielleicht letztmals erhält ein Zug im Bf Malchow mittels
Formsignalen
Ausfahrt in Richtung Karow.
Der Regionalverkehr wird seit heute aufgrund von Bauarbeiten in
Waren(Müritz) und der Arbeiten zur Einrichtung des Technisch unterstützten
Zugleitbetriebes (TuZ) im Schienenersatzverkehr
betrieben – 232 347 hat im 2012 für den Personenverkehr
aufgelassenen Bf Malchow umgesetzt und fährt zur
Anschlussbedienung aus.
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Stillleben im Anschluss Bauhof
Malchow.
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232 347 hat sich vor die entladenen
Holzwagen gesetzt und
wird sie in Kürze auf die Strecke ziehen, um anschließend
die zuvor auf der Strecke abgestellten beladenen Holzwagen an diese
Stelle zu schieben und anschließend wieder in Richtung
Rostock-Seehafen aufzubrechen.
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Über viele Jahrzehnte waren
Güterwagen landein landaus einfach braun. Mit Aufkommen des
Wettbewerbs zog auch bei Güterwagen das Corporate Design ein und im
DB-Konzern wurden ab 1996 Güterwagen verkehrsrot lackiert – und im
Laufe der Jahre wieder braun.
Dass mindestens 25 Jahre alte und braun lackierte Güterwagen noch
vergleichsweise gut aussehen, liegt sicher an der bewährten
Farbgebung und sorgt dafür dass auch 2019 die Deutsche Bundesbahn
noch nicht völlig aus dem Alltag verschwunden ist.
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Bereits die Hinfahrt am Morgen
wurde in
Lüdershagen festgehalten, der Sonnenstand ließ für die
Rückfahrt ebenfalls nur Lüdershagen zu – alle anderen
Fotostellen
wären inzwischen im frontalen Gegenlicht gewesen. Lange schien es
nach einer
theoretischen Aufnahme auszusehen, hartnäckig hielt sich ein
kleines Wolkenfeld genau über Lüdershagen. Unmittelbar vor
Zugdurchfahrt gab das Wolkenfeld die Sonne frei und 232 347 passiert
die Fotografen.
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Das Tagesprogramm war abgehakt, der
Tag noch recht frisch – was will man machen? Das Restnetz in der
Prignitz wäre sicher ein Ziel, aber ein Blick in die Glaskugel
ergab den Einsatz der 120 202 vor RE 4310 auf dem RE1 Rostock –
Schwerin – Hamburg, die bei Oettelin
erwartet wurde.
Die einst von der Deutschen Bundesbahn als
Wunderwaffe projektierte BR
120 steht bei der DB vor der Ausmusterung, beim RE1 soll sie eigentlich
längst von Loks der BR 182 ersetzt sein – gänzlich kann man
auf sie noch nicht verzichten. Von den fünf für den
RE1-Verkehr umgebauten Loks der BR 120.2 wurde bisher nur die 120 201
ausgemustert und am 6. November 2018 als erste an Dritte
veräußerte Lok der BR 120 an das Unternehmen Bahnlogistik24 GmbH verkauft
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Die BR 120 war die letzte von der
Deutschen Bundesbahn in Dienst gestellte E-Lokbaureihe. Die
Gründung der Deutschen Bahn AG
ist inzwischen über 25 Jahre
her. Da ist es zwar gefühlt ein Anachronismus, dass inzwischen
auch die ersten von der Deutschen Bahn AG in Dienst gestellten
Triebfahrzeuge auf dem absteigendem Ast
stehen, aber real logische Abfolge – auch wenn sich z. B. die ab 1972
gebaute BR 151 noch immer im Betrieb halten kann.
Um bei dem DB-Konzernunternehmen RBH
Logistics GmbH die ohne Nutzbremse
eingesetzten Loks der BR 143 zu ersetzen, hat DB Cargo eine
größere Zahl an Loks der frühen Neubaulokreihe BR 145
an RBH abgegeben.
Die 24. August 1999 abgenommene 145 028 passiert bei Oettelin die
Fotografen.
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Das Motto der Ganzwerbung an 182
572 kann auch für viele engagierte Eisenbahnfotografen gelten,
doch
mehr
als ein Gruß an den aus der „falschen“ Richtung kommenden Zug
blieb
hier für die auf den nächsten Zug aus Rostock wartenden
Fotografen
nicht übrig.
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Eigentlich sollen entsprechend dem
aktuellen Verkehrsvertrag am RE1 rückspeisefähige Loks
eingesetzt
werden, doch ist der Einsatz der BR 112 so selten nicht an den
Zügen
von und nach Hamburg – obwohl inzwischen planmäßig die
Taurus-Loks der
BR 182 vor den Zügen eingesetzt werden und die vier Loks der BR
120.2
noch als Rückfallebene vorhanden sind. Die am 16. April 1994
optisch
noch als Bundesbahnlok abgenommene 112 189 mit
RE4312 bei Warnow mit Ziel Hamburg.
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155 245 passiert mit dem 51108
Rostock-Seehafen – Maschen die wartenden Fotografen und gab einen
fotogenen Abschluss des Fototages.
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Fotos
in Google Earth |
©
2019 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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