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Sonnabend, 14. Oktober 2017
– Doppelstöckig durch das Erzgebirge
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Rund 25 Jahre ist es her, dass der
Autor letztmals mit der Bahn ins Erzgebirge unterwegs war. Das Ziel
lautete damals Cranzahl und die Deutsche Reichsbahn fuhr im letzten
Jahr fast durchweg mit ihrem angestammten Wagenmaterial, was nach
Cranzahl von Flöha aus V100 mit Rekowagen bedeutete. Die Zeiten
haben sich eine Generation später gründlich gewandelt,
Fahrzeuge und Anlagen sehen heute anders aus und sind auf das
nötigste
reduziert. Auch bei der Deutschen Reichsbahn wäre
die Zeit nicht 1989 stehen geblieben und welchen Weg die DR nach 1989
ohne die politischen Veränderungen eingeschlagen hätte,
können heute vermutlich nicht einmal Historiker nachzeichnen.
Aktuell haben im Personenverkehr meist Triebwagen das Regiment
übernommen – die Crashnormen prägen die aktuellen
Fahrzeuggesichter, wie hier den Coradia Continental des Herstellers Alstom. Die Mitteldeutsche
Regiobahn (MRB) setzt zwischen Dresden und Hof Züge
der BR 1440 in der vom Aufgabenträger vorgegebenen
silberfarbenen/grünen Farbgebung der Mitteldeutschen S-Bahn ein.
Hier durchfährt der 2016 bei der S-Bahn
Bremen leihweise
eingesetzte 1440 709 ohne Beschriftungen des aktuellen Betreibers den
Bf Niederwiesa.
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1992 begannen in
Karlsruhe erstmals die klassischen
Grenzen zwischen Straßenbahn und Eisenbahn zu
verschwimmen, davor konnte maximal Walter Knupe auf höchst
abenteuerlichen Wegen mit seinen dieselgeneratorbetriebenen
Straßenbahnwagen die Gleise der Behördenbahn DB unsicher
machen. Neben Karlsruhe verstanden es Saarbrücken, Chemnitz und
Kassel zuerst Straßenbahn mit der Eisenbahn zu verbinden. wobei
die Chemnitzer Strecke nach Stollberg mit 750V-Fahrleitung erschlossen
wurde. Seit 2015 wird die nächste Ausbaustufe des Chemnitzer
Modells in Betrieb genommen, welche außerhalb des Chemnitzer
Stadtnetzes dieselbetriebene Straßenbahnen vorsieht.
Der Citylink-Triebwagen 440
des Herstellers Vossloh
fährt in den
Bf Niederwiesa ein, während sich im Hintergrund aus dem
Eisenbahnmuseum Chemnitz-Hilbersdorf ein weiterer Exot im deutschen
Eisenbahnverkehr nähert, der 670 002 – bis 2003 zwischen Stendal
und Tangermünde als "Alma"
bei der örtlichen Bevölkerung recht beliebt.
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Die Doppelstockschienenbusse der BR
670 waren eine kurzlebige Episode bei der Deutschen Bahn AG. Seinen
Ursprung hat das Konzept des Doppelstockschienenbusses noch zu
Bundesbahnzeiten, wo 1992 das Institut für Schienenfahrzeuge (IfS)
eine Projektstudie aufnahm, ein für Nebenstrecken wirtschaftliches
Fahrzeug zu entwickeln – wie es der damalige Standard-Triebzug der BR
628/928 der DB nur teilweise war.
In der Studie spielte auch die
Attraktivität für Touristen auf landschaftlich reizvollen
Strecken eine Rolle. Zusammen mit weiteren Parametern bot sich die
Lösung eines Doppelstockschienenbusses an. Zunächst betrieb
die Waggonbau Dessau GmbH die
Entwicklung ohne verbindliche Aufträge voran,
bereits 1994 auf der Hannover-Messe
konnte der "Demonstrator"
vorgestellt werden. Nach Schließung des DWA-Werkes in Dessau
wurde die Entwicklung der Prototypserie in Ammendorf
vorangetrieben. Von den sechs gebauten Fahrzeugen übernahm die DB
fünf (670 001 bis 005),
der 006 verblieb im Herstellereigentum.
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Die Prototypen wiesen zahlreiche
Mängel auf, welche nach und nach soweit wie möglich
abgestellt wurden. Während der Einsatz von 670 002 und 005 in
Rheinland-Pfalz nur von kurzer Dauer war, bewährten sich
die Triebwagen im Osten Deutschlands
zunächst recht gut und waren bei den
Fahrgästen beliebt. Allerdings konnten die Klimaverhältnisse
im Oberdeck nie befriedigend gelöst werden und die technische
Zuverlässigkeit der Prototypen war nicht besonders hoch. Bis 2001
wurden – abgesehen vom zwischen Stendal und Tangermünde
eingesetzten
670 002 – die Fahrzeuge an den Hersteller zurückgegeben, der 670
002
folgte 2003. Zwar wurde mit den Erkenntnissen aus der Erprobung der
Prototypen der Serienbau der BR 670 begonnen und auch ein Rohbaukasten
fertiggestellt, doch zog die DB die Bestellung der Serienfahrzeuge
zurück und die Arbeiten wurden eingestellt – das Projekt DVT war
beendet.
Hier steht der 2011 von Köstner
Schienenbusreisen übernommene 670 002 im Bf Zschopau auf
der ersten öffentlichen Sonderfahrt in das Erzgebirge zur Fahrt.
Links das alte Bahnsteigdach des Bahnhofs, welches jüngst
restauriert an neuer Stelle wiederaufgebaut wurde.
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Begegnungen zweier
Neubautriebwagen, von denen einer schon im Museum zuhause ist. 642 738
trifft am Bahnsteig in Zschopau auf 670 002.
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Der 670 002 wurde nach
Rückgabe des Fahrzeuges an Bombardier
Transportation, welche die DWA 1998 übernommen hatte, an
die Anhaltische Bahn Gesellschaft
(ABG) verkauft, die den Triebwagen auf der Dessau-Wörlitzer Eisenbahn (DWE)
im Ausflugsverkehr einsetzte. In späteren Jahren diente der Wagen
nur noch als Ersatzteilspender. Nach Übernahme des Fahrzeuges
durch Köstner Schienenbusreisen,
eng verwoben mit der Traditionsgemeinschaft
Ferkeltaxi e.V.,
wurde der Triebwagen in Chemnitz umfassend aufgearbeitet – nach rund
fünfjähriger Arbeit konnte der 670 002 im Mai 2017 wieder
zugelassen werden. Hier steht der Triebwagen im Bf Schlettau, welcher
vom Eisenbahnverein Bahnhof
Schlettau e.V. als Museumsbahhnof betrieben wird.
Der an der Strecke Annaberg-Buchholz – Schwarzenberg liegende Bahnhof
weist seit rund 20 Jahren keinen planmäßigen Verkehr mehr
auf, die Strecke wird von der DB
RegioNetz Infrastruktur GmbH aber weiterhin als
Umleitungsstrecke betriebsfähig erhalten. Eine 2014
veröffentlichte Ausschreibung zur Übernahme und Weiterbetrieb
der Strecke durch interessierte Eisenbahninfrastrukturunternehmen, der
Vorstufe zur Stilllegung, blieb ohne Resonanz und Folgen. Seit 2009
werden auf der Erzgebirgische
Aussichtsbahn genannten Bahnstrecke an einzelnen Wochenenden
touristische Verkehre angeboten.
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Im Bahnhof Schlettau stehen zwei
sächsische Abteilwagenkästen, zu denen im Web leider keine
näheren Angaben zu finden sind. Dieser Wagen hat bei der
Nachnutzung an der Stirnwand eine breite Brettertür erhalten.
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Noch heute lassen sich in
Sachsen an manchen Stellen alte, umgenutzte
Wagenkästen finden, so manches Schätzchen konnte nach einer
Bergung wieder aufgebaut werden und verkehrt heute in historischen
Zügen. Meist betreffen solche Wiederherstellungen Schmalspurwagen,
nur selten gelingt das mit Regelspurwagen – einen sächsischen
Abteilwagen würde sicher so mancher gerne wieder erstrahlen sehen.
Dieser im Bf Schlettau stehende
Wagenkasten wird in den kommenden Jahren an dieser Stelle sicher nicht
besser.
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Für den am Nachmittag
kommenden, mit 52.80 bespannten Eilzug nach Chemnitz steht das
Gepäck bereits bereit. Die Reisenden genießen die
Oktobersonne und der Fahrdienstleiter macht eine kleine Raucherpause.
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Das mechanische Stellwerk B1 der
Einheitsbauart stellt teilweise noch Formsignale, für die
Einfahrlichtsignale und die Bü-Sicherung wurden
Gleisbildstellpulte nachgerüstet.
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Die Erzgebirgische Aussichtsbahn
ist besonders rund um Markersbach spektakulär – über dem Ort
der aus Annaberg-Buchholz kommende Streckenteil, welcher Markersbach
umrundet und im Vordergrund in den Bahnhof führt. Wurde in den
letzten Jahrzehnten im Preßnitztal eine abgebaute Schmalspurbahn
mit
vielen Details wieder aufgebaut und mit großem Erfolg betrieben,
so wäre mit der auch BSg-Linie
genannten Strecke im Regelspurbereich vergleichbares Potential
vorhanden – über dem 20 Jahre nach der Einstellung des
Personenverkehrs noch immer das Damoklesschwert der Stilllegung
hängt. Der BSg-Linie kommt zugute, dass die Infrastruktur durchweg
in
sehr gutem Zustand ist und der Markersbacher Viadukt 2003-09 umfassend
saniert worden ist.
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Nach der Befahrung des Viadukts
braucht der Zug noch rund drei Minuten, um in den im Ort gelegenen
Bahnhof einzufahren.
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Weitgehend original erhalten zeigt
sich der bewohnte Bahnhof Markersbach – dessen
Bewohnerin schaut dem Treiben auf den sonst meist verwaisten Anlagen
interessiert zu. Zumal üblicherweise dampfbespannte Züge und
nicht doppelstöckige Triebwagen hier halten, wenn Zugbetrieb ist.
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Am Emmlerweg bei Markersbach wurde
ein Fotohalt eingelegt. Da die Fahrt eine allgemein ausgeschriebene
Fahrt war und sich nicht speziell an Fotografen richtete, war die Wahl
der Fotopunkte nicht so flexibel, wie es bei speziellen Fotofahrten
sonst oft ist. Das goldene Oktoberlicht lässt den 670 002 in
bestem Licht erstrahlen. Das wieder in der Farbaufteilung der
Auslieferung gehaltene Fahrzeug erhielt dabei anstelle des
verkehrsroten Farbstreifens einen weinroten Farbstreifen in der Farbe
der historischen Ferkeltaxen.
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In der Gegenrichtung kommt der 670
002 für die Fotografen noch einmal aus dem Wald gefahren.
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Heißbegehrt bei Fahrten mit
dem Doppelstockschienenbus sind die vorderen Plätze im Oberdeck.
An sonnigen Tagen hat man dort neben der herrlichen Aussicht allerdings
auch den Nachteil, dass bei diesem Fahrzeug die Klimatisierung
konzeptionell unterdimensioniert ist. Der Fotograf hatte einen Platz im
Unterdeck nah
am zu öffnenden Lokführerfenster und neben guter Aussicht
auch stets frische Luft.
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Das Unterdeck mit viel Platz auch
für Reisende mit Rollstuhl oder Kinderwagen. Eigentlich stand
hinter dem Fahrzeug eine guter Ansatz, der letztlich an den
Unzulänglichkeiten der Prototypen gescheitert ist. Die Optionen an
den
Doppelstockschienenbussen wandelte die DB in eine Bestellung für
Fahrzeuge vom Typ LVT/S um,
welche bei der Burgenlandbahn
zum Einsatz kommen.
Auch diese Fahrzeugbauart blieb eine Splittergattung. Nachdem DWA in
Bombardier Transportation aufging, wurde den hauseigenen Produkten der
Vorrang eingeräumt und das DWA-Produkt eingestellt.
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Im Bf Walthersdorf ein
Fotohalt, für manchen auch eine Raucherpause.
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In Annaberg-Buchholz unterer Bf
wurde die Kreuzung mit der planmäßigen Erzgebirgsbahn nach
Cranzahl abgewartet. Im Gegensatz zum bestens gepflegten und bewohnten
Bf Markersbach zeigt sich der für den Bahnbetrieb nicht mehr
benötigte Zugangsbau wie so viele Bahnhofsgebäude der DB
verlassen und vernagelt.
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An Bahnsteig 1 fährt kein Zug
mehr.
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Fotos
in Google Earth |
©
2017 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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