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11. Juni – Digitale Schiene Kopenhagen
12. Juni – Die Hovedstadens Letbane kommt
13. Juni – Alltag bei der Odense Letbane
22. Juni – Kieler Woche und ein 628 aus der Startpackung







Dienstag, 11. Juni 2024 – Digitale Schiene Kopenhagen

S-Tog

Der Kopenhagener S-Bahntriebwagen SA 8144 fährt in den Bf Vallensbæk ein. So profan das Fotos aussehen mag, das Kopenhagener S-Tog-System ist den deutschen Systemen durchweg um rund zehn Jahre voraus. Wenn man selbst in diesem Bereich arbeitet, schaut man das System in Kopenhagen ganz anders an, als noch 2017.
Das abweichend vom dänischen Eisenbahnnetz mit
1.650V Gleichspannung elektrifizierte S-Tog-System fuhr seit 1978 mit wegweisender Leittechnik. War es einst die in Dänemark HKT genannte Linienzugbeeinflussung (LZB), die  Fahren mit Teilblöcken möglich gemacht hat, ist es seit 2016 das halbautomatische Fahren nach GoA2 – einschließlich des „Moving Block“. Im 21. Jahrhundert übernimmt die Digitalisierung zunehmend die Zugsicherungsaufgaben – mit den Möglichkeiten, die sie bietet. Die starre Gleisfreimeldung – aktuell meist über Achszähler realisiert – weicht einer digitalen, metergenauen Ortung des Zuges.
In Hamburg wurde bei der S-Bahn Hamburg GmbH
im Oktober 2021 eine erste Betriebsstufe eingeführt, nachdem vier Züge der BR 474/874 mit ATO over ETCS ausgerüstet und zugelassen wurden. Das auf auf dem Standard GoA2 basierende System arbeitet im aktuellen Ausbauschritt mit der klassischen Gleisfreimeldung ohne Blockverdichtung, so dass im Pilotprojekt über das bestehende System hinaus keine dichtere Zugfolge möglich ist.
Kopenhagen ist da längst weiter, das System S-Tog Kopenhagen fährt seit 2022 komplett mit Trainguard MT von SIEMENS unter GoA2 mit Moving Block – was bei der Eisenbahn ETCS Level 3 entspricht, was hierzulande im Eisenbahnbereich noch nicht umgesetzt ist.
Die HOCHBAHN in Hamburg arbeitet am Projekt „U-Bahn100“, welches auch mit Moving Block arbeitet
und entsprechend mit ETCS Level 3 vergleichbar ist. Ab Ende 2026 soll auf der Linie U4 der Probebetrieb mit Fahrgästen beginnen. Bei U-Bahn100 melden die Züge ihre Standorte signaltechnisch sicher an die Leitzentrale und der Folgezug kann dynamisch nachrücken. Ergänzt wird das System durch die vorhandene Zugsicherungstechnik, welche einen Mischbetrieb mit klassischen Zügen wie DT4 oder Betriebsfahrzeugen möglich machen wird – bzw. bei Bedarf eine Rückfallebene bildet.

S-Tog

Ausfahrt eines CBTC-Zuges aus dem bereits seit 2016 weitgehend lichtsignallosen Bf Hillerød. Der Auftrag zur Umstellung des Kopenhagener S-Tog-Netzes auf CBTC mit dem Automatisierungsgrad GoA2 und optional nachzurüstendem GoA4 wurde im Jahr 2011 an SIEMENS erteilt, 170 km zweigleisiger Strecke und 135 Fahrzeuge waren umzurüsten. Die Alttechnik wurde durch das Zugbeeinflussungssystem Trainguard MT und elektronische Stellwerke des Typs Sicas ECC ersetzt. Die Strecken wurden zwischen 2016 und September 2022 in mehreren Bauabschnitten umgestellt.
In Hillerød St. besteht eine Verknüpfung zwischen S-Tog und dem Regionalverkehr, welcher mit LINT41-Triebwagen bedient wird. Damit diese ohne zusätzliche Umrüstung die Gleise der eigentlich lichtsignallosen CBTC-Anlage kreuzen können, sind die von den Regionalzügen befahrenen Gleise mit Lichtsignalen ausgerüstet, welche von der CBTC-Leitzentrale in Kopenhagen aus ferngestellt werden.

CBTC-Tafel

Anschaulich in Hillerød die Übergänge zwischen den Bereichen. Rechts eine CBTC-Tafel, welche das Ende eines Gleisfreimeldeabschnitts im Falle von Störfahrten kennzeichnet. An den Lichtsignalen sind die Anfangstafeln für CBTC und ICI-Bereiche montiert – ICI steht für eine vereinfachte Zugbeeinflussung mit Darstellung der Erlaubnisse im Führerstand, um z.B. Arbeitsfahrzeugen ohne CBTC-Ausrüstung das Befahren der CBTC-Infrastruktur zu ermöglichen. Ein ausführliches Video zur Umstellung des S-Bahnetzes bis September 2022 findet sich bei YouTube.
Kamen früher auf dem Netz der S-Bahn Kopenhagen auch historische Züge zum Einsatz, wie bis 2003 ein Zug der 1. S-Tog-Generation von 1934 oder ein dampfbespannter
Museumszug mit historischen Personenwagen, ist dies jetzt nur noch mit einer Ausrüstung mit ICI möglich, welche teuer ist, aktuell vom Betreiber der Museumszüge selbst finanziert werden muss und nur im System S-Tog genutzt werden kann.

S-Tog

Einfahrt in den Bf Østerport. Hier steht noch ein außer Betrieb befindliches Lichtsignal, was eigentlich abgedeckt sein sollte – aber die Haube nur noch auf „halb acht“ hängt. Links die Tafel für einen CBTC-Blockabschnitt und unten eine Balise, welche dem Zug zusätzlich exakte Information über seinen Standort liefert. Die direkte Kommunikation der Züge mit der Leittechnik erfolgt über eine WLAN-Verbindung, deren Antennen auf dem Zug und entlang der Strecken in regelmäßigen Abständen montiert sind. Hier ist eine der Streckenantennen im Hintergrund zu erahnen.

S-Tog

Das Bahnhofsgebäude Østerport besteht aus einer Holz-/Backsteinkonstruktion und ist vorbidlich gepflegt. Rechts fährt eine S-Bahn ein, die klassischen Lichtsignale sind außer Betrieb. Links die klassischen Signale des Fernbahnbereichs.

S_Tog

Einfahrt einer S-Bahn nach Køge. Die Tf fertigen ihre Züge über einen Blick nach hinten oder auf Monitore ab, ehe sie den Startknopf für das automatische Fahren im CBTC-Betrieb betätigen und der Zug in der Regel im Modus AM die Fahrt autonom durchführt. Der Hauptbahnhof von Kopenhagen ist eine Stahl-/Holzkonstruktion und auch hier im Bestand bestens gepflegt.
Im Gleis liegt noch die vorherige Ausrüstung der Kopenhagener S-Bahn mit der Zugsicherung Hastighedskontrol og automatisk togstop (HKT), die bis 2022 durch CBTC abgelöst wurde.

Regionaltog

Die Doppelstockwagen der DSB kommen inzwischen ausschließlich hinter Loks der Bauart Vectron von SIEMENS zum Einsatz, nachdem die Dieselloks des Typs ME ausgemustert, deren Einsatzstrecken elektrifiziert und die elektrischen Loks der Reihe EA – welche auf der BR 120 der DB basierten – ebenfalls ausgemustert wurden. Die EB 3240 im Hauptbahnhof Kopenhagen.

Metro

Kopenhagen baut seine nach GoA4 betriebene Metro in großen Schritten aus, im Vergleich zum letzten Besuch im Jahr 2017 wird inzwischen die Ringlinie M3 betrieben und die von der Ringlinie abzweigende Linie M4 ausgebaut. Im Vergleich zu deutschen U-Bahnen fühlt man sich hier – wie hier in der Hst Østerport – auf den ersten Blick nicht in einer U-Bahnstation. Die Anlagen sind kompakt und zum Gleis mit Wänden abgeschottet, so dass man eher denkt in einer Ladenzeile zu sein. Aktuell ist eine große Zahl von Stationen mit Werbebeklebung versehen.

Metro

An der Station Gammel Strand sind die Fahrtreppen durch die Tiefenlage länger und dadurch die Bahnsteige etwas länger als an den meisten anderen Stationen. Der Fotograf kann so die Länge für ein den Umständen entsprechendes U-Bahnfoto in einer Tunnelstation nutzen.

Metro

Der dichte Betrieb hat zur Folge, dass bei Unregelmäßigkeiten sofort der Folgezug aufläuft. Hier anschaulich zu sehen – der Zug in dem wir sitzen steht keineswegs, sondern fährt konsequent auf die Station zu, wo der Vorzug gerade anfährt.

Metro

Man könnte an Erichs Lampenladen denken, wenn der Zug die Verzweigung von M3 und M4 unterhalb des Sortedams Sø befährt … Ein Fahrer ist hier Fremdwort und der Blick auf die Strecke Alltag.

Orientkaj

Die M4 endet am Orientkaj im Nordhafen, eines der Hafengebiete, welche allerorten in der Nachnutzung völlig umgestaltet werden.

Orientkaj

Die Wendezeit beträgt nur wenige Sekunden. Nach Aus- und Einstieg der Reisenden fährt der Zug sogleich wieder zurück.

Orientkaj

Kann auch schon mal vorkommen, dass nur die IP-Adresse des Anzeigesystems angezeigt wird.

S-Tog

Auch im CBTC-System der S-Bahn nach GoA2 rücken die Züge auf kürzestmöglichem Abstand nach.

S_Tog

København Syd wird aktuell zu einem modernen Nahverkehrsknoten umgerüstet, die hierhin verlängerte M4 sollte rund zehn Tage nach unserem Aufenthalt dort unter Anwesenheit des dänischen Königs eröffnet werden, der gesamte Bereich ist noch eine große Baustelle.
Bis 2038 wird das S-Tog-System von SIEMENS für etwa 370 Mio EUR entsprechend einer Option aus dem Vertrag vom 13. Oktober 2011 auf GoA4 hochgerüstet um ab 2030 schrittweise einen fahrerlosen Zugbetrieb zu ermöglichen. Die erganzenden Verträge für die Ausrüstung für 226 Züge (mit einer Option auf 100 weitere Bordgeräte), Streckenausrüstung und Aufrüstung der Betriebszentrale wurden im
April 2024 mit Banedanmark (BDK) und DSB unterzeichnet. Die Ausschreibung für die Züge selbst wird im kommenden Jahr erwartet.

Fotos in Google Earth © 2024 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben