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Sonntag, 3.
September 2023
– Woltersdorf vor dem Wandel
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Im
östlich Berlins gelegenen Woltersdorf steht im kommenden Jahr
ein
Generationswechsel an – die seit 1978 praktisch
ausschließlich mit "Gotha-Triebwagen" der Baujahre 1957 bis
1961
betriebene Woltersdorfer
Straßenbahn wird ihren Fuhrpark mit mindestens
drei vollniederflurigen Triebwagen vom Typ Moderus Gamma LF 10 AC BD des
polnischen Herstellers Modertrans
Poznań Sp. z o.o. verjüngen
und
barrierefrei machen und dafür vsl. vier bisher im Bestand
befindliche Gotha-Triebwagen vom Typ T57 ausmustern. Die neuen
Fahrzeuge werden eine Länge 14,91
Meter, eine Breite von 2,40 Meter,
24 Sitzplätze sowie 54 Stehplätze aufweisen (der
T57 hat 22 Sitzplätze und 65 Stehplätze),
als Höchstgeschwindigkeit sind 70
km/h angegeben.
Bisher prägen die 1995 und 1996 bei der Mittenwalder Gerätebau
GmbH (MGB) gründlich
sanierten und modernisierten Wagen 27, 28, 30 und 32 den
Überlandbetrieb am Stadtrand Berlins. Die Triebwagen 31 (2005/06) und 33 (2011 bis 2018)
wurden in späteren Jahren identisch modernisiert, so dass mit
dem nicht modernisierten Tw 29 insgesamt sieben Triebwagen vom Typ T57
im Bestand sind. Mit den Beiwagen 89 und 90 sind noch zwei seit einigen
Jahren nicht mehr betriebsfähige B59 vorhanden, welche in eigener
Werkstätte aufgearbeitet worden waren.
Beiwagen werden in
Woltersdorf seit 2006 planmäßig
nicht mehr eingesetzt, sie
wurden im Mai 2006 durch einen in den
Hauptverkehrszeiten zusätzlich von
Rahnsdorf bis Berliner Platz verkehrenden
Kurzläufer ersetzt – der
Tw 31 wurde zu diesem Zweck aufgearbeitet und modernisiert.
Der 1959 gebaute Triebwagen 28 kam 1978 aus Dessau, dort
lief er
als Tw 42. In Woltersdorf wurde er bis 1987 als Tw 30
geführt
und dann zum Tw 28. Hier ist der Tw 28 an der Hst
Blumenstraße zu sehen.
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Bei
den Neubaufahrzeugen sind zum Ein- und Ausstieg auf jeder Fahrzeugseite
drei
Außenschwenkschiebetüren angeordnet, die beiden
Türen an den
Fahrzeugenden sind 650 mm breit. Über die 1.300 mm breite
Tür in der
Fahrzeugmitte gelangt der Reisende in das Mehrzweckabteil mit
Stellplätzen für Rollstühle, Kinderwagen und
Gepäck. Der Innenraum der
Moderus Gamma ist schallgedämmt und soll durch große
Scheiben und den
Einsatz von LED-Beleuchtung eine helle und freundliche
Atmosphäre
erzeugen.
Im Vorgriff auf die absehbare Ausmusterung ist am Triebwagen 28 keine
Werbung mehr angebracht. Noch erklimmt er als Alltagsfahrzeug in der
Rudolf-Breitscheid-Straße den markanten Berg zur
Woltersdorfer St.-Michael-Kirche.
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Der
Auftragswert für die drei fest bestellten Fahrzeuge liegt bei
knapp 4,0 Mio EUR, 3,7 Mio EUR davon übernehmen das Land Brandenburg
und der Landkreis
Oder-Spree.
Die weiteren 300.000 EUR steuert die Gemeinde
Woltersdorf
bei. Durch die
Fördermittel konnte ein Batterie-Zusatzantrieb (sog. Supercap)
beauftragt werden, sodass
kurze Abschnitte auch ohne Fahrleitung zurückgelegt werden
können.
Am 11. Februar 2022 unterzeichnete
die Schöneicher-Rüdersdorfer
Straßenbahn GmbH (SRS) – seit Januar
2020 über 22,5 Jahre Betriebsführerin der im Eigentum
der Gemeinde Woltersdorf und dem Landkreis Oder-Spree
stehenden Woltersdorfer Straßenbahn – den
Vertrag zum Bau der drei Triebwagen, eine Option auf einen
vierten Triebwagen wurde im Auftrag als Option vereinbart. Der neue
Fahrzeugtyp ist eine
Weiterentwicklung der einteiligen Moderus
Gamma LF 05 AC, welche in das
polnische Bytom
geliefert wurden.
Der Triebwagen 30 hat die St.-Michael-Kirche passiert und
fährt weiter entlang der Rudolf-Breitscheid-Straße,
um den Thälmannplatz zu erreichen. Der 1960 gebaute Tw 30
stammt aus Schwerin – er lief dort als Tw 22 und kam 1977 nach
Woltersdorf, wo er nur wenige Monate als Tw 12 unterwegs war. Von 1978
bis 1978 wurde der Triebwagen zum Tw 28 und im Zuge einer
Nummernbereinigung zum Tw 30.
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Am
Thälmannplatz liegt das Sowjetische
Ehrenmal,
welches an die bis 1945 im 2. Weltkrieg gefallenen sowjetischen
Soldaten erinnert. Seit dem russischen Angriffskrieg gibt es eine
Diskussion um die Ehrenmäler – deren dauerhafter
Erhalt am
9. November 1990 in einem Staatsvertrag zwischen Deutschland und der
Sowjetunion verbindlich geregelt wurde. Das Gelände des
Ehrenmals
in Woltersdorf zeigt sich inzwischen auffällig ungepflegt und
gibt
die aktuelle politische Lage anschaulich wieder. Tw 28 erreicht den
Thälmannplatz.
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Tw
28 hat die Hst Thälmannplatz auf der Rückfahrt nach
Rahnsdorf
verlassen, im Hintergrund wieder der Kirchturm der St.-Michael-Kirche
und die zur Eisdiele umgewandelte ehemalige Wartehalle am
Thälmannplatz. Links im Bild die frühere Haltestelle nach
Rahnsdorf, diese wird heute nur noch im Falle von zusätzlichem
Betrieb bedient, wenn am Thälmannpltz –
wie früher üblich – gekreuzt
wird.
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Tw 30 entlang der
Berliner Straße an der Einmündung der
Eichbergstraße.
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An
der Kreuzung mit der Baumschulenstraße liegt eines der
nicht mehr zahlreicher werdenden inhabergeführten
Schreibwarengeschäfte.
Das nach Schöneiche und Rüdersdorf weisende
Richtungsschild
ist an einem aus DDR-Zeiten stammenden Mast befestigt, die einst in
gelb angemalt waren.
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Entlang
der Berliner Straße sind in den über drei
Jahrzehnten seit
dem Mauerfall unzählige Bauten saniert oder neu gebaut worden,
nur
einzelne Bauten zeigen sich noch wie einst, auch wenn sie im Falle von
Ladengeschäften mit der Zeit gehen und wie hier an der
Puschkinallee Motorradbedarf im Angebot haben.
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Nur wenige
Ecken entlang
der Berliner Straße wirken relativ zeitlos, die Kreuzung zur
Fasanenstraße gehört dazu. Tw 30 erreicht gleich die
Hst
Fasanenstraße.
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Mit
zahlreichen Union Berlin-Fans an Bord verlässt der Tw 30 die
Hst
Fasanenstraße. Am Nachmittag traf die aktuell in der
Bundesliga
sehr erfolgreiche Mannschaft auf RB Leipzig, welches die Spitzenpartie
heute für sich entscheiden sollte.
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Von
der Hst Berliner Platz kommend erreicht der Tw 28 in Kürze die
Hst
Fasanenstraße. Eigentlich sollte bereits der erste neue
Triebwagen aus Polen fertiggestellt und ausgeliefert sein, doch durch
die aktuelle Wirtschaftssituation mit ihren Lieferkettenproblemen
werden die neuen Triebwagen erst im kommenden Jahr in Woltersdorf
erwartet, derzeit wird Pfingsten 2024 als erster
Präsentationstermin
genannt.
Voraussichtlich drei Gotha-Triebwagen werden in Woltersdorf verbleiben,
die drei fest bestellten Niederflurfahrzeuge können nur den
Regelauslauf decken, selbst im Falle der Beschaffung eines vierten
Triebwagens ist keine stabile Werkstattreserve vorhanden – es
sei
denn man nutzt die historischen Fahrzeuge des Betriebes – wie
im
Frühjahr 2023 den KSW-Triebwagen 7, welcher im
HVZ-Kurzläufer
eingesetzt wurde, nachdem von sieben T57 nur noch zwei
einsatzfähig zur Verfügung standen. Ob sich dieser
Bestand
aus den beiden zuletzt modernisierten Tw 31 und 33 sowie dem als
heimlichen Traditionswagen erhaltenen,
originalen Tw 29 zusammensetzen wird, mal schauen...
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Fotos
in Google Earth |
©
2023 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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