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3. November – Klassiker feiern Jubiläen
6. November – Dänische Gäste in Bremen
10. November – Ozeanblau/beige nach Niedermarschacht
12. November – Der letzte zum Redesign nach Neumünster
16. November – Nach Nürnberg ins DB Museum und zu RUBIN






Sonnabend, 6. November 2021 – Dänische Gäste in Bremen

Tw 811 und Bw 1806

Die Saison ist vorbei, die Tage sind wieder kurz und oft trüb. Für die Mitglieder des Fördervereins Sporvejshistorisk Selskab (SHS) des Dänischen Straßenbahnmuseums in Skjoldenæsholm ist der Herbst Reisezeit, sie besuchten dieser Tage Bremen. Eigentlich war der Besuch schon im Herbst 2020 geplant, doch ließ die Corona-Pandemie die Reise 2020 nicht zu.
Zunächst war auch Hamburg ein Reiseziel, doch sind die historischen U-Bahnwagen in Hamburg seit April 2019 nicht einsatzbereit, so dass Hamburg als straßenbahnlose Stadt entfallen musste. In Bremen wird die Straßenbahn seit rund 25 Jahren wieder erweitert
und dabei auch das Umland (Lilienthal) erreicht bzw. auf bestehende Eisenbahnstrecken nach Mittelshuchting und Leeste (im Bau bzw. Planung) erweitert.
Seit 1989 kümmert sich der Verein Freunde der Bremer Straßenbahn e.V. (FdBS) um die Erhaltung der historischen Straßenbahnen. Was 1990 mit zwei Zügen der Hansa-Großraumwagen begann, umfasst heute einen repräsentativen Querschnitt durch die Bremer Straßenbahngeschichte.
Der Großraumzug aus den Triebwagen 811 und Beiwagen 1806 wurde in den vergangenen Jahren nach langjährigem Einsatz als historischer Zug gründlich überholt und dabei praktisch in den Originalzustand von 1954 zurückversetzt. Hier durchfährt der Zug nach dem Ausrücken aus dem Betriebshof Sebaldsbrück – auch gleichzeitig Heim der Freunde der Bremer Straßenbahn – die Hst Schloßparkstraße.

Tw 811 und Bw 1806

Die Siedlungsstruktur in Bremen wird durch das Altbremer Haus geprägt, entlang der Straßen stehen in der gesamten Stadt die zwei- oder dreigeschossigen Häuser, oft als Einfamilienhäuser angelegt. Der Großraumzug hat am Hauptbahnhof die Gäste aus Dänemark aufgenommen und die Fahrt geht gen Walle. Hier passiert der Zug die Sankt-Magnus-Straße, im Hintergrund links die Wilhadi- und rechts die St.Marien-Kirche.

Tw 811 und Bw 1806

Nur rund einen Kilometer Luftlinie entfernt liegt der Holz- und Fabrikenhafen, an dessen östlichem Rand die zweite den Stadtbereich um Walle und Gröpelingen erschließende Straßenbahnstrecke verläuft, hier an der Kreuzung Nordstraße/ Emder Straße.

Tw 811 und Bw 1806

Seit August 2014 fährt die Bremer Straßenbahn mit dem dritten Bauabschnitt der Linie 4 auch in das niedersächsische Umland – vom an der Bremer Stadtgrenze gelegenen Borgfeld aus wurde die Straßenbahn nach Lilienthal bzw. Falkenberg verlängert. Durch die dörfliche Hauptstraße fährt der Zug aus Tw 801 und Bw 1806.

Tw 811 und Bw 1806

Westlich der Brücke über die Wümme verläuft die Grenze zwischen Bremen und Niedersachsen entlang der Wümme. Der Zug erreicht an der auf der Brücke gelegenen Hst Truperdeich Bremer Stadtgebiet. Am Mehlandsdeichweg entscheidet dagegen die Straßenseite, in welchem Bundesland man wohnt …

Tw 811 und Bw 1806

Die bis 1849 erbaute Horner Mühle wird bereits seit 1933 nicht mehr mit Wind betrieben, 1938 wurden ihre Ruten demontiert. Erst Jahrzehnte später erhielt sie im Zuge von denkmalgerechten Sanierungen ihre Flügel zurück, 2017 wurde die Mühlentechnik umfangreich erneuert.
Die heute wieder betriebene Linie 4 ist ein Projekt der 1990er und 2000er Jahre. 1972 wurde die alte Linie 4 nach Horn eingestellt und 1998 in einem ersten von drei Bauabschnitten bis zur Horner Mühle wiedereröffnet. 2002 wurde der zweite Bauabschnitt nach Borgfeld eröffnet und 2014 zum aktuellen Endpunkt im niedersächsischen Lilienthal verlängert.

Tw 811 und Bw 1806

Zeit für einen Fahrzeugtausch. Die Reisegruppe ist an der Domsheide ausgestiegen und der Großraumzug macht sich wieder auf den Weg in Richtung Sebaldsbrück. Hier passiert der Zug entlang der Straße Bei den drei Pfählen den Hastedter Wochenmarkt.

Tw 3077

Zunächst kommt jedoch ein anderes, inzwischen auch museumsreifes Fahrzeug gefahren. Die ab 1993 in Serie gebauten Niederflurwagen aus dem Hause AEG bzw. Adtranz stehen vor dem Ersatz durch neue Züge der Reihe Avenio aus dem Hause Siemens. Aktuell sind bereits rund ein Drittel der Züge ausgemustert, ein Verkauf der niederflurigen Triebwagen stand aufgrund des starken Verschleisses an den Zügen nicht zur Diskussion.
Der 3077 gehört zu den GT8N, die für die Erhaltung als Museumsfahrzeug in der engeren Wahl stehen. Inwieweit langfristig eine fahrfähige Erhaltung möglich ist – und mit welchen Einsatzmöglichkeiten – ist noch fraglich, die technischen Voraussetzungen dafür werden aktuell mit Einlagerung von Teilen und der Zugauswahl geschaffen.

Tw 557

Der Wegmann-Stadtbahnzug vom Typ GT4f hat bereits Eingang in die Museumssammlung gefunden – Ende 2013 endeten die Linieneinsätze der ab 1973 gebauten Fahrzeuge, seither wird das Straßenbahnnetz in Bremen vollständig niederflurig betrieben.
Der GT4f 557 wurde vor genau vier Jahren als historischer Triebwagen fertiggestellt, der passende Beiwagen GB4f 747 wartet noch auf den Abschluss der Hauptuntersuchung und die Neulackierung. Hier kommt der Tw 557 entlang der Hastedter Heerstraße mit dem markanten Wandgemälde gefahren.
Tw 701

Mit dem Tw 701 ist ein unmittelbares Nachkriegsfahrzeug der Bremer Straßenbahn mit Bremer Wurzeln erhalten geblieben. Der Wagen entstand 1947 bei der Bremer Maschinenbau und Dockbetrieb GmbH als Teil einer Serie von je 25 Trieb- und Beiwagen nach Plänen der ab 1940 gebauten Lindner-Triebwagen. Der noch bis 1985 zu innerbetrieblichen Zwecken genutzte Triebwagen 701 (zuletzt 886) wurde vom Verein ab 1991 von Grund auf neu aufgebaut und zum 125-jährigen Bestehen der Bremer Straßenbahn 2001 fertiggestellt. Langfristig sollen noch bis zu zwei Beiwagen für den 701 dazukommen, die passenden Wagenkästen sind in Sebaldsbrück als Rohbau bzw. Arbeitsreserve vorhanden.
Tw 557

Nach Zustieg der Reisegruppe an der Domsheide führte der Weg zunächst ins vornehme Viertel Schwachhausen zur Kulenkampffallee. Entlang der Hartwigstraße der Tw 557 …
Tw 701

… gefolgt an der Ecke Fitgerstraße vom Tw 701.
Tw 3202

Die 77 bestellten Züge der Reihe Avenio hören in Bremen auf den Namen „Nordlicht“, 35 der betrieblich als GT8N-2 bezeichneten Triebwagen erhalten für die auf EBO-Strecken projektierten Streckenverlängerungen über Huchting hinaus EBO-Zulassung und Fahrzeugnummern ab 3401 ff.. Hier der Tw 3202 nach Huchting in der Hartwigstraße.
Tw 557

Von der Kulenkampffallee kommend Tw 557 an der Hst Bulthauptstraße entlang der Hartwigstraße. Links an der gelben Hauswand ist eine Rosette aus Zeiten erhalten, wo die Fahrleitungsanlage an den Hauswänden aufgehängt war.
Tw 701

Der Tw 701 folgte dem Tw 557 stets im Sichtabstand.
Tw 3023

Nun ist auch in Bremen die Zeit nicht stehen geblieben und es entstehen neue Stadtviertel. Die hafennahe Überseestadt wird seit 2006 von der Straßenbahn erschlossen, zum Anschluss des Europahafens mit dem Kellogg-Werk wurde ein Streckengleis auf rund 800 Metern als Vierschienengleis ausgeführt. Seit 2018 ist das Kellogg-Werk geschlossen und das Gleis wird vom Güterverkehr nicht mehr befahren.
Der GT8N 3023 passiert entlang der Straße Auf der Muggenburg seinen auf der Linie 5 eingesetzten Nachfolger 3207 vom Typ GT8N-2. Für die Linie 5 wird eine Erweiterung in die hintere Überseestadt zum Waller Sand vorbereitet, wo derzeit ein neues Stadtviertel entsteht.
Tw 701

In dieser Umgebung wirkt der unweit entstandene „Dockwagen“ 701 an der Hst Eduard-Schopf-Allee wie aus einer anderen Welt, da hilft auch das an die Vergangenheit erinnernde Straßenschild „An der Reeperbahn“ nicht. Doch wo war der vorausfahrende GT4f 557 geblieben? …
Tw 557

… Da durch die Überseestadt auch eine Runde entgegen des Uhrzeigersinns möglich ist war naheliegend, dass der fehlende GT4f 557 den Schlenker andersherum fährt. Und sowar es, der Tw 557 erschien in Gegenrichtung. Im Hintergrund als Kontrast zur modernen Bürowelt die aufgegebenen Gebäude des Kellogg-Werks, von wo aus mit der Überseeinsel ein weiteres, nachhaltiges Stadtviertel entstehen soll.
Tw 3242 und Tw 3021

Kontraste auch an der Hst Sebaldsbrück. GT8N-2 3242 trifft auf den GT8N 3021, welcher die letzten Einsatzmonate erlebt. Fast könnte man meinen „Spur H0 trifft auf Spur TT“. Bis zum GT8N hatten die Straßenbahnwagen eine Breite von 2,30 Meter oder weniger, ab dem GT8N-1 sind es 2,65 Meter. Zur Verkleidung der Dachausrüstung ist bei den GT8N-2 der Umriss höhergezogen.
Tw 134

Als vierter historischer Triebwagen rückte am Nachmittag der Tw 134 aus dem Depot Sebaldsbrück aus. Der Wagen 134 wurde 1904 als Eigenbau in der Werkstatt Walle der Bremer Straßenbahn AG als offener Plattformwagen gebaut. 1924 erhielt das Fahrzeug geschlossene Plattformen mit Schiebetüren und ein neues Fahrgestell mit größerem Achsstand. Der Tw 134 blieb so bis 1954 im Liniendienst, ehe er zum Lehrwagen LW 1 umgebaut und noch bis 1974 zur Fahrerausbildung genutzt wurde.
Bis 1979 diente der Wagen als Rangierwagen ehe er endgültig abgestellt wurde. 1991/92 wurde der Tw 134 in Bremens Partnerstadt Rostock bei den dortigen Verkehrsbetrieben grundlegend aufgearbeitet und ist seitdem im weitgehenden Zustand von 1939 einsatzfähig. Eine Vorstellung dieses und der anderen historischen Wagen der BSAG findet sich im Fototagebuch anlässlich der Inbetriebnahme des Museumswagens GT4f 557 im
November 2017.
Tw 134

Tw 134 an der Hst Schloßparkstraße im von Mercedes-Benz industriell geprägten Stadtteil Sebaldsbrück.
Tw 134

Im Hochsommer beginnt gegen 16.30 Uhr die fototechnisch wieder interessante Tageszeit, jetzt im November steht die blaue Stunde vor der Tür. Tw 134 an der Hst Bennigsenstraße.
Btf Neustadt

Die blaue Stunde ideal genutzt. Durch mehrere Störungen im Innenstadtbereich und an der Strecke nach Arsten kam der Ablaufplan für die Besucher aus Dänemark durcheinander, welche daher zum Betriebshof Neustadt gefahren waren und auf den Wagen 134 warteten. Kurzerhand wurden die drei Museumsfahrzeuge des Nachmittags nebeneinander aufgestellt und am Avenio 3217 eine Begrüßungsanzeige eingestellt. Gut, wenn die Nachrichtentechnik der Verkehrsbetriebe im Vorwege flexibel ist und spezielle Anzeigen zentral auf alle Fahrzeuge einspielen kann.
Btf Neustadt

Parade von GT4f 557, Tw 701, Tw 134 und dem GT8N-2 3217 vom Typ Avenio. Der Avenio von Siemens wird auch zum Einsatz kommen, wenn die Straßenbahn im Raum København vsl. 2025 – 53 Jahre nach der Stilllegung in København – in Form der Hovedstadens Letbane zwischen Lundtofte und Ishøj wieder eingeführt wird. Im Straßenbahnmuseum Skjoldenæsholm ist das Mock-Up des künftigen Kopenhagener Fahrzeugs ausgestellt.
Tw 134

Zeitlich wieder fast dem Ablaufplan entsprechend erreichten die drei Fahrzeuge im Konvoi die Schleife Weserwehr. Eigentlich sollte der Plankurs vorbeigelassen werden, welcher zunächst eine Minute hinter den Museumswagen folgen sollte. Doch erschien der Wagen am Weserwehr nicht und die Abfahrtsprognose an der Haltestelle zählte nach oben. So wurde die Rückreise vorzeitig angetreten – zurück blieben am Weserwehr zahlreiche auf den Plankurs wartende Fahrgäste, die sich wohl ob des unerwarteten Déjà-vu wunderten …
Tw 49

Im Depot bleiben musste „Molly“, der 1900 gebaute Triebwagen 49. Das betriebsfähige Fahrzeug hat die ab 1959 erforderlichen Änderungen nach BOStrab nicht erhalten, so hat „Molly“ weder Magnetschienenbremse noch Blinker.
Mittels einer Sondergenehmigung
und ohne Fahrgäste darf der Tw 49 dennoch im Streckennetz fahren, was bei Veranstaltungen gerne praktiziert wird – die aktuellen Zeiten verschaffen „Molly“ allerdings einen ungewohnt ruhigen Ruhestand. Dahinter der nahezu fertiggestellte Pferdebahnwagen 23, für den eine Zulassung im Pferdebahnbetrieb auf Bremens Straßen angestrebt wird.
Tw 49

Reisekomfort anno 1900. Dahinter der Stadtbahnwagen 557 von 1976.
Tw 3078

Museumsfahrzeug der Zukunft? Der letztgebaute GT8N 3078 ist zu einem Werkstattaufenthalt im Btf Sebaldsbrück abgestellt. Die Rolle des Museumszuges machen wohl die drei jüngsten GT8N unter sich aus.
Schon bei den Fahrzeugen der 1970er Jahre war und ist es schwer, ihren Wert als Museumsfahrzeug zu rechtfertigen. Doch war dieses einst auch bei einem Großteil der zur Ausmusterung stehenden Fahrzeugen so – so dass manch heute „wertvolles“ Fahrzeug nur über Kunstgriffe überhaupt erhalten blieb, weil im Erleben erst einmal einfach nur „alt und verkommen“.
Nicht selten muss eine Generation vergehen, bis der Wert als Museumsexponat von den dann Aktiven – oder Entscheidungsträgern – überhaupt wahrgenommen wird. Von daher wäre es sträflich, die zur Ausmusterung anstehenden Niederflurwagen der ersten Generation vollständig zu verschrotten – was in Bremen zum Glück auch Konsens ist, es nicht zu tun.
Neuland ist allerdings die Frage einer Betriebsfähigkeit der Fahrzeuge. Bei Wagen ohne Leistungselektronik ist es einfache Handwerkskunst, die Fahrzeuge am Leben zu halten. Bei modernen Fahrzeugen muss Elektronik betriebsfähig gehalten werden, bei der ein Hammer eher kontraproduktiv ist und funktionierende Hard- und Software zur Wartung der Elektronik vorgehalten werden.
Dem noch einfach zu betreibenden Material fehlt aktuell das nostalgische Flair – was wieder einen Großteil der Vermarktung von historischen Fahrzeugen ausmacht. Und ob die Technik noch funktionsfähig und wartbar sein wird, wenn die Fahrzeuge in späteren Generationen – die fraglos kommen werden – historisches Flair erreicht haben?
GT8N

Noch sind die verschiedenfarbig gestalteten Köpfe der GT8N in Bremen Alltag. Mit jedem der in Auslieferung befindlichen GT8N-2 wird ein GT8N ausgemustert und verschrottet – während so mancher Betrieb noch an der vollständigen Ablösung der letzten Hochflurfahrzeuge doktort, wird in Bremen bereits die erste Niederflurgeneration ersetzt. Danke an die Freunde der Bremer Straßenbahn und die Mitglieder des Sporvejshistorisk Selskab für die Gastfreundschaft.
Fotos in Google Earth © 2021 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben