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Freitag, 19. Februar 2021
– Endlose Weiten im Marschland
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Für
den Freitag war zumindest für den Vormittag wieder bester
Sonnenschein in der Pipeline, so dass es früh gen Norden zog.
Während so mancher Fotograf die Gegend mit der Marschbahn
gleichsetzt,
gibt es hoch im Norden auch noch die Nebenbahn von Niebüll nach
Dagebüll.
Die Strecke wurde in den letzten Jahren durchmodernisiert, von der
sprichwörtlichen „klassischen Nebenbahn“ – dem Ideal mancher
Fotofreunde – ist nicht viel übrig.
Aber nach dem Umbau ist vor dem Wandel.
Die neg-Strecke nach Dagebüll ist elementar von den
umsteigefreien Kurswagenläufen des DB-Fernverkehrs abhängig,
da diese die Feriengäste in Dagebüll bis auf die Mole zu den
Fähren nach Föhr und Amrum transportieren können.
Aktuell sind nach Angaben der neg auf der nördlichen Marschbahn 40%
der Fernreisenden mit dem Ziel Dagebüll, Föhr oder Amrum
unterwegs. Mit der Umstellung der verbleibenden IC1-Leistungen auf
neue lokbespannte ECx-Züge, welche vom spanischen Hersteller Patentes Talgo S.A.
gebaut werden, endet bei der DB ca. im Jahr 2025 auch der klassische Kurswagenverkehr.
Vergangenen Freitag war der 628 505/506 der neg
in einen Bahnübergangsunfall verwickelt. Da zu diesem Zeitpunkt
weder der T4 noch der VT71 betriebsfähig waren, wurde an den
Folgetagen zunächst Schienenersatzverkehr gefahren – nach einigen
Tagen übernahm ein Leih-628 von DB Fernverkehr
die Leistungen auf der neg-Strecke. Heute war der T4 wieder einsatzfähig,
so dass der Leiheinsatz des DB-628/928 beendet wurde. Der 1995 von den Jenbacher Werken gebaute Triebwagen T4 erreicht als Zug 5 Maasbüll und quert die Dorfstraße.
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Die neg wäre nicht neg, wenn sie in Anbetracht der Perspektiven
nicht an die Zukunft denken würde und entsprechende Konzepte entwickeln
würde. Ende Juli 2020 stellte neg-Geschäftsführer Ingo Dewald das
künftige Betriebskonzept der Presse vor. Das Betriebskonzept sieht die
Bildung von Halbzügen ab Niebüll vor – eine Hälfte der Talgozüge wird
von der ab Itzehoe kalt mitgeführten Talgolok nach Dagebüll befördert,
während die andere Hälfte weiter nach
Westerland fahren wird. Hierzu ist die (Insel-)Elektrifizierung der
neg-Infrastruktur zwischen Niebüll und Dagebüll sowie der Gleise 1-3 im
Bf Niebüll erforderlich.
In die Fahrleitungsanlage wird entsprechend der Planungen künftig Ökostrom des Umspannwerks Gasthafen in Klockries bei Niebüll eingespeist, welcher
von 42 Windkraftanlagen mit 103 Megawatt installierter Leistung erzeugt
wird. Das Land Schleswig-Holstein finanziert die Planungen für die
Elektifizierung, die geschätzten Kosten von 10 Mio EUR übernimmt
entsprechend dem Klimapaket der Bundesregierung zu 90% der Bund, die
restlichen 10% will das Land finanzieren. Ende 2021 hofft die neg die
Planfeststellungsunterlagen einreichen zu können.
An der einstigen Hallig Dagebüll quert die neg den Osterdeich, welcher den 1935 eingedeichten Osewoldterkoog vom Kleiseerkoog trennt – im Hintergrund die 1731 geweihte Dagebüller Kirche St. Dionysius. T4 als Zug 6 nach Niebüll.
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Das Umfeld der neg ist geprägt von langen Wegen entlang der Deiche oder in den Kögen. Der Bü Mittelste Weg am Kleilandsdeich
ist zugleich an der Bahn der von Fotografen wohl am meisten in Szene
gesetzte Bahnübergang. Aktuell ist die Marschlandschaft nach dem
abrupten Frostende und folgender Niederschläge
allerdings eher eine Schlammlandschaft und sollte besser nicht betreten
oder befahren werden… T4 als Zug 7 auf der Fahrt nach Dagebüll Mole.
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Wer im Kleiseerkoog wohnt hat eines: Platz. T4 passiert als Zug 8 den Bü Der mittelster Querweg. In geografischer Beschreibung wussten sich die Nordfriesen schon immer zu helfen…
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Danach
war ein Wechsel zur Marschbahn vorgesehen, RE11021 nach Hamburg-Altona
war als Doppelstockzug eingeplant, wobei mit diesem Zug eine
Neuzeit-Premiere verbunden war – die Bespannung eines RE auf der
Marschbahn mit einer Lok der BR 218. Zuletzt war dies Ende 2005 der
Fall, bevor DB Regio den Regionalverkehr an die NOB abgeben musste. Die Married-Pair-Wagen
benötigen entsprechend ausgestattete Loks, die Ersatzparks
könnten zwar von Loks der BR 218 bespannt werden – doch
dürfte bei DB Regio auf der Marschbahn die Zahl noch 218-kundiger
Personale sehr gering sein.
Im Zuge von konzerninterner Unterstützung bahnt sich hier jedoch
eine Wende an – Personal von DB Fernverkehr im Norden hat durchweg
218-Kunde, so dass DB Fernverkehr nach Erwerb von Baureihenkunde
für den DOSTO-Steuerwagen für DB Regio aktiv werden kann.
Allerdings fehlt es der DB konzernweit an Loks der BR 218, da in der
letzten Zeit nur noch wenig in den Restbestand an BR 218 investiert
wurde und daher Leihloks im Norden alltäglich geworden sind. Hier
hilft die angemietete 218 055 der PRESS, hinter der sich die ehemalige
218 458 verbirgt. Lehnshallig sollte nach dem Besuch letzten Freitag heute nicht erneut
als Motiv dienen, so dass auch in Hinblick auf die am frühen
Nachmittag zu erwartende RDC-Pendlerzugleistung ein neues Motiv gesucht
wurde.
Nach den Windrädern prägen zunehmend auch Solarfelder
die Landschaft in Schleswig-Holstein – Tendenz stark zunehmend. Strom
kommt eben nicht einfach aus der Steckdose und nach dem Willen (nicht nur) der Politik bald nicht mehr aus
Kernkraft- oder Kohlekraftwerken. Wie groß die Felder sind und
wie klein dagegen eigentlich große Züge wirken, sieht man
anschaulich auf diesem Foto – und dass die Anlage in der
weitläufigen Marschlandschaft doch wieder winzig wirkt…
218 055 schiebt RE11021 aus dem Bf Lehnshallig gen Hamburg-Altona.
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In zwei Stunden war der RDC-Pendlerzug Westerland – Niebüll zu erwarten, so dass am Am Rollwagenzug (ja, gewöhnungsbedürftiger Name)
auf die Leistung gewartet werden sollte. Der AZS28911 hat östlich
der oben gezeigten Solaranlage den Bf Lehnshallig verlassen und
fährt gen Niebüll. Bespannte die DE 2700-02 am vergangenen
Freitag noch den RDC-Güterzug nach Westerland, so muss sie heute
die 247 909 „Anne“ vertreten.
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Für
den RDC-Autozug AZS28913 war auch die Höhe
aufgebaut, doch verdichteten sich die von der Nordsee aufziehenden
Nebelschwaden in kurzer Zeit zu Hochnebel, so dass 247 908 „Debbie“ ohne Sonne auskommen musste. Gänzlich ausgelastet,
aber nur mit halber Zuglänge passiert der Zug den Fotografen.
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In
den folgenden Minuten Wartezeit wurde der Nebel zu einer
Herausforderung für Mensch und Technik. Der anfängliche
Hochnebel legte sich über die gesamte Landschaft, der Wind wurde
unangenehm und die komplette Technik überzog eine
Feuchtigkeitsschicht, die zu dicken Tropfen wurde. Durch den kurzen
Laufweg des RDC-Pendlerzuges bot sich kein Ausweichen an, so dass ein
Aussitzen und Kontrolle von Kamera und Objektivglas die einzige
Alternative war. 218 390 führt zuvor zusammen mit 218 385 den
AS1435 an, das Foto der
RIS-232 238 zeige ich an dieser Stelle nicht – das Foto vom vergangenen
Freitag soll zur Dokumentation der Leistung reichen. ;-)
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Anschließend
wurde in Windeseile die Ausrüstung getrocknet, verladen und ein
Blick auf die aktuelle Wolkenlage geworfen. Das Nebelfeld war klar
umrissen und nur an der nördlichen Marschbahn. Im restlichen
Norden zog dafür Schleierbewölkung auf, zwar auch nicht
schön – aber besser als das oben zu sehende Nebelfeld. Die 218 055
war mit ihren Doppelstockwagen für die Rückfahrt auf dem RE11020 verplant und somit noch
bei Sonnenlicht auf der Marschbahn machbar – so denn die Sonne solange
durchhalten würde.
In der Hattstedtermarsch bot sich der Bahnübergang am
Südwening an, im Hintergrund Hattstedt mit der weithin sichtbaren St.-Marien-Kirche. Während der Wartezeit schwächelte die Sonne mal mehr mal
weniger – glücklicherweise hatte sich die Schleierbewölkung zur Durchfahrt von RE11020 gelichtet, so dass die 218 055
mit ihrem Zug im Sonnenlicht daher kam. Keine zehn Minuten später
hatte sich die Sonne vollends hinter die Wolken verzogen.
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Fotos
in Google Earth |
©
2021 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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