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Sonnabend, 3. Oktober 2020
– Güterzüge beim Molli
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dampfbetriebene Schmalspurbahn „Molli“ an der Ostsee verbindet Bad
Doberan mit Heiligendamm und Kühlungsborn – im Vergleich zu DDR-Zeiten
hat Molli heute im Nahverkehr eine untergeordnete Bedeutung, auch wenn
Molli in den Verkehrsverbund Warnow integriert
ist und als RB-Linie 31 bezeichnet wird.
Die Deutsche Reichsbahn
betrieb die Schmalspurbahn bis Ende 1993, danach bis September 1995 die Deutsche Bahn AG, ehe Molli zum 1. Oktober 1995 in kommunale
Hand abgegeben wurde und seitdem als Mecklenburgische
Bäderbahn Molli GmbH
firmiert. Wurden zu DDR-Zeiten zuletzt und noch nach der Wende 13 Zugpaare
angeboten, verkehren heute in der Hauptsaison bis zu elf Zugpaare im
Stundentakt zwischen den beiden Endpunkten – in der Nebensaison bis zu
fünf Zugpaare im 2-Stundentakt. Üblicherweise trifft
der Fotograf tagsüber in Kühlungsborn West nur eine Lok zur Zeit unter
Dampf an, die Züge kreuzen sich in stets in Heiligendamm.
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Nachdem sich
der Dampf gelichtet hat, ist der Blick auf die beiden Lok 99 323 und 99
2321 frei. Nachdem sich die Mecklenburgischen
XVIII von 1886, die 1891 bzw. 1898 beschafften XIX und die 1910 gelieferten Loks
der Mecklenburgischen Gattung T 7
(99 301 bis 303)
allesamt in kürzester Zeit als an der Leistungsgrenze angekommen
herausstellten, beschaffte die DRG 1923 zunächst drei Tenderloks der
Gattung T 42 (99 311 bis 313).
Und auch diese Loks sollten beim Molli kein langes Leben haben – 1932
beschaffte die DRG bei Orenstein & Koppel nochmals drei Lokomotiven
der Bauart 1'D1' h2 (99 321 bis 323),
welche an das Einheitslokomotivenprogramm der DRG angelehnt waren.
Diese Loks kommen bis heute auf dem Molli zum Einsatz, ab 1970 als 99
2321 bis 2323 bezeichnet.
Dass an der 99 2323 die vor-EDV-Nummer bis 1970 steht, weist daraufhin, dass die
Lok heute zur Traditionszwecken eingesetzt wird. Schon zu DR-Zeiten war
die 99 2323 als Traditionslok geführt. Der Verein zur Traditionspflege des Molli e. V. betreut einige historische Wagen des Molli, darunter auch diverse
Güterwagen. Mit diesen werden gelegentlich Traditionsfahrten
veranstaltet und heute war es wieder soweit.
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99
323
verlässt mit vier
Güterwagen und einem Gepäckwagen den Bf Kühlungsborn West und passiert
den Bü „Zur Asbeck“, dessen Schalthäuschen wie die anderen an der
Strecke künstlerisch mit historischen Ansichtskarten
gestaltet wurden.
Der erst nach der Wende mit einer WSSB-Anlage
gesicherte Bahnübergang erhielt später separate Warnlichter über dem
Andreaskreuz nach „westlicher“ StVO. Bei der Sanierung des Molli in
diesem Abschnitt vor nicht ganz zehn Jahren wurde die Anlage durch eine aktuelle Anlage
ersetzt, welche sich geschickt hinter der Rauchfahne versteckt. 2011
sah es beim Molli in diesem Bereich noch so aus.
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Die den
Molli prägende
Telegraphenleitung wurde im März 2012 überraschend auf ganzer Länge abgerissen,
obwohl sie nach Aussage des Unternehmens eigentlich Bestandteil der
Traditionspflege im Unternehmen sein sollte und entsprechend vermarktet
wurde.
Im Frühjahr 2017 und 2018 wurden mit Fördermitteln aus dem LEADER-Topf in zwei Bauabschnitten zwei längere
Abschnitte wieder mit Telegraphenleitungen ausgestattet,
welche im Zeitalter der modernen Kommunikation aber keine technische
Funktion mehr haben. So zeigt sich der Hp Steilküste wieder mit
fotogener Infrastruktur, als 99 323 mit ihrem Güterzug nach Bad Doberan
den Bü Bäderweg passiert.
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99 323 fährt
mit ihrem
Güterzug in den Bf Heiligendamm ein. Der Bahnhof ist komplett mit
mechanischer Sicherungstechnik ausgestattet und verfügt
wieder über ein drittes Gleis. Bis zur Privatisierung des Molli waren
Sonderzüge auf dem Molli praktisch nicht fahrbar, da die Züge im
Stundentakt fuhren und in Heiligendamm stets gekreuzt wurde. Nur im
Bahnhof Kühlungsborn Ost gab es eine im dichten Fahrplantakt kaum
sinnvoll nutzbare weitere Kreuzungsmöglichkeit. Heute kann zusätzlich
noch im Bf Rennbahn gekreuzt werden, so dass Sonderverkehr betrieblich recht einfach
möglich ist.
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Im Bf
Heiligendamm sitzt der
Zugleiter des Molli, die anderen Bahnhöfe sind betrieblich nicht mehr
besetzt. Hier schaut die diensthabende Zugleiterin dem Güterzug
hinterher, welcher sich auf Gleis 3 einschließen wird, um die Kreuzung
der beiden Regelzüge zu ermöglichen.
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Fast könnte
man die Zeit
vergessen – der Frühgüterzug aus Kühlungsborn rangiert in Heiligendamm (was hier allerdings einst unüblich war). Ein Werktätiger mit seiner MZ hat Nachschub an Flüssignahrung
organisiert und schaut kurz dem Treiben am Bahnhof zu.
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Der
Molli
wurde seit der Privatisierung durchgreifend saniert, praktisch alle
Großkomponenten der Loks sind neu gebaut, so dass kaum noch
Originalsubstanz vorhanden sein dürfte – verändert wurde jedoch nur die
Fertigungstechnik der Komponenten, optisch sind die Loks abgesehen von Lampen und Schildern praktisch im
Zustand wie 1932 bei Lieferung an die DRG. Die Wagen – soweit nicht aus Güterwagen entstanden – sind oft noch
originale Wagenkästen, die bei der Modernisierung zu DDR-Zeiten nur
standartisiert wurden.
Aber man erkennt Molli noch immer wieder, da die Grundkonzeption bei
aller Erneuerung nicht aufgegeben wurde. Das Einfahrsignal A aus Bad
Doberan steht als eines der wenigen noch erhaltenen Formsignale der früheren
DR-Schmalspurbahnen wie eh und je. Im Zuge der Erneuerung der Anlagen
hat das Signal seit Oktober 2008 einen
Negativ-Flügel erhalten, wie er einst angewandt wurde, um bei dunklen Hintergründen
für kontrastreiche Darstellung zu sorgen. Das Signal A in Heiligendamm
dürfte das letzte derartige Signal in Deutschland sein. 99 2324 fährt
mit ihrem Zug aus Bad Doberan kommend in Heiligendamm ein.
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Pünktlich
zur Ausfahrt des Güterzuges machten sich drei IFA W50-Laster auf den
Weg in Richtung Bad Doberan…
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Der Güterzug
mit 99 323 am
Ortsrand von Bad Doberan auf der Rückfahrt nach Kühlungsborn. Die Stadt
Bad Doberan wächst, nicht so dramatisch wie Kühlungsborn – aber auch
hier ist der Wandel nicht zu übersehen. Neubauten ziehen sich entlang
der Dammchaussee in Richtung Heiligendamm und sind zum Teil in
Bäderarchitektur gestaltet.
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Durchfahrt
durch den Hp Steilküste. Ohne die rekonstruierten Relikte früher
Eisenbahngeschichte würde das Motiv bei weitem nicht diese Wirkung
haben. Details, die auch auf den Reisenden wirken. Wie das Motiv im Januar 2018 ohne die historische Infrastruktur aussah, ist hier
zu sehen – damals hat das herrliche Wetter und die Stimmung das Motiv
retten können, heute rettete die Infrastruktur bei fehlender Sonne das
Motiv.
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Wassernehmen
in Kühlungsborn West. Neben der 99 323 muss auch die im Regelbetrieb
eingesetzte 99 2321 Wasser nehmen, viel Zeit ist in Kühlungsborn nicht
– die Züge pendeln den Tag über unablässig zwischen Bad Doberan und
Kühlungsborn.
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So kennt man
Molli. Urlauber bevölkern den Bahnsteig in Kühlungsborn West und
beobachten das Wassernehmen der Zuglok.
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Die
letzten Jahre bis Mai 1969 verkehrte der Güterverkehr beim Molli
nach Ende des Personenverkehrs am späten Abend, so dass man maximal im
Hochsommer gegen 21.30 Uhr ein solches Foto in Kühlungsborn West machen
konnte.
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Kaum ist der
planmäßige Zug mit den Urlaubern auf dem Weg nach Bad Doberan, scheint
in Kühlungsborn West die Zeitmaschine angesprungen zu sein und gibt
einen Hauch von der Zeit einst wieder.
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Durchfahrt
durch den Hp Kühlungsborn Mitte, welcher 2012 im Zuge
der Straßensanierung erneuert wurde. Nach acht Jahren Betrieb ist der
Bruch nicht mehr so deutlich, zumal im Hintergrund noch ein weitgehend
original erhaltener Bau aus DDR-Zeiten steht und eine MZ dem Molli den
Vorrang gewährt.
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Eigentlich
sollte der Güterzug ein Mastfeld später abgelichtet werden, doch zogen
die Wolkenfelder rasant durchs Bild und ließen eine Motivplanung nicht
wirklich zu. 99 323 erreicht mit ihrem Güterzug den Hp Steilküste.
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Nahe
Vorder
Bollhagen die 99 323 mit ihrem Güterzug. Während die
Telegraphenleitung vorbildlich wieder hergestellt wurde, sind die nach
historischem Vorbild neu angefertigten Kilometersteine in Plastikringe
gegossen worden, die nicht immer vollständig in den Boden
eingelassen sind. An km 5,1 fällt das glücklicherweise kaum
ins Auge.
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Am Bf
Rennbahn, welcher nur bei Veranstaltungen auf der 1993 wiedereröffneten
Galopprennbahn als Verkehrshalt bedient wird, war Verladepause – offenbar war auch ein
hoher Funktionär anwesend, denn Volvo-Autos aus dem neutralen und sozialen Schweden waren in der DDR nur für
wenige Genossen zugänglich.
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Hatte der
Werktätige vorhin mit seiner MZ noch Flüssignahrung mit Umdrehungen
besorgt, ist er nun auf den Drahtesel und frische Milch umgestiegen und
versucht die Balance zu halten, bevor es für den Güterzug nach Bad
Doberan weitergeht.
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Abfahrt nach
Bad Doberan.
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Ach ja, nebenbei
lief der Planbetrieb auf dem Molli. 99 2324 erreicht entlang der
Dammchaussee das Stadtgebiet von Bad Doberan. Die 99 2324 ist im
Gegensatz zu ihren Schwestern 99 2321-23 keine Lok des Baujahres 1932,
sie wurde 2008/09 im Dampflokwerk Meiningen nach den alten Zeichnungen
in moderner Fertigungstechnik neu gebaut.
Im Sommer sind täglich zwei Loks der Reihe 99.23 eingesetzt. Viel
Puffer für die Instandhaltung war bei drei Loks der Reihe nicht und
die Reserve- und Winterlok 99 2331 erreicht im Gegensatz zu den 50 km/h
schnellen 99.23 nur 35 km/h – was im engen Fahrplan des
Zweizugbetriebes zu wenig ist. Die 99 2324 ist damit die erste und
einzige in Deutschland neu gebaute Dampflok für den Regelbetrieb
seit rund 50 Jahren. Zeitgleich entstand in Meiningen der Nachbau einer
sä. IK für den Museumsbetrieb.
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Was die
Ausstattung einer Bahnstrecke mit historischen Infrastrukturen
ausmacht. 99 2324 entlang der Dammchaussee.
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Ein letztes
Mal verlässt heute die 99 2324 den Bahnhof Kühlungsborn West gen Bad
Doberan. Rechts das Signalkabinett des Molli-Museums und der
Kohlebansen, welcher nur gelegentlich für die Bekohlung der Loks
genutzt wird. Die Bekohlung findet üblicherweise in Bad Doberan statt.
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Seit
Übernahme des Molli in kommunale Hand im Oktober 1995 ist der Bahnhof
Kühlungsborn West nicht mehr mit einem Fahrdienstleiter besetzt und das
Signal A außer Betrieb. Es wurde im
Zuge der Streckensanierung abgebaut, vom Verein zur
Traditionspflege des Molli e. V. restauriert und wieder aufgestellt.
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Der Blick aus der
Gegenrichtung, heute Privatgelände. Im August 1993 betrieb noch die
Deutsche Reichsbahn den Molli. Als 099 902 den Bahnhof Kühlungsborn
West verließ, war von Sonne keine Spur und der Nieselregen
sorgte für eine beeindruckende Dampfentwicklung. Die
99 2322 hörte von 1992 bis Oktober 1995 auf die Nummer 099 902, 099
entsprechend der 1968 von der DB für Schmalspurbahnen eingeführten
EDV-Baureihennummer und 9xx für 900mm Spurweite. Auch in Sachsen und
auf Rügen verschwanden diese Nummern mit der Privatisierung der Bahnen wieder.
Nur im Harz wurden die Fahrzeugnummern in Anbetracht der vorgesehenen
und
zum Februar 1993 realisierten Ausgründung der Harzer Schmalspurbahnen
nicht mehr angeschrieben.
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Der
Förderverein kümmert sich die Pflege der historischen Bahnanlagen –
u.a. sind zwei originale Molli-Wagenkästen als Lagerraum aufgestellt,
wie es früher nicht nur an den Schmalspurbahnen üblich war.
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Die vereinseigene Diesellok 199 015-9 vom Typ V10C
rangiert die Traditionsfahrzeuge im Bf Kühlungsborn West und setzt hier
den Güterzug in die Fahrzeughalle weg, während die Zuglok 99 323 für die
Abstellung vorbereitet wird. Den Aktiven des Verein zur Traditionspflege des Molli e.V. mein herzlicher Dank für diese Veranstaltung zum Saisonausklang.
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Fotos
in Google Earth |
©
2020 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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