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Oktober 2013

2. Oktober – Eisenbahnromantik in der Prignitz
3. Oktober – Familienzusammenführung
4. Oktober – Die Rückkehr der schwarzen 1
5. Oktober – Die schwarze 1 nochmals unterwegs
25. Oktober – Zeitreise mit dem VT 137 322 ins Zittauer Gebirge
26. Oktober – Dampf und Diesel rund um Zittau





Freitag, 25. Oktober 2013 – Zeitreise mit dem VT 137 322 ins Zittauer Gebirge

99 731 und VT 137 322

Im Dreiländereck in der Oberlausitz wird mit den Zittauer Schmalspurbahnen eine sächsische Schmalspurbahn betrieben, welche zur Wendezeit nur denkbar knapp überlebt hat. Zugunsten des Braunkohletagebaus waren die Zittauer Schmalspurbahnen 1990 zur Stilllegung vorgesehen, im März 1990 wurde vom DDR-Ministerrat die Einstellung des Olbersdorfer Braunkohletagebaus beschlossen – die bereits begonnene Umsiedlung des Olbersdorfer Niederdorfs wurde gestoppt und die im Ausflugsverkehr beliebte Schmalspurbahn konnte weiterverkehren, obgleich die Deutsche Reichsbahn auch in der Folgezeit noch mit einer Stilllegung des defizitären Betriebes liebäugelte.
Heute werden die Zittauer Schmalspurbahnen von der in kommunalem Eigentum stehenden Sächsisch-Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft mbH (SOEG) betrieben, welche die Anlagen und Fahrzeuge zum 1. Dezember 1996 von der Deutschen Bahn AG übernahm. Die SOEG legt im Vergleich zu anderen Schmalspurbahnen sehr viel Wert auf einen authentischen Erhalt der Fahrzeuge und Anlagen, so dass in enger Zusammenarbeit mit dem Interessenverband der Zittauer Schmalspurbahnen e.V. auf gesamter Länge das einstige Flair der sächsischen Schmalspurbahnen erhalten geblieben ist.
Seit 2007 ist mit dem VT 137 322 auch der letzte Vertreter einer 1938 von der DRG zur Erprobung beschafften Triebwagenserie für die sächsischen Schmalspurbahnen wieder betriebsfähig, nachdem das Fahrzeug 1964 mit Motor- und Getriebeschaden abgestellt und bis 1990 unzugänglich im Schuppen Bertsdorf hinterstellt war. Seit 1990 liefen Bemühungen, das historisch interessante Fahrzeug zu restaurieren und wieder in Betrieb nehmen zu können, was aber erst 2007 erfolgreich abgeschlossen werden konnte, nachdem die SOEG für den Wochenendausflugsverkehr zusätzliche Fahrzeuge benötigte und Interesse an dem seit 1980 dem Verkehrsmuseum Dresden gehörenden VT 137 322 zeigte.
Heute sollte der VT 137 322 zu einer Fotofahrt in recht kleinem Kreise aufbrechen, so dass es über Nacht nach Zittau ging – die Nachtfahrt wurde mit stimmungsvollen Nachtaufnahmen im Bw Zittau belohnt, wo neben dem VT 137 322 gerade die 99 731 aufgerüstet wird, die seit 2012 im Zustand der 1930er Jahre hergerichtet ist und an bestimmten Tagen den neu restaurierten DRG-Zug bespannt.

VT 137 322

Vor dem Rundschuppen des Regelspurbereiches, bis 2012 von der Hochwaldbahn genutzt, steht der VT 137 322. Völlige Zeitlosigkeit...

VT 137 322

Die Morgenstimmung wurde zu einzelnen Fotomotiven im Zittauer Stadtgebiet genutzt, hier der VT 137 322 unter dem Neißetalviadukt der Strecke nach Tschechien, die jenseits der Neiße rund 2,5 km durch Polen führt.

VT 137 322

Zittau Vorstadt wurde 1910-13 zu einem umfangreichen Bahnhof ausgebaut, nachdem 1910 der Beschluss zum zweigleisigen Ausbau der Strecke ab Zittau Vorstadt nach Bertsdorf gefasst wurde, da es in den Jahren zuvor zu einem sprunghaften Fahrgastanstieg im Ausflugsverkehr ins Zittauer Gebirge kam. Noch heute sind die großzügigen Anlagen erkennbar – es sind lediglich die überflüssigen Gleise und der zweite Bahnsteig abgerissen worden, von welchem die Einhausung des Zugangs noch erhalten ist.

VT 137 322

Vor den Häusern der Olberdorfer Niederstadt passiert der VT 137 322 die ab 1990 zum Braunkohleabbau vorgesehenen Flächen, was zur Stilllegung der Zittauer Schmalspurbahn geführt hätte. Direkt hinter den Häusern liegen die heute renaturierten Flächen des Tagebaus, auf denen bis 1999 der Olbersdorfer See angelegt wurde.

VT 137 322

VT 137 322 in der Einfahrt Bertsdorf. Der Bahnhof Bertsdorf wird auch heute noch von einem mechanischen Stellwerk gesteuert, welches 1938 als massiver Hochbau im Bf Bertsdorf angelegt wurde.

Bahnwärterwohung

Der Interessenverband der Zittauer Schmalspurbahnen e.V. pflegt die umfangreichen Anlagen des Bf Bertsdorf vorbildlich. Seit 2001 ist das Bahnhofsgebäude im Eigentum des Vereins, ist seither aufwendig restauriert worden und die in späteren Jahren erfolgten Umbauten an den Gebäuden wurden wieder rückgängig gemacht. Im Bahnhofgebäude steht eine stilecht eingerichtete Dienstwohnung zur Verfügung, welche auch als Ferienwohnung vermietet wird. Mit etwas Glück hat der Feriengast dann diesen Ausblick auf die Gleisanlagen des Bahnhofs.

VT 137 322

Vom Stellwerk Bertsdorf wird heute der gesamte Zugverkehr der Zittauer Schmalspurbahnen im Zugleitbetrieb gesteuert, die Einfahrten in den Bahnhof Bertsdorf sind durch Formsignale gesichert. VT 137 322 passiert das Stellwerk auf dem Abzweig nach Kurort Oybin.

VT 137 322

Der VT 137 322 gehört zu einer Serie von vier Triebwagen, die 1938 von Busch in Bautzen für die Deutsche Reichsbahn gebaut wurden und in Zittau erprobt wurden. Anschließend war ein Serienbau für die sächsischen Schmalspurbahnen vorgesehen, welcher durch den Krieg verhindert wurde. Die vier Triebwagen konnten in Mehrfachtraktion verkehren, waren im Triebwagenrot der DRB lackiert und wurden bereits im September 1939 mit Kriegsbeginn abgestellt. 1943 wurden die Fahrzeuge von der Reichsverkehrsdirektion beschlagnahmt und sollten als Beiwagen zur RBD Posen umgesetzt werden.
VT 137 322 entgleiste bei der Verladung und verblieb in Zittau. Nach dem Krieg wurde der Triebwagen reaktiviert und erhielt aus Personenwagen angepasste Beiwagen. Konnte der VT 137 322 mit Hilfe der bei
den anderen drei Triebwagen ausgebauten Antriebsanlagen lange betriebsbereit gehalten werden, musste 1964 das Fahrzeug mit Motor- und Getriebeschaden abgestellt werden – der VT 137 322 verschwand anschließend für einige Jahrzehnte im Bertsdorfer Lokschuppen.
Hier steht der Triebwagen am Ziel der ersten Fahrt im Bf Kurort Oybin. Bei der SOEG wird der VT 137 322 seit 2007 im Ausflugsverkehr an Wochenenden – meist mit farblich angepasstem Rekowagen – im Wechsel mit einem diesellokbespannten Wagenzug eingesetzt. Einen an den VT 137 322 farblich angepassten Altbauwagen gibt es bei der Museumsbahn Schönheide – gelegentlich kommen beide Wagen gemeinsam zum Einsatz, zuletzt
2011 auf der Döllnitzbahn.

VT 137 322

Die Anlagen der Zittauer Schmalspurbahnen laden geradewegs zu einer kleinen Zeitreise ein, so wie hier im Bf Kurort Oybin, wo ein Framo-Pritschenwagen Transportgut für die nächste Triebwagenleistung angeliefert hat. VT 137 322 steht derweil eingeschlossen am Wassserhaus, da in der Pause eine Dampfleistung verkehren wird. Das Triebwagenpersonal führt derweil einen kleinen Ablöseplausch. Falls sich wer über einzelne verschwundene Schilder wundern sollte, sie wurden kurzzeitig vom ABV beschlagnahmt.

VT 137 322

Deutlich ist auch heute noch bei Oybin das Planum des zweiten Streckengleises nach Oybin zu erkennen, welches auf dem Abschnitt bis Bertsdorf 1943/44 demontiert wurde – der weitere Abschnitt bis Zittau Vorstadt wurde erst 1945 im Zuge von Reparationsleistungen abgebaut. Im Hintergrund auf dem Berg Oybin die Ruine der Burg Oybin.

VT 137 322

Kleines Detail auf dem Bf Bertsdorf, im Hintergrund unter anderem der von 99 787 bespannte Planzug.

VT 137 322

Unterhalb des Stellwerks Bertsdorf der VT 137 322 bei der Ausfahrt in Richtung Jonsdorf.

VT 137 322

Auf dem Weg nach Jonsdorf geht es entlang des waldreichen Fußes des Zittauer Gebirges.

VT 137 322

Nach dem Verlassen des Waldes sind in Hänischmühe die Ausläufer von Jonsdorf erreicht – am wohl bekanntesten Motiv des Astes nach Jonsdorf mit Erlaubnis der Gartenbesitzerin aus ungewöhnlicher Perspektive der Blick auf die Strecke.

VT 137 322

VT 137 322 verlässt den Ortsteil Hänischmühe und wird in wenigen Minuten den Bahnhof Jonsdorf erreichen.

VT 137 322

Vor Jonsdorf liegt noch eine große Kuhweide, dessen Rinder gerade hoch am Berg weilten und so den Blick durch die Bäume und Tränke ermöglichten.

VT 137 322

VT 137 322 hat den Endbahnhof Kurort Jonsdorf erreicht.

99 787

99 787 bespannte den zweiten Planumlauf und fährt hier in Kurort Jonsdorf ein. Während die eine oder andere ostdeutsche Schmalspurbahn umfangreich die Bahnsteiganlagen modernisiert und höchstens noch historisierende Elemente in die Gestaltung der Anlagen einfließen lässt, sind die Anlagen rund um Zittau in einem gut gepflegten, weitestgehend originalen Zustand verblieben.
Als einzige der Schmalspurbahnen im Osten sind die Regelzüge der SOEG behindertengerecht mit Niederflurwagen ausgestattet – in jedem Zug wird in Zugmitte ein rollstuhlgerechter Wagen mitgeführt. So wird gleich der Besitzer des Wartburgs mit seinem Klapprollstuhl barrierefrei von einem Oldtimer in den nächsten Oldtimer umsteigen, der örtliche Handwerker wartet derweil auf seinen Kunden, um einen Defekt am Rolli zu beheben.


VT 137 322

VT 137 322 hat Jonsdorf wieder verlassen und rollt an der Jonsdorfer Kirche gen Bertsdorf.

VT 137 322

VT 137 322 vor einem der typischen Oberlausitzer Umgebindehäuser.

VT 137 322

Im Haltepunkt Kurort Jonsdorf Haltestelle kommt es nochmals zum Treffen von Wartburg und VT 137 322.

VT 137 322

Im Bf Bertsdorf mit seiner wiederhergestellten Güterverladerampe entstand diese kleine Szenerie, welche auch Anfang der 1960er Jahre entstanden sein könnte.

Fahrkartenschalter

Der Interessenverband richtete das Bahnhofsgebäude nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich wieder stilecht her. Die Zeit scheint hier eingefroren zu sein.

Hinweisschild

Dass alles seine Ordnung hat, dafür sorgt dieser kleine Hinweis...

99 731 und VT 137 322

VT 137 322 muss der nächsten Planleistung Platz machen – 99 731 fährt mit ihrem bewirtschafteten Dampfzug in den Bf Bertsdorf ein.

99 731 und 99 787

Regelmäßig kommt es in Bertsdorf zu Doppelausfahrten, wobei die üblichen Haltepunkte der Züge etwas auseinanderliegen, sodass die Doppelausfahrten fotografisch nur schwer umzusetzen sind. Hier fahren 99 731 nach Oybin und 99 787 nach Jonsdorf aus.

VT 137 322

Nach Abfahrt der Dampfzüge kann der VT 137 322 seine nächste Fahrt antreten, Triebwagenführer und Zugführer werfen einen letzten Blick auf die Ladepapiere und dann kann die Fahrt beginnen.

VT 137 322

Während der VT 137 322 nach Oybin aufbricht, hat die Werkstatt Schichtwechsel und der Kollege tritt die wohlverdiente Fahrt nach Hause an.

VT 137 322

Am Abend geht die Fahrt wieder in Richtung Zittau zurück, in Olbersdorf trifft der VT 137 322 auf den örtlichen Bauern, welcher sich mit seinem Lanz Bulldog auf dem Weg ins Dorf macht um dem örtlichen Händler neues Gemüse zu bringen.

VT 137 322

Während der Triebwagen über die Olbersdorfer Brücke rollt, beobachten die drei Pferde auf der Koppel höchst interessiert das Treiben der Fotografen.

VT 137 322

Nachdem der Bauer sein Gemüse abgeliefert hat, fährt er mit seinem Einzylinder wieder zu seinem Hof und trifft dabei nochmals auf den VT 137 322 auf der Olbersdorfer Brücke. Mit diesem Foto endet die kleine Zeitreise ins Zittauer Gebirge – mein Dank gilt allen Aktiven der Vereine und der Zittauer Schmalspurbahnen, damit dieses Kleinod am Rande Sachsens noch lange zufriedene Fahrgäste befördern kann.

Fotos in Google Earth © 2013 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben