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Montag, 29. März 2021
– Mit der „Wilden Zicke“ rund um die Altstadt Naumburgs
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Die
1991 „vorübergehend eingestellte“ und seit 2007 – zunächst im Rahmen eines
Probebetriebes – wieder täglich verkehrende Naumburger
Straßenbahn hat seit 2011 eine langfristige Perspektive, nachdem
sie nach Jahren des Touristenbetriebs im August 2011 in den
öffentlichen Personennahverkehr Sachsen-Anhalts integriert wurde
und in diesem Zuge eine Betriebsgenehmigung bis zum Jahr 2034 erhielt.
Waren die Triebwagen zu Beginn des Gelegenheitsverkehrs auf noch
betriebsbereiten Gleisresten unkonventionell bunt, haben die Fahrzeuge
im täglichen Linienverkehr authentische Farbgebungen erhalten
und stets bestens gepflegt. Die Fahrzeuge tragen auf die
Gestaltung der Fahrzeuge angepasste Werbung und ermöglichen dem
kleinen Betrieb zusätzliche Einnahmen.
Durch die langfristige Betriebsperspektive konnte auch die seit den
frühen 1990er Jahren nicht mehr befahrbare Strecke Vogelwiese –
Salztor freigelegt und saniert werden. Seit Dezember 2017
verkehrt die Straßenbahn auf der gesamten im Jahr 1992 von der
Stadt zur Erhaltung garantierten Streckenlänge von rund 2,9
Kilometern. Hier befährt Tw 51 die wiederaufgebaute Strecke zum
Salztor – im Hintergrund die Stadtkirche St. Wenzel in der Altstadt, die von der Straßenbahn umfahren wird.
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Der Tw 51 gehört zu den
beiden in Naumburg vorhandenen Triebwagen der Reko-Bauart – der etwas
härteren Art, Straßenbahn zu fahren. Er wurde 1973 im Raw
Berlin-Schöneweide gebaut und kam als Tw 116II nach Jena, wo er bis 2001 im Einsatz stand – zuletzt als Tw 137. Seit 2001 ist er in Naumburg und wurde 2016 bei der IFTEC
in Leipzig grundlegend aufgearbeitet, er erhielt dabei die früher
in Naumburg anzutreffende Farbgebung elfenbein/rot. Hier quert der
Triebwagen den Wenzelsring – die zahlreichen Misteln in den noch
laublosen Bäumen an der Altstadt sind bald wieder im Baumgrün verschwunden.
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Das seit Dezember 2017 wieder
mögliche Motiv am Wenzelsring mit der Altstadt, der Stadtkirche St. Wenzel und dem Naumburger Dom stand ganz oben auf der
Agenda – mit der Altstadtkulisse geht das nur in der laublosen Zeit,
aber die Sonne soll auch ausreichend hoch stehen. So passte die Schönwetterphase vor Ostern
perfekt, dieses Motiv abzuhaken. Ein Kunststück war es noch den
alle 30 Minuten pendelnden Triebwagen an der stark befahrenen
Bundesstraße 87 ohne Autos ablichten zu können. Gute zwei
Stunden waren nötig, um das Motiv zufriedenstellend
abzulichten.
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Der zentral gelegene
Theaterplatz wurde im Mai 2019 nach dem langjährigen
Oberbürgermeister der Stadt zum Curt-Becker-Platz umbenannt.
Während auf dem Jakobsring der Verkehr rege läuft, wirkt der
zweiachsige Tw 51 wie aus einer anderen Zeit. Die Straßenbahn in
Naumburg ist ausdrücklich als Straßenbahn mit historischen
Fahrzeugen definiert und das ab 2022 verbindlich anzubietende
barrierefreie Angebot wird durch die örtlichen Buslinien
sichergestellt. Im Bedarfsfalle sind stets die Fahrer der Fahrzeuge beim Ein-
bzw. Aussteigen behilflich.
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Über 120 Jahre alt ist
die Thainburgbrücke über den
Stadtgraben. Die Brücke ist sanierungsbedürftig und soll mit
Hilfe von Carbonbeton saniert werden. Allerdings fand sich 2019 bei der
Ausschreibung der nötigen Arbeiten kein Unternehmen, welches die
Sanierung ausführen will. Tw 51 passiert die Brücke entlang
des Marienrings.
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Die Anlagen der Naumburger
Straßenbahn waren in den 1970er Jahren heruntergewirtschaftet,
die Straßenbahn wäre damals ohne die Energiekrisen stillgelegt worden. Trotz eines 1973 gefassten Beschlusses
zum Weiterbetrieb änderte sich bis zum Ende der DDR nichts
Wesentliches am Fahren auf Verschleiß. Lediglich der 1976 in der Altstadt unterbrochene
Ring konnte 1981 durch eine Neubaustrecke entlang des Marienrings
wieder geschlossen werden. Tw 51 biegt hier auf die Neubaustrecke
von 1981 ein, dessen Oberbau in den letzten Jahren schrittweise erneuert
wurde. Auch der im Hintergrund zu sehende Betriebshof wird Schritt
für Schritt erneuert.
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Einst verlief die Straßenbahn hier in der Mitte der Straße und am heute von der Pflegeeinrichtung Volkssolidarität
genutzten, prächtigen Bau hingen politische Parolen. Die
Straßenbahn erhielt auf Basis eines im Dezember 1998 zwischen Stadt und
Straßenbahn Naumburg GmbH geschlossenen Vertrages – der
zunächst das Ziel einer Ringbahn begrub, aber den Status Quo
sicherte – ab Herbst
2001 im Bereich der Bergstraße ein neues Gleis in Seitenlage, welches die ersten Jahre noch
ohne Anschluss blieb.
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1991 wurden in der
Bahnhofstraße Bauarbeiten durchgeführt, die zur Einstellung
der Straßenbahn führten. Vielleicht war es fehlende
Erfahrung mit dem Umgang von Fördergeldern im noch ungewohnten
bundesdeutschen Staat. Fördermittel wurden nicht vollständig
abgerufen und neue flossen nicht. Die Bauarbeiten wurden nicht mehr in
der geplanten Form abgeschlossen und die Straßenbahn Naumburg war
durch die Streckenunterbrechungen faktisch Geschichte. Nur rührige
Straßenbahnfreunde hielten den Straßenbahngedanken noch
lebendig, gründeten 1991 den Förderverein „Naumburger
Verkehrsfreunde e.V.“ und 1994 die Naumburger Straßenbahn GmbH, die nach Abschluss eines Pachtvertrages mit der Stadt die in Aussicht gestellten Touristenfahrten durchführen sollte.
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Dieser Bereich am Wenzelsring
wurde 2017 als Neubau errichtet. Weiter zum Salztor waren die Gleise
lange überdeckt vorhanden, wurden beim Wiederaufbau aber
ebenfalls erneuert. Würde man nicht wissen, dass der Abschnitt ein
Neubau von 2017 ist, man würde es nicht merken.
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Im Bereich des Marienrings
stehen noch Fahrleitungsmaste von 1980, als der Ring mit dieser
Neubaustrecke als Ersatz für die 1976 stillgelegte Altstadtstrecke
wieder geschlossen wurde.
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Triebwagen 51 fährt in
die Hst Marientor ein, die jüngst eine erhöhte Bahnsteigkante
mit Blindenleitstreifen erhielt.
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Abendliche Ruhe entlang des Stadtgrabens.
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Im letzten Abendlicht passiert
der Triebwagen 51 die Einmündung an der Friedensstraße. Auch
hier wieder mein ausdrücklicher Dank an die Mitarbeiter der
Straßenbahn Naumburg, die mit ihrem Engagement die
Straßenbahn zu dem gemacht haben, was sie heute ist. Und ohne sie
gäbe es dort heute keinen Meter Straßenbahn mehr.
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Fotos
in Google Earth |
©
2021 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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