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2. April – Klassische Hamburger S-Bahngesichter
13. April – Vom Staubsauger zur Straßeneisenbahn
14. April – Historisches und modernes in Leipzig
15. April – Zeitenwandel
21. April – Alt und Neu unterwegs
22. April – Gebügelte Klassiker
28. April – "Alltag" im Straßenbahnmuseum Skjoldenæsholm




Freitag, 13. April 2018 – Vom Staubsauger zur Straßeneisenbahn

Wiebe-Zug

Drei Tage nach Leipzig sollte es über das Wochenende gehen. Kurzfristig ergab sich die Info, dass die Universal-Reinigungsmaschine für Gleisoberflächen (URG), wie der Staubsaugerzug der Fa. Wiebe genannt wird, im Bf Olympiastadion im Reinigungseinsatz ist. Üblicherweise verkehrt der Zug nur nachts, wenn an den zu reinigenden Bahnsteigen kein Betrieb ist. Da die Sonderbahnsteige am Olympiastadion außerhalb von Veranstaltungen im Stadion oder in der Messe keinen Betrieb aufweisen, können die Bahnsteige kostengünstiger am Tage gereinigt werden – und der Fotograf bekommt die Chance den Einsatz einmal am Tage zu erleben. Vor der Fahrt muss nur der gröbste Müll von Hand entfernt werden, den Rest übernimmt die Maschine.

Wiebe-Zug

Der 1997 aus den Stadtbahner-Triebwagen 475 089 und 476 375 umgebaute Staubsaugerzug ist neben dem Hilfsgerätezug des Bw Wannsee der letzte noch betriebsfähige Altbauzug der Berliner S-Bahn. Der Betrieb der Altbaufahrzeuge ist inzwischen mit zahlreichen Auflagen verbunden – derzeit gibt es keine Altbaufahrzeuge mit der neuen Zugbeeinflussung ZBS und die Radsätze mit gegossenen Radscheiben dürfen nicht mehr verwendet werden. Zusätzlich ist die Unterhaltung der Fahrzeuge inzwischen eine Herausforderung, da die Werkstätten nicht mehr auf Altbaufahrzeuge eingerichtet sind. Ob die beiden letzten (abgesehen von den historischen Fahrzeugen) Altbaufahrzeuge bei der Berliner S-Bahn über den nächsten Fristablauf erhalten bleiben, ist derzeit unklar – für beide Fahrzeuge müssen technische Lösungen gefunden werden.

Wiebe-Zug

Der Zug mit der Nebenfahrzeugnummer 97 86 04 501 14-5 besteht aus zwei Wagen – der frühere 475 089 besitzt anstelle der vier GBM 700-Motoren zwei Drehstromasynchron-Motoren mit insgesamt 16 kW Leistung, die den Zug bei Arbeitsfahrt mit 0,7 km/h bis 3 km/h vorantreiben. Das Datenblatt für den URG-Zug als PDF-Download.

Wiebe-Zug

Im Vordergrund der ehemalige 475 089. Der nicht modernisierte BVG-Stadtbahner wurde 1996 für den Umbau ausgewählt, der Triebwagenkopf wurde beim Umbau den modernisierten Stadtbahnern angepasst – nur Details weichen von der Deutschen Reichsbahn in den 1970er und 1980er Jahren für die Modernisierungen verwendeten Form ab.

Wiebe-Zug

Der Beiwagen des Spenderwagens 476 375 brannte 1995 aus, so dass sich der 476 375 für den geplanten Umbau anbot. Der Triebwagen dient dem Antrieb bei Streckenfahrten und erzeugt das Vakuum für den vom zweiten Wagen aufgesaugten Staub.

Wiebe-Zug

Die Reinigungseinrichtung im Einsatz. Das im Foto zu sehende Drehgestell ist ein sogenanntes "Heimkehrer-Drehgestell". Es gehörte einst zu einem der ab 1945 als Reparationsleistung in die Sowjetunion abtransportierten Züge und wurde auf Breitspur umgebaut. Nach der Rückgabe zahlreicher Züge an die DR im Jahr 1952 wurden die Drehgestelle wieder zurückgespurt, wobei die Wangen der Drehgestelle um 180 Grad gedreht wurden oder blieben. Während diese Drehgestelle bei der Deutschen Reichsbahn bzw. ab 1994 der DB bis zum Ende des Altbaufahrzeuge im Einsatz blieben, sonderte die BVG 1984 nach Übernahme der Stadtbahner diese Drehgestelle ggf. mit den Fahrzeugen aus.

Wiebe-Zug

Die zweite Einrichtung am Saugfahrzeug ist klappbar und klappt bei Erkennung einer Stromschienenhalterung automatisch ein und aus. Diese Einrichtung war am Olympiastadion nicht in Betrieb.

Wiebe-Zug

Durch die beiden Wagen führt ein überdimensionaler Staubsaugerschlauch. Zusätzlich wurden diverse Kabelverbindungen hergestellt, die Kurzkupplung aus einer Rohrkupplung wich einer Scharfenbergkupplung.



Der Zug in Aktion. Den Staubsaugerzug hört man bereits von weitem – mit einem geradezu infernalischen Lärm sorgt er für Sauberkeit, eine Bahnsteiglänge ist in rund 5-10 Minuten gereinigt.

Wiebe-Zug

Der Staubsaugerzug hat keine ZBS-Ausrüstung, so dass ein Einsatz auf Strecken mit ZBS-Zugsicherung besonderen Auflagen unterliegt. Während die Fahrten nachts ohne weiteren Zugverkehr stattfinden, fand der heutige Einsatz im normalen Betrieb statt und der Bahnhof Westkreuz ist bereits auf ZBS umgerüstet.
Da das Ziel für den Zug der benachbarte Bf Grunewald war, konnte die Fahrt unter besonderen Sperrmaßnahmen am Tage erfolgen. Bei strömenden Regen setzt der Zug bei der Aussetzfahrt nach Hundekehle in Westkreuz aus der selten genutzten Ostkehre ein.

KT4D

Anschließend ging es nicht ganz auf geradem Weg in Richtung Leipzig. Vom letzten Jahr war noch eine Fotostelle offen, die damals Bauarbeiten zum Opfer fiel. In Zwickau kommen noch zahlreich KT4D-Traktionen zum Einsatz, hier begegnen sich in der Hst IHK/Saarstraße zwei Traktionen.

RegioSprinter

In Zwickau verkehrt die Vogtlandbahn seit 1999 aus dem Umland ins Stadtzentrum (Zwickauer Modell) und nutzt dabei die zeitgleich mit dem Zwickauer Modell geplante Straßenbahntrasse. Während die Straßenbahn auf Meterspur fährt, hat die Vogtlandbahn eine dritte Schiene bis zum Stadtzentrum erhalten. Zum Einsatz kommen nur leicht modifizierte Vollbahnfahrzeuge, die die bei Straßenbahnen nötigen Zusatzeinrichtungen erhalten haben. Zuächst waren dies ausschließlich RegioSprinter – wie hier der VT 39, inzwischen werden die meisten Leistungen von RegioShuttle gefahren.

KT4D

An der Hst IHK/Saarstraße in Gegenrichtung.

RegioShuttle

VT 54 der Vogtlandbahn fährt entlang der Äußeren Schneeberger Straße. Der Autoverkehr nutzt die ÖPNV-Trasse nicht, er fährt auf dem verkehrsberuhigten und entsprechend angepassten Bürgersteig.

RegioShuttle

Die Vollbahnfahrzeuge auf Straßenbahngleisen sind schon eine beeindruckende Erscheinung. Die Straßenbahnstationen Steinkohlenwerk/ Glück-Auf-Center und IHK/Saarstraße werden dabei ohne Halt durchfahren.

RegioShuttle

VT 55 hat die Endstelle Zwickau Zentrum verlassen und quert die B173.

KT4D

KT4D-Traktion auf der Linie 3 nach Neuplanitz.

Herkules

Am Abend war Leipzig erreicht, wo ein kleiner Abstecher zum Bahnhof noch das Foto des aus Chemnitz einfahrenden Chemnitz-Leipzig Express (CLEX) ermöglichte. Seit Ende 2015 fährt hier Transdev mit der Mitteldeutschen Regiobahn (MRB). Zum Einsatz kommen die zuletzt auf der Marschbahn als Verstärkungswagen eingesetzten Abteilwagen der früheren Deutschen Reichsbahn, mit denen Connex 2003 zwischen (Neuss –) Köln und Rostock vorübergehend eigenwirtschaftlichen Fernverkehr anbot.
Auch wenn in Fankreisen der Komfort der klassischen Abteilwagen hochgelobt wird, zeigt sich inzwischen deutlich, dass diese Wagen kein zeitgemäßer Reisekomfort mehr sind – wobei die Wagen im Gegensatz zum in Bayern mit Erfolg verkehrenden ALEX nie durchgreifend modernisiert wurden. Zusammen mit dem störanfälligen Betrieb der Linie Leipzig – Chemnitz sorgt der Wagenpark des CLEX auch auf politischer Ebene für starke Diskussionen. Derzeit ist dem Vernehmen nach kurzfristig der Einsatz von bei der DB ausgemusterten Doppelstockwagen vorgesehen, um auch die Barrierefreiheit der Züge zu realisieren. Ob, wie in Gerüchteküchen zu hören ist, der Ende September 2017 außer Dienst gestellte ICE-TD hier wieder Auferstehung feiern wird, bleibt abzuwarten – immerhin wurde der ICE-TD für diese Einsatzstrecken gebaut und derzeit weilen diverse Fahrzeuge der BR 605 in den Werken.

Fotos in Google Earth © 2018 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben