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Freitag, 29. September 2017
– Nach 50 Jahren das erste Mal in die Sonne
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Dem aufmerksamen Leser des
Fototagebuchs sind dieses Jahr sicher die Beiträge zum
Straßenbahnwagen vom Typ TM36 aufgefallen. An diesem Wochenende
war das finale Highlight der Reihe vorgesehen und einer der
Motivationsgründe, dieses Projekt mit derart viel Engagement und
Herzblut zu verfolgen und durch die Arbeit dafür zu zeigen, was
man mit entsprechendem Biss bewegen
und erreichen kann.
Teil dieses Projektes war, dass sich Ende September die Tore des Depots
des Deutschen Technikmuseums (DTM)
öffnen und ein Wagen erstmals
seit rund 25 Jahren wieder an das Sonnenlicht kommt. Wer klassische
Museen kennt, ahnt dass derartiges kein Selbstgänger ist und in
Museen einstweilen die Zeit eingefroren wird. Egal, in welchem Zustand
das Fahrzeug in das Museum kommt – am Tag der Übergabe bleibt die
Zeit stehen.
Dieses galt auch für die historischen Fahrzeuge der Sammlung der
BVG, welche bis 1992 auf dem früheren Omnibusbetriebshof Britz
hinterstellt war. Der leitende BVG-Mitarbeiter Wolfgang von Linstow stellte hier
eine einzigartige Sammlung von Fahrzeugen der BVG aus allen
Betriebsbereichen zusammen, die einem späteren Berliner
Verkehrsmuseum zur Verfügung gestellt werden sollte. Diese
Sammlung wurde nach der Wende entgegen dem Willen des inzwischen
verstorbenen Gründers aufgelöst. Die Fahrzeuge die nicht vom Museum für Verkehr und Technik (MVT)
übernommen werden konnten, wurden entweder an den Denkmalpflege-Verein Nahverkehr Berlin
e.V. (DVN) abgegeben oder zum Verkauf ausgeschrieben. Nicht
verkaufte Fahrzeuge wurden verschrottet, auch manch verkauftes Fahrzeug
wurde in späteren Jahren der Wertstoffverwertung zugeführt,
sprich verschrottet.
Nur wenige Fahrzeuge der Sammlung wurden vom DVN wieder betriebsbereit
hergerichtet und stehen heute für Sonderfahrten zur
Verfügung. Einzelne früher betriebsbereite Fahrzeuge der
DVN-Sammlung wurden dem MVT übergeben und sind heute statische
Ausstellungsfahrzeuge. Das MVT und heutige DTM hat entgegen aller
zunächst bestehenden Absichten bis heute kein Verkehrsmuseum
aufbauen können, die Fahrzeuge sind daher in einem Depot
eingelagert, welches nur an Septembersonntagen auf ehrenamtlicher Basis
Besuchern zugänglich gemacht wird.
Der TM36 3566 führte am 2. Oktober 1967 den Abschiedskorso entlang
der Straßenbahnlinie 55 an und wurde anschließend in die
BVG-Sammlung aufgenommen. 1993 nach Aufgabe der BVG-Sammlung in Britz
kam der Wagen zur Monumentenhalle, wo der Wagen seitdem hinterstellt
war. Heute nun war nach fast 25 Jahren erstmals der Auszug des Wagens
vorgesehen, um anlässlich der 50. Wiederkehr der Einstellung der
Straßenbahn im Westteil Berlin nochmals einen Verbundzug – wie er
für die BVG-West typisch war – zeigen zu können.
Das Tor ist geöffnet, die Gleisbrücke ist gelegt. In
Kürze wird der TM36 3566 erstmals seit fast 25 Jahren die
Monumentenhalle wieder verlassen und auf einen Lkw verladen.
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Es ist soweit, der Wagen 3566 wird
aus der Halle gezogen und rollt auf den Transporter. Derweil rollt im
Hintergrund der heute ganz gewöhnliche Berliner Nahverkehr.
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Beim Einzug des TM36 3566 sah das
Umfeld der Monumentenhalle noch völlig anders aus, die Septemberöffnung
2011 war die letzte im
langjährigen Zustand.
Wie es so ist – Berlin ist heute nicht mehr verschlafen, sondern
Hauptstadt und im Fokus mancher Finanzinvestoren. Das Umfeld um die
Anschlussbahn der Monumentenhalle und das Gelände selbst wurde an
einen russischen Finanzinvestor verkauft. Es konnte zwar nochmals ein
neuer Mietvertrag abgeschlossen werden, aber das Umfeld wurde
erschlossen und mit hochpreisigen Eigentumswohnungen bebaut. Diese
exklusiven Wohnungen haben nun völlig ohne Schallschutz Aussicht
auf Monumentenhalle und Eisenbahn. Ob das eine gute, langfristige
Konstellation ist?
Das Bild des 1:1 authentisch den Zustand vor 50 Jahren wiedergebenden
TM36 3566 lässt den Bruch – der sicher nicht nur im Bild besteht –
anschaulich erkennen.
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Der Ausfahrt aus der
Monumentenhalle folgte eine Fahrt über den Berliner Autobahnring
nach Berlin-Marzahn. Der aufmerksame Betrachter wird sich wundern, dass
das Fahrzeug eine solche Reise unternimmt, wenn es doch am Folgetag in
Spandau/Hakenfelde präsentiert werden soll. Hier verlässt der
Transport an der Ausfahrt Berlin-Marzahn die A10.
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Der Grund liegt nahe. Seit rund
drei Wochen weilt der TM36 3495, im Eigentum des Vereins Verkehrsamateure und Museumsbahn
e.V. (VVM) stehend, auf dem BVG-Betriebshof Marzahn. Hier wurden
von der Arbeitsgruppe um den Wagen die Arbeiten durchgeführt, die
am Schönberger Strand nicht möglich waren. Die Arbeiten
wurden gekrönt von einer Probefahrt nach Hellersdorf, welche
erfolgreich mit einem HU-Datum der BVG-Werkstätte Marzahn
abgeschlossen wurde. Hier steht der Wagen im Btf Marzahn dem Fotografen
Modell.
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Der Wagen 3495 war im Januar 1967
der letzte Straßenbahnwagen der BVG, welcher nochmals eine HU
erhielt – er erhielt dabei auch einen neuen Anstrich, obwohl die
Einstellung der Straßenbahn längst beschlossen war und nur
noch eine Frage von Wochen war.
Auf Vermittlung von Wolfgang von Linstow wurden zwei TM36 an den VVM
verkauft, der die Wagen 1973 nach Hamburg holte. Nach einigen Odyseen
kamen die beiden TM36 3487 und 3495 zum Schönberger Strand und der
3495 wurde Anfang der 2000er Jahre funktionsfähig hergerichtet.
Von einer Restaurierung und einem vorzeigbaren Zustand konnte bis 2017
aber nicht annähernd die Rede sein. Der TM36 3487 ist in desolatem
Zustand weiter abgestellt, eine Restaurierung des Wagens ist auch
langfristig nicht absehbar. Umso bemerkenswerter ist es, dass der TM36
3495 nach rund einjähriger, intensiver Restaurierung für
Probefahrten bei der BVG unter Spannung
stehen durfte und alle wesentlichen Prüfungen ohne Beanstandungen
bestanden hat.
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Fotos
in Google Earth |
©
2017 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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