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Freitag, 27. Mai 2016
– Abschiedsstimmung in der Prignitz
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Die Strecke Pritzwalk – Putlitz ist
seit vielen Jahren eigentlich ein Dauerbrenner in der Bahnfotokiste –
zuletzt im Januar 2016 bei
anfangs fast -15° C. Seit rund zwei Jahren ist aber auch absehbar,
dass
Ende
Juli 2016 mit der Auflösung der Verkehrsgesellschaft
Prignitz (VGP) die letzte Grundlage der Finanzierung der Strecke
wegfällt und angesichts der Rahmenbedingungen keine neue
Finanzierung
des Betriebes zu erwarten ist. Auch stehen umfangreiche Investitionen
an der Strecke an, wie die Bahnübergänge in Pritzwalk und
Kuhbier sowie
in die Strecke selbst, die die letzten 30 Jahre wie in einer Zeitblase
überstanden hat. Nach den immer wieder überstandenen
Stilllegungsplänen
von 1998, 2006 und 2012 wäre ein erneuter Weiterbetrieb nicht
allzu
verwunderlich – doch aktuell ist weit und breit keine Rettung in Sicht,
zu ausgereizt sind alle Finanzierungen.
Bei der Mecklenburgischen
Südbahn
im benachbarten Bundesland Mecklenburg-Vorpommern war die Rettung im
letzten Jahr – trotz aller Mühen auch der Hanseatischen Eisenbahngesellschaft GmbH
(HANS) als Eisenbahnverkehrsunternehmen – ebenfalls nicht
gelungen. So wird der 798 610 der HANS am 31. Juli 2016 ein letztes Mal
auf der Strecke Pritzwalk – Putlitz verkehren und anschließend
wird
Ruhe auf der wohl letzten klassisch betriebenen Nebenbahn Deutschlands
einkehren.
798 610 erreicht mit der ersten Leistung des Tages Kuhbier, einem einst
bei den Fotografen begehrten Fotopunkt. Nach der Sanierung der
Dorfstraße hat das Interesse der Fotografen merklich
nachgelassen. Auch
das Weitwinkelobjektiv kann die gesamte Szenerie in Kuhbier nicht
abbilden, aber ein 1920 Pixel breites Panorama
lässt bei einem Klick auf das Foto oder den Link ein wenig vom
Flair
des idyllisch gelegenen Haltepunkts Kuhbier erahnen, welcher noch bis
in die 1980er Jahre mit einem Fahrkartenverkaufsschalter der Deutschen
Reichsbahn besetzt war, dessen Personal das Areal vorbildlich gepflegt
hat.
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Nach der ersten Frühleistung
steht
der Triebwagen einige Zeit im Bf Putlitz, ehe die zweite
Vormittagsfahrt nach Pritzwalk startet. Der Tf des heutigen Tages fuhr
den 798 610 zuvor zur früheren Werkstatt der Prignitzer Eisenbahn,
wo
er an die Fremdeinspeisung angeschlossen wurde. Gelegenheit für
ein
paar Fotoexperimente nach dem Motto "ist das Kunst, oder kann das
weg?". In zwei Monaten wird die Spur des Streckengleises rasant
zuwachsen und im nächsten Sommer wird man das Gleis im hohen Gras
suchen müssen.
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Das Wetter war zunächst alles
andere als einladend für die Tour, doch ein Stück Restchance
auf Sonne
bestand und manches Motiv wirkt ohne Sonne ohnehin reizvoller.
Jakobsdorf hat wenige Häuser und eine überschaubare Anzahl
Einwohner.
Entsprechend habe ich bei meinen Touren hier nie jemanden ein- oder
aussteigen sehen. Dennoch akkurat gemäht der Bahnsteig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit dem Beschluss BVerwG
6 C 28.14 vom 9.
September 2015 entschieden, dass Bahnhofsbetreiber auch auf kleinsten
Stationen neben den Aushangfahrplänen aktuelle Informationssysteme
bereitstellen müssen. Auch wenn das Urteil gegenüber der
Deutschen Bahn
AG ausgesprochen wurde, dürften sich die anderen Stationsbetreiber
diesem auf den allgemeinen Normen und Gesetzen basierenden Urteil nicht
entziehen können. Für Jakobsdorf ist dieses Urteil nun ohne
Belang, es
wäre ebenfalls mit einem Informationssystem auszurüsten
gewesen.
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Die verfallenen Kleinbahnanlagen
des Bahnhofs Pritzwalk erreicht der 798 610. Ganz rechts verkehrte bis
1969 der schmalspurige "Pollo", von dem seit 2002 das wiederaufgebaute
Teilstück Mesendorf – Vettin – Lindenberg als Museumsbahn
betrieben
wird. Mit Stilllegung der Strecke nach Putlitz endet der letzte Betrieb
im Kleinbahnhof und das anstehende ESTW kann ohne diesen
Bahnhofsbereich geplant werden.
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798 610 ist zur Abstellung
vorgerückt und wird mittags wieder gen Putlitz starten, vier
Abfahrten
werden nachmittags vom Triebwagen nach Putlitz gefahren. Der 504 001
steht für das zweite Zugpaar des Tages nach Neustadt (Dosse)
bereit.
Auf dem handbemalten Zuganzeiger zeigten die Pfeile einst nach links
für Züge nach Putlitz und nach rechts für Züge nach
Lindenberg. Vor
einigen Jahren war die frühere Beschriftung wieder zu lesen, ehe
das
Schild erneuert wurde. Der Anzeiger dürfte mit Stilllegung
verschwinden
und hoffentlich in den Bestand des "Pollo" wandern.
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Zu DB-Zeiten sind beide Zugtypen
nie aufeinander getroffen, da die letzten Schienenbusse der DB 1999 in
Tübingen außer Betrieb gingen und die 646/946 der DB erst
rund zwei
Jahre später in völlig anderer Gegend den Betrieb aufnahmen.
Bei der
Prignitzer Eisenbahn war dieses Treffen Alltag, die PEG-Schienenbusse
jedoch in blauer Lackierung gehalten.
Erst seit der Aufarbeitung des früheren PEG-T2 für die Deutsche Eisenbahn Romantik AG (DERA)
im Jahre 2009 ist ein roter Schienenbus der BR 798 in der Prignitz
im Einsatz, welcher inzwischen bei der EGP eingestellt ist und für
die
HANS im Einsatz ist.
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Bei den Besuchen in der Prignitz
hat sich ein fester Rhythmus eingebürgert, der zur Mittagszeit die
Güterzugleistung von Wittstock nach Wittenberge vorsah. Bis Ende
2015
eine Stammleistung der V200, nutzt die EGP dafür seit Januar 2016
vornehmlich eine der beiden neu beschafften Loks der BR 225. Die V200
sind nur noch gelegentlich vor dem Mo/Mi/Fr verkehrenden Zugpaar
anzutreffen. Die Wolken hatten ein Einsehen und gaben in Groß
Pankow unerwartet zur
Durchfahrt die Sonne frei, hier wird in Kürze mit dem
ESTW-Anschluss begonnen.
Der Blick der Fahrdienstleiterin aus dem
Fenster des Stellwerks in Groß Pankow zur Prüfung des
Zugschlusses wird
dann entfallen und die
erst 2014 aufgestellten neuen Hl-Signale werden wieder abgerissen. 2014
stand das Gebäude zur Versteigerung und wurde nach einem Bericht
der Märkischen Allgemeinen
vom 9. April
2014 zum Mindestgebot von 12.500 EUR an den indischen
Geschäftsmann
Inderjit Chauhan Singh verkauft.
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Bei der Planung der Ortsumgehung
Kuhbier war die Strecke nach Putlitz lange ein Unsicherheitsfaktor.
Muss der Straßenbauträger bei betriebenen Eisenbahnstrecken
ein
Brückenbauwerk einplanen, so kann dieses bei Strecken ohne Verkehr
entfallen, wenn kein Verkehr mehr zu erwarten ist – was gelegentlich
ein vor Gericht ausgefochtener Streitfaktor ist.
Im Falle der Strecke nach Putlitz ging dieses bei Kuhbier zugunsten der
Bahnlinie aus. Immerhin zweieinhalb Jahre werden unter der B189 noch
Züge hindurchgefahren sein.
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Nach den Regenfällen der
vergangenen Tage war die Rapsblüte innerhalb weniger Tage
verschwunden.
Bei Kuhbier hatten sich letzte Blüten noch gehalten, der Mohn ist
frisch aufgeblüht. Beim ersten Versuch spielte die Sonne nicht
mit,
beim zweiten Versuch klappte es und 798 610 fährt im Sonnenlicht
gen
Putlitz.
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Laaske hatte bis Anfang der 2000er
Jahre noch ein Empfangsgebäude, welches einem einfachen Unterstand
wich. Dennoch geben die alten Bäume dem Haltepunkt ein fotogenes
Umfeld. Die zahlreichen Dorfhunde nahmen heute von den beiden
Fotografen keine Notiz, beim letzten Besuch war dieses noch völlig
anders.
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Die Wetterlage blieb heute
sonderbar, die Wolken zogen nicht wirklich und änderten ihre
Ausprägung dennoch regelmäßig – ein abschätzen der
Entwicklung war nicht möglich. Von daher fügten sich die
beiden Fotografen ihrem Schicksal und warteten in Jakobsdorf einfach
ab, ob die Sonne für leuchtende Farben sorgen würde oder das
Streckenmotiv am Ende doch nur "grau" rüberkommen täte. Die
Sonne hielt und setzte 798 610 und den Kopfsteinplasterweg schön
in Szene.
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Groß Langerwisch ist an der
Strecke
nach Putlitz der Haltepunkt mit den meisten Fahrgästen. Heute
hielt der
Zug entgegen den üblichen Gepflogenheiten auch in Kuhbier und eine
junge Frau stieg aus dem Zug aus. Kuhbier ist seit der Sanierung der
früher mit Kopfsteinpflaster versehenen Dorfstraße für
die meisten
Fotografen offensichtlich kein Thema mehr. Früher versammelten
sich die
Fotografen nachmittags eigentlich immer in Kuhbier. Doch nicht nur der
WSSB-Bahnübergang ist ein Motiv, auch der Haltepunkt Kuhbier
selbst ist
eines und da stört die sanierte Dorfstraße überhaupt
nicht – ganz im
Gegenteil...
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Nach der letzten Ankunft in Putlitz
setzt der Triebwagen rasch in den Schuppen, welcher von der
PEG bis zum Umzug nach Meyenburg als Werkstatt genutzt wurde. Neben
einer lange abgestellten Kö II ist der 798 610 das letzte
Fahrzeug,
welches den Schuppen regelmäßig nutzt.
Der GDT 0522 wurde im Jahr 2000 an die Prignitzer Eisenbahn verkauft,
die mit der Aufarbeitung des hier als VT 22 bezeichneten Triebwagens
begann, diese aber früh nicht weiterführte. Seitdem steht der
VT 22 in
Putlitz hinter dem Schuppen und verfällt zunehmend. Immerhin ist
er
bisher nicht wie die beiden anderen in Putlitz stehenden Wagen
ausgebrannt. Doch eine Zukunft dürfte der 2010 an die Westloc - Westfälische Localbahn e.
V. in
Bielefeld verkaufte Triebwagen bei diesem Zustand nicht mehr haben.
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Die Einfahrt aus Laaske in die
Gütergleise des Bf Putlitz ist heute dicht bewachsen und dient nur
noch
der Einfahrt des eingesetzten Triebwagens in den Schuppen. Der 798 610
bahnt sich durch dichtes Gras den Weg zur Abstellung.
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Feierabend ist! Die Tore
schließen
sich. Am 29. Juli ein letztes Mal.
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Fotos
in Google Earth |
©
2016 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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