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Donnerstag, 4. Juni 2015
– Inselbahn Wangerooge auf Abwegen
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Im nahe der Ostseeküste
gelegenen Klütz endete die 1905 eröffnete,
aus Grevesmühlen kommende, regelspurige Kleinbahn
der Großherzoglich
Mecklenburgischen
Friedrich-Franz-Eisenbahn, die
im Mai 1995 wenige Tage vor ihrem 90. Geburtstag abbestellt wurde. Ab
Sommer 1997 wurden auf der
damals "Klützer Kaffeebrenner" genannten Nebenbahn erstmals
touristische Ausflugsfahrten angeboten, nachdem die Klützer-Ostsee-Eisenbahn (KOE) die
Strecke von der DB übernommen hatte. Dieser Betrieb endete 2005,
nachdem es zu Unstimmigkeiten mit dem Eigentümer der Strecke kam –
ein Jahr später waren alle Schienen der Strecke abgebaut und das
Kapitel Klützer Kaffeebrenner schien geschlossen.
Bereits 2006 sollte die Strecke als Schmalspurbahn wieder aufgebaut
werden, doch überwogen in der öffentlichen Wahrnehmung eher
die Zweifel, dass ein solches Projekt erfolgreich umgesetzt würde.
Doch begann durch die von Ludger Guttwein gegründete "Stiftung
Deutsche Kleinbahnen" 2012 der Wiederaufbau des 4,5 km langen
Abschnitts Klütz – Reppenhagen in der Feldbahnspurweite von 600
mm. 2013 war das Projekt weitgehend abgeschlossen, der Betrieb begann
nach Fertigstellung der Bahnsteige im Juni 2014.
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In Klütz wurden die erhaltenen
Betriebsgebäude vorbildlich restauriert, einige nicht mehr
genutzte Bauten auch abgerissen. Der Bf Klütz erstrahlt
vorbildlich restauriert und ohne den zu DDR-Zeiten errichteten Anbau.
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Der Betrieb auf der nun "Lütt
Kaffeebrenner" getauften Strecke findet in der Saison Montags
bis Freitags statt, es verkehren
bis zu vier Zugpaare – in den Wintermonaten und an Wochenenden herrscht
Betriebsruhe. Es
sind gelegentliche Dampflokeinsätze vorgesehen, bei denen dann
außer der Reihe am Wochenende gefahren wird. Die Stiftung Deutsche Kleinbahnen (SDK) hält jedoch den
touristischen Betrieb Montags bis Freitags für den wirtschaftlich
lohnenderen Betrieb.
Kurz vor Abfahrt des ersten Zuges hatten sich eine Reihe von
Fahrgästen im Bahnhof eingefunden, die einmal nach Reppenhagen und
zurück fuhren. Bei meinem leider einzigen Besuch zu
Reichsbahnzeiten sah es im Bahnhof Klütz mit seinem markanten
Wasserturm & Lokschuppen noch so
aus.
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Feldbahnen sind üblicherweise
nicht mein klassisches Themengebiet, doch zog ein Lokzugang eine
besondere Aufmerksamkeit auf sich – die von der Inselbahn Wangerooge
stammende 329 501, bis 1998 unter der seit 1992 geltenden Nummer 399
101 von der Deutschen Bahn AG auf Wangerooge im Zubringerverkehr zu den
Fähren eingesetzt.
Die DB beschaffte die Lok 1952 als Weiterentwicklung der Feldbahntype HF 130 C, die 1952 als V 11 901 in
Dienst gestellte HK 130 C kam
zeitlebens auf der Insel Wangerooge
zum Einsatz, der einzigen Inselbahn der Deutschen Bundesbahn. Die
mehrfach umgezeichnete Lok wurde von 1968
bis 1991 unter der Loknummer 329 501 eingesetzt,
ehe das gesamtdeutsche Nummernschema für DB
und DR eingeführt wurde.
2001 wurde die Lok mit Vermittlung des Fördervereins zur Erhaltung der
Rügenschen Kleinbahnen e. V. an Ludger Guttwein verkauft,
der die vier von Wangerooge
übernommenen Loks in Prora in seinen Hallen unterstellte.
Ende 2014 konnte die aufwendige Aufarbeitung mit Umspurung von
Meterspur auf die Feldbahnspurweite von 600 mm und Einbau einer
Druckluftbremsanlage abgeschlossen werden. Die nach Abschluss der HU
zunächst noch als "Stiftung Deutsche Kleinbahnen Nr. 4"
bezeichnete Lok wurde zur Saison als 329 501 beschriftet und
präsentiert sich somit optisch weitgehend im Zustand des
DB-Einsatzes in den 1970er und 1980er Jahren.
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Eigenbauten sind die Personenwagen
des Lütt Kaffeebrenners. Die Wagen wurden im Stil der Deutschen
Reichsbahn der DDR beschriftet, haben aber keine historischen
Vorbilder. Das eine oder andere Schild soll der Bahnstrecke ein
historisches Flair geben. Die Schienen wurden speziell für die
Strecke in China im klassischen Kleinbahnprofil S24 gewalzt. Das rote
Verbundpflaster ist allerdings eher ein Zugeständnis an moderne
Zeiten.
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Vor ziemlich genau 20 Jahren fuhr
am Hp Stellshagen hier letztmals eine V100 der DB mit Bghw-Wagen gen
Grevesmühlen. Das 2012 verlegte Gleis ist bereits gut
eingekrautet, ohne den mobilen erhöhten Fotostandort wäre vom
Zug vor lauter Bewuchs kaum noch was zu erkennen. 329 501 erreicht den
Haltepunkt. Der Zug ist gut besetzt, der Aussichtswagen wird den
geschlossenen Wagen eindeutig vorgezogen.
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Allein auf weiter Flur liegt der
Haltepunkt Stellshagen, wobei sich immerhin noch zwei Fahrgäste
für die Rückfahrt nach Klütz einfanden. Der Zug hat
einen kurzen Halt eingelegt und fährt weiter gen Reppenhagen.
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Entlang der Gutshäuser am
Klützer Bach nähert sich die 329 501 wieder Klütz. Der
gut besetzte Zug im Profil.
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Wenige Meter weiter die
Mittagsleistung von 329 501 nach Reppenhagen – auch dieser Zug ist noch
gut besetzt.
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Einst regelmäßig
für das Umsetzen der V100 bzw. der Tenderloks zuvor benötigt,
führt die restaurierte Segmentdrehscheibe in Klütz heute ein
Schattendasein, da durch den geänderten Gleisplan nicht mehr
über die mit Muskelkraft zu bedienende Drehscheibe umgesetzt
werden muss. Im Lokschuppen übernachtet die Lok auch nicht mehr,
da in 1990er Jahren eine dreigleisige Wagenhalle in Klütz
errichtet wurde.
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Der Betrieb wird vollständig
im Einmannbetrieb gefahren, jedenfalls fiel dem Fotografen kein
Zugbegleiter auf. Hier kuppelt der Lokführer seine Lok wieder vom
Zug ab, trennt Kupplung und Bremse. Die 329 501 hat speziell für
den Betrieb in Klütz eine Druckluftbremse erhalten, da auf
Wangerooge bis in die 1990er Jahre ein Betrieb mit ungebremsten Wagen
üblich war – allein die Lok bremste über ihre
Handspindelbremse.
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Die Weichen sind
Handweichen, welche mit Stellstab umgestellt werden, der in der Lok
mitgeführt wird. Der Lokführer fährt hinter die Weiche
und stellt die Weiche um, nach Überfahrt hält er nochmals an,
um die Weiche zurückzustellen.
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Zusammen mit Wasserturm und
Lokschuppen nochmals die 329 501. Nach dem Kuppeln ist Mittag
und eine Stunde Zugpause.
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Im Vergleich zu den
Vormittagszügen ist der Zug auch deutlich leerer, nicht einmal
eine Handvoll Fahrgäste sind jetzt noch im Zug, der hier wieder
Klütz verlassen hat. Ein Fotograf am Folgetag wartete gar
vergeblich auf den 14 Uhr-Zug.
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Für den 15.00 Uhr-Zug wieder
das gleiche Prozedre im Bahnhof Klütz, wobei die Weichen im
Fahrweg der Personenzüge schlüsselgesichert sind.
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329 501 verlässt wieder
nur mit einer Handvoll Fahrgästen besetzt den Bahnhof Klütz
zur letzten Fahrt des Tages. Links die Klützer Marienkirche,
rechts das Gleis für den An- und Abtransport von Fahrzeugen auf
dem Straßenwege. Auf der Freifläche im Vordergrund hat
früher der Güterboden gestanden, in den 1990er Jahren mit
Baufälligkeit abgerissen.
Das gesamte und massiv eingezäunte Areal ist recht
weitläufig,
die 600 mm-Gleise verlaufen sich fast. Eine Panoramaaufnahme des
Bahnhofs Klütz in einer Breite von 1900 Pixeln findet sich hier
bzw. bei einem Klick auf das Foto.
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Fotos
in Google Earth |
©
2015 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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