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15. Dezember – Stadtbahnerklänge und Stelldichein in Wuhletal
21. Dezember – 1994: EIII bei der BVG unterwegs









Sonntag, 15. Dezember 2024 – Stadtbahnerklänge und Stelldichein in Wuhletal

EIII/5 1916

Heute war (letztmals?) ein kurzfristig angesetzter, ganztägiger Einsatz des EIII/5-Zuges der BVG vorgesehen – die erste Runde begann bereits kurz nach 8 Uhr. Frühes Aufstehen und gute Planung war angesagt, die Erfahrungen vom letzten Jahr und die aktuellen Umstände ließen vermuten, dass es heute nicht gelassener als 2023 zugehen würde.
Mit dem Bhf Samariterstraße wurde der erste Fotostandort angesteuert – der Zeitpuffer schmolz bei Ankunft in Berlin zusammen, da rund um den Bahnhof große Straßenbaustellen eingerichtet und praktisch keine Parkplätze zu finden waren. Quasi just in time konnte das Motiv bezogen werden, welches unmittelbar danach von einem anderen Fotografen „geentert“ wurde, welchem die Mitfotografen völlig egal waren.
Der Bhf Samariterstraße ist neben dem Bhf Alexanderplatz der letzte weitgehend im Original erhaltene Bahnhof der Linie Alexanderplatz – Friedrichsfelde aus dem Eröffnungsjahr 1930, er steht unter Denkmalschutz. Die anderen Bahnhöfe wurden 2003/04 umfassend saniert und neu verkleidet.

Seit seiner Ausmusterung im Juli 1994 war der verbliebene EIII/5-Zugverband aus den Fahrzeugen 1914/15 und 1916/17 für gelegentliche Einsätze im Linienverkehr auf der Linie U5 genutzt worden
, er verkehrte dabei stets als zusätzlicher Zug mit Halt an allen Bahnhöfen. Verkehrte er bis 2011 relativ häufig auf der U5, waren die letzten Jahre nur wenige Einsätze zu verzeichnen. Von 2012 bis 2016 war der Zug mit Fristablauf abgestellt, erst die IGA 2017 holte den EIII/5 aus seinem Schattendasein zurück.

EIII/5 1916

Im Dezember 2023 waren Bundestag, Museumsinsel und Rotes Rathaus Fotoziel des erstmals im „Westen“ verkehrenden EIII-Zuges. Um den heute zu erwartenden Fotografenmengen aus dem Wege zu gehen, sollten die Fotos auf den beiden noch fehlenden U5-Stationen Unter den Linden und Brandenburger Tor möglichst früh entstehen. Hier steht der EIII/5-Triebwagen 1916 im Bhf Unter den Linden zur Abfahrt bereit. Es sind wenige Reisende unterwegs, ein weiterer Fotograf steht zusammen mit dem Autor im neu gebauten Umsteigebahnhof U5/U8.
Ursprünglich
sollte der EIII/5 ab 2017 technisch modernisiert den Betrieb auf der U5 verstärken, ähnlich wie es die D/DL-Fahrzeuge 2000/01, 2020/21 und 2246/47 auf der U55 tun sollten, es aber am Ende kaum taten. Beim EIII/5 war es am Ende „nur“ eine gründliche Hauptuntersuchung bei den Fahrzeugwerken Miraustrasse (FWM) – welche sich zudem verzögerte, so dass der EIII/5 am Ende effektiv nur an vier Sonnabenden im September und Oktober 2017 auf der U5 verkehrte.

EIII/5 1914

Nicht anders im Vergleich zu dem vorherigen Foto die Situation im Bhf Brandenburger Tor, „dem“ Touri-Hotspot Berlins. Die Touristen schlafen noch, die bereits aktiven Fotografen sind offenbar anderenorts unterwegs. Nur zwei Fotografen erwarten die Ankunft des EIII/5 im Bhf Brandenburger Tor auf dem bis zur durchgehenden Eröffnung der U5 im Dezember 2020 nicht befahrenen Richtungsgleis. Bei YouTube ist ein zehnminütiger Mitschnitt der Fahrt im EIII/5 von Unter den Linden bis Weberwiese zu sehen.
Nach den Adventsfahrten 2019 waren aufgrund Corona länger keine Einsätze zu verzeichnen, erst im Dezember 2023 kehrte der Zug zum 3. Advent auf die U5 zurück. Bereits damals schwebte das Gerücht der endgültigen Ausmusterung des EIII/5 in der Luft, die BVG wolle künftig auf einen Großteil der historischen Fahrzeuge verzichten – der im Vorwege der Auslieferung der neuen Züge der Bauart J/JK absehbare Platzmangel ließe den nicht betriebsfähigen Zügen auch keinen Platz zur Hinterstellung mehr.

EIII/5 1916

Nach dem Foto am Brandenburger Tor wurde die Mitfahrt im noch überschaubar gefüllten Zug genossen – Stadtbahnerklänge unter Berlin auf U-Bahngleisen, vielleicht letztmals. Am Bhf Louis-Lewin-Straße wurde bei der seit Tagen andauernden grauen, trüben Witterung auf die Rückfahrt aus Hönow gewartet – draußen gefühlt nicht mehr Licht als im Tunnel … Im Hintergrund die Aufstellanlage Hönow, welche im Gegensatz zu 1989 heute von der Kapazität deutlich reduziert ist.
Im Herbst 2024 verdichteten sich die Anzeichen zur Umsetzung der Abgabepläne – auch die BVG widersprach den Plänen nicht, hinter den Kulissen wurden bereits Gespräche geführt, wer Fahrzeuge übernehmen könnte. Die BVG verkündete den bevorstehenden Fristablauf des EIII/5 und dass nur noch eine kleine, interne Abschiedsfahrt geplant sei. Die AGU teilte in einem Statement mit, dass sie keinen Einsatz in diesem Jahr mehr planen würde und daher auch zur ggf. letzten Fahrt nichts sagen könnte.
Der durch diese Gemengelage entstandene öffentliche Druck führte in den ersten Tagen im Dezember offenbar zu einem Umdenken bei der BVG, unterstützt durch den plötzlichen Weggang der Bereichsleiterin U-Bahn der BVG Ende November. Kurzfristig wurden öffentliche Fahrten auf der U5 am 15. Dezember angesetzt und von einer Abgabe bzw. Verschrottung des EIII/5 wie auch der anderen historischen, nicht mehr betriebsfähigen, U-Bahnfahrzeuge der BVG der Bauarten A1, AII, B1 und B2 ist seitens der BVG offenbar keine Rede mehr.

F74E 2532

Aktuell ist auf der U5 ein buntes Sammelsurium an Fahrzeugen zu sehen, die ältesten Fahrzeuge im Großprofil sind seit Ausmusterung der DL71 die F74E, welche zum Teil noch die originale Stirnbeleuchtung besitzen. Gut 50 Jahre haben die Fahrzeuge auf dem Buckel, eine Ausmusterung ist dennoch derzeit noch nicht absehbar, die Fahrzeuge sind im Gegensatz zu den F84 und F87-Fahrzeugen technisch sehr zuverlässig. Hier fährt F74E 2532/33 in den Bhf Louis-Lewin-Straße ein.
Die Signaltechnik der Strecke stammt aus DDR-Zeiten und wurde 1988/89 in Betrieb genommen. Die BVG hat im Juli 2014 mit Siemens einen Vertrag zur Erneuerung der Stellwerke abgeschlossen, welcher die Umstellung der U5 auf Communication-Based Train Control (CBTC) vorsieht.
Im CBTC-Betrieb besteht eine in beide Richtungen arbeitende Datenkommunikation zwischen Fahrzeug und Streckenausrüstung sowie eine präzise Gleisfreimeldung, die unabhängig von einer Streckenausrüstung wie Gleisstromkreisen wirkt. Durch diese Ausstattung wird ein Fahren im wandernden Raumabstand ermöglicht, bei der Eisenbahn würde dieses ETCS-Level 3 entsprechen.
Siemens wird die U5 und die U8 mit dem System Trainguard MT (TGMT) ausstatten, wie es bereits bei der S-Bahn in Kopenhagen eingesetzt wird und dort Fahren im Level GoA2 ermöglicht, das Fahrspersonal nur noch den Fahrgastwechsel beobachtet und den Abfertigungsvorgang durchführt. Das Fahren und Bremsen wird nach Freigabe durch den Fahrer von TGMT übernommen.


EIII/5 1914

Für den EIII/5 bedeutet die Umstellung der U5 auf CBTC-Betrieb, dass künftig ein Einsatz auf der U5 im Linienbetrieb kaum mehr zu realisieren sein wird. Die bisher installierte Signal- und Gleisfreimeldetechnik wird bei CBTC auf eine Rückfallebene reduziert, welche es Betriebsfahrzeugen ermöglicht, künftig auf den umgestellten Strecken fahren zu können. Da bei diesen Fahrten unter konventioneller Sicherungstechnik der dichte CBTC-Takt nicht gefahren werden kann, wäre ein Betrieb technisch maximal im 10-Minutenbetrieb denkbar – sofern die künftige Rückfallebene das bisherige Fahren im Bahnhofsabstand (FABA) ermöglicht. Der EIII/5 1914 erreicht den Bhf Alexanderplatz vom Hauptbahnhof aus kommend.

EIII/5 1916

Ende 2023 wurden bis auf den 2017 moderniserten Bhf Kienberg (Gärten der Welt) alle Bahnhöfe der U5 zwischen Tierpark und Hönow unter Denkmalschutz gestellt. Die Bahnhöfe wurden bis auf den 1973 eröffneten Bhf Tierpark zwischen 1985 und 1989 errichtet und haben bis heute ihr aus DDR-Zeiten stammendes Flair weitgehend behalten – abgesehen von den heute unvermeidlichen Bemalungen. So zeigt sich bis heute die Ausfahrt aus dem Bhf Hellersdorf weitgehend wie einst. Nur ein EIII kommt hier in aller Regel seit 30 Jahren nicht mehr vorbei.

EIII/5 1916

Der Bhf Tierpark ist die einzige in der DDR gebaute unterirdische U-Bahnstation (neben der S-Bahnstation Halle-Neustadt der DR) und wurde 1969 bis 1973 errichtet. Bis zur Verlängerung nach Elsterwerdaer Platz bzw. Hönow 1988/89 endete die Linie E hier.

EIII/5 1914

Ein Motiv hatte der Autor speziell auf dem Zettel, die Kopfsteinpflasterstraße entlang des Biesdorfer Friedhofs. Für das Foto gab es genau eine Chance – Sieg oder Niederlage. Wie schon den gesamten Tag hat der Autor auch hier gut gezockt und der EIII/5 auf der letzten Fahrt nach Hönow passt exakt in die Lücke. Zur Vorbeifahrt kämpft sich die Sonne etwas durch die Wolken und gibt der Aufnahme eine surreale Stimmung.

H97 5044 und IK15 1030

Alltagsbetrieb auf der U5. Seit den irreparablen Strukturschäden an den Aluminiumwagenkästen der Reihe F79 müssen provisorisch an das Großprofil angepasste Kleinprofilzüge vom Typ IK17 und IK20 auf der U5 aushelfen, die umgebauten Fahrzeuge kommen seit Oktober 2017 auf der U5 zum Einsatz.
Die provisorische Anpassung von Kleinprofilwagen ist in Berlin nichts neues, bereits 1923 wurden 24 Trieb- und 24 Beiwagen für den Betrieb auf der Nord-Süd-Bahn (heutige U6) angepasst, sie erhielten für diesen Einsatz u.a. Trittbretter (sog. Blumenbretter). 1929 wurden die Fahrzeuge wieder zurückgerüstet, nachdem Neubaufahrzeuge verfügbar waren. Nach 1945 mussten durch den Abtransport von 140 Großprofiltriebwagen
in die Sowjetunion als Reparationsgut erneut 40 Trieb- und 40 Beiwagen aus der 15. bis 18. Lieferung für den Betrieb im Großprofil auf der Linie E umgerüstet werden. Diese Einsätze konnten erst 1968 beendet werden, nachdem eine ausreichende Anzahl von S-Bahnwagen zu U-Bahnwagen der Reihe EIII umgebaut worden war.
Bis zur Serienauslieferung der Neubauzüge vom Typ J werden die IK17 und IK20-Züge auf der U5 weiterhin Alltag sein und Größenvergleiche mit den Großprofilfahrzeugen vom Typ H ermöglichen, wie hier in der Ausfahrt Wuhletal.

EIII/5 1916

Der EIII/5 hat den Bhf Wuhletal verlassen, welcher bis 1989 als erster und einziger Gemeinschaftsbahnhof errichtet wurde. S- und U-Bahn halten hier im Richtungsbetrieb an gemeinsamen Bahnsteigen. Nach rechts zweigt der Übergabebahnhof zur DB ab, über welchen zu DDR-Zeiten Fahrzeuge von und zum Raw Schöneweide überführt wurden. Nachdem das Raw Schöneweide keine Fahrzeuge der BVG mehr unterhält, wird die Gleisverbindung praktisch nur noch für Neuanlieferungen genutzt. Fahrten zur Verschrottung werden seit einigen Jahren über den Straßenweg durchgeführt.

H97 5046

Die BVG betreibt seit 2011 einen Weihnachtszug, welcher speziell foliert wird. Zum Sondertarif verkehrt dieser Zug in den Adventswochen im U-Bahnnetz, dieses Jahr auf der Linie U5. Nach coronabedingter Unterbrechung fährt der Zug seit 2021 als „Winterzug“, mit saisonalen Motiven beklebt – immerhin fährt noch der Weihnachtsmann im Zug mit. Hier durchfährt der H01 5046 auf der letzten Fahrt des Tages den Bhf Lichtenberg gen Alexanderplatz.

IK15 1037

IK17 1037 erreicht den Bhf Magdalenenstraße. Deutlich zu sehen die provisorische Anpassung der Einstiegsbereiche, im Gegensatz zu den originalen Blumenbretten jetzt gegen illegale Mitfahrt auf der Verbreiterung gerüstet. Für eine eventuelle Schiebezugbildung sind die IK-Züge mit einer passenden Adapterkupplung ausgerüstet, welche stets einsatzbereit mitgeführt wird.

EIII/5 1914

Letzte Fahrt des EIII/5 von Hauptbahnhof nach Friedrichsfelde mit rund 45 Minuten Verspätung. 1986 erhielt der Bhf Magdalenenstraße im Vorwege der 750-Jahrfeier Berlins 20 Fliesenbilder. Die gefliesten Wandbilder wurden auf den ehemaligen Werbetafeln der Station angebracht, das Werk ist eine Kooperation von Wolfgang Frankenstein und seinem Schüler Hartmut Hornung und war aufgrund des düsteren Charakters während der Erstellung bei der DDR-Führung kontrovers gesehen. Eine offizielle Einweihung des Kunstwerks fand daher nie statt. Bei der Sanierung des Bahnhofs 2003/04 blieben die Wandbilder erhalten und erhielten Begleittexte.

EIII/5 1914 uund 475 605

Eigentlich war mit dem Aussetzen des EIII/5 in Friedrichsfelde die Geschichte des EIII-Einsatzes in Berlin abgeschlossen. Die HU-Frist des EIII/5 läuft im kommenden Jahr ab, eine neue HU ist seitens der BVG nicht vorgesehen. Siemens wird nach dem im Juli 2024 geschlossenen Vertrag bis vsl. 2029 neue ESTW für die U5 errichten, welche die Umstellung der U5 auf halbautomatisches Fahren im Level GoA2 und eine Zugfolge von 90 Sekunden ermöglichen.
Einsätze des EIII/5 wären dann maximal noch mit der Rückfallebene der reduzierten klassischen Signaltechnik möglich, welche das Verkehren von Betriebsfahrzeugen ermöglichen soll. Durch den Zuschnitt des EIII auf die Linie E bzw. heutige U5 ist ein Einsatz auf anderen U-Bahnlinien technisch nicht möglich.
Die Fahrten heute fanden daher unter dem Eindruck des möglicherweise letzten Einsatzes statt, aus einem Gedankenspiel von „man könnte doch …“ entstand die Idee einer Begegnung von Stadtbahner und EIII/5 am Gemeinschaftsbahnhof Wuhletal. Ein solches Treffen wirkte zunächst surreal, aber als der Weihnachtszug des Vereins Historische S-Bahn e.V. am Horizont auftauchte, war klar – hier passiert gleich ein kleines Weihnachtswunder.


475 605 und EIII/5 1914

Zwei markante, ungleiche Köpfe mit gemeinsamer Geschichte. Buchhalterisch war der EIII/5 1914 bis 1986 der Triebwagen 275 197 der Bauart „Stadtbahn“, 1941 bis 1969 als ET 165 409 geführt. Der Triebwagen wurde 1928 als esT 2569 an die DRG geliefert und 1986 für die BVB zum EIII/5 105 114 umgebaut. 1992 ging die BVB in die BVG auf und der 105 114 wurde zum 1914. 1993 wurde der Triebwagen als einer von neun EIII/5 noch zum EIII/5-U umgebaut und an die gesamtdeutsch gültige BOStrab angepasst, im Juli 1994 endete der EIII-Einsatz bei der BVG.
Der hinten zu sehende 475 605 wurde 1928 als esT 2245 an die DRG geliefert und von 1941 bis 1969 als ET 165 097 geführt. 1970 bis 1991 lautete seine Wagennummer 275 641. Im Januar 1984 wurde der 275 641/642 an die BVG zum Betrieb der West-Berliner S-Bahn übergeben, die den Betrieb der S-Bahn im Westteil Berlins zum 1. Januar 1994 an die neugegründete Deutsche Bahn AG gab. Seit 1998 war der 475/875 605 historischer Zug der S-Bahn Berlin und wurde 2023 zur Wiederinbetriebnahme an den Verein Historische S-Bahn e.V. (HiSB) abgegeben.


esT 3839 und EIII/5 1916

Dass ein solches Bild entstehen könnte, träumte bis vor wenigen Wochen wohl kaum einer. Der Weihnachtszug der Berliner S-Bahn, betrieben durch den Verein Historische S-Bahn e.V. (HiSB), trifft auf den speziell für diesen Anlass als Adventszug hergerichteten EIII/5 der BVG. Man könnte meinen Beginn einer neuen Tradition? Oder doch Schlusspunkt eines Kapitels lebendiger deutscher Industrie- und Verkehrsgeschichte?

Fotos in Google Earth © 2024 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben