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Mittwoch, 21. Dezember 2022
– Zuwachs in Neumünster
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Es gibt Tage, da lässt einen
das
Wetter nicht auf die Idee kommen, vor die Tür zu gehen. Es gibt
aber auch Tage,
da sollte man auch bei nicht wirklich einladender Witterung vor die
Tür
gehen, weil ein alles andere als alltäglicher Zug in der Pipeline
ist.
Heute war ein Tag der letzteren Sorte und so ging es weit vor
Sonnenaufgang – am kürzesten Tag des Jahres ist das nicht
sonderlich
früh – in Richtung Nordwesten Hamburgs.
Allerdings war das Ziel mitnichten der recht moderne Zug der nordbahn, welcher in fünf
Jahren wieder durch Neubauzüge ersetzt wird – in einem ebenfalls
recht modernen Bahnhofsumfeld in Tornesch, wo nur noch die Reste des
früheren Mittelbahnsteigs an alte Zeiten erinnern.
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Vielmehr hatte sich aus Berlin eine
Überführung mit Fahrzeugen aus den Beständen des Deutschen Technikmuseums (DTMB)
angekündigt, welche als Ziel Neumünster hatte. Als Zuglok
diente die 181 215 der Schlünß
Eisenbahn Logistik (SEL), welche in Neumünster beheimatet
ist. Die 2020 rot/beige lackierte lackierte Lok wurde Anfang Oktober
auf
dem Gelände des Bw Neumünster auf den Namen HOLSTEIN getauft.
Hinter der Lok
zwei Wagen aus den Beständen des Vereins Historische Eisenbahn Lübeck e.V.
(HEL), welche als Bremswagen fungierten. Hier verlässt die
Überführung die Ausweiche im Bf Tornesch und wechselt wieder
ins Regelgleis.
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Hinter dem bei der
HEL als „Hanse-Treff“ genutzten BDms272 56 80
82-40 040-5 (BPw4ümg-59)
ist der vom DTMB erworbene Halbspeisewagen
50 80 85-43 029-8 eingereiht. Die später als BRyl446
bezeichneten Halbspeisewagen
wurden 1953/54 von der Deutschen Bundesbahn als Leichtschnellzug-Halbspeisewagen
CR4ymgb-51
mit 22 Sitzplätzen im
Speisewagenteil und 40 Sitzplätzen im
Durchgangsabteil „amerikanischer Bauart“ bei einer 2+2-Sitzteilung
für den Einsatz im Leichtschnellzugverkehr passend zu den neuen
Standardwagen der Bauart 4-ymg-51
der gleichen Bauweise beschafft.
Der Wagen wurde 1983 bei der DB
ausgemustert und nach einem letzten Einsatz zum Jubiläum „150
Jahre Eisenbahnen in Deutschland“ 1987 an
das Museum
für Verkehr und Technik (MVT, heute DTMB) verkauft – das
Restaurantabteil stand dabei die Jahre ohne Witterungsschutz
auf den Strahlengleisen, da der Lokschuppen für die gesamte
Wagenlänge nicht ausreichend lang war.
In Neumünster soll der Wagen in den kommenden Jahren wieder voll
betriebsfähig hergerichtet werden, wobei die aufwendigsten
Arbeiten wohl die Rostsanierung des Speisewagenteils ausmachen werden.
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Bei solch trübem Wetter muss
man
sich ein bisschen mehr Gedanken drum machen, wie man sein Foto
gestalten
will – ein bei Sonne eindrucksvolles Streckenbild funktioniert an
diesen Tagen nicht. So nimmt man hilfsweise die moderne
Bahnsteigarchitektur,
ergänzt von Lärmschutzwänden als Gestaltungsmittel ins
Bild auf. 181 215 erreicht mit dem 55789 den Bf Dauenhof.
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Borstel war im Sommer 2021 eine
häufig aufgesuchte Fotostelle nahe Brokstedt, welche
nachmittags/abends südwärts fahrende Züge gut in Szene
setzte. Dazu gehörten auch die von der BR 181 gefahrenen KV-Züge
von (Padborg –)
Neumünster nach Wanne-Eickel, diese von der Nordliner Gesellschaft für
Eisenbahnverkehr mbH betriebene Verbindung wurde nur rund ein
Jahr betrieben, ehe Nordliner Insolvenz anmelden musste. Jüngst
begannen wieder Probeverkehre mit KV-Verkehren und der 181 215, welche
dem Vernehmen nach – mit neuem Betreiber – noch im Laufe der
Wintermonate wieder regelmäßig angeboten werden sollen.
Heute war die Szenerie eher herb, als die Überführung die
jetzt ohnehin gegenlichtige Fotostelle passierte.
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Am BRyl sind die 35 Jahre ablesbar,
die das Wagenende im Freien stand. Dahinter die 50 001, erstgebaute Lok
der BR 50. Die Lok wurde über einen Leihvertrag für 20 Jahre
an die Jutta & Dr. Thomas Kittel-Stiftung gegeben, die Lok bleibt im
Eigentum des Deutschen Technikmuseums.
Um die 50 001 ranken sich seit Jahrzehnten Mutmaßungen, ob der
Rahmen der Lok – daran wird in Deutschland die Loknummer festgemacht
– tatsächlich von der 50 001 stammt. Der Kessel der Lok stammt von
der 50 1895, er wurde 1942 von Skoda
gebaut. Die Treibstangen sind mit 50 1401 gekennzeichnet, andere Teile
weisen Schlagzahlen von 50 108 auf.
Als Betriebsbuch diente ab 1966 das Betriebsbuch der 50 618, nachdem
das originale abhanden kam. In
Schwerte sollen Mitte der 1960er Jahre rasante Durchlaufzeiten von
Revisionen erreicht worden sein, die nur mit Durchtausch von
Komponenten – bei einer Dampflok war effektiv alles
tauschbar – erreichbar waren. Ebenso wird zu dieser Zeit von einem
Rahmenbruch an 50 001 berichtet, in der Summe fast Zutaten eines
Wirtschaftskrimis und heute in ECM-Zeiten undenkbar …
Allerdings wurden in Berlin beim Vorbereiten der 50 001 für die
Überführung an nicht so leicht zugänglichen Stellen des
Rahmens Stempel mit
der Nummer 50 001 gefunden, was die teilweise verfestigte Meinung
„eigentlich 50 108“ wieder in Frage stellt – Museum und Stiftung gehen
nach diesen Erkenntnissen davon aus, dass es sich um den Originalrahmen
der 50 001 handelt.
Hinter der 50 001 als dritter Bremswagen der
Dienst Aufenthaltswagen359
80 99 01 529-9, welcher 1965 im Raw Halberstadt als B4mgl 260-284 gebaut und Anfang
1978 zum Hilfszug-Mannschaftswagen umgebaut wurde. Der Wagen befindet
sich im Eigentum des Ehepaars Kittel.
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War die bisherige Verfolgung des
Zuges ab Tornesch tiefenentspannt, da zahlreiche
Überholungsaufenthalte im Plan eingearbeitet waren, so wurde es
hinter Brokstedt etwas sportlicher, da der Zug zwar in das
Überholgleis eingefahren war – aber sogleich wieder Ausfahrt
erhielt, was der Autor noch aus dem Augenwinkel sah.
Da der Straßenweg Brokstedt – Padenstedt nicht sonderlich bahnnah
ist, war eine zügige Fahrweise gefragt, um noch rechtzeitig
über den Bahnübergang zu kommen. Das klappte auch knapp,
unmittelbar nach Ankunft schlossen sich in Erwartung eines Zuges mit
den üblichen Fahrgeschwindigkeiten die Schranken
– die die Überführungmit ihren 40 km/h bei weitem nicht
erreichen konnte.
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Anstrich und Beschriftungen des BRyl446
wurden 1985 zu den Nürnberger Jubiläumsparaden nach
Originalzeichnungen rekonstruiert, der Wagen fuhr hinter 01 1066 in
einem klassischen Schnellzug der 1960er Jahre – bestehend aus Packwagen
D4üm-60 (Dm902),
Halbspeisewagen CR4ymgb-51 (BRyl446),
A4ümg-54 (Am202)
und B4ümg-54 (Bm232).
Eisenbahngeschichtlich ist der Wagen ein Kleinod, welches in
Neumünster hoffentlich bald wieder zu neuem Leben erwacht.
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Derweil erwachte im Bw
Neumünster das Leben, angesichts fast zwei Stunden früherer
Ankunft als geplant und zwischenzeitlichen 75 Minuten Verspätung
war nun geschäftiges Leben angesagt, die Ankunft vorzubereiten.
Der ursprüngliche Plan, mit Hilfe einer Rangierlok den Zug von
Norden her reinzudrücken, war nicht umsetzbar und so wurde rasch
ein Plan B ausgearbeitet. Zunächst rückte die Köf 6268 (zuletzt 323 585) aus dem Schuppen
aus. Die von Gmeinder gebaute
Lok (4898/56)
wurde 1956 an die Deutsche Bundesbahn geliefert und tat bis 1992
Dienst, ehe sie in Lübeck ausgemustert wurde und 1996 über
den RTS Rohrservice
zunächst zur BSW-Gruppe V200 007 kam und ab 2005 bei der HEL
geführt wurde.
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Im Zuge der Planänderung
mussten zunächst die vier Bwmz von SEL, welche von SEL für
Sonderverkehre vorgehalten werden, umgesetzt werden – was die leichte
Köf II angesichts der feuchten, noch herbstlichen
Schienenverhältnisse vor eine kleine Herausforderung stellte.
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Dann erschien der Neuzugang auf der
Bühne. Die Lok wurde noch bis Ende 1974 von der Deutschen
Bundesbahn betrieben, ehe sie anlässlich eines AW-Aufenthalts
aufgrund eines zu hohen Aufarbeitungsaufwandes am 14.11.1974 z-gestellt
und von der HVB der DB zum 5.12.1974 ausgemustert wurde. Danach war ein
Verkauf an die Herstellerfirma Henschel
im Gespräch, wo die Lok Denkmallok werden sollte.
Dieser Verkauf zerschlug sich und die damals mit einem Kabinentender
ausgerüstete Lok wurde 1976 an das Architektenehepaar
Schüler-Witte verkauft, welches die Lok zunächst bei der OHE in Berlin-Spandau unterbrachte
– wie auch die noch heute im DTMB stehende 01 1082. Aus der Feder der
Architekten stammt u.a. das Berliner ICC,
der „Bier-Pinsel“ oder auch der U-Bahnhof Schlossstraße. 1987
wurden 50 001 und 01 1082 an das frisch eröffnete MVT
übergeben.
Seinerzeit wurde die Eisenbahnausstellung mit zum Teil zufällig
erworbenen Fahrzeugen gestaltet, ein
„roter Faden“ in der Sammlungsgestaltung fehlt.
Mit der aktuellen Neugestaltung der
Eisenbahnausstellung (bei praktisch
zeitgleicher, politisch motivierter Streichung des Wiederaufbaus des
Wagenreinigungsschuppens des einstigen Bw Berlin Anhalter Bf – was die
Entwicklungsmöglichkeiten der Ausstellung drastisch reduziert hat)
fand manches Fahrzeug eine neue Heimat, in der Regel über
Leihgaben. Die BR 50 wurde wenige Jahre nach ihrer Konstruktion zur
vereinfachten Kriegslok der BR 52 weiter entwickelt, welche in Form der
52 4966 ebenfalls im Technikmuseum vertreten ist.
Die vor der Übergabe an das MVT in einen fiktiven Zustand
restaurierte 50 001 (u.a. Tausch den
Tenders, Anbau vereinfachter Schürzen und Windleitbleche, Montage
eines (zu kleinen) Zentralverschlusses an der Rauchkammertür bei
Weiternutzung der kleinen DB-Laternen) wurde entsprechend
zugunsten anderer Fahrzeuge in neue Hände gegeben.
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Die 50 001 erreicht erstmals ihre
neue Heimat, das Bw Neumünster und befährt die Drehscheibe.
Die Anlagen wurden in den letzten Jahren nach dem zwischenzeitlichen
Verfall aufwendig wieder für eine Nutzung hergerichtet, die vom
Ehepaar
Kittel initierte IKN
Interessengemeinschaft
Kulturlokschuppen Neumünster bündelt die
Aktivitäten der Vereine Historische Eisenbahn Lübeck e.V.
(HEL), Rendsburger Eisenbahnfreunde e.V. (REF) und weiterer Unternehmen
bzw. Gruppen um den Kulturlokschuppen.
Die
Anlagen des Bw Neumünster wurden von der Jutta & Dr. Thomas
Kittel-Stiftung
erworben, sie hat die bisherigen Sanierungsarbeiten finanziert und
plant auch den vorgesehenen Wiederaufbau von Schuppenständen zu
finanzieren.
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Die Lok bezieht ihren neuen
Stellplatz, das Gleis 19 im Schuppen des Bw Neumünster. In den
kommenden Jahren ist der schrittweise Wiederaufbau von Schuppengleisen
vorgesehen, welche dann auch den Wagen ein schützendes Dach geben
sollen.
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Seit Anfang Dezember ist mit der
V160 002 eine zweite Vorserienlok der Reihe V160 in Neumünster
heimisch geworden. Die ab 2015 von Oldenburg(Oldb) aus eingesetzte, in
Privateigentum befindliche Lok
erlitt vor einigen Jahren einen Motorschaden, welcher bisher nicht
behoben werden konnte – ein passender Tauschmotor konnte bereits in die
Lok eingebaut werden, in Neumünster werden die Motorkomponenten an
die
Lok angepasst. Die HEL-Truppe verfügt über Know-How für
den
Betrieb der V160-Vorserie, betrieb die Gruppe doch über viele
Jahre erfolgreich die V 160 003 des DB Museums, heute
Ausstellungsstück in Neumünster.
Die V 160 002 soll in Neumünster wieder funktionsfähig
hergerichtet werden und nach einer Hauptuntersuchung vom Standort
Neumünster aus im Güter- und Sonderzugverkehr eingesetzt
werden. Allen Beteiligten von DTMB,
SEL, HEL, REF und IKN mein herzlicher Dank für die
Unterstützung bei der Erstellung der Fotoreihe.
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Fotos
in Google Earth |
©
2022 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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