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17. Dezember – Dezembersonne
21. Dezember – Zuwachs in Neumünster
30. Dezember – Noch einen Monat im Museum unterwegs








Mittwoch, 21. Dezember 2022 – Zuwachs in Neumünster

Nordbahn

Es gibt Tage, da lässt einen das Wetter nicht auf die Idee kommen, vor die Tür zu gehen. Es gibt aber auch Tage, da sollte man auch bei nicht wirklich einladender Witterung vor die Tür gehen, weil ein alles andere als alltäglicher Zug in der Pipeline ist. Heute war ein Tag der letzteren Sorte und so ging es weit vor Sonnenaufgang – am kürzesten Tag des Jahres ist das nicht sonderlich früh – in Richtung Nordwesten Hamburgs.
Allerdings war das Ziel mitnichten der recht moderne Zug der nordbahn, welcher in fünf Jahren wieder durch Neubauzüge ersetzt wird – in einem ebenfalls recht modernen Bahnhofsumfeld in Tornesch, wo nur noch die Reste des früheren Mittelbahnsteigs an alte Zeiten erinnern.

181 215 SEL

Vielmehr hatte sich aus Berlin eine Überführung mit Fahrzeugen aus den Beständen des Deutschen Technikmuseums (DTMB) angekündigt, welche als Ziel Neumünster hatte. Als Zuglok diente die 181 215 der Schlünß Eisenbahn Logistik (SEL), welche in Neumünster beheimatet ist. Die 2020 rot/beige lackierte lackierte Lok wurde Anfang Oktober auf dem Gelände des Bw Neumünster auf den Namen HOLSTEIN getauft. Hinter der Lok zwei Wagen aus den Beständen des Vereins Historische Eisenbahn Lübeck e.V. (HEL), welche als Bremswagen fungierten. Hier verlässt die Überführung die Ausweiche im Bf Tornesch und wechselt wieder ins Regelgleis.

BRyl 446

Hinter dem bei der HEL als „Hanse-Treff“ genutzten BDms272 56 80 82-40 040-5 (BPw4ümg-59) ist der vom DTMB erworbene Halbspeisewagen 50 80 85-43 029-8 eingereiht. Die später als BRyl446 bezeichneten Halbspeisewagen wurden 1953/54 von der Deutschen Bundesbahn als Leichtschnellzug-Halbspeisewagen CR4ymgb-51 mit 22 Sitzplätzen im Speisewagenteil und 40 Sitzplätzen im Durchgangsabteil „amerikanischer Bauart“ bei einer 2+2-Sitzteilung für den Einsatz im Leichtschnellzugverkehr passend zu den neuen Standardwagen der Bauart 4-ymg-51 der gleichen Bauweise beschafft.
Der Wagen wurde 1983 bei der DB ausgemustert und nach einem letzten Einsatz zum Jubiläum „150 Jahre Eisenbahnen in Deutschland“
1987 an das Museum für Verkehr und Technik (MVT, heute DTMB) verkauft – das Restaurantabteil stand dabei die Jahre ohne Witterungsschutz auf den Strahlengleisen, da der Lokschuppen für die gesamte Wagenlänge nicht ausreichend lang war.
In Neumünster soll der Wagen in den kommenden Jahren wieder voll betriebsfähig hergerichtet werden, wobei die aufwendigsten Arbeiten wohl die Rostsanierung des Speisewagenteils ausmachen werden.

181 215 SEL

Bei solch trübem Wetter muss man sich ein bisschen mehr Gedanken drum machen, wie man sein Foto gestalten will – ein bei Sonne eindrucksvolles Streckenbild funktioniert an diesen Tagen nicht. So nimmt man hilfsweise die moderne Bahnsteigarchitektur, ergänzt von Lärmschutzwänden als Gestaltungsmittel ins Bild auf. 181 215 erreicht mit dem 55789 den Bf Dauenhof.

181 215 SEL

Borstel war im Sommer 2021 eine häufig aufgesuchte Fotostelle nahe Brokstedt, welche nachmittags/abends südwärts fahrende Züge gut in Szene setzte. Dazu gehörten auch die von der BR 181 gefahrenen KV-Züge von (Padborg –) Neumünster nach Wanne-Eickel, diese von der Nordliner Gesellschaft für Eisenbahnverkehr mbH betriebene Verbindung wurde nur rund ein Jahr betrieben, ehe Nordliner Insolvenz anmelden musste. Jüngst begannen wieder Probeverkehre mit KV-Verkehren und der 181 215, welche dem Vernehmen nach – mit neuem Betreiber – noch im Laufe der Wintermonate wieder regelmäßig angeboten werden sollen. Heute war die Szenerie eher herb, als die Überführung die jetzt ohnehin gegenlichtige Fotostelle passierte.

50 001

Am BRyl sind die 35 Jahre ablesbar, die das Wagenende im Freien stand. Dahinter die 50 001, erstgebaute Lok der BR 50. Die Lok wurde über einen Leihvertrag für 20 Jahre an die Jutta & Dr. Thomas Kittel-Stiftung gegeben, die Lok bleibt im Eigentum des Deutschen Technikmuseums.
Um die 50 001 ranken sich seit Jahrzehnten Mutmaßungen, ob der Rahmen der Lok – daran wird in Deutschland die Loknummer festgemacht – tatsächlich von der 50 001 stammt. Der Kessel der Lok stammt von der 50 1895, er wurde 1942 von Skoda gebaut. Die Treibstangen sind mit 50 1401 gekennzeichnet, andere Teile weisen Schlagzahlen von 50 108 auf.
Als Betriebsbuch diente ab 1966 das Betriebsbuch der 50 618, nachdem das originale abhanden kam. In Schwerte sollen Mitte der 1960er Jahre rasante Durchlaufzeiten von Revisionen erreicht worden sein, die nur mit Durchtausch von Komponenten – bei einer Dampflok war
effektiv alles tauschbar – erreichbar waren. Ebenso wird zu dieser Zeit von einem Rahmenbruch an 50 001 berichtet, in der Summe fast Zutaten eines Wirtschaftskrimis und heute in ECM-Zeiten undenkbar …
Allerdings wurden in Berlin beim Vorbereiten der 50 001 für die Überführung an nicht so leicht zugänglichen Stellen des Rahmens Stempel mit der Nummer 50 001 gefunden, was die teilweise verfestigte Meinung „eigentlich 50 108“ wieder in Frage stellt – Museum und Stiftung gehen nach diesen Erkenntnissen davon aus, dass es sich um den Originalrahmen der 50 001 handelt.

Hinter der 50 001 als dritter Bremswagen der Dienst Aufenthaltswagen359 80 99 01 529-9, welcher 1965 im Raw Halberstadt als B4mgl 260-284 gebaut und Anfang 1978 zum Hilfszug-Mannschaftswagen umgebaut wurde. Der Wagen befindet sich im Eigentum des Ehepaars Kittel.

181 215 SEL

War die bisherige Verfolgung des Zuges ab Tornesch tiefenentspannt, da zahlreiche Überholungsaufenthalte im Plan eingearbeitet waren, so wurde es hinter Brokstedt etwas sportlicher, da der Zug zwar in das Überholgleis eingefahren war – aber sogleich wieder Ausfahrt erhielt, was der Autor noch aus dem Augenwinkel sah.
Da der Straßenweg Brokstedt – Padenstedt nicht sonderlich bahnnah ist, war eine zügige Fahrweise gefragt, um noch rechtzeitig über den Bahnübergang zu kommen. Das klappte auch knapp, unmittelbar nach Ankunft schlossen sich in Erwartung eines Zuges mit den üblichen Fahrgeschwindigkeiten
die Schranken – die die Überführungmit ihren 40 km/h bei weitem nicht erreichen konnte.

BRyl 446 und 50 001

Anstrich und Beschriftungen des BRyl446 wurden 1985 zu den Nürnberger Jubiläumsparaden nach Originalzeichnungen rekonstruiert, der Wagen fuhr hinter 01 1066 in einem klassischen Schnellzug der 1960er Jahre – bestehend aus Packwagen D4üm-60 (Dm902), Halbspeisewagen CR4ymgb-51 (BRyl446), A4ümg-54 (Am202) und B4ümg-54 (Bm232). Eisenbahngeschichtlich ist der Wagen ein Kleinod, welches in Neumünster hoffentlich bald wieder zu neuem Leben erwacht.

Köf II

Derweil erwachte im Bw Neumünster das Leben, angesichts fast zwei Stunden früherer Ankunft als geplant und zwischenzeitlichen 75 Minuten Verspätung war nun geschäftiges Leben angesagt, die Ankunft vorzubereiten. Der ursprüngliche Plan, mit Hilfe einer Rangierlok den Zug von Norden her reinzudrücken, war nicht umsetzbar und so wurde rasch ein Plan B ausgearbeitet. Zunächst rückte die Köf 6268 (zuletzt 323 585) aus dem Schuppen aus. Die von Gmeinder gebaute Lok (4898/56) wurde 1956 an die Deutsche Bundesbahn geliefert und tat bis 1992 Dienst, ehe sie in Lübeck ausgemustert wurde und 1996 über den RTS Rohrservice zunächst zur BSW-Gruppe V200 007 kam und ab 2005 bei der HEL geführt wurde.

Köf II

Im Zuge der Planänderung mussten zunächst die vier Bwmz von SEL, welche von SEL für Sonderverkehre vorgehalten werden, umgesetzt werden – was die leichte Köf II angesichts der feuchten, noch herbstlichen Schienenverhältnisse vor eine kleine Herausforderung stellte.

50 001

Dann erschien der Neuzugang auf der Bühne. Die Lok wurde noch bis Ende 1974 von der Deutschen Bundesbahn betrieben, ehe sie anlässlich eines AW-Aufenthalts aufgrund eines zu hohen Aufarbeitungsaufwandes am 14.11.1974 z-gestellt und von der HVB der DB zum 5.12.1974 ausgemustert wurde. Danach war ein Verkauf an die Herstellerfirma Henschel im Gespräch, wo die Lok Denkmallok werden sollte.
Dieser Verkauf zerschlug sich und die damals mit einem Kabinentender ausgerüstete Lok wurde 1976 an das Architektenehepaar Schüler-Witte verkauft, welches die Lok zunächst bei der OHE in Berlin-Spandau unterbrachte – wie auch die noch heute im DTMB stehende 01 1082. Aus der Feder der Architekten stammt u.a. das Berliner ICC, der „Bier-Pinsel“ oder auch der U-Bahnhof Schlossstraße. 1987 wurden 50 001 und 01 1082 an das frisch eröffnete MVT übergeben.
Seinerzeit wurde die Eisenbahnausstellung mit zum Teil zufällig erworbenen Fahrzeugen gestaltet, ein „roter Faden“ in der
Sammlungsgestaltung fehlt. Mit der aktuellen Neugestaltung der Eisenbahnausstellung (bei praktisch zeitgleicher, politisch motivierter Streichung des Wiederaufbaus des Wagenreinigungsschuppens des einstigen Bw Berlin Anhalter Bf – was die Entwicklungsmöglichkeiten der Ausstellung drastisch reduziert hat) fand manches Fahrzeug eine neue Heimat, in der Regel über Leihgaben. Die BR 50 wurde wenige Jahre nach ihrer Konstruktion zur vereinfachten Kriegslok der BR 52 weiter entwickelt, welche in Form der 52 4966 ebenfalls im Technikmuseum vertreten ist.
Die vor der Übergabe an das MVT in einen fiktiven Zustand restaurierte 50 001 (u.a. Tausch den Tenders, Anbau vereinfachter Schürzen und Windleitbleche, Montage eines (zu kleinen) Zentralverschlusses an der Rauchkammertür bei Weiternutzung der kleinen DB-Laternen) wurde entsprechend zugunsten anderer Fahrzeuge in neue Hände gegeben.

50 001

Die 50 001 erreicht erstmals ihre neue Heimat, das Bw Neumünster und befährt die Drehscheibe. Die Anlagen wurden in den letzten Jahren nach dem zwischenzeitlichen Verfall aufwendig wieder für eine Nutzung hergerichtet, die vom Ehepaar Kittel initierte IKN Interessengemeinschaft Kulturlokschuppen Neumünster bündelt die Aktivitäten der Vereine Historische Eisenbahn Lübeck e.V. (HEL), Rendsburger Eisenbahnfreunde e.V. (REF) und weiterer Unternehmen bzw. Gruppen um den Kulturlokschuppen.
Die Anlagen des Bw Neumünster wurden von der Jutta & Dr. Thomas Kittel-Stiftung erworben, sie hat die bisherigen Sanierungsarbeiten finanziert und plant auch den vorgesehenen Wiederaufbau von Schuppenständen zu finanzieren.

50 001

Die Lok bezieht ihren neuen Stellplatz, das Gleis 19 im Schuppen des Bw Neumünster. In den kommenden Jahren ist der schrittweise Wiederaufbau von Schuppengleisen vorgesehen, welche dann auch den Wagen ein schützendes Dach geben sollen.

V160 002

Seit Anfang Dezember ist mit der V160 002 eine zweite Vorserienlok der Reihe V160 in Neumünster heimisch geworden. Die ab 2015 von Oldenburg(Oldb) aus eingesetzte, in Privateigentum befindliche Lok erlitt vor einigen Jahren einen Motorschaden, welcher bisher nicht behoben werden konnte – ein passender Tauschmotor konnte bereits in die Lok eingebaut werden, in Neumünster werden die Motorkomponenten an die Lok angepasst. Die HEL-Truppe verfügt über Know-How für den Betrieb der V160-Vorserie, betrieb die Gruppe doch über viele Jahre erfolgreich die V 160 003 des DB Museums, heute Ausstellungsstück in Neumünster.
Die V 160 002 soll in Neumünster wieder funktionsfähig hergerichtet werden und nach einer Hauptuntersuchung vom Standort Neumünster aus im Güter- und Sonderzugverkehr eingesetzt werden. Allen Beteiligten von DTMB, SEL, HEL, REF und IKN mein herzlicher Dank für die Unterstützung bei der Erstellung der Fotoreihe.

Fotos in Google Earth © 2022 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben