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Sonnabend, 4. August
2018
– Zeitreise in die Kleinbahnzeit
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Anfang
August fanden beim Deutschen
Eisenbahn-Verein e.V. (DEV) in Bruchhausen-Vilsen die
alljährlichen Tage des Eisenbahnfreundes statt. Seit 1966 betreibt
der DEV dort die erste Museumseisenbahn Deutschlands, nachdem die
Bemühungen in Hamburg zum Erhalt der Wohldorfer Kleinbahn gescheitert
waren. Harald Kindermann versuchte 1961 vergeblich, den
Abbau der Wohldorfer Kleinbahn zu verhindern. 1964 gründete er mit
seinen Mitstreitern den Deutschen
Kleinbahn-Verein, aus welchem der heutige DEV mit über
1.000 Mitgliedern hervorging. 1966 verkehrte erstmals ein Museumszug
auf der damals noch im Güterverkehr betriebenen Meterspurstrecke
von Bruchhausen-Vilsen nach Asendorf.
Aus dem Projekt ist heute ein Kleinbahnunternehmen geworden, das in den
1950er Jahren so hätte ausssehen können – in einer
authentischen Umgebung altbrauchbar zusammengestelltes Fahrzeugmaterial
und wenn man so will in einer früheren Form des Corporate Design gestaltet.
Die Lok PLETTENBERG wurde
1927 in der typischen Form von im öffentlichen Straßenraum
verkehrenden Trambahnlokomotiven gebaut und als PStB 3 an die Plettenberger Straßenbahn AG
ausgeliefert. Seit 1968 befindet sich die Lok beim DEV und erhielt bis
1991 einen neuen Kessel, hier befährt die Lok die Drehscheibe im
Bw Bruchhausen-Vilsen. Im Hintergrund der wohl letzte in Deutschland
erhaltene Viehwagen – ein auf Rollböcken stehender Vlmms 63 und
der als Zwischen- bzw. Bremswagen diendene HSA 162.
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Klassischer
Eisenbahnbetrieb. Während heute ein Fahrzeug – vereinfacht gesagt
– mit Schlüsseldreh aufgerüstet wird, erforderte der
frühe Kleinbahnbetrieb erheblich mehr Manpower. Vier Dampfloks
standen die Tage beim DEV unter Dampf, diese wollten versorgt sein.
Hier wird die PLETTENBERG bekohlt, während die FRANZBURG im Hintergrund den
nächsten Personenzug nach Asendorf bereitstellt.
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Die
PLETTENBERG hat sich vor den Dampfstraßenbahnzug nach Asendorf
gesetzt, das Personal stellt den Zug zusammen und macht eine Bremsprobe
– noch ist rund eine Stunde Zeit bis zur Abfahrt. Im Kleinbahnbetrieb
war man weit davon entfernt, die Dienstpläne mit Fahrzeugen und
Personal auf Minutenwende kleinzurechnen.
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Aus Eystrup
ist in Gestalt des Esslinger Triebwagens T2 der
Pt 3802 in Bruchhausen-Vilsen angekommen. Die
ersten Reisenden nach Asendorf sind bereits vor Ort und schauen dem
Kleinbahntreiben zu.
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Der T2 setzt
aus und wird an der Umladehalle zwischengeparkt. Zwischen Hoya und
Bruchhausen wurde die Kleinbahn
Hoya-Syke-Asendorf 1963 auf Betreiben der Bundeswehr auf
Regelspur umgespurt, bis 1966 folgte der Abschnitt von Bruchhausen bis
Syke. Nur der Abschnitt Bruchhausen – Asendorf (die heutige Museumsbahn) wurde
nicht umgespurt – der verbliebene Güterverkehr 1971 eingestellt.
Für die ggf. erforderliche Umladung zwischen Regelspur- und
Meterspurwagen wurde diese Umladung errichtet.
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Der erste
Zug aus Asendorf erreicht den Bahnhof Bruchhausen-Vilsen. Die Aufsicht
hat noch einige Absprachen mit den als Weichensteller tätigen
Rangierarbeitern getroffen, der dichte Takt nach Asendorf und
die Lokbehandlungen erfordern zahlreiche
Rangierfahrten
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Ausfahrt aus
Bruchhausen unter Volldampf. Die PLETTENBERG passiert die
Bollenstraße.
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Einfahrt in
Heiligenberg.
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In den
1950er und 1960er Jahren sicher ein fotogener Streckenabschnitt, der
Abschnitt entlang der B6 nach Asendorf. Während auf der Kleinbahn
die Zeit stehen geblieben ist, hat der Verkehr auf der
Bundesstraße
zugenommen und eine Leitplanke entlang der Straße sorgt für
Sicherheit aller Beteiligten – hier am Bü Altenfelder Weg am
Ortseingang Asendorf.
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Der heutige
T44 wurde 1950 von der Waggonfarbrik Talbot für die Euskirchener Kreisbahnen (EKB)
gebaut. Nachdem 1959 im Zuge des allgemeinen Kleinbahnsterbens der
Personenverkehr bei den EKB endete,
wurde der hier als T1 bezeichnete Triebwagen an die Inselbahn Juist abgegeben, die ihn
bis zur Stilllegung der Inselbahn 1982 als T2 einsetzte. Seitdem
verkehrt der Triebwagen als T44 beim DEV – seit 1995 zusammen mit dem
Wagen 2, welcher zuletzt bei der Deutschen Bundesbahn als 63122 auf der
Inselbahn Wangerooge
eingesetzt wurde.
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Auf
Norddeutschlands Kleinbahnen war seit den 1930er Jahren der "Wismarer
Schienenbus" der Hoffnungsträger. Die Waggonfabrik Wismar entwickelte auf
Anregung des Landeskleinbahnamtes
Hannover einen zweiachsigen Triebwagen, welcher Bauteile aus dem
Kraftfahrzeugbau erhielt. So stammt der Motorvorbau unverkennbar vom
frühen Ford-Model T und
brachte ihm den Spitznamen Schweineschnäuzchen
ein, beim DEV wird der T41 "Maus" genannt. Hier verlässt der 1932
als Sk-1
für die Steinhuder Meer-Bahn
(StMB) gebaute Triebwagen den Bahnhof Bruchhausen-Vilsen.
Der T41 ist der älteste erhaltene Wismarer Schienenbus und der
zweitgebaute der Bauart "Hannover" – er verfügt noch für die
originalen Ford-BB-Motoren, welche mit Benzin betrieben werden. Um die
historische Substanz des Triebwagens zu schonen, wird der T41 nur
selten eingesetzt.
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Die Lok
FRANZBURG stammt von den Franzburger
Kreisbahnen, eine typische Lenz-Kleinbahn an der Ostsee. 1968
wurde die Lok als 99 5605 bei der Deutschen Reichsbahn ausgemustert und
an einen Freizeitpark bei Düsseldorf verkauft, wo die Lok als
Spielplatzlok genutzt wurde. Seit 1982 ist die Lok beim DEV
wieder unter Dampf, am Sonnabend diente sie dem Rangierdienst und
wartet hier auf den nächsten Einsatz.
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Am
östlichen Ende der Hoyaer
Eisenbahn-Gesellschaft (HEG), dem Bf Eystrup, fand parallel zu
den Tagen des Eisenbahnfreundes die Veranstaltung "Güterumschlag
wie vor 60 Jahren" statt. Hier trafen sich die Betreiber historischer
Nutzfahrzeuge, führten die Fahrzeuge vor und beluden diese in
zeitgenössischer Kleidung.
Viele Anlagen, die dieses ermöglichen gibt es nicht mehr.
Zahlreiche Güterbahnhöfe werden mit Wohnungen bebaut, zu
Parkplätzen umgebaut oder verfallen einfach. Die Gütergleise
in Eystrup werden von den Verkehrsbetrieben
Grafschaft Hoya GmbH (VGH) noch befahren und
der Güterboden in Eystrup wird kulturell vom Heimatverein Eystrup Grafschaft Hoya e.V.
genutzt. Zusammen mit dem benachbarten Industriedenkmal Senffabrik Leman
eine ideale Kombination, längst vergangenen Güterverkehr
abseits der Container wieder aufleben zu lassen.
Hier ist der G10-Güterwagen Gw 1 des DEV (ehemals 63 054 der DB) auf einen
historischen Culemeyertransportwagen verladen worden. Der
Straßenroller wurde als „Fahrbares Anschlußgleis“ am 29.
September 1931 von Hans Culemeyer zum Patent angemeldet und
gehörte lange Jahre zum gewohnten Straßenbild in Deutschland
– in Ost und West wurde der Culemeyer noch
bis in die 1980er Jahre genutzt.
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Zum
Ausrangieren wird der Hanomag
Schlepper ST 100 von 1947 gedreht an den Culemeyer gekuppelt.
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Der
Dorfpolizist hat kurz nach dem Rechten geschaut und der für den
örtlichen Baustoffhändler bestimmte G10 auf dem Culemeyer
wird an die Straße rangiert, während die örtlichen
Händler auf die Bereitstellung ihrer Güterwagen warten.
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Fertig
für die Zustellung des Wagens an den Baustoffhändler.
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Bauer
Bollweg ist als nächster dran, seine Kartoffeln zur Bahn zu
bringen – er hatte seinen Lanz-Bulldog
parken müssen und will ihn nun neu anlassen. Da der Bulldog
über keinen Anlasser verfügt, muss zunächst eine
Lötlampe gezündet werden.
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Die
Lötlampe wird anschließend in den Glühkopf des Bulldog
eingesetzt, die den Glühkopf – in welchem die Verbrennung
stattfindet – erhitzt. Mit dem umgesteckten Lenkrad wird
anschließend der Motor "angelassen" – so die Temperatur im
Glühkopf zur Selbstzündung ausreichend hoch ist.
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Läuft
alles, kann Bauer Bollweg mit seinen Kartoffeln – begleitet vom
unverwechselbaren Klang des Bulldog – zur Verladung fahren.
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Es ist ein
heißer Sommertag in Eystrup. Reisende warten auf ihren Zug,
Händler auf ihre bestellte Ware. Im Schatten plauscht man von
vergangengen Zeiten und dass der Umgang mit Pferden anstelle der lauten
und öligen Motoren doch schöner war.
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Bauer Jensen
hat seine Säcke vom Anhänger abgeladen und den
Bahnmitarbeitern hingestellt – die Hitze hat sie in der
Bahnhofsgaststätte zu einem kühlen Bier einkehren lassen,
denn der Lokführer der Bahnhofslok hat heute Geburtstag und gibt
einen aus. Links passiert der Schnelltriebwagen aus Köln die
Szenerie – öh, Moment??
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Seit nun
schon einer Stunde feiert die Runde in der Bahnhofsgaststätte den
runden Geburtstag, die Zeit muss sein!
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Aus Syke ist
Pt 4503 angekommen und wird um 15.30 Uhr wieder nach Syke starten.
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Auf dem
Gelände der Essig- &
Senffabrik Ph. Leman GmbH herrschte ebenfalls reges Treiben.
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Bereit zur
Abfahrt nach Berlin – der Interzonen-Express mit einem Kaelble K 631 L.
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Vom
Baustoffhändler zurück ist der Culemeyer mit dem G10, er soll
am Abend wieder auf die Schiene gebracht werden und passiert das
Postamt der Bundespost am Bahnhof.
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Der
Stückgutwagen (bei der DB Gbs
254 01 80 150 3 167-9, seit 1998 als Gw 6 im Bestand des DEV)
war bis weit in die 1990er Jahre noch Alltag im Güterverkehr in
Deutschland, bei Gründung der Deutschen Bahn AG waren noch rund
6.000 Wagen im Bestand. Vor rund zehn Jahren gingen die letzten aus dem
Bestand.
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Bevor der
G10 wieder auf die Schiene rollen kann, muss die örtliche
Rangierlok – V36 005 – den inzwischen fertig beladenen
Nahgüterzug nach Hoya vom Ladegleis ziehen. Das
übernimmt jedoch die Spätschicht – es geht auf 15 Uhr zu und
der Feierabend steht vor der Tür, die Ehefrau wartet bereits um an
die Weser ins Grüne zu fahren.
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Während
die Strecke Hoya – Eystrup von der Hoyaer
Eisenbahn-Gesellschaft (HEG) 1881 regelspurig eröffnet
wurde, wurde die 1900 von der Kleinbahn
Hoya-Syke-Asendorf GmbH (HSA) eröffnete Strecke Hoya – Syke
in Meterspur angelegt und erhielt in Bruchhausen einen Abzweig nach
Asendorf. Da die Verbindung Eystrup – Syke als strategisch wichtig
eingestuft wurde, wurde 1963 mit der Umspurung der Strecke zwischen
Hoya und Syke begonnen, die Bundeswehr spurte in einem ersten
Bauabschnitt den Abschnitt Hoya – Bruchhausen um. Der
T3 des DEV passiert den 1963 umgespurten Abschnitt und hat am
Bü Vorberg den Hp Tivoli verlassen.
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Der T3 wurde
1959 als GDT 0520 an die Osthannoverschen Eisenbahnen (OHE) geliefert,
die mit Abstand der größte Abnehmer der MaK-Triebwagen
waren. Nachdem die OHE sechs der sieben MaK-Triebwagen nach Italien
verkauft hatte, kehrten diese im Jahr 2000 mit
Hilfe der Arbeitsgemeinschaft
Verkehrsfreunde
Lüneburg e.V. (AVL) nach Deutschland
zurück.
Der heutige T3 wurde an die
Prignitzer Eisenbahn GmbH (PEG) verkauft, die ihn als VT20
kurzzeitig auf der Strecke nach Putlitz einsetzte. 2003 wurde der
Triebwagen an die Fa. Vossloh
in Kiel verkauft, die ihn als Werbeträger einsetzen wollte und
dafür halbseitig in den alten Farben der Kiel-Schönberger-Eisenbahn (KSE)
lackierte, während die andere Hälfte im aktuellen
Vossloh-Design
gehalten war.
2005 wurde der Triebwagen an die Mittelweserbahn
GmbH (MWB) verkauft, die ihn für den neu eingerichteten
Kaffkieker-Verkehr einsetzte. Seit 2010 ist der T3 im Eigentum
des DEV, nachdem er dem DEV per Schenkung übereignet wurde.
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Mit der
vorletzten Zugleistung nach Asendorf ist der "Inselbahnzug" mit T44 vor
Heiligenberg in der "Fotokurve" unterwegs.
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Auf dem 1965
als zweiten und letzten umgespurten Abschnitt
der Kleinbahn Hoya-Syke-Asendorf ist der T3 mit der letzten Zugfahrt
des Tages nach Bruchhausen-Vilsen unterwegs und passiert die
Ortsdurchfahrt Uenzen, die wie zu Kleinbahnzeiten noch auf der (wenig
befahrenen) Straße trassiert ist. Die gemächliche
Kleinbahnzeit ist hier offenkundig noch nicht zuende – denn die
Ortsdurchfahrt wurde kurzerhand zu einer Fotofahrt umfunktioniert. Die
mitfahrenden Fotografen liefen vor dem nahenden Zug her und machten
ihre Fotos des markanten Motivs – stiegen im Bahnhof wieder zu, ehe
über dem Örtchen wieder Ruhe einkehrte.
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Fotos
in Google Earth |
©
2018 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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