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2. August – Rund um die Oberhafenbrücke
4. August – Zeitreise in die Kleinbahnzeit
5. August – Mit der Kleinbahn unterwegs
23. August – Großdiesel nach Geesthacht
25. August – Berliner an die Ostsee zum Berliner






Sonnabend, 4. August 2018 – Zeitreise in die Kleinbahnzeit

Plettenberg

Anfang August fanden beim Deutschen Eisenbahn-Verein e.V. (DEV) in Bruchhausen-Vilsen die alljährlichen Tage des Eisenbahnfreundes statt. Seit 1966 betreibt der DEV dort die erste Museumseisenbahn Deutschlands, nachdem die Bemühungen in Hamburg zum Erhalt der Wohldorfer Kleinbahn gescheitert waren. Harald Kindermann versuchte 1961 vergeblich, den Abbau der Wohldorfer Kleinbahn zu verhindern. 1964 gründete er mit seinen Mitstreitern den Deutschen Kleinbahn-Verein, aus welchem der heutige DEV mit über 1.000 Mitgliedern hervorging. 1966 verkehrte erstmals ein Museumszug auf der damals noch im Güterverkehr betriebenen Meterspurstrecke von Bruchhausen-Vilsen nach Asendorf.
Aus dem Projekt ist heute ein Kleinbahnunternehmen geworden, das in den 1950er Jahren so hätte ausssehen können – in einer authentischen Umgebung altbrauchbar zusammengestelltes Fahrzeugmaterial und wenn man so will in einer früheren Form des Corporate Design gestaltet.
Die Lok PLETTENBERG wurde 1927 in der typischen Form von im öffentlichen Straßenraum verkehrenden Trambahnlokomotiven gebaut und als PStB 3 an die Plettenberger Straßenbahn AG ausgeliefert. Seit 1968 befindet sich die Lok beim DEV und erhielt bis 1991 einen neuen Kessel, hier befährt die Lok die Drehscheibe im Bw Bruchhausen-Vilsen. Im Hintergrund der wohl letzte in Deutschland erhaltene Viehwagen – ein auf Rollböcken stehender Vlmms 63 und der als Zwischen- bzw. Bremswagen diendene HSA 162.

Plettenberg

Klassischer Eisenbahnbetrieb. Während heute ein Fahrzeug – vereinfacht gesagt – mit Schlüsseldreh aufgerüstet wird, erforderte der frühe Kleinbahnbetrieb erheblich mehr Manpower. Vier Dampfloks standen die Tage beim DEV unter Dampf, diese wollten versorgt sein. Hier wird die PLETTENBERG bekohlt, während die FRANZBURG im Hintergrund den nächsten Personenzug nach Asendorf bereitstellt. 

Plettenberg

Die PLETTENBERG hat sich vor den Dampfstraßenbahnzug nach Asendorf gesetzt, das Personal stellt den Zug zusammen und macht eine Bremsprobe – noch ist rund eine Stunde Zeit bis zur Abfahrt. Im Kleinbahnbetrieb war man weit davon entfernt, die Dienstpläne mit Fahrzeugen und Personal auf Minutenwende kleinzurechnen.

Plettenberg

Aus Eystrup ist in Gestalt des Esslinger Triebwagens T2 der Pt 3802 in Bruchhausen-Vilsen angekommen. Die ersten Reisenden nach Asendorf sind bereits vor Ort und schauen dem Kleinbahntreiben zu.

T2

Der T2 setzt aus und wird an der Umladehalle zwischengeparkt. Zwischen Hoya und Bruchhausen wurde die Kleinbahn Hoya-Syke-Asendorf 1963 auf Betreiben der Bundeswehr auf Regelspur umgespurt, bis 1966 folgte der Abschnitt von Bruchhausen bis Syke. Nur der Abschnitt Bruchhausen – Asendorf (die heutige Museumsbahn) wurde nicht umgespurt – der verbliebene Güterverkehr 1971 eingestellt. Für die ggf. erforderliche Umladung zwischen Regelspur- und Meterspurwagen wurde diese Umladung errichtet.

T41

Der erste Zug aus Asendorf erreicht den Bahnhof Bruchhausen-Vilsen. Die Aufsicht hat noch einige Absprachen mit den als Weichensteller tätigen Rangierarbeitern getroffen, der dichte Takt nach Asendorf und die Lokbehandlungen erfordern zahlreiche Rangierfahrten

Plettenberg

Ausfahrt aus Bruchhausen unter Volldampf. Die PLETTENBERG passiert die Bollenstraße.

Plettenberg

Einfahrt in Heiligenberg.

Plettenberg

In den 1950er und 1960er Jahren sicher ein fotogener Streckenabschnitt, der Abschnitt entlang der B6 nach Asendorf. Während auf der Kleinbahn die Zeit stehen geblieben ist, hat der Verkehr auf der Bundesstraße zugenommen und eine Leitplanke entlang der Straße sorgt für Sicherheit aller Beteiligten – hier am Bü Altenfelder Weg am Ortseingang Asendorf.

T41

Der heutige T44 wurde 1950 von der Waggonfarbrik Talbot für die Euskirchener Kreisbahnen (EKB) gebaut. Nachdem 1959 im Zuge des allgemeinen Kleinbahnsterbens der Personenverkehr bei den EKB endete, wurde der hier als T1 bezeichnete Triebwagen an die Inselbahn Juist abgegeben, die ihn bis zur Stilllegung der Inselbahn 1982 als T2 einsetzte. Seitdem verkehrt der Triebwagen als T44 beim DEV – seit 1995 zusammen mit dem Wagen 2, welcher zuletzt bei der Deutschen Bundesbahn als 63122 auf der Inselbahn Wangerooge eingesetzt wurde.

T41

Auf Norddeutschlands Kleinbahnen war seit den 1930er Jahren der "Wismarer Schienenbus" der Hoffnungsträger. Die Waggonfabrik Wismar entwickelte auf Anregung des Landeskleinbahnamtes Hannover einen zweiachsigen Triebwagen, welcher Bauteile aus dem Kraftfahrzeugbau erhielt. So stammt der Motorvorbau unverkennbar vom frühen Ford-Model T und brachte ihm den Spitznamen Schweineschnäuzchen ein, beim DEV wird der T41 "Maus" genannt. Hier verlässt der 1932 als Sk-1 für die Steinhuder Meer-Bahn (StMB) gebaute Triebwagen den Bahnhof Bruchhausen-Vilsen.
Der T41 ist der älteste erhaltene Wismarer Schienenbus und der zweitgebaute der Bauart "Hannover" – er verfügt noch für die originalen Ford-BB-Motoren, welche mit Benzin betrieben werden. Um die historische Substanz des Triebwagens zu schonen, wird der T41 nur selten eingesetzt.

Franzburg

Die Lok FRANZBURG stammt von den Franzburger Kreisbahnen, eine typische Lenz-Kleinbahn an der Ostsee. 1968 wurde die Lok als 99 5605 bei der Deutschen Reichsbahn ausgemustert und an einen Freizeitpark bei Düsseldorf verkauft, wo die Lok als Spielplatzlok genutzt wurde. Seit 1982 ist die Lok beim DEV wieder unter Dampf, am Sonnabend diente sie dem Rangierdienst und wartet hier auf den nächsten Einsatz.

Culemeyer

Am östlichen Ende der Hoyaer Eisenbahn-Gesellschaft (HEG), dem Bf Eystrup, fand parallel zu den Tagen des Eisenbahnfreundes die Veranstaltung "Güterumschlag wie vor 60 Jahren" statt. Hier trafen sich die Betreiber historischer Nutzfahrzeuge, führten die Fahrzeuge vor und beluden diese in zeitgenössischer Kleidung.
Viele Anlagen, die dieses ermöglichen gibt es nicht mehr. Zahlreiche Güterbahnhöfe werden mit Wohnungen bebaut, zu Parkplätzen umgebaut oder verfallen einfach. Die Gütergleise in Eystrup werden von den Verkehrsbetrieben Grafschaft Hoya GmbH (VGH)
noch befahren und der Güterboden in Eystrup wird kulturell vom Heimatverein Eystrup Grafschaft Hoya e.V. genutzt. Zusammen mit dem benachbarten Industriedenkmal Senffabrik Leman eine ideale Kombination, längst vergangenen Güterverkehr abseits der Container wieder aufleben zu lassen.
Hier ist der G10-Güterwagen Gw 1 des DEV (ehemals 63 054 der DB) auf einen historischen Culemeyertransportwagen verladen worden. Der Straßenroller wurde als „Fahrbares Anschlußgleis“ am 29. September 1931 von Hans Culemeyer zum Patent angemeldet und gehörte lange Jahre zum gewohnten Straßenbild in Deutschland – in Ost und West wurde
der Culemeyer noch bis in die 1980er Jahre genutzt.

Culemeyer

Zum Ausrangieren wird der Hanomag Schlepper ST 100 von 1947 gedreht an den Culemeyer gekuppelt.

Culemeyer

Der Dorfpolizist hat kurz nach dem Rechten geschaut und der für den örtlichen Baustoffhändler bestimmte G10 auf dem Culemeyer wird an die Straße rangiert, während die örtlichen Händler auf die Bereitstellung ihrer Güterwagen warten.

Culemeyer

Fertig für die Zustellung des Wagens an den Baustoffhändler.

Bulldog

Bauer Bollweg ist als nächster dran, seine Kartoffeln zur Bahn zu bringen – er hatte seinen Lanz-Bulldog parken müssen und will ihn nun neu anlassen. Da der Bulldog über keinen Anlasser verfügt, muss zunächst eine Lötlampe gezündet werden.

Bulldog

Die Lötlampe wird anschließend in den Glühkopf des Bulldog eingesetzt, die den Glühkopf – in welchem die Verbrennung stattfindet – erhitzt. Mit dem umgesteckten Lenkrad wird anschließend der Motor "angelassen" – so die Temperatur im Glühkopf zur Selbstzündung ausreichend hoch ist.

Bulldog

Läuft alles, kann Bauer Bollweg mit seinen Kartoffeln – begleitet vom unverwechselbaren Klang des Bulldog – zur Verladung fahren.

Gesellschaft

Es ist ein heißer Sommertag in Eystrup. Reisende warten auf ihren Zug, Händler auf ihre bestellte Ware. Im Schatten plauscht man von vergangengen Zeiten und dass der Umgang mit Pferden anstelle der lauten und öligen Motoren doch schöner war.

Gbf Eystrup

Bauer Jensen hat seine Säcke vom Anhänger abgeladen und den Bahnmitarbeitern hingestellt – die Hitze hat sie in der Bahnhofsgaststätte zu einem kühlen Bier einkehren lassen, denn der Lokführer der Bahnhofslok hat heute Geburtstag und gibt einen aus. Links passiert der Schnelltriebwagen aus Köln die Szenerie – öh, Moment??

Möbelstransport

Seit nun schon einer Stunde feiert die Runde in der Bahnhofsgaststätte den runden Geburtstag, die Zeit muss sein!

T3

Aus Syke ist Pt 4503 angekommen und wird um 15.30 Uhr wieder nach Syke starten.

Lkw

Auf dem Gelände der Essig- & Senffabrik Ph. Leman GmbH herrschte ebenfalls reges Treiben.

Lkw

Bereit zur Abfahrt nach Berlin – der Interzonen-Express mit einem Kaelble K 631 L.

Culemeyer

Vom Baustoffhändler zurück ist der Culemeyer mit dem G10, er soll am Abend wieder auf die Schiene gebracht werden und passiert das Postamt der Bundespost am Bahnhof.

Culemeyer

Der Stückgutwagen (bei der DB Gbs 254 01 80 150 3 167-9, seit 1998 als Gw 6 im Bestand des DEV) war bis weit in die 1990er Jahre noch Alltag im Güterverkehr in Deutschland, bei Gründung der Deutschen Bahn AG waren noch rund 6.000 Wagen im Bestand. Vor rund zehn Jahren gingen die letzten aus dem Bestand. 

Culemeyer

Bevor der G10 wieder auf die Schiene rollen kann, muss die örtliche Rangierlok – V36 005 – den inzwischen fertig beladenen Nahgüterzug nach Hoya vom Ladegleis ziehen. Das übernimmt jedoch die Spätschicht – es geht auf 15 Uhr zu und der Feierabend steht vor der Tür, die Ehefrau wartet bereits um an die Weser ins Grüne zu fahren.

T3

Während die Strecke Hoya – Eystrup von der Hoyaer Eisenbahn-Gesellschaft (HEG) 1881 regelspurig eröffnet wurde, wurde die 1900 von der Kleinbahn Hoya-Syke-Asendorf GmbH (HSA) eröffnete Strecke Hoya – Syke in Meterspur angelegt und erhielt in Bruchhausen einen Abzweig nach Asendorf. Da die Verbindung Eystrup – Syke als strategisch wichtig eingestuft wurde, wurde 1963 mit der Umspurung der Strecke zwischen Hoya und Syke begonnen, die Bundeswehr spurte in einem ersten Bauabschnitt den Abschnitt Hoya – Bruchhausen um. Der T3 des DEV passiert den 1963 umgespurten Abschnitt und hat am Bü Vorberg den Hp Tivoli verlassen.

T3

Der T3 wurde 1959 als GDT 0520 an die Osthannoverschen Eisenbahnen (OHE) geliefert, die mit Abstand der größte Abnehmer der MaK-Triebwagen waren. Nachdem die OHE sechs der sieben MaK-Triebwagen nach Italien verkauft hatte, kehrten diese im Jahr 2000 mit Hilfe der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsfreunde Lüneburg e.V. (AVL) nach Deutschland zurück.
Der heutige T3 wurde an die Prignitzer Eisenbahn GmbH (PEG) verkauft, die ihn als VT20 kurzzeitig auf der Strecke nach Putlitz einsetzte. 2003 wurde der Triebwagen an die Fa. Vossloh in Kiel verkauft, die ihn als Werbeträger einsetzen wollte und dafür halbseitig in den alten Farben der Kiel-Schönberger-Eisenbahn  (KSE) lackierte, während die andere Hälfte im aktuellen Vossloh-Design gehalten war.
2005 wurde der Triebwagen an die Mittelweserbahn GmbH (MWB) verkauft, die ihn für den neu eingerichteten Kaffkieker-Verkehr einsetzte. Seit 2010 ist der T3 im Eigentum des DEV, nachdem er dem DEV per Schenkung übereignet wurde.

T44

Mit der vorletzten Zugleistung nach Asendorf ist der "Inselbahnzug" mit T44 vor Heiligenberg in der "Fotokurve" unterwegs.

T3

Auf dem 1965 als zweiten und letzten umgespurten Abschnitt der Kleinbahn Hoya-Syke-Asendorf ist der T3 mit der letzten Zugfahrt des Tages nach Bruchhausen-Vilsen unterwegs und passiert die Ortsdurchfahrt Uenzen, die wie zu Kleinbahnzeiten noch auf der (wenig befahrenen) Straße trassiert ist. Die gemächliche Kleinbahnzeit ist hier offenkundig noch nicht zuende – denn die Ortsdurchfahrt wurde kurzerhand zu einer Fotofahrt umfunktioniert. Die mitfahrenden Fotografen liefen vor dem nahenden Zug her und machten ihre Fotos des markanten Motivs – stiegen im Bahnhof wieder zu, ehe über dem Örtchen wieder Ruhe einkehrte.

Fotos in Google Earth © 2018 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben