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Sonntag, 27. November 2016
– Denkmal unter Dampf und Denkmal auf Abruf
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Am Sonntagmorgen ging es
recht früh wieder an die Strecke, der Frühzug nach Kurort
Oybin sollte
Ziel sein. Die Wetterprognose hatte Recht behalten, trotz klarer Nacht
war es am Morgen bedeckt und es nieselte.
Im hohen Norden schien dafür die Sonne prall vom Himmel. Beim
aktuellen Marschbahnersatzverkehr ein hartes Los – aber diese Tour lag
rund ein halbes Jahr fest und da waren die aktuellen Entwicklungen der
Marschbahn wahrlich nicht zu erahnen. Bei ISO 1600-Wetter ging es an
die Strecke, 99 749 verließ pünktlich Zittau. Man sollte
meinen, dass bei den herrschenden Temperaturen nahe des Gefrierpunktes
und der Feuchte die 99 749 prächtig dampfend um die Kurve kommt.
Dem war leider nicht so und das Gesicht lang. Im nächsten Moment
trötete es und es schob sich aus
dem polnischen Korridor kommend der TLX 5250 aus
Liberec über den Neißetalviadukt.
Der ideale
Auslösemoment ist eine Frage von Sekunden beider Züge und
passte
perfekt.
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Recht bequem lässt sich der
Dampfzug nach Kurort Oybin verfolgen. November ist traditionell die
schwächste Saisonzeit und
entsprechend hat sich bei diversen täglich betriebenen
Schmalspurbahnen eine Saisonpause im November etabliert. In Zittau wird
seit Sonnabend wieder gefahren, aber mehr als eine Handvoll Reisende
waren am Sonntagmorgen nicht in den Zügen zu beobachten.
Die bis 1990 systematisch herabgewirtschaftete Zittauer Schmalspurbahn
wurde in den letzten zehn Jahren zu einem Kleinod ausgebaut. Die
Infrastruktur wurde behutsam erneuert und die Anlagen im Bestand
erhalten. Bahnbetriebsgebäude wurden denkmalgerecht saniert, das
Bahnhofsgebäude in Bertsdorf an den Interessenverband der Zittauer
Schmalspurbahnen e.V. verkauft und entsprechend dem früheren
Aussehen saniert. 99 749 nimmt mit Volldampf die letzten Meter der
Steigung aus Olbersdorf.
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99 749 fährt aus Bertsdorf
kommend in den Bf Kurort Oybin ein. Das Wetter ist unterirdisch und man
fragt sich, warum man sich das ganze antut – könnte man doch
bequem ausschlafen. Aber am Ende kommt trotz aller Widrigkeiten eine
ansehnliche Aufnahme heraus. Ein Vergleich mit Fotos aus den
frühen 1960er Jahren zeigt, dass sich die Örtlichkeiten im
und um den Bahnhof seitdem kaum geändert haben, nur der
Spurplan wurde inzwischen etwas vereinfacht. Zeitblase im Bahnhof
Kurort Oybin – und ein halbes dutzend Reisende erwartet den Zug aus
Zittau.
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Die tiefstehende Novembersonne
verleiht dem Klassikermotiv in Bertsdorf einen speziellen Charme. 99
749 ist weihnachtlich geschmückt.
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Dampf. Er wird besonders bei
feuchtem Wetter
und kalten Temperaturen sichtbar. 99 749
steht zur Fahrt nach Jonsdorf bereit, Dampfwolken hüllen den Zug
ein. Der Speisewagen ist trotz einer verschwindend geringen
Fahrgastzahl besetzt, während bei der DB der Speisewagen abseits
der ICE leise stirbt. Klassische Speisewagen hat die DB längst
nicht mehr im Bestand, ausschließlich Bistrowagen aus dem
früheren InterRegio-Verkehr betreibt die DB aktuell noch – doch
auch diese gehen Zug um Zug außer Betrieb. In Zittau ist der im
MITROPA-Stil gestaltete Speisewagen auch kein echter Speisewagen – aber
ein kleiner Imbiss ist dort problemlos möglich, selbst im
November.
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Dampfgeheizte Personenzüge,
einst klassische Eisenbahn und Alltag auf den Bahnhöfen. An
mancher Heizkupplung entwich der Heizdampf und sorgte für neblige
Momente. Im Oktober 2004 endete der Einsatz von
dampfgeheizten Reisezügen bei der DB, doch auf den
Schmalspurbahnen im Osten Deutschlands kann man noch täglich in
die
Eisenbahngeschichte abtauchen und Eisenbahn pur erleben.
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99 749 durchfährt hinter
Bertsdorf dichten Wald und verlässt diesen am Hp Jonsdorf Hst.
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Fast wäre die Zittauer
Schmalspurbahn der Erweiterung des Olbersdorfer Braunkohletagebaus zum
Opfer gefallen, erst die Geschehnisse zur Wendezeit retteten die lange
auf Verschleiß gefahrene Zittauer Schmalspurbahn. Der
Braunkohletagebau Olbersdorf gehört entsprechend zur Geschichte
der Bahn –
leider sind keine originalen EL 3 des Olbersdorfer Braunkohletaugebaus
erhalten geblieben, so dass im Jahre 2000 vom Interessenverband der
Zittauer Schmalspurbahnen e.V. eine baugleiche Lok aus Brieske
übernommen wurde. Der Olbersdorfer Tagebau mit dem Olbersdorfer
See ist heute Erholungsgebiet und im Eingangsbereich ist eine
Sammlung historischer Fahrzeuge aufgebaut worden.
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Die denkmalgeschützte Zittauer
Schmalspurbahn ist in zahllosen Details gestaltet und steht dabei der
als Museumsbahn wiederaufgebauten Preßnitztalbahn
kaum nach. Die viele Jahre als Ersatzteilspender abgestellte 99 1757
wurde 2014 wieder komplettiert und mit weiteren restaurierten Roll- und
Güterwagen im Bf Zittau als Denkmal aufgestellt.
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Ein viele Jahrzehnte üblicher
Richtungsanzeiger. Noch bis Anfang der 1990er Jahre waren solche
Konstruktionen anzutreffen. Heute sind Echtzeitinformationen vom
Eisenbahnbundesamt bis hin zur kleinsten Station vorgeschrieben – auf
der Zittauer Schmalspurbahn reicht diese analoge Form noch aus.
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Denkmalschutz ist gut, aber wenn
Realitäten den Denkmalschutz einholen, hilft auch der beste Schutz
nicht mehr. Das Areal des Bf Zittau ist mitsamt aller
Anlagen unter Denkmalschutz gestellt, doch die DB will den Bf Zittau
modernisieren und dabei auch umfangreiche Spurplanänderungen
vornehmen. Letztlich ist Denkmalschutz in der aktuellen Form recht
wirkungslos, denn auch im Falle Zittau zeigt sich, dass am Ende oft nur
der kleinste gemeinsame Nenner steht.
Im Zuge der anstehenden Modernisierungsarbeiten wird das Gleis 50,
welches einst wie auf der westlichen Bahnhofsseite eine
Segmentdrehscheibe besaß, abgebunden. Noch kann VT 11 für
die Fahrt nach Liberec bereitstehen.
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Unter Denkmalschutz stehen alle
Stellwerke in Zittau, erhalten bleibt vsl. nur das Stellwerk B2/W3, in
welchem auch noch der sächsische Bahnhofsblock arbeitet. Das
Stellwerk samt aller Stellwerkstechnik soll stehen bleiben und
künftig auch zeitweise zugänglich gemacht werden. Wärter
und Fahrdienstleiter schauen vorschriftsgemäß
aus ihren Fenstern der Rangierfahrt
von VT 07 zu, welcher an den in Gleis 2 stehenden Zug der BR 642
ankuppeln wird.
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Ein harter Kampf tobte um die
Bahnsteigüberdachung vom Inselbahnsteig, welche die DB
abreißen wollte und einfache Regenunterstände schaffen
wollte. Inzwischen soll das Dach um ca. 80 Meter verkürzt und der
verbleibende Teil saniert werden. VT 24 und VT 07 verlassen Zittau in
Richtung Dresden.
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Erhalten bleibt die westliche
Segmentdrehscheibe, wobei die Anlage keine direkte
Ausfahrmöglichkeit mehr haben wird, sondern nur über
Sägefahrten als Rangierfahrt erreichbar bleibt. Das markante
Stellwerk W4 mit dem Uhrturm fällt der Neutrassierung der
Streckengleise zum Opfer.
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Fotos
in Google Earth |
©
2016 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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