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3. November – Dämmerung in den Walddörfern
12. November – Grenzerfahrungen
13. November – Marschbahnersatzverkehr und Riesenmond
23. November – Im Wandel der Zeiten
26. November – Nachtfahrt mit dem VT 137 322
27. November – Denkmal unter Dampf und Denkmal auf Abruf





Sonntag, 27. November 2016 – Denkmal unter Dampf und Denkmal auf Abruf

99 749

Am Sonntagmorgen ging es recht früh wieder an die Strecke, der Frühzug nach Kurort Oybin sollte Ziel sein. Die Wetterprognose hatte Recht behalten, trotz klarer Nacht war es am Morgen bedeckt und es nieselte.
Im hohen Norden schien dafür die Sonne prall vom Himmel. Beim aktuellen Marschbahnersatzverkehr ein hartes Los – aber diese Tour lag rund ein halbes Jahr fest und da waren die aktuellen Entwicklungen der Marschbahn wahrlich nicht zu erahnen. Bei ISO 1600-Wetter ging es an die Strecke, 99 749 verließ pünktlich Zittau. Man sollte meinen, dass bei den herrschenden Temperaturen nahe des Gefrierpunktes und der Feuchte die 99 749 prächtig dampfend um die Kurve kommt. Dem war leider nicht so und das Gesicht lang. Im nächsten Moment trötete es und es schob sich
aus dem polnischen Korridor kommend der TLX 5250 aus Liberec über den Neißetalviadukt. Der ideale Auslösemoment ist eine Frage von Sekunden beider Züge und passte perfekt.

99 749

Recht bequem lässt sich der Dampfzug nach Kurort Oybin verfolgen. November ist traditionell die schwächste Saisonzeit und entsprechend hat sich bei diversen täglich betriebenen Schmalspurbahnen eine Saisonpause im November etabliert. In Zittau wird seit Sonnabend wieder gefahren, aber mehr als eine Handvoll Reisende waren am Sonntagmorgen nicht in den Zügen zu beobachten.
Die bis 1990 systematisch herabgewirtschaftete Zittauer Schmalspurbahn wurde in den letzten zehn Jahren zu einem Kleinod ausgebaut. Die Infrastruktur wurde behutsam erneuert und die Anlagen im Bestand erhalten. Bahnbetriebsgebäude wurden denkmalgerecht saniert, das Bahnhofsgebäude in Bertsdorf an den Interessenverband der Zittauer Schmalspurbahnen e.V. verkauft und entsprechend dem früheren Aussehen saniert. 99 749 nimmt mit Volldampf die letzten Meter der Steigung aus Olbersdorf.

99 749

99 749 fährt aus Bertsdorf kommend in den Bf Kurort Oybin ein. Das Wetter ist unterirdisch und man fragt sich, warum man sich das ganze antut – könnte man doch bequem ausschlafen. Aber am Ende kommt trotz aller Widrigkeiten eine ansehnliche Aufnahme heraus. Ein Vergleich mit Fotos aus den frühen 1960er Jahren zeigt, dass sich die Örtlichkeiten im und um den Bahnhof seitdem kaum geändert haben, nur der Spurplan wurde inzwischen etwas vereinfacht. Zeitblase im Bahnhof Kurort Oybin – und ein halbes dutzend Reisende erwartet den Zug aus Zittau.

99 749

Die tiefstehende Novembersonne verleiht dem Klassikermotiv in Bertsdorf einen speziellen Charme. 99 749 ist weihnachtlich geschmückt.

DAmpfzug

Dampf. Er wird besonders bei feuchtem Wetter und kalten Temperaturen sichtbar. 99 749 steht zur Fahrt nach Jonsdorf bereit, Dampfwolken hüllen den Zug ein. Der Speisewagen ist trotz einer verschwindend geringen Fahrgastzahl besetzt, während bei der DB der Speisewagen abseits der ICE leise stirbt. Klassische Speisewagen hat die DB längst nicht mehr im Bestand, ausschließlich Bistrowagen aus dem früheren InterRegio-Verkehr betreibt die DB aktuell noch – doch auch diese gehen Zug um Zug außer Betrieb. In Zittau ist der im MITROPA-Stil gestaltete Speisewagen auch kein echter Speisewagen – aber ein kleiner Imbiss ist dort problemlos möglich, selbst im November.

Dampfheizung

Dampfgeheizte Personenzüge, einst klassische Eisenbahn und Alltag auf den Bahnhöfen. An mancher Heizkupplung entwich der Heizdampf und sorgte für neblige Momente. Im Oktober 2004 endete der Einsatz von dampfgeheizten Reisezügen bei der DB, doch auf den Schmalspurbahnen im Osten Deutschlands kann man noch täglich in die Eisenbahngeschichte abtauchen und Eisenbahn pur erleben.

99 749

99 749 durchfährt hinter Bertsdorf dichten Wald und verlässt diesen am Hp Jonsdorf Hst.

Braunkohletagebaudenkmal

Fast wäre die Zittauer Schmalspurbahn der Erweiterung des Olbersdorfer Braunkohletagebaus zum Opfer gefallen, erst die Geschehnisse zur Wendezeit retteten die lange auf Verschleiß gefahrene Zittauer Schmalspurbahn. Der Braunkohletagebau Olbersdorf gehört entsprechend zur Geschichte der Bahn – leider sind keine originalen EL 3 des Olbersdorfer Braunkohletaugebaus erhalten geblieben, so dass im Jahre 2000 vom Interessenverband der Zittauer Schmalspurbahnen e.V. eine baugleiche Lok aus Brieske übernommen wurde. Der Olbersdorfer Tagebau mit dem Olbersdorfer See ist heute Erholungsgebiet und im Eingangsbereich ist eine Sammlung historischer Fahrzeuge aufgebaut worden.

99 1757

Die denkmalgeschützte Zittauer Schmalspurbahn ist in zahllosen Details gestaltet und steht dabei der als Museumsbahn wiederaufgebauten Preßnitztalbahn kaum nach. Die viele Jahre als Ersatzteilspender abgestellte 99 1757 wurde 2014 wieder komplettiert und mit weiteren restaurierten Roll- und Güterwagen im Bf Zittau als Denkmal aufgestellt.

Zielanzeiger

Ein viele Jahrzehnte üblicher Richtungsanzeiger. Noch bis Anfang der 1990er Jahre waren solche Konstruktionen anzutreffen. Heute sind Echtzeitinformationen vom Eisenbahnbundesamt bis hin zur kleinsten Station vorgeschrieben – auf der Zittauer Schmalspurbahn reicht diese analoge Form noch aus.

VT 11

Denkmalschutz ist gut, aber wenn Realitäten den Denkmalschutz einholen, hilft auch der beste Schutz nicht mehr. Das Areal des Bf Zittau ist mitsamt aller Anlagen unter Denkmalschutz gestellt, doch die DB will den Bf Zittau modernisieren und dabei auch umfangreiche Spurplanänderungen vornehmen. Letztlich ist Denkmalschutz in der aktuellen Form recht wirkungslos, denn auch im Falle Zittau zeigt sich, dass am Ende oft nur der kleinste gemeinsame Nenner steht.
Im Zuge der anstehenden Modernisierungsarbeiten wird das Gleis 50, welches einst wie auf der westlichen Bahnhofsseite eine Segmentdrehscheibe besaß, abgebunden. Noch kann VT 11 für die Fahrt nach Liberec bereitstehen.

VT 07

Unter Denkmalschutz stehen alle Stellwerke in Zittau, erhalten bleibt vsl. nur das Stellwerk B2/W3, in welchem auch noch der sächsische Bahnhofsblock arbeitet. Das Stellwerk samt aller Stellwerkstechnik soll stehen bleiben und künftig auch zeitweise zugänglich gemacht werden. Wärter und Fahrdienstleiter schauen vorschriftsgemäß aus ihren Fenstern der Rangierfahrt von VT 07 zu, welcher an den in Gleis 2 stehenden Zug der BR 642 ankuppeln wird.

VT 24

Ein harter Kampf tobte um die Bahnsteigüberdachung vom Inselbahnsteig, welche die DB abreißen wollte und einfache Regenunterstände schaffen wollte. Inzwischen soll das Dach um ca. 80 Meter verkürzt und der verbleibende Teil saniert werden. VT 24 und VT 07 verlassen Zittau in Richtung Dresden.

Segmentdrehscheibe

Erhalten bleibt die westliche Segmentdrehscheibe, wobei die Anlage keine direkte Ausfahrmöglichkeit mehr haben wird, sondern nur über Sägefahrten als Rangierfahrt erreichbar bleibt. Das markante Stellwerk W4 mit dem Uhrturm fällt der Neutrassierung der Streckengleise zum Opfer.

Fotos in Google Earth © 2016 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben