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September 2013

5. September 2013 – 1993: Mit der AKN durchs Reichsbahnland
7. September 2013 – Viel Neues im Straßenbahnmuseum Skjoldenæsholm
14. September 2013 – 1998: Bestellter Gothawageneinsatz in Brandenburg
15. September 2013 – ET/EM 171 082 auf alten Spuren
22. September 2013 – Alte Schätzchen in Berlin und Potsdam unterwegs
30. September 2013 – Um die Ecke und doch so fern...





Sonntag, 22. September 2013 – Alte Schätzchen in Berlin und Potsdam unterwegs

BR 346 AutoZug

Die ehemalige Königlich-Preußische Eisenbahnhauptwerkstatt Berlin II ist heute nur noch ein Schatten ihrerselbst. Während von der Deutschen Reichsbahn der DDR im für Güterwagen zuständigen Raw "Franz Stenzer" zur Wendezeit noch mit umfangreichen Ausbauarbeiten begonnen wurde, wurde die Stilllegung 1991 beschlossen und 1995 vollzogen. Von Talgo Deutschland wurden im Anschluss Teile der Hallen für die Instandhaltung der Talgohotelzüge ausgebaut und später von DB AutoZug übernommen, welche hier die noch verbliebenen Berliner Nachtzüge instandhält, nachdem die Talgohotelzüge bereits seit Jahren ausgemustert sind.
Überflüssige Bereiche der ehemaligen Raw-Hallen sind an den Verein RAW-tempel e.V. vermietet, welcher hier das Künstlerprojekt Urban Spree angesiedelt hat. Im Hintergrund eines der Kunstwerke von JR’s artwork, welcher an den verschiedensten Orten überlebensgroße, fotorealistische Bilder an Wände gemalt hat.
Mit 346 995 rangiert hier die letzte im Bestand der DB verbliebene V60 der früheren Deutschen Reichsbahn, einst im Osten Deutschlands allgegenwärtige Rangierlok. Sie wurde jüngst erneut aufgearbeitet und rangiert ausschließlich im AutoZug-Werk an der Warschauer Straße. Hinter dem Liegewagen ist einer der ab 1991 in 112 Exemplaren für den IC- und IR-Verkehr der Deutschen Reichsbahn gebauten Wagen zu sehen – die letzte Lieferserie der Halberstädter Schnellzugwagen. Da die Wagen schnell den Komfortansprüchen der Deutschen Bahn AG nicht mehr entsprachen und im Gegensatz zu den älteren Wagen der Halberstädter UIC-Z-Wagen auch nicht umgebaut wurden, wurden sie rasch in den Nachtverkehr abgeschoben, wo sie unbeachtet als Bomz236 ihr Gnadenbrot verdienen.

ODEG BR 445

Nach ersten, erfolglosen Versuchen von Adtranz in den Jahren ab 1998 mit dem Meridian der BR 445 – einem auf eigene Rechnung gebauten Versuchsträger für Doppelstocktriebwagen – setzt sich nun doch noch der Doppelstocktriebwagen in Deutschland durch. Von Stadler wurde die BR 445.1 konstruiert, eine in den deutschen Regellichtraum G2 passende vierteilige Baureihe – erstmalig von der ODEG nach Gewinn einer Ausschreibung für den Berliner Raum beschafft. Inzwischen sind die Züge der KISS-Familie auch von der luxemburgischen Staatsbahn CFL und der Westfalenbahn bestellt worden. Die Züge der CFL sollen später mit den Stadler-FLIRT der DB im Trierer Raum im Zugverband verkehren.
Nach den längst obligatorischen Zulassungsproblemen der Neufahrzeuge haben die Doppelstockzüge die gewonnenen Verkehre vollständig übernommen und die bunten Ersatzgarnituren sind Geschichte. Der blitzsaubere 445 105 fährt hier an der Warschauer Straße als RE2 gen Cottbus.

A1 Tw 7

Das Ziel der Reise nach Berlin war der Zweizugbetrieb der BVG mit zwei Dreiwagenzügen der Bauaurt AI aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der Kleinprofillinie A. Seit Jahren war kein Zweizugbetrieb mit Zügen der Bauart AI mehr möglich, da lange nur noch drei Wagen betriebsbereit waren. Der "Westzug" der BVG im letzten Einsatzzustand wurde in den 1990er Jahren aufgelöst und der Tw 31 verkauft, er wurde zum Lkw-Auflieger umgebaut. Der Bw 722 ersetzte den abgängigen Beiwagen des "Ostzuges", den 753. Die verbliebenen zwei Wagen waren lange abgestellt, seit diesem Jahr sind die Wagen Tw 7 und Bw 737 nach umfangreicher Aufarbeitung wieder einsatzfähig, den Wagen 31 ersetzt der aus dem BVG-Hilfszugwagen 4003 zurückgebaute Tw 302. Beim Standortwechsel zum Bahnhof Warschauer Straße traf ich zufällig auf den als Leerzuführung ausrückenden "Westzug" mit Tw 7 an der Zugspitze.

A3L92

Der gegenüber den klassischen A3-Wagen mit modifizierter Front gefertigte, erstgebaute A3L82 654/655 verlässt hier unter dem auch heute wieder als Stellwerk genutzten Reiterstellwerk Warschauer Brücke den seit 1995 analog dem nahegelegenen S-Bahnhof Warschauer Straße benannten Bahnhof Warschauer Straße. Links die hier wendende Linie M10, die noch immer auf die Erweiterung über die bereits seit den 1990er Jahren mit Schienen ausgerüstete Oberbaumbrücke nach Kreuzberg wartet.

Stellwerk Warschauer Straße

Von André Loop erhielt ich dieses Bild, welches das heutige Stellwerk Warschauer Straße zeigt –  in der Regel über das Leit-, Informations- und Sicherungssystem (LISI) ferngesteuert.

Tw 575 und 275

In den Bahnhof Gleisdreieck fährt der HK06-Zug 1017 ein. Der Kurzzug ist am Sonntagvormittag bereits gut gefüllt.

AI Tw 294

Ziel der Tour zu den AI-Fahrten war die eine oder andere Tunnelaufnahme auf der vor über 100 Jahren aufwendig gestalteten Wilmersdorfer U-Bahn zum Breitenbachplatz. Leider sind solche Aufnahmen immer nur schwer planbar, auch was den Haltepunkt der Züge angeht – die Haltepunktsignale einschließlich vorhandener Abfertigungsanlagen wurden nicht immer als Haltepunkt genutzt. Zum Aussitzen blieb bei nur wenigen Stunden Aufenthalt und geplanter weiterer Motive nicht ausreichend Zeit und so hieß es "machen was geht". Zwei weitere Fotografen standen auch am falschen Ort, so sind hier nicht nur Zufallsfahrgäste zu sehen. Aber wir haben eben das Jahr 2013 und den entsprechenden (historischen) Betrieb... Der "Ostzug" mit dem Wagen 294 an der Zugspitze steht im Bhf Heidelberger Platz zur Abfahrt bereit.

A1 Tw 302

Völlig verrechnet hatte ich mich am Fehrbelliner Platz, wo ich entsprechend der Ankündigungen und vorhandener Abfertigungsmonitore in Bahnsteigmitte wartete. Doch der Zug rauschte an mir fast bis Bahnsteigende vorbei. Immerhin blieb noch eines der markanten gefliesten Haltestellenschilder in das schnell zu strickende Motiv einbaubar. In der Uniform der West-BVG steht der Zugbegleiter zur Abfertigung auf dem Bahnsteig und beobachtet den Fahrgastwechsel. An der Spitze der A1-Tw 302, in den letzten Jahren aus dem Hilfszugwagen 4003 wieder aufgebaut – in der Hauptwerkstatt der U-Bahn in Hamburg wurden die Speichenradsätze des Tw 302 mit neuen Radreifen versehen.

AI Tw 262

Im nach der Renovierung mit Motiven der Burg Hohenzollern versehenen Bahnhof Hohenzollernplatz steht der AI-Tw 262 zur Fahrt zum Breitenbachplatz bereit. Die im Vergleich zum Wagen 294 kleinen Frontleuchten rühren aus seiner Zeit als fahrerstandsloser Motorwagen her, erst in den 1930er Jahren wurde der Wagen von der BVG mit einem Fahrerstand nachgerüstet.

A1 Tw 7

Zumindest ein Foto des wieder betriebsbereiten "Westzuges" aus den Tw 7 und 302 und dem Bw 737 wollte ich bei Tageslicht anfertigen. Dazu bietet sich das Parkhaus am Gleisdreieck geradewegs an, bietet es doch auf gesamter Länge hervorragende Motive mit der ehemaligen Reichsbahndirektion, dem Bahnhof Gleisdreieck oder dem recht neuen Bahnhof Mendelssohn-Bartholdy-Park an der Rampe zum Potsdamer Platz.

AI Tw 294

Planmäßig eine Minute nach Abfahrt des "Westzuges" sollte im Bahnhof Gleisdreieck der "Ostzug", ein 1987 zum 750. Stadtjubiläum im Raw Schöneweide im Zustand der 1930er Jahre restaurierter AI-Dreiwagenzug (die Langträger der Triebwagen weisen noch die damals aktuellen Beschriftungen auf), den Bahnhof verlassen – so bot sich ein Abwarten des "Ostzuges" an, welchen ich hier ähnlich bereits im März 2012 umgesetzt hatte.

442 829

Anschließend hieß es zügig Stellungswechsel in Richtung Potsdam, um hier den am gleichen Tag nachmittags stattfindenden historischen Straßenbahnbetrieb zumindest kurz ablichten zu können. In Zeiten, wo man um günstig Bahnfahren zu können idealerweise drei Monate vorher seine Fahrkarte bucht, war zum Buchungszeitpunkt der Betrieb in Potsdam noch nicht abzusehen und entsprechend scheinbar zielgenau Zeit in Berlin vorgesehen. Nicht selten dümpelte ich in Berlin noch herum, weil ich großzügig Zeit eingeplant hatte – mit Rückkehr in der Nacht. Dass an diesem Tag in Berlin aber Großkampftag mit weiteren historischen Fahrten von Omnibus und Schienenbus aus Anlass der alljährlichen Septemberöffnung der Monumentenhalle sein würde und zudem die historischen Straßenbahnen auch in Berlin verkehrten...
Während des Wartens auf den RE nach Potsdam – die aktuellen Auskunftssysteme können ja umgehend alle Fragen zu idealen Verbindungen in Echtzeit beantworten – blieb noch Zeit zum Ablichten der neuen Allzweckwaffe von DB Regio, dem E-Talent 2. Mit jahrelanger Verspätung aufgrund fehlender Zulassung hat er nun vollständig den Betrieb aufgenommen und ist auch in Berlin zum alltäglichen Bild geworden.


G4 Tw 177

Dank der mobilen Fahrplanauskunft war der Wechsel von Potsdam Hbf zum Platz der Einheit, wo die Fahrten der historischen Züge begannen und endeten, auch für den Ortsunkundigen einfach und ein kurzer Sprint ermöglichte die Fahrt mit der Linie 91. Dort angekommen fuhr zeitgleich der Tw 177 vom Platz der Einheit ab. Ein nochmaliger Spurt ermöglichte das Foto des G4 177 zusammen mit der Variobahn 429, dem nach dem Desaster mit dem Siemens-Combino ersatzweise beschafften Niederflurfahrzeug. Die Zufallsfahrgäste überlegen derweil noch, warum "der da" aus der Straßenbahn sprang, einen Spurt hinlegte und die Tram dann doch nur von hinten aufnahm. Wenn der G4 nicht gewesen wäre...

Lindner Tw 9

Nach Abfahrt des Tw 177 erschien der Tw 9 von der Glienicker Brücke kommend am Platz der Einheit mit der Nikolaikirche im Hintergrund. Der Triebwagen wurde in rund sieben Jahren Arbeit auf einem Fahrgestell einer ausgemusterten Transportlore aufgebaut – entsprechend der Unterlagen stammt das Fahrgestell vom Triebwagen 9, einem Wagen der ersten Lieferserie von 1907. Das 2005 auf 440.000 EUR geschätzte Projekt wurde mit 80.000 EUR von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gefördert, was im Jahre 2008 zu einer Anzeige wegen Verdachts des Subventionsbetrugs führte, da ein ehemaliger Berater des Verkehrsbetriebs den historischen Wert des Fahrgestells in Frage stellte und im Förderantrag einen Betrug witterte.
Das
Ermittlungsverfahren gegen die Historische Straßenbahn Potsdam e.V. wurde eingestellt, da sich der vom Nahverkehrsberater (Autor des im Jahr 2006 abgeschafften "Takt 2000", der durch ein System einer anderen Beratungsfirma ersetzt wurde) erhobene Betrugsvorwurf bei den Ermittlungen der Potsdamer Staatsanwaltschaft nicht bestätigt hatte. Das Gerichtsverfahren vor dem Berliner Landgericht zur von der Historischen Straßenbahn Potsdam e.V. eingereichten Verleumdungsklage endete in zweiter Instanz 2009 vor dem Berliner Oberlandesgericht mit einem Vergleich, nachdem der Klage des Vereins 2008 vom Berliner Landgericht erstinstanzlich stattgegeben wurde. Wilde Zeiten damals...

Lindner Tw 9

Glücklicherweise konnten die Streitereien dem Projekt keinen ernsthaften Schaden zufügen und das Fahrzeug konnte Ende Mai 2011 weitgehend fertiggestellt übergeben werden. Nach Abschluss aller Feinarbeiten und erfolgter Zulassung durch das Eisenbahnbundesamt wurde der Triebwagen 9 im Mai 2013 in Betrieb genommen und erstmals im August Fahrgastfahrten durchgeführt.

Fahrschalter Tw 9

Die Fahrschalter wurden aus Graz beschafft, wo die Fahrschalter die identische Form wie in Potsdam hatten. Glänzend die polierte Messingglocke auf der Handbremskurbel. Unverzichtbares Zugeständnis an die heutige Zeit ist die Schalteinrichtung der Weichensteuerung, die unauffällig in Form von drei Tastern installiert wurde. Bei der "großen Bahn" sind heute ganz andere technische Einrichtungen nötig, um auf dem öffentlichen Gleisnetz verkehren zu dürfen...

Lindner Tw 9

Der Triebwagen hat die Hst Platz der Einheit/West verlassen und fährt zur Glienicker Brücke. Den Aktiven der Historischen Straßenbahn Potsdam e.V. allzeit gute Fahrt mit dem neuen, historischen, Triebwagen 9!

Fotos in Google Earth © 2013 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben