Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

1 2 3 4 5 6 7
8 9 10 11 12 13 14
15 16 17 18 19 20 21
22 23 24 25 26 27 28
29 30 31










Juli 2013

4. Juli 2013 – Das Ende vom Klima
6. Juli 2013 – Thüringerwaldbahn mit Güterverkehr
21. Juli 2013 – Nach 24 Jahren zurück im Weserbergland
29. Juli 2013 – 1989: Als die Knallfrösche im IC-Verkehr fuhren







Sonntag 21. Juli 2013 – Nach 24 Jahren zurück im Weserbergland

VT 96 901

Nach der ersten, recht erfolglosen Tour zur Rinteln-Stadthagener Eisenbahn (RStE) vom 19. Mai ging es heute ein zweites Mal zur RStE. Der 1994 aus dem Akkutriebwagen 515 523 umgebaute ehemalige VT 10 der Regentalbahn – zwischen 2005 und 2010 bei der Mandaubahn eingesetzt – und seit Ende 2011 der Schienenflieger KG gehörende VT 42 sollte heute nach seiner Reparatur auf der RStE zwei Zugpaare zwischen Stadthagen und Rinteln fahren.
Den ersten Zug des Tages fuhr noch der VT 96 901 der Interessengemeinschaft Schienenbus Seelze e.V. (ISS), welcher 1960 als
VT 27 für die Kleinbahn Weidenau - Deuz gebaut wurde. Nach Stilllegung der Kleinbahn kam der Triebwagen 1968 als VT 2.24 zur Eisenbahn Altona – Kaltenkirchen – Neumünster (AKN) und wurde bis zur Inbetriebnahme der Neubautriebwagen vom Typ VTE im Jahr 1977 bei der AKN eingesetzt. Über einen Umweg über die Vorwohle–Emmerthaler Verkehrsbetriebe (VEV) in den Jahren 1977-83 kam der Triebwagen zur ISS, die das Fahrzeug derzeit beim Förderverein Eisenbahn Rinteln Stadthagen (FERSt) einsetzt.

VT 42

Am 19. Mai hatte der Defekt eines Elektronikteils den Einsatz des VT 42 der Schienenflieger KG verhindert, heute konnte der kurz vor Fristablauf stehende VT 42 auch tatsächlich eingesetzt werden. Hatte man am 19. Mai noch die Pressetrommel gerührt, so wurde der Triebwagen heute ohne große Ankündigung eingesetzt – nur durch Zufall hatte ich eine kleine Meldung in den Weiten des Webs gesehen.
Den ehemaligen 515 523 hatte ich bereits
im Sommer 1989 noch als Akkutriebwagen in Viechtach bei der Regentalbahn fotografiert und immer das Ziel, früher oder später das umgebaute Fahrzeug im Betrieb zu erwischen. Da der Bayerische Wald von Hamburg aus nicht gerade um die Ecke ist, klappte das bei der Regentalbahn nicht und 2002 war einer der beiden VT 686 nur in der Waschhalle in Viechtach anzutreffen. 2009 hatte ich bei der Mandaubahn in Zittau mehr Glück, dort reichte es immerhin zu einigen Bahnhofsbildern.
Nach dem Verkauf an die Schienenflieger KG kam der VT 42 genau 24 Jahre nach dem Ende des Akkutriebwageneinsatzes im Weserbergland wieder in seine alte Heimat zurück und ließ das fast 25 Jahre alte Vorhaben endlich umsetzbar machen. Hier verlässt der VT 42 Nienstädt in Richtung Obernkirchen und passiert den Bü Großer Kamp. Das Fahrgeräusch des dieselektrisch angetriebenen VT 42 ist auch mit Dieselantrieb unverkennbar, der markante Sound des Tatzlagerantriebs des früheren ETA klang gleich wieder in den Ohren...

VT 42

Die Schienenflieger KG treibt Projekte voran, die konventionelle Wege verlassen und im Jahre 2005 mit dem Schienenflieger im Norden Deutschlands Schlagzeilen machten. Man wollte Kiel mit dem Hamburger Flughafen in rund 50 Minuten Fahrzeit verbinden, via Bad Bramstedt, Kaltenkirchen, Henstedt-Ulzburg, Quickborn und Norderstedt – auf ausgebauten sowie neuen Strecken und mit einem Investitionsumfang von ca. 245 Mio EUR. Seitens der Politik wurden zuletzt jedoch zu erwartende 700 Mio bis 1 Mrd EUR genannt - so war das Projekt 2005 erst einmal wieder zu den Akten gelegt.
Nachdem 2011 die Triebwagen VT 41 und 42 der Mandaubahn zum Verkauf standen, übernahm die Schienenflieger KG die beiden Triebwagen und band sie in ein Thema ein, das derzeit speziell im Auto- und Busbereich im Trend ist: Nahverkehr mit Fahrzeugen, die statt aus Fahrleitungen oder mit Dieselmotoren mit wasserstoffgespeisten Brennstoffzellen angetrieben werden. Die Schienenflieger KG hat unter dem Projektnamen Hydrail bzw. Schienenwind ein Konzept erarbeitet, mit dem man in verschiedenen Einsatzgebieten die Vorteile eines Triebwagens mit Brennstoffzellenantrieb demonstrieren möchte.
Zumindest einen der beiden VT 686 möchte man dazu anstelle des Dieselgenerators mit einer Brennstoffzelle ausrüsten. Für den Umbau sind Fördermittel in nicht unbeträchtlicher Höhe notwendig – von den Zulassungsfragen eines bisher in Deutschland nicht vorhandenen Eisenbahntriebwagens mit Brennstoffzellenantrieb mal ganz abgesehen. Von daher bleibt abzuwarten, wie realistisch die neuen Projekte der Schienenflieger KG sind. Nach der erfolglosen Präsentation des VT 42 am 19. Mai konnte der Triebwagen heute im Betrieb vorgeführt werden. Hier steht der VT 42 im Bf Obernkirchen zur Abfahrt nach Rinteln bereit.

VT 42

Es war bemerkenswert, wie gut die beiden vom VT 42 gefahrenen Zugpaare besetzt waren, obwohl nur wenig Werbung für die Fahrten gemacht wurde – welche normalerweise vom VT 96 901 geleistet worden wären. Im Gegensatz zum Schienenbus lassen sich im VT 686 nur wenige Fenster leicht öffnen. Bei einem bis 12 Uhr in der Sonne abgestellten Triebwagen und Außentemperaturen von rund 30 Grad Celsius war die Mitfahrt im Schienenflieger sicher alles andere als angenehm.
Die beiden Fotografen auf der Wiese am Bü Breslauer Straße in Obernkirchen-Röhrkasten kamen lediglich durch leichte Vegetationsarbeiten am Fotomotiv ins Schwitzen.

VT 42

Von Zufallszaungästen erwartet – welche die Fotografen erstmal ausfragten, was da denn jetzt kommt – fährt VT 42 in den Bf Steinbergen ein. Bemerkenswert im Hintergrund die Dreiwegeweiche, welche von der einstigen Bedeutung der Rinteln-Stadthagener Eisenbahn zeugt. Die Strecke sollte 2009 stillgelegt werden, konnte aber mit Unterstützung der Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE) 2011 durch die Bückebergbahn Rinteln – Stadthagen GmbH von der Rinteln-Stadthagener Verkehrs GmbH (RStV) übernommen werden. Seitdem wird auch wieder aktiv Güterverkehr akquiriert, was sich auch durch zahlreiche auf den Unterwegsbahnhöfen abgestellte Kesselwagen zeigt.

VT 42

Im Bf Nienstädt versuchte das Zugpersonal vergeblich den Bahnübergang einzuschalten, da dieser von der letzten Zugfahrt in Gegenrichtung noch in Betrieb war. Das einzige Ergebnis war dass die geduldig wartenden Autofahrer plötzlich alle losfuhren, nachdem die Schalterbedienung zum Erlöschen der Blinklichter führte.

VT 42

Nach mehreren Versuchen und Diskussionen griff man zum altbewährten Sichern durch Posten. Heutzutage ist das nicht unbedingt ein einfaches Unterfangen, da manch rücksichtloser Autofahrer die Postensicherung missachtet – im Internet findet sich das eine oder andere zufällig aufgenommene Foto, wo der Posten auf der RStE fast von einem Autofahrer umgefahren worden wäre.

VT 42

Nachdem alles gesichert ist, fährt der VT 42 los und der Fotograf bekommt das eigentlich geplante Motiv – die vorstehenden Varianten bieten allerdings irgendwie mehr Leben...

VT 42

VT 42 passiert nach der Ausfahrt aus dem Bf Obernkirchen die ebenfalls blinklichtgesicherte L442, wo die Bü-Sicherungsanlagen aber problemlos funktionierten – im Gegensatz zu Nienstädt herrscht auf der L442 ungleich höheres Verkehrsaufkommen.

VT 42

Der Bü Hauptstraße in Heeßen bei Bad Eilsen wurde bei Fahrten von einem mobilen Posten besetzt, welcher die ordnungsgemäße Funktion der Bü-Sicherungsanlagen im ehemaligen Schrankenpostenbau überwachte.

VT 42

Gleicher Bahnübergang mit der letzten Fahrt vom VT 42 nach Stadthagen. Auf dem Dach des ehem. Schrankenposten nistete offenkundig vor einigen Jahren ein Storchenpaar.

VT 42

Im Stadtgebiet von Stadthagen ist an der Stockfeldstraße der VT 42 auf den letzten Metern unterwegs – hier finden derzeit umfangreiche Straßen- und Gleisbauarbeiten statt, unter anderem wird der Bü Am Georgschacht an neuer Stelle neu erstellt.
Der VT 42 hat am 1. August Fristablauf, es waren damit seine letzten öffentlichen Fahrten. Der Triebwagen soll möglichst einer Hauptuntersuchung zugeführt werden, die natürlich unter dem Aspekt eines Umbaus auf Brennstoffzellenantrieb gesehen werden muss. Eine neue HU für rein touristische Fahrten wird entsprechend Geldmittel erfordern. Von daher ist der Schienenflieger KG viel Erfolg bei den aktuellen Projekten zu wünschen und dass diese Fahrten der Bauart VT 686 nicht die letzten einer interessanten, einmaligen Fahrzeuggattung waren.

Fotos in Google Earth © 2013 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben