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März 2011

6. März 2011 – Klare Luft über Hamburg
7. März 2011 – Gleiches Recht für die Alster
19. März 2011 – Auf nach Berlin...
20. März 2011 – Auf den Spuren der Blumenbretter
26. März 2011 – Leipziger Allerlei
27. März 2011 – Einen Tag beim Wilden Robert





Sonntag, 27. März 2011 – Einen Tag beim Wilden Robert

Bahnhof Oschatz

Die "Wilder Robert" genannte Döllnitzbahn befindet sich zwischen Leipzig und Dresden in einer industriell geprägten Gegend, in der nur wenige touristische Sehenswürdigkeiten zu finden sind. Die Strecke Oschatz – Mügeln wurde am 7. Januar 1885 als zweite Strecke eines einst 70 Kilometer umfassenden Schmalspurbahnnetzes in Betrieb genommen. Während die anderen heute noch betriebenen Schmalspurbahnen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR aufgrund ihres touristischen Wertes erhalten blieben, wurde die Schmalspurbahn Oschatz – Mügeln – Kemmlitz ab 1975 nur noch für den Güterverkehr vorgehalten und bis zum Sommer 1990 mit mehreren Zugpaaren täglich befahren.
Mit der Wende und der Währungsunion 1990 änderten sich die Grundlagen für den Betrieb deutlich. Die Deutsche Reichbahn plante bereits 1991 den Betrieb vollständig einzustellen, durch eine Patenschaft von "Pro Bahn" (1993 in den neuen Bundesländern in den Deutschen Bahnkunden-Verband [DBV] aufgegangen) und anliegender Kommunen mit der Deutschen Reichsbahn konnte die Bahn zunächst weiterbetrieben werden und ging am 17. Dezember 1993 als erste Privatbahn in den neuen Bundesländern als Döllnitzbahn GmbH an den Start.
Am 27. März 2011 war Dampffahrtag mit der IV K 99 1574 der Döllnitzbahn. Die Lok bespannte drei Zugpaare zwischen Oschatz und Mügeln und zwei auf dem Abschnitt Mügeln – Glossen. Im Zug galten die regulären Tickets des MDV, verbunden mit einem Dampfzuschlag von 2,50 EUR. Im Bf Oschatz rangiert die 99 1574 auf Signal des Rangierleiters an den bereitgestellten Zug.
Hp Körnerstraße

Seit der Übernahme durch die Döllnitzbahn GmbH hat die Bahnlinie eine bemerkenswerte Entwicklung mit Höhen und Tiefen durchlaufen – im April 2006 konnte die wiederaufgebaute Strecke Nebitzschen – Glossen wieder in Betrieb genommen werden. Nachdem die Deutsche Regionaleisenbahn (DRE) des DBV 2007 ihre verbliebenen Anteile an der Döllnitzbahn an den Förderverein "Wilder Robert" abtrat, sind die weiteren Gesellschafter der Landkreis Torgau-Oschatz, die Städte Oschatz und Mügeln sowie die Gemeinden Sornzig-Ablaß und Naundorf. Weitere Instandsetzungsarbeiten folgten, zuletzt bis 2010 der denkmalgerechte Neubau der Schuppenfront des Heizhauses Mügeln. An der Instandsetzung der Streckeninfrastruktur des derzeit gesperrten Streckenastes nach Kemmlitz wird 2011 gearbeitet.
Nachdem das Land Sachsen 2011 umfangreiche Kürzungen bei den Zuschüssen für die Zweckverbände durchführt, steht der 1995 eingeführte Schülerverkehr vor dem Aus – seit dem Entfall des verbliebenen Kaolintransports 2001 die letzte wirtschaftliche Säule der Döllnitzbahn. Findet sich bis Juli 2011 keine Lösung, steht die Döllnitzbahn GmbH vor der Insolvenz und damit die Grundlage der Döllnitzbahn vor dem Aus.
Im Stadtgebiet von Oschatz ist die Querung der Döllnitz die markanteste Stelle der Döllnitzbahn. Die 99 1574 hat den Hp Körnerstraße verlassen, der Lokführer der 99 1574 öffnet vor der Bergfahrt die Ventile der Zylinderentwässerung, um das Kondenswasser der noch kalten Zylinder entweichen zu lassen. Am nebligen und kühlen Morgen des 27. März führt dieses sogleich zu einer fast vollständigen Umhüllung der Dampflok in Dampfwolken. Eigentlich hatte ich mir das Motiv anders vorgestellt, aber einen gewissen Reiz hat auch diese Aufnahme...
Aufnahmen dieses Morgens an gleicher Stelle finden sich bei
YouTube in einem Video vom "schmalspurbahner", Gastauftritte des Autors des Fototagebuches bei den Minuten 1:41 und 3:00 inklusive...
Bf Naundorf

Am Ortsrand von Naundorf gelegen ist der Bf Naundorf, mit Sandaufschüttung für den Schüler- und Touristikverkehr. Nicht immer müssen es Betonfertigteile sein... Zwei Fahrgäste steigen in Naundorf zu.
Posten in Mügeln

Neben einzelnen modernisierten Bahnübergangen ist der Bahnübergang am Bahnhof Mügeln noch mit mechanischer Sicherungstechnik ausgestattet. Der Posten hat seinen Arbeitsplatz in einer Wellblechbude und sichert mit drei Vollschranken eine Straßeneinmündung.
Mügeln, Bahnübergang

Querung des Bü in Mügeln auf der Fahrt nach Glossen.
Mügeln, Ortsrand

Bei Mügeln lichtete sich allmählich der Nebel und die Sonne kam durch. Der Zug hat Mügeln verlassen und fährt gen Oschatz.
Körnerstraße

Praktisch nichts hat sich in der Oschatzer Ortsdurchfahrt in den letzten 20 Jahren verändert. Die 99 1574 quert die Döllnitz vor der Kulisse Oschatzer Altbauten. Die den Hp Körnerstraße namensgebende Theodor-Körner-Straße rechts im Bild ist nachwievor mit Kleinpflaster versehen.
Bf Oschatz

Mitte der 1990er Jahre wurde das Bahnsteigdach des Regelspurbahnsteiges Oschatz zur Schmalspurbahn versetzt und dient hier nun dem Wetterschutz, während die Bahnsteige der DB inzwischen in Einheitsbauweise neu gebaut wurden. Im Bf Oschatz sind die meisten Schmalspurgleise, der Schuppen und die Rollwagenanlage längst stillgelegt. Die Anlagen für den Personenverkehr präsentieren sich dafür in sehr ansprechenden Zustand. 99 1574 steht mit ihrem Zug nach Glossen im Bf Oschatz bereit.
99 574 in der Theodor-Körner Straße

Die zweite Fahrt wollte ich trotz des "vernebelten" Frühzuges nicht erneut an der Döllnitzquerung aufnehmen – sondern suchte mir im Stadtgebiet Oschatz ein neues Motiv. Entlang der Theodor-Körner-Straße führt die Döllnitzbahn durch Industriegelände. Vor der Kulisse des heute als Kulturzentrum "E-Werk" dienenden "Städtischen Elektrizitätswerkes Oschatz" hat die 99 1574 soeben den Hp Lichtstraße passiert.
99 574 Schweta

Die Schulstraße in Schweta passiert 99 1574. Dem Fotografen, der sein Auto trotz vernommener Rufe mitten im Motiv stehen ließ, obgleich noch reichlich Zeit zum umparken gewesen wäre, sei an dieser Stelle für sein Tun gedankt. Leider bemerkte ich später zu spät, dass ich für den gleichen Fotograf eine Bremsung hinlegte, um ihn nicht mit dem knallroten Miet-Smart das Motiv zu versauen. Hätte ich das eher erkannt...
99 574 in Mügeln

Nach einer Pause in Mügeln zum Auffüllen der Vorräte an Wasser und Kohle durchfährt 99 1574 Altmügeln vor der Kulisse des Schlosses Ruhethal.
99 574 in Nebitzschen

In Nebitzschen verzweigen sich die Strecken nach Kemmlitz und Glossen. Die Strecke nach Glossen und weiter in Richtung Wermsdorf wurde 1972 stillgelegt und später abgebaut. Die Strecke nach Kemmlitz wurde noch bis zur Einstellung des verbliebenen Kaolintransports Ende 2001 im Güterverkehr befahren – entlang der Trasse legten die Anliegergemeinden auch neue Bahnsteige für den Touristikverkehr an, weilcher nach Mängeln an der Infrastruktur jedoch seit einigen Jahren stillgelegt ist. Die Strecke nach Glossen konnte bis April 2006 mit Hilfe von EU-Fördergeldern wieder aufgebaut werden und ist heute Endpunkt der Döllnitzbahn.
99 574 in Glossen

Im Bahnhof Glossen wurden Teile der früheren Gleisanlagen wiederaufgebaut. Bis nach der Wende wurden über eine heute museal erhaltene Feldbahn aus einem Steinbruch Quarzit und Kaolin zum früheren Bahnhof Glossen gebracht und dort nach Stillegung der Bahn auf Lkw verladen.
1994 gründete sich der Verein "Feldbahnschauanlage Glossen e.V.", welcher die inzwischen stillgelegte Feldbahn
mit kommunaler Unterstützung wieder in Betrieb nahm – einschließlich der Restauration der heute wieder an die Schmalspurbahn angebundenen Verladeanlage.
99 574 im Bw Mügeln

Zum Wassernehmen ist die 99 1574 vor das Heizhaus in Mügeln gefahren. Das Heizhaus erhielt 2009/2010 eine neue Schuppenfront, nachdem die alten Durchfahrten nicht mehr den heute gültigen Normen entsprachen und aus Arbeitsschutzgründen umgebaut werden mussten. Bei dieser Gelegenheit wurden die Tore nach historischen Vorbildern neu gebaut. Die links erkennbare vermauerte Durchfahrt zeigt die einst übliche Durchfahrbreite. Über der mittleren Durchfahrt eine Nachbildung des einstigen Füllstandanzeigers des Wasserbehälters des Heizhauses.
Wenn man sich die durchgeführten und geplanten Projekte der Döllnitzbahn anschaut, so irrealer erscheint die drohende Stillegung der Döllnitzbahn. Doch eines ist klar, ohne Einnahmen aus regelmäßigem Schienenverkehr lässt sich die Bahn in dieser Form und mit 13 Arbeitsplätzen nicht am Leben erhalten, die Dampflok erreicht Ende Mai das Ende der Kesselfrist.
99 574 bei Oschatz

Am Oschatzer Ortsteil Saalhausen passiert die 99 1574 auf der Fahrt nach Oschatz einen Feldwegüberweg. Ein einzelner Reisender genießt auf der Plattform die Fahrt mit der Dampfeisenbahn, stilecht anno der 1970- und 80er Jahre.
99 574 in Oschatz

Im Oschatzer Stadtgebiet fährt die Döllnitzbahn an der Dresdener Straße kurz vor dem Hp Körnerstraße entlang der Döllnitz.
99 574 bei Oschatz

99 1574 im Oschatzer Ortsteil Saalhausen auf der letzten Fahrt des Tages gen Mügeln. Hoffen wir, dass diese Aufnahmen auch künftig möglich sein werden!
Fotos in Google: Maps Earth © 2011 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben