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Sonnabend, 10. Februar 2024
– Torfbahn Himmelmoor bei Tag und Nacht
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Vor ziemlich genau einem Jahr
war der erste Besuch im Himmelmoor,
der schon 2018 geplante Besuch bei noch aktivem Torfabbau fiel leider
krankheitsbedingt aus. Die Nachfolge des Abbaubetriebs hat die 2015
gegründete Arbeitsgemeinschaft
Torfbahn Himmelmoor e.V. angetreten – der Verein wurde 2015
zunächst für die Fortführung des Besucherbetriebs
gegründet, nach Aufgabe des Torfabbaus Ende August 2018 hat der
Verein die Torfbahn vollständig übernommen und nutzt sie
heute neben dem Saison-Besucherbetrieb für die Arbeiten zur
Renaturierung des Himmelmoors. Außerhalb der Schutzzeiten des
Naturschutzgebiets ist die Torfbahn zu diesem Zweck praktisch
täglich in Betrieb.
Dann allerdings statt mit Loren für den Torfabbau mit Arbeitsloren
wie Flachloren oder Kipploren für den Transport von
Arbeitsmaschinen oder geschlagenem Holz, vornehmlich der rasant
wachsenden Birken.
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Weit vor dem Ende des Torfabbaus
wurden im Himmelmoor Torfabbaugebiete nach deren Ausbeutung aufgegeben
und der Natur überlassen. Bereits vor über 30 Jahren wurde
die im Foto zu sehende Strecke aufgegeben, die Reste der
Gleisbrücken dieser Schleife sind bis heute erhalten, ebenso Teile
der Strecke im Moor.
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Die Urbarmachung des Himmelmoores
begann um 1780. Die Ränder des Moores wurden in 1.000 bis 5.000
Quadratmeter große Parzellen aufgeteilt und an Bauern der
benachbarten Dörfer Bilsen, Borstel-Hohenraden, Hemdingen,
Quickborn und Renzel zum Torfabbau übertragen. In den 70er Jahren
des 19. Jahrhunderts begann der industrielle Torfabbau unter
Zuhilfenahme von Maschinen im Zentrum des Moores.
Um das Jahr 1900 entstand das Torfwerk Quickborn, nachdem der
Unternehmer Karl Kühl weite Flächen des 700 Hektar
großen Himmelmoores vom Fiskus gekauft und den
Weißtorfabbau begonnen hatte. Der Torf des Himmelmoors wurde von
der Torfbahn zwischen 1912 und 1973 zum Bahnhof Quickborn gefahren.
Ein paar Informationen zur das „Blaue
Krokodil“ genannten Feldbahnlok: Diese
Doppellok wurde aus zwei Gmeinder-Lokrahmen gebaut. Die Gmeinder 1982
wurde 1937 neu an das Torfwerk im Himmelmoor geliefert. Diese Lok war
damals ausschließlich auf der Strecke außerhalb des Moores
in Richtung
Bahnhof im Einsatz.
Die zweite Lok kam in den 1950er Jahren gebraucht
in das Himmelmoor. Als die Feldbahnstrecke außerhalb des Moores
im Jahr
1973 abgebaut wurde, hatten diese Loks aufgrund ihres hohen Gewichtes
kaum Einsatzmöglichkeiten im direkten Moorbereich und die Loks
standen
über 20 Jahre abgestellt auf dem Betriebshof.
Um das Jahr 1996 nahm der
damalige Betriebsleiter Klaus Czerwonka die Rahmen beider Lokomotiven
als Grundlage für einen Neubau. Es wurde aus beiden Rahmen eine
vierachsige Doppellok konstruiert und im Jahr 1997 fertiggestellt. Im
vorderen Teil befindet sich ein luftgekühlter Deutz-Motor mit
einem
Hydrostaten und ein Hydraulikmotor. Im hinteren Teil befindet sich der
Führerstand und ein weiterer Hydraulikmotor. Grund für die
vierachsige
neue Traktionsart war die Umstellung von Sodentorf auf Frästorf.
Der
Frästorf hatte deutlich weniger Luftlücken in der Lore. Das
Gesamtgewicht war somit um einiges höher. Die Lok wurde bis zur
Betriebseinstellung des Torfwerkes im Jahr 2018 vor Torfzügen
eingesetzt. Auch wurden die damals durch das Betriebsleiterehepaar
durchgeführten Rundfahrten mit der Lok durchgeführt. Der
Führerstand
wurde ganz nach den Bedürfnissen der Ehefrau konstruiert.
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1920 wurde die Gewerkschaft Hausbach III gegründet, deren
Besitzer 1932 Carl Hornung wurde – seinerzeit wurde eine unbefristete
Abbaugenehmigung erteilt, welche erst durch das 1993 verabschiedete
neue Landesnaturschutzgesetz beendet wurde – welches vorsieht, auch
unbefristete Genehmigungen spätestens zehn Jahre nach
Inkrafttreten des Gesetzes auslaufen zu lassen.
Die Fabrik am Bahnhof Quickborn brannte 1952 nieder und wurde durch
eine moderne Torfbrikett-Fabrik ersetzt, die 1973 nach dem Neubau des
Torfwerks im Himmelmoor stillgelegt wurde. Die Feldbahnstrecke zwischen
dem Himmelmoor und dem Bahnhof Quickborn wurde zeitgleich stillgelegt
und abgebaut.
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In diesem
Bau von 1890 wohnte einst der Inhaber des Torfwerks XXX, lange Jahre
diente es auch als Waagehaus. Das Waagehaus diente als Wiegestation des
abgetragenen Torfes, bevor er weiter über Loren zum Quickborner
AKE-Bahnhof transportiert und dort auf Züge umgeladen wurde. Heute
betreut das Gebäude der Verein Freunde
des Waagehauses e.V., das Konzept des Vereins künftig sieht
vor hier u.a. Ausstellungsräume zum Thema Moor einzurichten.
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Links die Umzäunung der bis in
die 80er Jahre der 20. Jahrhunderts genutzten Halden für die
Lagerung des abgebauten Torfs. Das auf dem Foto zu sehende Gleis wurde
2023 als eine der letzten Maßnahmen zum Wiederaufbau
früherer Gleisanlagen verlegt und in Betrieb genommen, damit ist
der mit den Naturschutzbehörden abgestimmte Endausbau der
Gleisanlagen des Himmelmoors außerhalb des Betriebshofs erreicht.
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Teilbereiche des Himmelmoors
dürfen von Besuchern betreten werden, Hunde sind dabei stets an
der Leine zu führen und Wege dürfen nicht verlassen werden.
Zudem gilt u.a. ein absolutes Rauchverbot – Torf wurde über
Jahrhunderte als Brennmaterial genutzt und entwickelt diese
Eigenschaften auch im nicht abgebauten Zustand, was im Falle des Falles
zu schwer zu beherrschenden Moorbränden führt.
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Die frühere Torfbahn dient
heute ganz praktischen Zwecken, die auch ganz klein sein können –
Transport von Holzscheiten.
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Seit 1915 wurden im Torfwerk
Strafgefangene eingesetzt, während der beiden Weltkriege auch
Kriegsgefangene oder jüdische Mitbürger, bis zu 500 russische
Kriegsgefangene waren zweitweise im Himmelmoor interniert.
Erst seit den 1990er Jahren wurden keine Strafgefangenen mehr im
Torfwerk eingesetzt. Im Hintergrund das noch bis 1990 als
Gefängnis genutzte Gebäude, welches danach lange Jahre vom
Leiter des Torfwerks, Klaus-Dieter Czerwonka, bewohnt wurde.
Der Feldbahnzug durchfährt das frühere Zauntor, welches einst
die jüdischen Gefangenen von den übrigen Gefangenen
abtrennte. Nach dem 2. Weltkrieg wuchs die Fläche rund um den Zaun
zu und wurde erst im vergangenen Jahr wieder freigelegt und die
Feldbahnanlage durch das nun immer offene Tor geführt.
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Die heute im Himmelmoor „Gärt“
genannte Feldbahnlok ist ein Eigenbau von 1956. Das Bauunternehmen Rudolf Seeland KG ließ bei Hatlapa die
nötigen Antriebsteile bauen
und baute die Teile auf einen bis dato antriebslosen Feldbahnrahmen.
Im Jahr 1972 wurde die Feldbahnlok über einen Zwischenhändler
an den Werner Mint & Dieter Mint
Gartenbaubetrieb abgegeben, welcher die Lok bis 2021 nutzte – ehe
in den Hamburger
Vier- und Marschlanden der letze
kommerzielle Hamburger Feldbahnbetrieb endete.
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Die Diema DS12 mit der Baunummer 1250
wurde 1946 gebaut, hat zahlreiche Stationen hinter sich und gehört
heute zum Vereinseigentum der Torfbahn. Hier bespannt sie einen
typischen Torfabbauzug des Himmelmoors.
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Gärt und DS12 treffen am
Mitteldamm aufeinander, kurze Familienbesprechung bevor es angesichts
der fortgeschrittenen Uhrzeit weitergeht.
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Den Himmelmoorzug noch kurz auf der
Moorrandtrasse West drapiert, sich bei dieser Gelegenheit über ein
hier im September 2022 halb im Moor versunkendes Privatauto unterhalten
– welches rechts im Bild auf der Suche der Insassen nach einer
schönen Ecke für das Date dank einer für Autos nicht
geeigneten Navigationssoftware weitab jeder für den Autoverkehr
zugelassener Wege völlig jeden Halt verlor und aufwendig geborgen
werden musste. Auch hier leistete die Torfbahn gute und nötige
Dienste.
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Das Himmelmoor ist seit 2023
offzielles Naturschutzgebiet mit entsprechenden Auflagen. Im befahrenen
Bereich des Westdamms markiert die Benjeshecke
einen Bereich der nur
außerhalb der Schutzzeiten betreten werden darf. Andere Bereiche
des Himmelmoors dürfen bereits heute ganzjährig nicht mehr
betreten, maximal durchfahren werden. Die Aktiven des Vereins bringen
sich in diesem Zusammenhang auch aktiv in den Naturschutz ein, indem
sie u.a. Rangeraufgaben wahrnehmen.
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Moorlandschaft entlang der
Moorrandtrasse West.
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Recht spontan entstand am Abend
noch die Idee, den Betriebsmittelpunkt der Torfbahn mit etwas Licht in
Szene zu setzen. Die Werkstatt der Torfbahn nutzt seit den 50er Jahren
des 20. Jahrhunderts eine klassische Nissenhütte der
Nachkriegszeit, wie sie damals auch der Bevölkerung Deutschlands
als Behelfsunterkunft dienten. Heute existieren von den
Nissenhütten nur noch wenige, die Nissenhütte im Himmelmoor
ist weitgehend original erhalten und hat jüngst Fördermittel
zur denkmalgerechten Sanierung erhalten.
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Die Szenerie zusammen mit der Diema
NS12 und einem torfbahnuntypischen Arbeitszug.
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Jüdische Mitbürger wurden
ab 1942 im Himmelmoor eingesetzt. Die Juden wurden im Erweiterungsbau
von 1936 untergebracht, welcher im Hintergrund zu sehen ist. Er eignete
sich aufgrund seiner Lage gut, die Insassen von allen anderen
Gefangenen zu isolieren – das Gebäude war von Stacheldraht
umzäunt, das Gelände ausgeleuchtet und schwer bewacht. Etwa
50 Juden lebten unter erbärmlichen Verhältnissen bis zum
Kriegsende im Haus. Seit dem 22. März 2022 ist das Gebäude
Gedenkstätte „Henri-Goldstein-Haus“.
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Die Diema
NS12 steht vor der Werkstatt und dem einstigen
Verwaltungsgebäude des Arbeitslagers.
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Das Blaue Krokodil
vor dem Bau in Szene gesetzt, der einst die russischen Kriegsgefangenen
beherbergte. Das damals stets geschlossene Tor ist heute stets offen.
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Nochmals die Diema NS12 vor der
Nissenhütte. Im Vordergrund ein einfacher Arbeitsplatz für
die Mechaniker. Feldbahn ist eben
etwas anders …
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Fotos
in Google Earth |
©
2024 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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