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Sonntag, 26. Februar 2023 –
Zur Torfbahn Himmelmoor
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Bei Quickborn ist das Himmelmoor. Mit ursprünglich
rund 600 Hektar Mooroberfläche war es das größte
Hochmoor Schleswig-Holsteins. Seit ca. 1780 wurde im Moor Torf abgebaut
– der Abbau wurde 2018 endgültig eingestellt, nachdem zuletzt nur
noch auf einer kleinen Fläche Torfabbau betrieben wurde. Der Torf
wurde ab 1899 über eine Torfbahn mit 600 mm Spurweite, die von
1912 bis 1973 zum Torfwerk am Bahnhof Quickborn führte
abtransportiert. 1973 wurde am Himmelmoor ein neues Torfwerk errichtet
und die Strecke nach Quickborn abgebaut.
In kleiner Runde ergab sich heute die Gelegenheit, die Torfbahn zu
besuchen und zu erleben. Feldbahn wird meist mit altertümlichen
Loks gleichgesetzt – im Himmelmoor wurde mit der zuletzt meist
eingesetzten DE ein Eigenbau aus dem Jahr 2006 betrieben. Bei seinen
Lösungen rund um die Torfbahn ging der Torfbahnbetreiber stets
recht kreativ vor – die Konstruktion der DE ist eine Gelenk-Diesellok,
deren Basis eine Akkulok der Typs B660
mit der Fabriknummer 5562.009 von 1990 ist. Die
Drehstrommotoren werden über ein Pramac-Dieselaggregat
betrieben, welches mittig an den Gelenken aufgehängt ist. In
dieser Form ist die Achsfolge der 2007 fertiggestellten Lok Bo+Bo-de.
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An der Ausfahrt aus dem Betriebshof
der Torfbahn. Den typischen Torfabbauzug zieht die NS. Hinter der NS
verbirgt sich eine Lok vom Typ Ns1,
die 1954 bei LKM in
Babelsberg als 247164 mit der Achsfolge B-dm gebaut und bis 1990 beim VEB Baustoffkombinat Rostock in der
Ziegelei Grevesmühlen-Degtow eingesetzt wurde. Über eine
Privatperson kam die Lok danach zur Torfbahn Quickborn.
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Bis 2018 wurde im Moor noch Torf
abgebaut. Laut einem Vertrag aus dem Jahre 1919 sollte der Torfabbau so
lange weitergehen, bis das Moor vollständig verschwunden ist. Der
Abbau wurde im Jahr 2018 vorzeitig beendet, zunächst war dieser
noch bis 2020 vorgesehen.
Das Himmelmoor ist etwa 10.000 Jahre alt und entstand beim Abfluss von
Gletscherwasser. Dabei entstanden zwischen Bilsbek und Pinnau zahlreiche Seen. In diesen
bildete sich durch abgelagertes Pflanzenmaterial eine Pflanzendecke,
auf der sich über die Jahrzehnte und Jahrhunderte Bruchwald
bildete. Im mittleren Bereich siedelte sich Torfmoos an – damit
entwickelte sich zunächst ein Niedermoor, das sich im Laufe der
Zeit zu einem Hochmoor von ca. 10 m Höhe wandelte. Durch den Abbau
und die parallelen Entwässerungsmaßnahmen senkte sich im
Laufe der Jahrzehnte das Gelände deutlich. Im Bereich des im
Hintergrund zu sehenden „Knust“ wurde nie Torf abgebaut, auch dieser
Bereich senkte sich durch die Entwässerung um rund fünf Meter
– vom Hochmoor sind nach Ende des Abbaus noch rund 1,5 Meter erhalten
geblieben.
Bereits 1980 begann die Renaturierung durch Wiedervernässung im
Bereich „Hörn“ und ab 1985 mit den Gräben am Mitteldamm. Dort
bildete sich seither aus Torfmoosen und Gräsern eine schwimmende
Pflanzendecke (Schwingrasen)
– in den kommenden Jahrzehnten wird dieses im gesamten Himmelmoor
geschehen.
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Die CU (Spitzname Curry), eine von O&K
gebaute RL1a verlässt
die Czerwonka-Schleife, die
nach dem früheren Betriebsleiter der Torfbahn Quickborn benannt
ist. Die Schleife entstand erst nach dem Ende des Torfabbaus, um
für die Besucherfahrten eine durchgehend befahrbare Strecke zu
haben. Dabei muss die Lok eine beträchtliche Steigung
überwinden, wozu stets gefüllte Sandbehälter
mitgeführt werden …
Hinter der Lok der Gesamtbestand an Kipploren bei der Torfbahn. Hinter
der Lok drei vom Frankfurter
Feldbahnhändler Erich Koy stammende,
dahinter vier von der Eisengießerei
Torgelow stammende und am Schluss eine von der Bundeswehr
stammende Kipplore.
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Auch nach
Ende des Torfabbaus steht die Bahn heute
fast täglich in Betrieb – „nebenbei“ engagieren sich die Aktiven
der Arbeitsgemeinschaft Torfbahn
Himmelmoor e.V.
auch für den Schutz und die Pflege des seit dem 1. Januar 2023
unter
Naturschutz stehenden Torfabbaugebiets und nehmen im Auftrag
der Unteren Naturschutzbehörde
(UNB) Naturschutzaufgaben wahr. Abseits der freigegebenen Wege
im Himmelmoor darf das Gelände nicht mehr betreten werden. In
Zeiten ohne Zugbetrieb sind zusätzlich zu den Schildern auch
Ketten über die Gleise gespannt.
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Hier ist am „Aussichtspunkt
Nulldamm“ der bis August 2018 typische Torfabbauzug mit der DE und den
jetzt für den Holztransport genutzten Torfwagen als Holzzug
unterwegs.
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Früher umrundete die Torfbahn
das Himmelmoor, zusätzlich befuhr die Torfbahn den Mitteldamm.
2019 wurde das Gleis über den Mitteldamm abgebaut. Am heutigen
Gleisende wurde als Barriere eine Benjeshecke
errichtet. Benjeshecken sind Hecken, die aus linienhaften, lockeren
Ablagerungen von hauptsächlich dünnerem Gehölzschnitt,
wie Ästen und Zweigen bestehen. Neben der Barrierefunktion
schaffen diese auch geschützen Lebensraum für Moorbewohner.
Über die Westliche Moorrandstraße kommt ein aus Schweden
stammender Torfbahnzug gefahren – dieser war von 1972 bis 2018 im Torfwerk Holmebo im Einsatz, wo
nach einer Explosion im Torfwerk beim Neuaufbau auf die Torfbahn
verzichtet wurde. 2022 wurden die verbliebenen Fahrzeuge – eine vom
Hersteller Bergbolagen im
Jahr 1941 gebaute Lok sowie sieben Gittertorfloren
von Aktiven der Torfbahn Himmelmoor unmittelbar vor der Verschrottung
gekauft und nach Deutschland überführt.
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Ziel des
Vereins ist es, die Feldbahn im Himmelmoor auch über das Ende
des Torfabbaus hinaus in einem so weit wie möglich
authentischen Zustand zu erhalten und sie im Rahmen eines
Gesamtkonzepts zur zukünftigen Nutzung des Himmelmoors im
Zusammenwirken mit den Interessen des Natur- und Denkmalschutzes
für
Besucherfahrten und geführte naturkundliche Exkursionen
bereitzustellen.
Die 1957 von DIEMA gebaute
HEI – eine DL6 mit der
Fabriknummer 2040 – kam zuvor nacheinander bei der Ziegelei
Bergisch-Neukirchen,
einer Ziegelei in Erding und im Torfwerk Eichler im Ahlenmoor zum
Einsatz. Im Hintergrund die wiedervernässten Flächen des
Abbaufeldes.
Da das Gelände des Himmelmoors im Bereich „Hörn“ etwa drei
Meter tiefer als am „Nulldamm“ liegt,
wurden Torfdämme quer zur Bodenneigung eingezogen. Durch diese
Arbeiten entstanden Terrassen, welche sich etwa gleich hoch mit Wasser
füllen.
Mit diesen Maßnahmen wird eine bessere
Wasserverteilung als bei einer großen durchgehenden Fläche
erreicht – zudem ist Torfmoos empfindlich gegen Wellenschlag, welcher
bei kleinen Wasserflächen geringer ist. Um die wellenbrechende
Wirkung zu verstärken, wurden zusätzlich kleine
Querdämme eingezogen.
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Curry fährt entlang des
Westlichen Moorrandweges. In diesem Bereich wurde bereits vor langer
Zeit (1980 bzw. 2008) der
Torfabbau eingestellt, südlich des Moorrandweges ist bereits
typische
Moorlandschaft entstanden.
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Weitab von ihrer schwedischen
Heimat ist die BBO vom Typ 1000/1
mit der Fabriknummer 1602 mit ihrem passenden Zug im
Himmelmoor unterwegs – in Schweden hat es einst sicher nicht viel
anders ausgesehen, als die Lok und der Zug dort für den Torfabbau
genutzt wurde.
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Torfbahn pur mit der Lok HEI. Auf
einer Lore werden die für neue Benjeshecken bestimmten und aus im
Moor gefällten Birken gewonnenen Pfähle transportiert. Birken
sind auf Brachflächen als Pioniergewächse
bei der Besiedelung immer vornean und
werden von
Förstern gerne Unkraut des
Waldes genannt.
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Um den Mittag herum zog ein an der
Küste aufquellendes Wolkenband zielgenau über
Schleswig-Holstein – während überall sonst die Sonne vom
Himmel strahlte. Zum Nachmittag wurden die Wolkenlücken wieder
größer, die Wolkenbildung blieb eindrucksvoll. Wenn man Zeit
hat – und die hat man im Moor – können eindrucksvolle Aufnahmen
entstehen.
Die NS ist mit ihren Torfloren im Vergleich zur Mittagszeit bei
deutlich besserer Lichtstimmung unterwegs. Die dunklen Flächen
sind noch unbewachsener Torf, den die Natur langsam aber sicher
zurückerobert.
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Die HEI mit ihrem Arbeitszug
entlang des Nulldamms. Eingerahmt von einer einzeln wachsenden
Moorbirke. Im Zuge der Renaturierung wird angestrebt, das
Birkenwachstum zu kontrollieren, da die Birken dem Moor
überproportional Wasser entziehen und so die Moorbildung
verzögern.
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Im schönsten
Spätnachmittagslicht fährt Curry ebenfalls entlang des
Nulldamms. Östlich des Nulldamms ist der Torfabbau schon vor
Jahrzehnten aufgegeben worden und dort sieht man das ungebremste
Birkenwachstum deutlich.
Zu den früh auf Torf siedelnden
Pflanzen gehört Pfeifengras.
Die Halme sind ca. 15 bis 120 cm lang. Da es Nässe
nicht mag, kann Pfeifengras im Zentrum eines
ungestörten Regenmoors nicht gedeihen. Die Halme haben keine
Knoten und wurden früher zum Reinigen von Pfeifen benutzt.
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Die Wasserterrassen laden zu
Spiegelungsszenen geradezu ein. Es ist nicht völlig windstill, wie
die leicht gekräuselte Wasseroberfläche verrät. Das tut
der Stimmung mit der Lok NS und dem Torfzug keinen Abbruch.
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Nachschuss entlang des Nulldamms.
In diesem Bereich fand bis 2018 noch der Torfumschlag auf die Torfbahn
statt.
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Einfahrt in die ab 2018 errichtete
Czerwonka-Schleife. Der Fotograf befindet sich exakt an der Grenze zum
Schutzgebiet, welches nicht mehr betreten werden darf. Wer sich
über die seltsame Form der Schwellen wundert, schon die Torfbahn
Quickborn verwendete Leitplanken für die Stabilisierung der Gleise
im Moor – ein
Prinzip, welches sich bewährt hat. Rechts im Hintergrund wieder
eine Benjeshecke als Barriere und Lebensraum. Bei Feld- oder Torfbahnen gehört auch
der Blick nach hinten dazu, dass alle Fahrzeuge der
geplanten Fahrtrichtung folgen …
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Fahrt in den Sonnenuntergang auf
der Czerwonka-Schleife im Schutzgebiet. Den Aktiven der Arbeitsgemeinschaft
Torfbahn Himmelmoor e.V. mein herzlicher Dank für den
hochinteressanten Tag!
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Fotos
in Google Earth |
©
2023 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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