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Sonnabend, 20. Oktober 2018
– Herbstlicher Dampf im Harz I
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Bei den Harzer Schmalspurbahnen (HSB) ist
derzeit die Fahrzeuglage bei den Dampflokomotiven angespannt. Vor
einigen Wochen kamen daher die "Harz-Kamele" der BR 199.8 nach
längerer Pause wieder verstärkt vor planmäßigen
Zügen zum Einsatz. Für dieses Wochenende zeichnete sich eine
ähnliche Lage ab, da zwei Sonderzüge zu bespannen waren und
der einsatzbereite Dampflokbestand gerade für den Regelauslauf
reichte. Die Wetterprognose schwankte zwischen Sonne und Wolken – aber
wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Für die regelmäßigen Sonderfahrten der IG HSB stehen
derzeit nur die Dampfloks der Reihe 9922 bzw. 9923
zur Verfügung, da die Malletloks und die 99 6101 derzeit mit
Schäden oder Fristablauf abgestellt sind. Die 99 7234 wurde im
Frühjahr 2018 vom Lokpersonal dem optischen Zustand der 1960er
Jahre angenähert und damit zur 99 234. Zusammen mit den
Traditionswagen der IG HSB macht sie eine gute Figur, als sie mit dem
Wernigeröder Schloss im Hintergrund auf der Fahrt nach Gernrode in
den Bf Hasserode einfährt.
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Am
Fuße des Mühlbergs ist die 99 7245 mit dem P8920 Nordhausen
– Brocken bei Niedersachswerfen an der Ilfelder Straße unterwegs.
Ob die Lok kesselvoraus in den Harz fährt ist
Glückssache und hängt vornehmlich vom diensthabenden
Lokführer ab, in welcher Richtung er die Lok in Nordhausen an den
Zug fährt. Hinter der Lok fünf der acht 1993 für den
neuen Brockenverkehr vom Reichsbahn-Ausbesserungswerk
(Raw) Wittenberge neu gebauten Personenwagen. Diese Wagen sind
zusammen mit einzelnen Ergänzungswagen die einzigen Wagen der HSB
mit Außenwerbung.
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Recht
eingewachsen ist der Ilfelder Viadukt, zu DDR-Zeiten ein beliebtes
Fotomotiv für die mit Dampfloks bespannten Güterzüge in
das damals industriell geprägte Selketal. Die 99 7245 wird von
ihrem Planlokpersonal gepflegt und nach und nach in den
angenäherten Zustand der 1980er Jahre versetzt. Neu nachgebildet
sind die Markierungen am Mischvorwärmer, die bei einem Transport
auf regelspurigen Güterwagen das eingeschränkte
Lichtraumprofil zeigen.
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Das
nächste Motiv sollte die Hochebene bei Benneckenstein mit dem
ausfahrenden Sonderzug der IG HSB sein. Zuvor stand noch der
bergwärts fahrende P8920 an, vor Benneckenstein im Gegenlicht in
Szene gesetzt.
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Nachdem sich
die beiden 9923 in Benneckenstein gekreuzt haben,
verlässt die 99 234 mit ihrem Sonderzug Benneckenstein, von nun an
geht es bis Nordhausen im wesentlichen nur noch bergab, insgesamt rund
350 Höhenmeter.
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Auch ein
schöner Rücken kann entzücken: In Drei
Annen Hohne geht die Zuglok vom P8920 auf den P8903 nach Eisfelder
Talmühle über. Auf dem Foto verlässt die an der
Tenderseite wieder mit klassischen Aufstecklaternen und Bügeln
ausgestattete 99 7245 vor dem P8903 den Hp Sorge, der Heizer hat
das Feuer nochmals bestückt, damit ausreichend Dampf
für die bis Benneckenstein bergauf führende Strecke
vorhanden ist. Bei der Ausfahrt genießen Lokführer und
Heizer den Ausblick auf das goldene Oktoberlicht.
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Trotz aller
Wahrscheinlichkeitsrechnung war auch der für den
Einsatz der BR 199.8 prädestinierte P8935 zum Brocken mit einer
Dampflok
bespannt – zum Einsatz kam die letzte noch im Einsatz befindliche 9923
mit altem Rahmen, 99 7235. Nach bisheriger Planung ist bei Fristablauf
die
Abstellung der Lok vorgesehen – bei der derzeitigen Loklage kann man
jedoch nicht wirklich auf die Lok verzichten, so dass ihre Zukunft
sicher interessant wird. 99 7235 erreicht Drei Annen.
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Nachdem klar
war dass heute im Harz keine Dieselloks im Einsatz sind, folgte der
Wechsel ins beschauliche Selketal, wo seit einer Woche die frisch
aufgearbeitete 99 6001 wieder in ihrem Stammumlauf im Einsatz steht.
Etwas Sonne kam durch die Wolkendecke, als die 99 6001 mit dem P8965
nach Hasselfelde durch Straßberg fuhr.
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P8916
Hasselfelde – Harzgerode mit 187 019 hat im Bf Straßberg 99 6001
mit ihrem Personenzug gekreuzt und fährt entlang der Selke durch
Straßberg. Wurden in den Jahren nach der Wende die Häuser
und Straßen überwiegend saniert, nimmt der Verfall wieder
sichtbare Formen an – neben manchen Fachwerkhäusern werden 30
Jahre nach dem Ende der DDR auch scheinbar vergessene
Industriebauten zu verfallenen Ruinen.
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Alexisbad
war im staatlich organisierten Tourismus der DDR ein
beliebter und belebter Ort. In den Monaten nach der Wende sorgte man
sich hier eher
über den aus dem Westen drohenden "Überlauf" an Touristen –
zusätzlich zum geplanten und gewohnheitsmäßigen
FDGB-Tourismus, wie ein Artikel des Spiegel
aus dem Jahr 1990 deutlich macht.
Der staatliche Tourismus brach mit der Wiedervereinigung zusammen und
der private Tourismus geht am Harz heute größtenteils
vorbei. Am Standort des Fotografen stand ein
großes Restaurant aus FDGB-Zeiten, welches vor rund 10 Jahren
ersatzlos abgerissen wurde und heute
ein Parkplatz ist. Das Hotel Habichtstein – einst ebenfalls ein
FDGB-Ferienheim und nach der Wende erweitert – ist in Insolvenz
gegangen und wird immerhin unter anderem Namen weiterbetrieben. 187 017
erreicht
als P8973 Alexisbad.
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Beim Bau der
Gernrode-Harzgeroder
Eisenbahn
(GHE) entstand in der Nähe der 1646 erbauten Eisenhütte
unterm Mägdesprung ein Bahnhof mit
Güterschuppen und
Gütergleis, damit die Montanindustrie im Selketal versorgt werden
konnte. Der Fahrdienstleiter hatte hier seinen Dienstraum und
Dienstwohnungen für die Eisenbahner waren im Gebäude
vorhanden. Das Restaurant versorgte Arbeiter und Ausflügler.
Noch bis in die 1980er Jahre kamen im Selketal ausschließlich
meterspurige Güterwagen aus der GHE-Zeit zum Einsatz, da das
Selketal durch die
engen Kurven und Durchfahrten für aufgebockte (oder auf Rollwagen fahrende)
Regelspurfahrzeuge
nicht befahrbar war. Erst mit dem Wiederaufbau der Strecke Stiege –
Straßberg und Bau der Wendeschleife in Stiege konnte das untere
Selketal von aufgebockten Regelspurgüterwagen und "Brockenloks"
der Reihe 9923 erreicht werden, der Gütertransport in
Schmalspurgüterwagen endete weitgehend.
Heute gibt es im Selketal mit den von der Eisenhütte
geprägten Namen Stahlhammer und Drahtzug keine Industrie mehr, die
zum Teil erhaltenen Bauten der Montanindustrie wurden nach einer
gescheiterten Reprivatisierung Opfer von Spekulation und verfallen
meist. Einzig das Wahrzeichen der Mägdesprunger Eisenhütte,
der 12m hohe Obelisk von 1812 (1976
wegen Baufälligkeit demontiert und 2012 wieder aufgebaut)
erinnert aktiv an die Geschichte der Eisenhütte.
Das Bahnhofsrestaurant in Mägdesprung hat
sich noch lange halten können, ehe es vor rund zehn Jahren
schloss – der verfallene Güterschuppen wurde 2012 abgerissen. Es
dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, wann der Verfall des
restlichen Empfangsgebäudes die HSB vor die Entscheidung eines
Abrisses oder Sanierung stellt. Ein Käufer dürfte hier
maximal ein Überzeugungstäter mit ausreichend Geld in der
Hinterhand sein. 99 234 fährt mit dem Sonderzug der IG HSB in den
Bf Mägdesprung ein.
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Seit 2006
fährt die Selketalbahn nördlich Gernrode auf der Trasse der
seit 2004 formell stillgelegten Nebenbahn Quedlinburg – Frose.
Noch bis Juni 2003 verkehrten Regelspurzüge auf der Strecke, bis
das Stellwerk Ballenstedt Ost nach Brandstiftung abbrannte und nicht
wieder aufgebaut wurde. Nach dem Kauf der Strecke Quedlinburg –
Gernrode durch die HSB förderte das Land Sachsen-Anhalt die
Umspurung mit 6,5 Mio EUR und seit 2006 verkehrt die HSB mit
täglich sechs Zugpaaren auf der Strecke. Zwei Zugpaare davon
verkehren mit Dampf, hier steht die 99 6001 mit dem P8969 nach Gernrode
im Bf Quedlinburg zur Abfahrt bereit, Fahrgäste gibt es heute auf
der letzten Fahrt des Tages nicht.
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Fotos
in Google Earth |
©
2018 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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