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Sonntag, 5. Februar 2017
– Mit dem Lindner-Triebwagen durch Naumburg
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Die Naumburger Straßenbahn
hat Zeit ihres Lebens immer mehr oder weniger um ihre Existenz
kämpfen müssen. Nicht selten stand der Betrieb aus
technischen Gründen vor der Einstellung des Betriebes oder er
wurde gar real eingestellt. Auch in der DDR sollte der Betrieb auf Bus
umgestellt werden, was aber immer wieder scheiterte. 1976 wurde die
Strecke durch die Altstadt eingestellt und erst 1981 durch eine
Neubaustrecke entlang des Marienrings ersetzt.
Letzlich führten erst Bauarbeiten nach der Wiedervereinigung im
August 1991 zum (vorübergehenden)
Exitus der Naumburger Straßenbahn. 1994
gründeten die örtlichen Straßenbahnfreunde den neuen
Verkehrsbetrieb Naumburger Straßenbahn GmbH und hatten
zunächst gegen die örtliche Politik zu bestehen. Erste
Erfolge wurden erreicht und seit März 2007 verkehrt
die Naumburger Straßenbahn wieder täglich zwischen
Hauptbahnhof und Vogelwiese, die Finanzierung ist aktuell die kommenden
zehn Jahre vertraglich abgesichert.
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Ein besonderes Kapitel in der
jüngeren Naumburger Straßenbahngeschichte nimmt der
Triebwagen 17 ein. 1928 wurde er von der Gottfried Lindner AG gebaut, welche
zu DDR-Zeiten als VEB Waggonbau
Ammendorf firmierte und nach der Zwischenfirmierung Deutsche Waggonbau AG (DWA) im Jahr
2005 vom Bombardier-Konzern geschlossen wurde.
1977 kam der Triebwagen als Ersatz für die abgängigen
Aufbauwagen von Halle nach Naumburg und wurde bis 1982 im Planverkehr
eingesetzt. Hier fährt der Triebwagen 17 entlang
des Stadtgrabens auf der bis 1981 gebauten Ersatzstrecke
für die Innenstadtstrecke.
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Den Stadtgraben quert die
Straße Thainburg mit einer klassischen Bogenbrücke, wie auch
auf der Aufnahme zuvor zu sehen. Der Lindner-Tw 17 passt sich perfekt
in die Baumreihe ein. Im Sommer wäre dieses Motiv aufgrund der
Vegetation vermutlich nicht zu realisieren.
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Am Theaterplatz endet die bis 1981
errichtete Strecke aus DDR-Zeiten und mündet in die alte
Ringstrecke ein. Im Neubauabschnitt stehen noch die Fahrleitungsmasten
aus DDR-Zeiten, wobei der Oberbau in diesem Bereich aktuell Stück
für Stück erneuert wird.
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Der Triebwagen 17 wurde ab 1992 in
Eigenregie der Naumburger Straßenbahnfreunde aufgearbeitet und erhielt dabei auch wieder die frühere
Naumburger Farbgebung. Das Fahrgestell wurde um die Jahrtausendwende
mit Hilfe von Fördermaßnahmen aufgearbeitet. Die finale
Aufarbeitung konnte ab 2010 in Gera in Angriff genommen werden, wo der
dortige
Verkehrsbetrieb Zeiten von nicht vollständiger Auslastung für
Aufarbeitungen von Fremdfahrzeugen nutzte und sich hierbei speziell bei
historischen Fahrzeugen einen guten Ruf erarbeitete. Leider endeten
2014 die Möglichkeiten für die externe
Aufarbeitung mit der Insolvenz der Geraer Stadtwerke und
Verkehrsbetriebe. Hier
befährt der Tw 17 die Bergstraße.
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Die in Gera in fortgeschrittenem
Stand abgebrochene Aufarbeitung wurde in Jena bei der dortigen
Straßenbahn abgeschlossen und der Wagen im Mai 2015 nach Naumburg
überführt, wo erste Probefahrten stattfanden. Am Ende zog es
sich noch über ein Jahr hin, ehe der Triebwagen 17 im Dezember
2016 wieder für den Linienverkehr zugelassen werden konnte – aber
was sind ein paar Monate gegen die zurückliegenden 25 Jahre
Aufarbeitung des Wagens?
Die Naumburger Straßenbahn hat nun einen praktisch fabrikneuen
Lindner-Triebwagen im Bestand, welcher sehr genau in den Zustand des
Einsatzes bei der Naumburger Ringbahn 1977 bis 1982 restauriert wurde.
Einzig das „OS“ für schaffnerlosen Betrieb wurde nicht angebracht,
da der Wagen in Naumburg nur an einzelnen Tagen und dann mit Schaffner
verkehren wird.
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In der
Poststraße liegt die Naumburger Straßenbahn wie zu
DDR-Zeiten im Straßenplanum. Der Autoverkehr wird heute um die
Poststraße geleitet, so dass die hier originale, inzwischen auch
erneuerte, Gleislage kein Verkehrsproblem ist.
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Am Depot passiert der Tw 17 den
LOWA-Triebwagen 29, welcher 2004 aus Halle übernommen werden
konnte und dort zuletzt als Arbeitswagen 023 genutzt wurde. 2009/10
wurde der Wagen in Gera als historischer Triebwagen 29 praktisch
völlig neu aufgebaut und kommt seitdem meist an Sonntagen auf der
Naumburger Straßenbahn zum Einsatz. Heute löste er den Tw 17
für zwei Runden zur Mittagspause ab.
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Triebwagen 17 fährt entlang der Marienschule aus der Hst Poststraße aus.
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Nahe des
Jägerplatzes in der Poststraße.
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Damals wie heute war der Jakobsring
Fern- bzw. Bundesstraße. Zu DDR-Zeiten wurde die Straßenbahn am Rand
des Straßenplanums geführt, nach der Wende wuchs der Verkehr
sprunghaft an – die Straßenbahn wurde im August 1991 stillgelegt
und die Gleise verschwanden an vielen Stellen unter einer dicken
Schicht Asphalt.
Ein neuer Vertrag zwischen Stadt Naumburg und der Naumburger
Straßenbahn GmbH setzte im Dezember 1998 das Miteinander auf eine
neue Grundlage – seitdem wird die Naumburger Straßenbahn zwar in
kleinen Schritten, aber konsequent ausgebaut. Die alte Trasse entlang
des Jakobsringes wurde als Rasengleis mit genügendem Abstand zur
Straße neu aufgebaut und endet aktuell an der Vogelwiese. Noch im
Laufe des Jahres 2017 soll die Verlängerung bis zum Salztor in
Angriff genommen werden, rund 150 Meter Schwellen wurden vorab bereits
erneuert.
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An der Hst Marientor wurde zur
Mittagspause der Tw 29 eingesetzt und die Reisenden steigen vom
Lindner-Tw 17 in den bereitstehenden Ersatzwagen um.
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Während das Fahrpersonal zu
Mittag isst, strahlt der Triebwagen 17 in der kurzzeitig
durchbrechenden Sonne.
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Entlang der Poststraße
fährt der Tw 29 gen Vogelwiese, an der Kreuzung Gartenstraße
ist im Winter eine der wenigen Stellen, wo die Sonne hoch genug und
passend steht, um den Triebwagen in der Sonne erscheinen zu lassen.
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Triebwagen 17 hat die Hst
Jägerplatz verlassen und passiert dabei die bis 2004 genutzte alte
Gleislage im Straßenplanum, welche mit Anschluss des in der
Jägerstraße neu trassierten Gleises außer Betrieb ging.
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Für die Abfahrt des Tw 17 an
der Hst Poststraße kam passgenau kurz die Sonne heraus. Ein
großes Danke an die in Naumburg aktiven Straßenbahner, die
jede Fahrt mit der Bahn zu einem kleinen Erlebnis machen. Und
ohne die die Naumburger Straßenbahn seit 1991 nur noch
Straßenbahngeschichte wäre.
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Fotos
in Google Earth |
©
2017 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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