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Sonntag, 11. Mai
2014
– Danke!
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Der letzte Besuch
beim Molli ist inzwischen über drei Jahre her,
seither hat
sich
der Molli einschneidend verändert. Bis dato hatte die Bahn ihren
Charme in weiten Teilen bewahren können. In der Saison wird
Stundentakt mit zwei Umläufen
gefahren, was die eingesetzten Maschinen wie auch die Menschen hinter
den Kulissen durchgehend fordert.
Nicht nur in Prospekten machte der Molli seine bis 2011 vorhandene
Atmosphäre
zum Faustpfand, indem man auf die vorhandene Infrastruktur mit
mechanischer
Sicherungstechnik, Telegrafenleitungen und alten Bahnsteig- und
Bahnübergangsanlagen hinwies. Zusammen mit den bisher nicht
sanierten
Ortsdurchfahrten in Kühlungsborn und Bad Doberan war der Molli
immer
eine Reise Wert.
Zeitgleich mit der nötigen Sanierung der Ortsdurchfahrten in
Kühlungsborn und Bad
Doberan und weiteren Streckenabschnitten hat sich dieses "heile" Bild
jedoch einschneidend gewandelt. Während quasi "nebenan" auf
Rügen beim Rasenden Roland
die
Telegrafenleitungen nach der Sanierung – bei dem die klassische
Kleinbahnbettung in Kies durch S49-Oberbau mit Schotterbettung ersetzt
wurde – auf
gesamter Länge wieder aufgebaut wurde, wurde die Telegrafenleitung
beim
Molli auf gesamter Länge demontiert und alle Masten – auch die gut
erhaltenen – gefällt.
Die mechanische Schrankenanlage in
Kühlungsborn Ost wurde durch moderne
Bü-Halbschrankenanlagen ersetzt. Das seit 1995 außer
Betrieb
befindliche, aber weiter baulich vorhandene Einfahrsignal in
Kühlungsborn West wurde abgebaut. Hier ist aktuell der
Signalfuß
weiter vorhanden und ggf. ein Wiederaufbau möglich. Dass die
Ortsdurchfahrt Kühlungsborn zur Sanierung anstand war
unübersehbar – 99 2321 fährt in
den sanierten Hp
Kühlungsborn Mitte ein.
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Vor nicht
ganz 20 Jahren, sechs Jahre nach der Wende, sah es in Kühlungsborn
Mitte noch etwas anders aus. Die Querung der L11 in Kühlungsborn
war
technisch ungesichert – die Loks wie die eigentliche 99 2323
hörten auf
die "Importnummern" nach dem Nummernsystem der Deutschen Bundesbahn von
1968, welches 1991 nur in Details auf die Fahrzeuge der Deutschen
Reichsbahn angepasst wurde. Bürgersteig, Wartehalle und Umfeld
strahlten
noch altes Flair aus – nur der neue Wegweiser und der rege Autoverkehr
zeugten von den neuen Zeiten.
Nun kann man sicher trefflich streiten, ob dieser Anlagenzustand auch
20 Jahre später (mit dem
entsprechenden Verschleiß) noch die nötigen
Besucherzahlen
generieren täte oder auf den Touristen – der das Geld bringt – die
aktuellen Anlagen nicht doch attraktiver wirken und somit entsprechende
Außenwirkung abseits einer klassischen Museumsbahn erzielt wird.
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Nicht
geändert hat sich der zwischenmenschliche Plausch. Die
Zugbegleiterin
hält einen kurzen Plausch mit einem Ortsansässigen, ehe sie
dem ersten
Zug des Tages bei augenscheinlich noch niedrigen Temperaturen den
Abfahrtsauftrag gibt.
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Eine heute
praktisch ausgestorbene Bauform eines Formsignalflügels wurde
bereits
weit vor der Modernisierung des Mollis in Heiligendamm angebracht. In
den Frühzeiten der Formsignale machte man sich bei der Bahn
Gedanken um
die Kontraste bei der Wahrnehmung der Tageslichtsignale. Bei dunklem
Hintergrund wie Baumgruppen etc. wurde der übliche weiße
Signalflügel
mit rotem Rand als nicht kontrastreich genug angesehen und die
Farbflächen der Signalflügel wurden vor entsprechend dunklen
Hintergründen kurzerhand umgedreht und die Signalkanten erhielten
weiße
Flächen (Negativflügel).
Im Zuge der Traditionspflege wurde der Signalflügel des Signals A
des
Bf Heiligendamm entsprechend ausgetauscht. Bei noch engem Sonneneinfall
verlässt 99 2321 den Bf Heiligendamm.
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Deutlich
gewandelt hat sich seit 2011 die Goethestraße in Bad Doberan. Sie
ist
hell geworden, die dichten Baumreihen konnten bei der dringend
fälligen
Sanierung nicht erhalten werden. Die Stadt war sich jedoch der
Bedeutung der Goethestraße bewusst und hat die Straße mit
Granitsteinen
neu gestaltet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen – es wird aber
fraglos viele Jahrzehnte dauern, bis die Bäume in der
Goethestraße
wieder die alte Größe erreicht haben.
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Der
Einsatzbestand des Molli bestand lange Jahre aus fünf Lokomotiven
–
drei 1932 bei Orenstein & Koppel
nach Einheitsgrundsätzen beschaffte
Lokomotiven der Bauart 9932 und zwei Lokomotiven der Bauart
9933 (Typ
225 PS Schmalspur), welche vom VEB Lokomotivbau Karl Marx 1950-52
in 21 Exemplaren u.a. für die SDAG
Wismut
gebaut wurden. Drei Loks wurden 1959 von der Deutschen Reichsbahn
erworben, eine davon aber bereits 1968 ausgemustert. 1996 wurde nach
der 1968 ausgemusterten und verschrotteten 99 333 auch die 99 332
abgestellt, da diese aufgrund der abweichenden Bauart nicht die beim
Molli üblichen 40-50 km/h erreichte. Nur die 99 331 verblieb
fortan
als
Reservelok, Schneepfluglok und für Wintereinsätze beim Molli
betriebsfähig. Da die drei Lokomotiven der Bauart
9932 aufgrund des Stundentaktes in der
Saison sehr strapaziert wurden, bestand beim Molli der
dringende Wunsch
nach einer Entlastung der drei Loks. Dieser Ersatz versteckt sich
aktuell gerade hinter einer Dampfwolke im Bf Kühlungsborn West.
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Die 1996
abgestellte 99 332 wird in den Sommermonaten im Bf Kühlungsborn
vor dem
Molli-Museum ausgestellt, welches vom "Verein
zur Traditionspflege
Molli e. V." betreut wird – der Verein kümmert sich u.a.
auch um die
Pflege der 99 332 und weiterer Traditionswagen.
Links die 99 2324. Diese Lok entstand in den Jahren 2007-2009 als
vollständiger Neubau nach Originalplänen im Dampflokwerk
Meiningen. Dank der in den Jahren zuvor schrittweise bereits erfolgten
Sanierung
der drei Bestandslokomotiven mit neuen Zylindern, Kesseln
und Rahmen war der Neubau
vergleichsweise einfach möglich, da die Grundlagen
zur
Fertigung der Hauptkomponenten bereits vorhanden waren. Dennoch ist die
99 2324 von der ersten bis zur letzten Schraube ein vollständiger
Neubau.
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Bemerkenswert
ist der Neubau der 99 2324, da in den 1990er
Jahren sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz Versuche mit
modernen Dampflokomotiven durchgeführt wurden, welche zur
Grundlage eine Rationalisierung und einen möglichst guten
Wirkungsgrad hatten
und mit Leichtölfeuerung und Einmannbedienung konzipiert wurden.
Bei
den dampfbetriebenen ostdeutschen Schmalspurbahnen wurde nach der Wende
mit Triebwagen geliebäugelt, welche sich aber nur im Harz
etablieren
konnten. In Sachsen, dem Motor der Triebwagenidee, konnten sie sich
nicht durchsetzen und spätestens mit der Flut 2002 endeten alle
Triebwagenambititionen in Sachsen.
Dass im Jahre 2009 eine 1:1 nach alten
Plänen gebaute Dampflok als Neubau für
den Alltagsbetrieb wieder in Dienst gestellt werden
würde, ahnte 50 Jahre zuvor 1959 beim Auslauf des Dampflokbaus in
Deutschland sicher keiner.
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Hinter
alten, knorrigen Bäumen fährt 99 2324 aus dem Bahnhof
Kühlungsborn West
aus.
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Im August
1993 sah die Ausfahrt aus dem Bahnhof Kühlungsborn West an der
Fritz-Reuter-Straße noch deutlich anders aus, die Bäume
entlang der Straße waren nicht so konsequent
zurückgeschnitten wie sie heute sind. Auch das Einfahrsignal A des
Bahnhofs erfüllte noch seine Funktion und die 99 2322 hörte
auf den Namen 099 902.
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Eine Stunde
nach dem Foto von 99 2321 an dieser Stelle steht die Sonne bereits
deutlich höher
am
Himmel und lässt dieses Foto der Einfahrt Heiligendamm zu. Die
Dampffahne von 99 2324 reicht etwas höher als erwartet – bei
den
ständigen Blicken nach vorne und hinten, ob nicht doch ein Auto
das
Motiv droht zuzufahren geriet dieses Detail doch leicht aus den Augen.
2001 beim letzten Foto an dieser Stelle noch mit einem der sonst
üblichen Signalflügel schob sich ein Reisebus in das Motiv.
Durch den
Bau einer Umfahrung von Heiligendamm hat hier der Durchgangsverkehr
merklich abgenommen.
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Diesen Blick
hat man zuletzt in der Goethestraße in Bad Doberan nicht mehr
gehabt.
Dafür gab es jede Menge großer Schattenspender. Die
Gestaltung der
Goethestraße kann sich sehen lassen, von daher dürften heute
maximal
die geduldig hinter dem Dampfzug anstehenden Autofahrer fluchen, als
dieser den Hp Goethestraße erreicht.
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Hier habe
ich aktuell keinen Vergleich zur Motivlage vor der Sanierung.
Gestalterisch ist diese Anlage sicher ein Kleinod, dennoch vermisst
der Mollikenner hier das einstige Flair des Mollis. Fast klinisch rein
fährt 99 2324 die letzten Meter zum Bahnhof von Bad Doberan.
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Den Wandel
des Molli und der Region zeigt auch dieses Foto anschaulich. Nahe des
Bahnhofs Kühlungsborn Ost sind in den vergangenen Jahren Resorts
errichtet worden, welche den Charakter des Ortes nachhaltig
verändert
haben. Bereits zuvor hat sich Heiligendamm der neuen, gehobenen
Zielgruppe zugewendet. Ganz klassisch und voll in die
Tourismusmaschinerie integriert verlässt 99 2321
Kühlungsborn. Wer will
da schon über die gefallenen Telegrafenmaste klagen... Ganz im
Hintergrund rechts lässt sich ein kleiner Blick auf die Ostsee
erhaschen.
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Inzwischen
zur Fußgängerzone deklariert ist die Mollistraße in
Bad Doberan. Nach
der Wende war dieses noch eine Einbahnstraße, wo der Autofahrer
im
Falle des Falles schnell schauen musste, wo er bleibt, wenn ihm in der
Einbahnstraße plötzlich der Molli entgegenkommt.
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Vom
Blickwinkel am anderen Ende des Fotopunktes oben entstand im März
1991 dieses Foto: Gerade erst die ersten Anzeichen der neuen Zeit sind
hier in der Goethestraße zu sehen, durch die – hier in Richtung
der Einbahnstraße – die 99 2322 mit ihrem Zug gen
Kühlungsborn rollt.
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Das Haus
vorne links und die Backsteinmauer waren zuletzt völlig
eingewachsen und kaum mehr zu erkennen. Völlig frei und freundlich
zeigt sich nun der aktuelle Blick entlang der Goethestraße, durch
die die 99 2324 mit ihrer Beschilderung nach frisch angebrachter Art
der Deutschen Reichsbahn aus den 1980er Jahren rollt. Die neu
eingerichteten Parkplätze, welche nun neu in Parkbuchten liegen,
sind kostenpflichtig und so hält sich die Nutzung kurz vor Beginn
der eigentlichen Saison noch sehr in Grenzen.
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Nahe an der
Ostseeküste verläuft der Molli östlich
Kühlungsborns, wo der von 99 2321 gezogene Zug ohne Halt den Hp
Steilküste durcheilt, welcher im direkten Einzugsbereich als
Campingplatz und Wohnmobilstellplatz genutzt wird.
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Charakteristisch
für Mecklenburg sind die Alleen mit ihren gewachsenen Bäumen.
Nach der Wende schnellten die Unfallzahlen in diesen Bereichen in die
Höhe und der Fortbestand der Allen war in Frage gestellt.
Zahlreiche Alleen haben mit verkehrssichernden Maßnahmen
überleben können, dennoch ist ihr voller Erhalt auch heute
nicht selbstverständlich. So warnt so manches Verkehrsschild auch
heute eindringlich vor den Gefahren des leichtsinnigen Alltags. 99 2321
erreicht entlang ausgedehnter Rapsfelder Bad Doberan.
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Die Zeit
bleibt nirgendwo stehen, schon gar nicht im Jahre 1989. Auf alten Fotos
ist dieses heute von Wildkräutern belebte Feld Ackerfläche,
wie bereits zahlreiche heute von Haus- und Wohnungsbau genutzte
Flächen. So ist auch diese
einst vom Ackerbau genutzte Fläche nicht ohne Grund
Wildkrautwiese. Ein Bauschild weist die Fläche als Bauland aus.
Und so verschwindet eine weitere Fläche entlang des Molli
zugunsten oft exklusivem Siedlungbaus.
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Vor 20
Jahren erwanderte ich den Molli mühsam entlang der Gleise und
suchte mir die passenden Motive. Heute ist entlang der Strecke
Heiligendamm – Bad Doberan auf weiten Strecken ein Randwanderweg
parallel der Bahn angelegt – immerhin nicht auf der Bahn, wie so oft
anderenorts und aktuell im Yppstal. 2011
konnten die Telegrafenleitungen des Mollis noch als Motivbestandteil
genutzt werden, heute sucht man sie vergebens. Dafür sind die
restaurierten Kilometersteine mittels massiver Kunststoffrohre neu
im Untergrund verankert worden.
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Auch wenn
die Modernisierung des Mollis viel Flair gekostet hat, so ist hier und
dort noch ein schönes Motiv zu finden. Westlich Bad Doberan
entlang der Dammchaussee am Jagddammweg passiert 99 2324 einen alten
Baum und lässt für kurze Zeit die Zeit vergessen.
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Mit dem
letzten Zug des Tages nach Bad Doberan passiert zwischen Heiligendamm
und Bad Doberan an einem zugunsten eines neuen Kreisverkehrs
stillgelegten Wegübergang die 99 2324 den Fotografen. Die Sonne
schwächelt
bei dichter werdender Schleierbewölkung und nach Durchfahrt war
sie ganz verschwunden. Damit endet die kleine Fotoreise
entlang des Mollis.
Diesen Beitrag des
Fototagebuchs widme ich unserer Mutter, welche unerwartet vor dieser
Fototour verstarb und von deren Tod wir unmittelbar nach dieser
Fototour erfuhren. Unsere Mutter war ein begeisterter Leser des
Fototagebuches und wenige
Tage vor ihrem Tod haben wir über die Website gesprochen und dass
ich doch unmöglich alle die auf den Tagebuchseiten zu findenden
Infos auswendig wissen kann. Dieses ist natürlich so – neben den
persönlichen Erinnerungen nutze ich für viele Recherchen das
kollektive Wissen des Webs.
Das Web – so wie es
auch über 20 Jahre nach allmählicher Durchdringung des
Alltags noch überwiegend ist – bietet unheimlich viele
Seiten zur Informationsbeschaffung und -referenzierung, auch diese
Seiten
sind ein kleines Mosaikbausteinchen in diesem Medium. Alle Fotos
entstanden am 3. Mai 2014.
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Fotos
in Google Earth |
©
2014 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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