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Sonnabend, 22. Mai
2010 – Pfingsten ins Erzgebirge I
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Beim
Schreiben dieses Eintrags des Fototagebuches zeigt der Kalender schon
Mitte Juni – falls sich ein Leser gefragt haben sollte, ob ich noch
lebe, er sei unbesorgt. Gleich nach der Pfingsttour gab das alte
PC-System beim Verarbeiten der Bilddateien den Löffel ab und so
stand
ein neuer PC ins Haus. Bis sowas mit allen Facetten eingerichtet ist,
ist viel Wasser die Preßnitz heruntergeflossen.
Dieses Jahr brachen Ilka und ich über Pfingsten nach Jöhstadt
auf, vier
Tage Erzgebirge. 2001 waren wir unter der Woche dort vorbeigekommen,
seitdem hatte sich kein Besuch ergeben. Nach Anreise am Freitag ging es
am Sonnabend zur Bahn. Obgleich der Bahnhof Jöhstadt der
höchste Punkt
der Preßnitztalbahn ist, ist der Bahnhof der tiefste Ortsteil
Jöhstadts. Die Neigung des Fußwegs unterschätzten wir
etwas – nun
ja, die Freude auf den späteren Heimweg verdrängten wir
erstmal.
Gastlok war dieses Jahr die VIIK 99 1735 der SOEG aus Zittau, welche
hier für die
nächste Zugleistung nach Steinbach bereitsteht.
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Die
Preßnitztalbahn war die letzte in der DDR stillgelegte
Schmalspurbahn
und wurde zwischen 1984 und 1989 abgebaut – sie galt als eine der
schönsten sächsischen Schmalspurbahnen. Gleich nach der Wende
1989
setzten Bemühungen zum Wiederaufbau ein – nach einer Sanierung des
alten Lokschuppens in Jöhstadt ab 1990 begann 1992 der
schrittweise
Wiederaufbau der Strecke bis Steinbach. Seitdem unterhalten die
Museumsbahner rund acht Kilometer landschaftlich äußerst
reizvoller
Museumbahn.
In Jöhstadt endet die Museumsstrecke noch provisorisch
im
Bereich des Lokbahnhofs. Ein Weiterbau bis zum alten
Bahnhofsgelände
ist vorgesehen – konnte bisher aber noch nicht realisiert werden, da
mitten auf dem Bahnhofsgelände ein Mietshaus errichtet wurde,
welches
vor dem Endausbau abgerissen werden muss. Die eine oder andere Wohnung
im Haus steht bereits leer, aber bis zum Ziel der Museumsbahner ist es
sicher noch ein längerer Weg. So fährt hier die vereinseigene
99 1590 –
eine der klassischen Wolkensteiner Loks – mit ihrem Zug aus Steinbach
in den provisorischen Endpunkt Jöhstadt ein. 99 1735 steht
für die
Rückleistung bereit, ein einfaches Umlaufen ist in Jöhstadt
derzeit
nicht möglich.
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Steinbach
ist das andere Ende der Museumsbahn – deren Strecke einst nach
Wolkenstein weiterführte, wo Anschluss an die aus Komotau (heute
Chomutov) in Richtung Chemnitz führende Regelspurstrecke bestand.
Der
Wiederaufbau dieses Streckenteils ist nicht vorgesehen, die
Museumsbahner konzentrieren sich auf die Instandhaltung des bestehenden
Streckenabschnittes.
Auf dem Bahnhofsareal Steinbach wurde nach Abbau
der Schmalspurbahn ein Kindergarten errichtet, welcher Ende der 1990er
Jahre zugunsten des Wiederaufbaues der Strecke als Museumsbahn
abgerissen wurde. Das Wasserhaus ist eines der markantesten Punkte der
liebevoll bis ins Detail gestalteten Museumsbahn. Für das
Wassernehmen
am Kran ist die Leihlok 99 1735 etwas zu groß. VIIK waren in
Jöhstadt
nie zuhause. Dennoch ist der stilechte Einsatz einer Einheitslok vor
Personenwagen aus ihrer Einsatzepoche auf dieser bemerkenswerten
Museumsbahn ein Highlight.
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Vor
einem bunt gemischten Personenzug steht die 99 1735 im Bf Steinbach zur
Abfahrt nach Jöhstadt bereit. Alle Wagen sind bis ins kleinste
Detail
historisch korrekt restauriert. Die Detailtreue geht sogar so weit,
dass an den Wagen das letzte für ihren Einsatzzustand gültige
Revisionsdatum angeschrieben ist und lediglich an den Plattformen das
nach EBO vorgeschriebene, gültige Revisionsdatum angeschrieben
ist.
Neuester Zugang ist in Jöhstadt der von der SDG
übernommene
"Rekowagen"
970-576. Dort nicht mehr benötigt, wird der Wagen künftig auf
der
Preßnitztalbahn die Ära der modernisierten Schmalpurwagen
der DR
repräsentieren. Seit den 1980er Jahren auf praktisch allen
Schmalspurbahnen der DR – auch in Wolkenstein – zuhause,
nimmt die Zahl der original erhaltenen Wagen rapide ab. 20 Jahre nach
der Wende werden die Wagen in meist behutsam modernisiertem Zustand
eingesetzt. Der typische Zustand der Wagen ist heute anno 2010
längst
museal erhaltenswert.
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Schmalzgrube
ist betrieblicher Mittelpunkt der Preßnitztalbahn und weitgehenst
originalgetreu wieder aufgebaut worden. 99 1735 ist mit ihrem Zug aus
Steinbach in Schmalzgrube angekommen. Der Zug hat einige Minuten
Verspätung, da – ganz klischeehaft, aber real und nicht museal
nachgestellt – die Frau eines Hotelgastes Probleme mit der
Pünktlichkeit hatte, ihr Mann derweile auf Kohlen saß und
der beste
Wille des Zugführers das weitere Warten am Hp Forellenhof nicht
mehr
zuließ.
Im Bf Schmalzgrube finden die planmäßigen
Kreuzungen der
durchgehenden Züge statt. Die aus Steinbach kommenden Züge
gestatten
nach Einfahrt in den Bahnhof Schmalzgrube dem Gegenzug aus
Jöhstadt per
Dampfpfeifensignal die Einfahrt in den Bahnhof Schmalzgrube. Ein
übrigens auch heute noch im Regelverkehr angewendetes System.
Die
Verspätung des Zuges in Schmalzgrube soll nun wieder aufgeholt
werden,
der Fahrdienstleiter des Bf Schmalzgrube weist dem Lokpersonal das
Kürzen der Fahrzeit mittels der K-Scheibe (Signal Zp10) an. Neben
dem
Fahrdienstleiter liegen die Koffer Reisender zur Verladung in den
Gepäckwagen des folgenden Zuges bereit.
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Auf
der Preßnitztalbahn beheimatet ist der 2009 fertiggestellte
Nachbau
einer Lok der sächsischen Baurt IK, der ersten sächsischen
Schmalspurbahnbauart. Die letzte Lok ihrer Bauart
diente noch in den 1960er Jahren als Werklok in einem Industriebetrieb.
Die IK erhielt aufgrund des Nachbaus und den heute üblichen
Fertigungstechniken die bis dato nicht vergebene Loknummer 54 im
Anschluss an die letztgebaute Lok 53.
Hier rollt die Lok mit ihrem Zug
in den Bf Schmalzgrube ein, wo die Lok umlaufen wird. Für die
damaligen
Loks typisch ist das Nicht-Umsetzen der Spitzenbeleuchtung,
welches lt. Signalbuch ein Nachtsignal ist. Tagsüber verbleibt das
Licht auf der Rauchkammerseite und wird nur bei Unsichtigkeit bzw.
nachts entsprechend der Fahrtrichtung gesteckt.
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Aus
dem Bf Schmalzgrube fährt die IK 54 gen Jöhstadt aus. Im
Vergleich zu
heutigen Schienenfahrzeugen bemerkenswert ist das Fehlen des dritten
Spitzenlichtes. Dieses Signal hat sich erst in jüngerer
Eisenbahngeschichte durchgesetzt – zunächst auf Hauptbahnen,
zuletzt
auch für Nebenbahnen. Die zuletzt noch bei der Berliner S-Bahn als
drittes Spitzenlicht zugelassene Beleuchtung des Zielschilderkastens
ist ebenfalls längst Vergangenheit. Heute fahren zur besseren
Erkennung
die meisten Eisenbahnfahrzeuge auch tagsüber mit Spitzenlicht – an
der Bedeutung als
Nachtzeichen hat sich aber nichts geändert. So kann die IK 54 auch
im
Jahre 2010 tagsüber mit zwei Laternen verkehren. Ein drittes
Spitzenlicht wird bei Dunkelheit am Fahrzeug angebracht.
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Seit
ihrem Zugang in Jöhstadt meist diskutierte Lok ist die 99 4511.
Einst
als Lok 3 für die Kreisbahn Rathenow-Senzke-Nauen in Brandenburg
gebaut, verbrachte die Lok die meisten Lebensjahre im Norden
Deutschlands – zuletzt als rekonstruierte (sprich: neu gebaute) Lok auf
Rügen bzw. in der Prignitz. In der Eisenbahngeschichte der DDR
bzw. der
DR nimmt die Lok eine Sonderrolle ein, war sie doch die letzte für
die
DR neu gebaute Dampflok. Die Lok wurde 1977 in
den Westen verkauft – stand jedoch meist unter Dach und war in
entsprechend gutem Zustand, als die Preßnitztalbahn die Lok 1998
kaufte.
Seit 2002 steht die Lok als "Allzweckwaffe" dem Betriebsdienst zur
Verfügung und war bereits mehrfach auf anderen Strecken – auch in
der
Prignitz – im Einsatz. Wenige Tage vor ihrem Fristablauf bespannte die
Lok im Wechsel mit der IK 54 die Züge Jöhstadt –
Schmalzgrube. Hier
zwischen Schmalzgrube und Loreleifelsen Hp.
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Wildromantisch
verläuft das Jöhstädter Schwarzwasser entlang der
Schmalspurbahn. Nahe Loreleifelsen Hp
fährt 99 1568 gen Jöhstadt. Die 99 1568 war bei der DR
zuletzt in
Mügeln beheimatet und dort bei meinen ersten Besuchen 1990/91 rege
im
Einsatz. Damals war wie bei eigentlich allen Schmalspurbahnen in der
DDR unklar, wie es weitergehen täte. Dass die Bahnen im
Tourismussektor
ihre heutige Bedeutung bekommen würden, war für den
Museumsbahnen gewohnten "Westbürger" in dieser Form längst
nicht
absehbar. Die Döllnitzbahn Oschatz – Mügeln (– Kemmlitz) mit
dem für
den Museumsverkehr wieder aufgebauten Streckenstück nach Glossen
wird
heute nicht mehr im Güterverkehr betrieben, hat im Eigentum der
DBG
ihr Auskommen im (dieselbetriebenen) Schüler- und
(dampfbetriebenen)
Touristikverkehr bis heute wahren können.
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Die
IK 54 fährt in den Bf Schlössel ein. Der Tourismus sichert
der Region
Einnahmen – die einst typische Industrie ist jedoch seit der Wende
auf dem Rückzug und hat Leerstände mit dem folgenden Verfall
hinterlassen. Im Preßnitztal ist dieser Wandel an diversen Orten
sichtbar und hat im Einfahrbereich Schlössel jüngst zum
Abriss der
dortigen Industrieanlagen geführt. Relikt noch der Schornstein,
welcher
in einigen Jahren wohl auch Vergangenheit sein wird.
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Wir
verspürten zwar den Wunsch nach einer Stärkung – der Blick in
die
geöffnete Fahrzeughalle zeigte auch entsprechende Stände –
für den
Eintritt in die Halle mit der Modellbahnbörse wurde jedoch
Eintritt
verlangt. Eintritt, um einen Imbiss kaufen zu können, wollten wir
dann
doch nicht zahlen und sind weiter gewandert.
99 1590 fährt mit
ihrem
Zug zwischen der Wagenhalle und Jöhstadt. Der örtliche
Supermarkt ist
geschlossen, selbst Großmärkte haben heute kein gesichertes
Auskommen
mehr. Ich erklomm anschließend die reichlich noch fehlenden
Höhenmeter der Steigung zum Markt und holte unser Auto und ein
paar
Kleinigkeiten zur Stärkung, so dass die restlichen
Aktivitäten des
Tages recht entspannt vonstatten gingen.
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Die
VIK 99 1715 stand viele Jare in Radebeul Ost als Denkmallok, ehe sie an
eine Eigentümergesellschaft verkauft und anschließend wieder
betriebsfähig hergerichtet wurde. Nach dem Hochwasser an der
Weißeritz
und der Zerstörung der Weißeritztalbahn kommt die Lok bei
Preßnitztalbahn zum Einsatz. Hier fährt die 99 1715 in den
Bf Schlössel
ein. Das Schild am Tender der Lok weist darauf hin, dass keine zwei
Loks der Bauart VIK Tender an Tender gekuppelt werden dürfen.
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In
Schlössel kreuzen sich der Zug aus Steinbach und der Zug nach
Schmalzgrube. Der Zug nach Schmalzgrube ist bereits in den Bahnhof
eingefahren, nach Stellen des Fahrweges für den Gegenzug hat die
IK 54
per Dampfpfeife dem an der Trapeztafel wartenden Zug mit 99 1735 die
Einfahrt gestattet.
Die Signalisierung auf der Preßnitztalbahn
ist nach
historischen Vorbildern gestaltet, dazu gehört auch das Signal
So10
"Brandfackeltafel". Nach der Wende war es auf den Strecken der DR noch
weit verbreitet, ist aber längst fast vollständig von den
Strecken
verschwunden. Es hat die Bedeutung "Nicht feuern! – Aschkasten
schließen!"
und wurde nach Festlegung der jeweiligen Reichsbahndirektion zum
Schutze besonders gefährdeter Streckenabschnitte (z. B. an
Behelfsbrücken und Waldstrecken) und der an der Strecke liegenden
Betriebe der Holzindustrie oder Treibstofflager
aufgestellt.
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Während
der Zug nach Schmalzgrube noch im Bf Schlössel steht, fährt
die 99 1735
aus. Neben den Fotografen ist die Ausfahrt auch für die anwesenden
"normalen" Touristen ein Spektakel. Das Zugpersonal des
Zuges nach Schmalzgrube wird nach Ausfahrt des Zuges die Weichen
wieder in Grundstellung bringen und die Fahrt nach Schmalzgrube
fortsetzen, wo der Zug an der Trapeztafel halten und dort vom Gegenzug
eingelassen wird.
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