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In den
S-Bahnbetrieb in
Hamburg war von der Deutschen Bundesbahn über viele Jahre recht
wenig
investiert
worden, sie fuhr noch mit den Fahrzeugen der Erstaustattung von 1940
und auch als diese Fahrzeuge an ihre Nutzungsgrenze kamen, konnte sich
die DB nicht zu einem Ersatz durchringen.
Acht Züge der BR
471/871, die noch in der zweiten Klasse Holzlattensitzbänke
verfügten, waren eigentlich zum Ersatz durch Neubauzüge der
BR 472/473 vorgesehen – diese waren zu Beginn der 1980er Jahre
gestrichen worden. Anstattdessen projektierte die DB ein Modernisierungsprogramm
für die 42 vorhandenen
"Vorkriegszüge" der Baujahre 1939-43, welches im AW Stuttgart-Bad
Cannstatt durchgeführt werden sollte und die Züge für
weitere 18 Jahre fit machen sollte, Arbeitstitel war damals
"Herrichtung für den Weiterbetrieb".
Nachdem der Zustand einiger Züge deutlich schlechter als erwartet
war und sich ohnehin die Schließung des Ausbesserungswerkes in
Stuttgart-Bad Cannstatt abzeichnete, wurde 1987 der Abbruch des
Programms beschlossen, es war ohnehin in einem ersten Schritt nur
Material für 22 Züge bestellt worden. Ersatzweise wurde
ein Neubaufahrzeug für Hamburg projektiert, mit denen
zunächst alle unmodernisierten 471/871 ersetzt werden sollten.
Getreu
dem Motto "Klotzen statt kleckern" wurden 1996 zu den 45 bestellten
nochmals weitere 58 Züge nachgeordert, so dass neben den
modernisierten
471/871 auch alle 470/870 ersetzt werden konnten.
Zu Beginn der 1990er Jahre trug sich die DB mit der Absicht, den
defizitären S-Bahnbetrieb nach Berliner Vorbild an die Stadt
Hamburg
abzugeben, die dann
die Hamburger Hochbahn AG als künftigen Betreiber eingesetzt
hätte. Die U-Bahn in Hamburg war damals vorbildlich gepflegt,
während die S-Bahnanlagen und -fahrzeuge oft in einem
bemitleidenswerten Zustand waren. Die DB orientierte sich daher
bewusst am Desgin des DT4 der Hamburger Hochbahn und übernahm auch
die Farbgestaltung der Züge für die Neubaubaureihe 474/874.
Mit der absehbaren Regionalisierung des Nahverkehrs auf der Schiene
änderten sich Mitte der 1990er Jahre die Vorzeichen gründlich
und über
die künftig abzuschließenden Verkehrsverträge
würde
mit S-Bahnen künftig Geld zu verdienen sein – eine Abgabe an
kommunale Unternehmen stand nicht mehr zur Debatte.
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So kennt man
die Hamburger S-Bahn: Rote Züge der Baureihe 474/874 und bis 2001
auch
Altbaufahrzeuge der BR 471/871 – hier in Form des heutigen Museumszuges
der BR 471/871. Aus Anlass der Pressevorstellung der nun
zugelassenen Fahrzeuge weilten 474 006 und 007 in Blankenese.
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Ungewöhnlich
dagegen der DT4-farbene 474 neben dem heutigen Museumszug 471 482
in Ohlsdorf.
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Die DB hielt
zunächst an der speziellen Farbgebung der BR 474 fest und so war
das
Design
quasi zu den Produktfarben der Hamburger Schnellbahnen geworden. Am 21.
November 1996 stellten LHB
und Adtranz in Salzgitter den
ersten 474/874 der
Öffentlichkeit vor. Kurz zuvor hatte sich die DB zu einer
Umstellung der eigenen Konzernfarben entschlossen und wechselte von
den
1986 eingeführten pastelligen Produktfarben zum aktuellen
Verkehrsrot,
das
in der Gestaltung nur nach Nah- und Fernverkehr unterscheidet.
Der damalige Nahverkehrsvorstand Klaus Daubertshäuser
erwähnte in seiner Rede zur Vorstellung des Zuges auch
ausdrücklich, dass er sehr eindringlich davon überzeugt
werden musste, die neuen verkehrsroten Farben auch für die
Hamburger S-Bahn einzuführen – Beigeisterung klingt anders...
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Damals wurde
mit LHB die Umstellung der Lackierung ab dem 8. Zug vereinbart, alle
vorherigen waren bereits zu weit im Fertigungsfortschritt. Nach der
Vorstellung wurde der 474 001 umgehend für die
Überführung nach Hamburg vorbereitet – bereits am
nächsten Tag wurde der Zug in Hamburg erwartet. Die im
tschechischen Lostr a. s., Louny frisch modernisierte
VPS-Lok 508
zieht den 474 001 aus der im Bau befindlichen Halle, in der auch die
Vorstellung erfolgte. Links im Hintergrund der fertige DT4 164, mit dem
leider keine direkte Gegenüberstellung möglich war.
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Vor dem
Versand wird noch eine Dichtigkeitsprüfung durchgeführt. 474
501 lässt eine kalte Dusche über sich ergehen.
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In Hamburg
sah damals der Alltag so aus: 62 Züge der BR 472/473, 45 Züge
der BR 470/870 und 72 Züge der BR 471/871.
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Da brachte
der 474 001 natürlich Farbe ins Bild. Hier wird der Zug am 27.
November 1996 nach seiner Pressevorstellung in Ohlsdorf von 333 028 in
die
Wagenhalle geschoben. Links 333 104.
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Im Dezember
1996 folgte spätnachmittags der zweite 474, der 474 002. Hier wird
er von einer Lok der BR 218 in das S-Bahnwerk Ohlsdorf gebracht. Durch
die bevorstehende Ausgründung der S-Bahn in eine GmbH erhielten
die Züge zunächst kein DB-Logo, dieses wurde erst in Ohlsdorf
angebracht – auch die umlackierten Züge erhielten noch ein
DB-Logo,
mit dem sie aber nicht mehr in Betrieb gingen.
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Nach ersten
nächtlichen Probefahrten verkehrte der 474 auch tagsüber
auf dem Netz. Der Plan einer schnellen Zulassung und Inbetriebnahme
platzte jedoch, nachdem durch fehlerhafte Antriebskupplungen oberhalb
von 88 km/h deutliche Vibrationen im Fahrzeug auftraten. Obwohl der
Einsatz der Züge zunächst ausschließlich auf der nur
mit 80 km/h
betriebenen S1
vorgesehen war, lehnte die DB einen Betrieb ohne Überarbeitung ab.
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Der 474 005,
hier mit 218 159 am Hp Rübenkamp, war der letzte weiße 474,
der Hamburg erreichte. Die Lieferung des 474 006 wurde am Tag der
Überführung gecancelt, nachdem die Vibrationsprobleme
aufgetreten waren. Die 218 159 ist als ICE-Abschlepplok 218 810 bei DB
Fernverkehr heute noch im Bestand.
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Eine
zeitlang war Hamburgs S-Bahn kunterbunt: Blau, ozeanblau/beige,
verkehrsrot und grauß/weiß/rot. Der Enteisungswagen 732 001
gab noch
einen zusätzlichen Farbtupfer hinzu. Der 474 003 ist von
der
Umlackierung bereits wieder in Hamburg zurück. Links 471 171.
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Nicht zur
Abfahrt nach Blankenese wird hier der 474 504 bereitgestellt, vielmehr
steht die Überführung nach Salzgitter zur Sanierung der
Antriebskupplung an, der Aufenthalt wird parallel zur Umlackierung
genutzt. Durch den Verzicht auf die Inbetriebnahme vor einer Rollkur in
Salzgitter kamen leider keine weißen 474 in den Fahrgastbetrieb.
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474 501 wird
von 218 280 aus Ohlsdorf abgeholt und nach Salzgitter
überführt. Am
Zugschluss die 360 135. Von der im Bild zu sehenden Vielfalt ist recht
wenig übriggeblieben. 218 280 wurde 2005 in Magdeburg-Rothensee
zerlegt, die Spur von 360 135 verliert sich nach ihrer Ausmusterung
1999. Nur die rechts im Bild zu sehende Akkulok 382 001 versieht nach
wie vor – in verkehrsrot umlackiert – ihren Dienst.
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Ab dem 24.
August 1997 kamen die 474/874 in den Fahrgasteinsatz, hier
fährt der Zugverband aus den Zügen 4006 und 4007 am ersten
Einsatztag in den Bf
Hasselbrook
ein. Damals fertigten sich die Lokführer noch nicht selbst ab –
auf den
noch mit Stellwerken oder aus anderen Gründen besetzten
Bahnsteigen
wurden die Züge von der Aufsicht abgefertigt. Heute wird das Bild
via
Infrarot in die Führerstände übertragen und örtlich
besetzt ist nur
noch der Hauptbahnhof.
Das DB-Logo ist mit Betriebsaufnahme einem S-Bahnsignet gewichen,
nachdem die S-Bahn zum 1. Januar 1997 zur S-Bahn Hamburg GmbH wurde.
2001 hatte das S-Bahnlogo dann wieder ausgedient, nachdem vom
neuen DB-Vorstand Hartmut Mehdorn die Zersplitterung der DB zumindest
im Außenauftritt zurückgefahren wurde und der klassische
DB-Keks wieder
an Bedeutung zurückgewann.
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