30 Jahre ist es her, da wurde für die BR 471/871 der Hamburger S-Bahn im AW Stuttgart-Bad Cannstatt unter dem Titel Herrichtung für den Weiterbetrieb ein umfangreiches Modernisierungsprogramm aufgelegt. Die Ertüchtigung der 1939 bis 1943 gebauten ersten Hamburger Gleichstromzüge war erforderlich geworden, da 1984 und den folgenden Jahren von der Deutschen Bundesbahn für Hamburg keine Neubaufahrzeuge vorgesehen waren. Die Fertigung der BR 472/473 war ausgelaufen und aufgrund nicht genehmigter Finanzmittel seitens der DB-Hauptverwaltung um acht Züge reduziert worden, mit denen die schlechtesten 471/871 hätten ausgemustert werden können.
Zunächst sollten
ab 1984 alle 42 "Vorkriegstriebzüge" der Baureihe 471/871 als Teil einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für das mit Ausmusterung der Altbauwechselstromtriebzüge nicht mehr ausgelastete AW Stuttgart-Bad Cannstatt einer gründlichen Modernisierung des Wagenkastens unterzogen werden. Die Elektrik der Züge wurde im AW Ohlsdorf (Bw Hamburg (GSB)) instandgesetzt.
Obwohl mit dem CityBahn-Projekt Köln – Gummersbach
fast zeitgleich das erste wirklich umfassende Modernisierungsprogramm der DB begann (heute würde man sagen Redesign), blieb die Modernisierung der 471/871 auf die technisch notwendigen Arbeiten zur Substanzerhaltung beschränkt. Glühlampenbeleuchtung, Wanddekor, Sitze etc. blieben so wie sie auch bisher waren. Lediglich für die Sitze war Ersatzbeschaffung in Art der CityBahn-Sitze angedacht, eine Erprobung begann aber erst Ende 1985 im Zug 017.
Nachdem mehrere zu modernisierende Züge derart schlecht im Gesamtzustand waren (stark verrottete Langträger bei 024 und 028), dass sich deren Aufarbeitung wirtschaftlich nicht mehr rechnete (aber dennoch durchgeführt wurde), wurde 1987 beschlossen das Programm vorzeitig nach 22 Zügen – entsprechend der bestellten Materialmenge abzubrechen – und mittelfristig Neubauzüge zu beschaffen, welche ab 1996 in Form der BR 474/874 anrollten und in einem Rutsch alle drei Bauarten der BR 471/871 ersetzten.

323 355 und 471 422

Die Wagen wurden in Stuttgart-Bad Cannstatt zunächst völlig entkernt und zum Sandstrahlen gebracht. Hier wird der 471 422 gerade von der 323 355 – 1965 die letztgebaute Köf II der Deutschen Bundesbahn – zum entsprechenden Arbeitsstand rangiert.

471 422

Dem 471 122 steht das Prozedre noch bevor, diverse Ausrüstungsteile sind bereits demontiert. Während manche Reklamen auf andere Züge übertragen wurden, gab es nach Modernisierung des Zuges 022 in Hamburg keine BAUHAUS-Reklame mehr.
471 422

Blick auf das AW Stuttgart-Bad Cannstatt. Seit den 1950er Jahren das zuständige Ausbesserungswerk für die Wechselstromtriebwagen der Deutschen Bundesbahn, mussten nach dem Ausscheiden der Baureihen aus dem Unterhaltungsbestand neue Aufgaben für das Werk gesucht werden. 1987 endete vorzeitig die Modernisierung der BR 471/871 – 1987 wurde auch die Schließung des Ausbesserungswerks besiegelt, welche zum 30. Juni 1989 vollzogen wurde. Heute steht auf dem Gelände ein Motorenwerk eines örtlich tief verwurzelten Autoherstellers.

471 132

Entkernt, gesandstrahlt und grundiert wurden die umfangreichen Blecharbeiten am Wagenkasten, hier 471 132, ausgeführt. Die klassischen Rundleuchten wurden durch Doppelleuchten ersetzt, bis auf die Führerstandsseitenfenster wurden alle Fenster neu gummigefasst eingebaut. Die Seitenwände erhielten unterhalb der Fenster neue Bleche, da durch die fehlende Abdichtung der alten Fallfenster die Bleche unterrostet waren. Die Langträger wurden geöffnet und mit neuen Blechen verstärkt. Bei zahlreichen Fahrzeugen (speziell die Tz 023, 024 und 028) waren die Langträger derart durchrostet, dass eine Aufarbeitung eigentlich nicht mehr sinnvoll war. Einem Ausmusterungsantrag für den Zug 028 wurde nicht stattgegeben, die Fahrzeuge mussten entsprechend aufwendig saniert werden.

471 432

Beim 471 432 sind alle Blecharbeiten bereits abgeschlossen, der Innenausbau aus grundüberholten Materialien hat begonnen. Wurden beim Baumusterzug 042 noch alle Teile der Innenraumverkleidung durch Neuteile ersetzt, wurden bei späteren Zügen gut erhaltene Wandverkleidungen wieder eingebaut. Wären die teilweise noch mit Holzlattensitzbänken ausgestatteten Züge 001, 004 und 039 auch nach Stuttgart zur Aufarbeitung gekommen, war der Erhalt auch dieser Bänke vorgesehen, da keine zusätzlichen Sitzpolster verfügbar waren.
Die modernen Systemsitze wurden zwar beim Zug 017 erprobt
– der Sitzabstand der Triebwagen war mit den neuen Sitzen so gering, dass keine ausreichende Beinfreiheit mehr vorhanden war. Als Konsequenz erhielten nur die 1. Klasse-Mittelwagen der BR 871 die neuen Sitze und das auch nur nachträglich als Brandschutzmaßnahme, da die alten 1. Klassepolster in dieser Form nicht mehr zulässig waren. Diverse dieser Sitzgestelle sind heute in den ab 1997 redesignten Triebwagen der BR 472 noch vorhanden.

471 440

Fertiggestellt ist der 471 440, der sich hier frisch lackiert dem Fotografen zeigt. Die Herrichtung für den Weiterbetrieb, wie es damals im Behördendeutsch hieß, sollte den weiteren Einsatz für 18 Jahre ermöglichen. Einzelne Züge standen dann tatsächlich noch 15 Jahre im Einsatz.

471 440 und 420 354

Ein seltenes Treffen: BR 471 und ein Triebwagen der BR 420. Der 420 354 gehörte zum Stuttgarter Bestand, die in Bad Cannstatt unterhalten wurden.

420 275

Der 1985 sechs Jahre alte Frankfurter 420 275 war zur Unfallausbesserung im AW. 19 Jahre später folgte im Juli 2004 seine Ausmusterung und spätere Verschrottung.

BR 456

Sein aktives Leben hatte der 456 107 im Juli 1985 rund drei Monate beendet. Die letzten Züge der BR 456 beendeten Ende Mai 1986 um Heidelberg ihren Einsatz. Erhalten blieb von dieser Baureihe kein leider kein Exemplar – wie derzeit praktisch kein einziges Fahrzeug der früher verbreiteten Eierkopfbauarten der DB vorzeigbar oder gar betriebsfähig ist. Gut erhalten ist aktuell lediglich der VT08, welcher nach einer äußerlichen Aufarbeitung in Meiningen im Freigelände abgestellt ist – nachdem der Zug aufgrund fehlender Hallenunterbringung nicht nach Braunschweig zurückkehren durfte. Ironie des Schicksals...

471 428

Der Zug 028 gehörte zu den extrem schlecht erhaltenen Zügen, welche den Aufwand für die Aufarbeitung in die Höhe trieben und einen der Gründe zur vorzeitigen Beendigung der Modernisierung nach 22 von 42 Zügen lieferten. Im April 1990 ist der Zug bereits rund drei Jahre wieder im Einsatz und strahlt noch in frischer Farbe, als er mit dem führenden 471 428 am Rübenkamp zur Fahrt nach Wedel bereitsteht.

471 132 und 471 121

Das Ende der BR 471/871 kam ab 1997, nachdem die 1994 bestellten Neubaufahrzeuge der BR 474/874 allmählich in den Einsatz kamen. Es wurde schnell kein Unterschied zwischen den drei Arten von 471/871 (modernisierte Vorkriegszüge, nicht modernisierte Vorkriegszüge und ab 1954 gebaute Nachkriegszüge) mehr gemacht. Während einzelne modernisierte 471/871 noch 15 Jahre in der Hansestadt Dienst taten und damit ihre vorgesehene Restnutzungsdauer fast erreicht haben, taten dies ebenso lange die 20 nicht mehr modernisierten 471/871 der Vorkriegsreihe, ohne dass an den Fahrzeugen noch wesentliche substanzerhaltende Maßnahmen vorgenommen wurden.
So stand im November 1998 an der Stockmeyerstraße – wo heute die HafenCity entsteht – der oben in Stuttgart-Bad Cannstatt während der Modernisierung zu sehende 471 132 neben dem älteren, nicht mehr modernisierten 471 121 zeitgleich zur Verschrottung bereit. Vom 471 121 blieb unter anderem die Innenbeleuchtung erhalten, welche heute im Berliner Museumsviertel 3839/6401 der Bauart 1937/41 eingebaut ist.

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