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1. März – Abschied von den Gothaern










Sonnabend, 1. März 2025 – Abschied von den Gothaern

Tw 32

Heute war es soweit, die Gotha-Triebwagen der Woltersdorfer Straßenbahn nahmen ihren Hut und verabschiedeten sich aus dem Regelbetrieb der Straßenbahn in Woltersdorf. Ab dem 2. März wird der Gesamtbetrieb mit den Moderus Gamma LF 10 AC BD durchgeführt, Tw 43 ist von der Reparatur aus Polen zurück und der nachbestellte Tw 44 hat seine Zulassung erhalten.
Viele Hintergrundfakten zu dieser Umstellung auf Neubaufahrzeuge finden sich im Beitrag vom
7. Februar zum Übergangsbetrieb Moderus Gamma und Gothaer Triebwagen gemeinsam auf Linie, so dass dieser Beitrag eher „Eisenbahn ist Menschen“ als Schwerpunkt hat.
Über viele Jahre
– seit 2006 – war diese Begegnung am Berliner Platz Alltag, zwei Triebwagen der Reihe T57 kreuzen sich. Durch die Verlegung der Kreuzung zum Berliner Platz im Mai 2006 sparte die Woltersdorfer Straßenbahn neben der Aufgabe des Beiwagenbetriebs einen Umlauf ein, welcher in den Hauptverkehrszeiten durch einen E-Wagen bis zum Berliner Platz kompensiert wurde.
Am Berliner Platz entstanden damals Neubauten, so dass der Betrieb bis zu dieser Hst seit 2006 in den Hauptverkehrszeiten alle 10 Minuten durchgeführt wird – zuvor gab es in den Hauptverkehrszeiten
den Beiwagenbetrieb der drei Kurse zum Thälmannplatz im 20- Minutentakt.

Ausweiche

Bei Ankunft in Woltersdorf war bereits der Auflauf an Gästen zur Verabschiedung der Gotha-Triebwagen zu erahnen, entlang der gesamten Strecke von 5,6 Kilometern waren unzählige Fotografen und Zaungäste unterwegs. Die Ausweiche im Wald zwischen Berlin-Rahnsdorf und Woltersdorf – wir befinden uns hier noch auf Berliner Stadtgebiet – diente seit 2006 planmäßig nur noch in der HVZ als Kreuzungspunkt und war heute aufgrund des auf ganzer Streckenlänge angebotenen 10-Minutentakts ganztägig Kreuzungspunkt.
Der sonst eher ruhige Wald war heute auf ganzer Länge gesäumt mit Leuten, die Abschied von den Gotha-Triebwagen nehmen wollten. Das Pärchen im Vordergrund hatte eine Szenenidee, die mit der Realität aber nicht in Einklang zu bringen war – der „Gothaer“ ist hinter ihren Köpfen nicht sichtbar, die Kameraauflösung spricht da eine deutliche Sprache.


Tw 32

Die Kreuzung im Wald aufzunehmen ist nicht ganz einfach, der zuerst ankommende Triebwagen wartet meist hinten im Gleis, um nach Räumung des Lichtraumprofils im Weichenbereich durch den Gegenzug bereits mit höherer Geschwindigkeit wieder auf die Strecke fahren zu können.

Tw 27

Hat man keinen großen Zoom dabei, nutzt man die Kameraauflösung um einen Teleeffekt zu erzielen. Alle paar Meter stehen die Zaungäste und lichten die Züge ab. Alle sechs modernisierten Gotha-Triebwagen kamen heute zum Einsatz und machten den 10-Minutenbetrieb möglich. Triebwagen 27 im Wald kurz vor der Ausweiche.

Tw 27

Oder war es auf dem Foto oben vielleicht doch nicht „kurz vor der Ausweiche“? Tw 27 nun wirklich kurz vor der Ausweiche im Wald.

Ausweiche

Jeder vollzieht seinen Abschied von den Gotha-Triebwagen anders. Der Foto-Kollege links im Foto hat einen Bilderrahmen mit Fotos früherer Einsätze beschriftet und dort handschriftliche Vermerke untergebracht. Das ganze wird nun gemeinsam in Szene gesetzt.
Ob rechts Vater und Sohn nebeneinander stehen, ist nicht überliefert, die Haltung könnte dieses aber nahelegen.
Eine ähnliche Haltung hatte der Fotograf bereits Ende 2023 beim EIII/5-Einsatz auf der U5 bemerkt. Vielleicht ist dem Fotografen bisher aber auch nur der physikalische Vorteil dieser Körperhaltung entgangen …

Tw 31

Tw 31 hat in zügiger Fahrt die Ausweichstelle passiert.

Ausweiche

Alle zehn Minuten wiederholt sich die Szene 1:1 und die Fotografen bilden stets kleine Grüppchen, eigentlich immer friedlich – fotografenfreie Szenen braucht man heute nicht zu erwarten. Da war 48 Jahre Zeit zu, so man diese Zeit denn selbst hatte.
Der Autor konnte immerhin 35 von den 48 Jahren mit Fotos füllen – aber wer früher lebt ist schneller tot, ist so. Diesen Rahmenbedingungen unterliegen auch Eisenbahnfreunde und stets war gestern besser als heute …


Tw 28

Kreuzung am Thälmannplatz, diese war bis 2006 hier Alltag. Im Falle von Beiwagenbetrieb wurde der Beiwagen vom stadtwärts fahrenden Triebwagen durch den wartenden Triebwagen zur Schleuse abgenommen. Auch diese Tätigkeit konnte mit der neuen Ausweiche am Berliner Platz – nach der Wende 1989 schrittweise erschlossen – entfallen.
Unter der Woche und an Sonnabenden stellt der Verkehr hier eine Herausforderung dar, autofreie Szenen sind Glücksfall. Gut, im 10-Minutenbetrieb kann man entspannt sagen „Neues Spiel, neues Glück“ und hoffen …


Tw 32

Warten auf den nächsten Versuch – nervöses schauen nach hinten, kommt der Zug schon? Wie ist der Autoverkehr, welcher immer stoßweise dicht ist.

Tw 31

Dann kommt Tw 31 die Steigung an der Kirche hinaufgefahren, gesäumt von der üblichen Anzahl von Fotografen.

Tw 32 und 31

Was zweimal nicht klappte, klappte im dritten Anlauf – die Fraktion stadtwärts machte die verbliebene Spur zu und die Autofahrer übten sich in Geduld. An einem Sonnabend kann man auch mal betrachten, was um einen herum passiert und muss nicht der Zeit hinterherhecheln. Tw 31 und 32, beide ohne Abschiedsschild, kreuzen am Thälmannplatz.
Welche Wagen am Ende in Woltersdorf bleiben, ist derzeit nach außen nicht verbindlich abzusehen. Bisher war von drei Gotha-Triebwagen die Rede. 29 als „Museumswagen“ und 33 als erst 2017 fertiggestellter Neuaufbau eines 2008 erworbenen, früheren Denkmalwagens sind gesetzt. Naheliegend wäre der Tw 31 als erst ab 2006 modernisierter Triebwagen, welcher im Zuge des Entfalls des Beiwagenbetriebs als langfristig einzusetzender Triebwagen analog der Mitte der 90er Jahre bei MGB modernisierten Tw 27, 28, 30 und 32 aufgearbeitet wurde.
Bis 2006 reichten bei drei benötigten Triebwagen zwei Reservewagen aus, bei Bedarf ergänzt vom Tw 29 – welcher in aller Regel nur als Fahrschule auf der Strecke zu sehen war. Bedarfsweise konnte man in Woltersdorf auch auf den KSW-Triebwagen 7 zurückgreifen, welcher faktisch keine Einschränkung im Betrieb mit sich brachte – außer der erforderlichen Schulung des Fahrers auf dem Museumstriebwagen und mangels installierter „Grünschleife“ einem mitfahrenden Schaffner.


Tw 28

Die Rudolf-Breitscheid-Straße mit ihrer markanten Streckenführung. Hier entstanden gefühlt 70% der Fotos der Woltersdorfer Straßenbahn. In früheren Jahren wurde akkurat darauf geachtet, keine Mitfotografen im Bild zu haben. Selten war man alleine unterwegs.
Weiterer Konkurrent im Kampf für ein gutes Bild ist der Autoverkehr, welcher nie berechenbar ist und nicht nur ortsunkundige Autofahrer nicht selten vor unerwartete Herausforderungen stellt. Bei den Fotos des Autors spielte hier der Autoverkehr heute zum Glück keine Rolle – eher die Zielsetzung, die Fotografen mit einzufangen.


Tw 33

Klassisches Motiv Teil 2 – Rudolf-Breitscheid-Straße, Ecke Blumenstraße. Während die Spurwechsel vor dem Thälmannplatz in den 90er Jahren entfernt wurden, sind sie im Verlauf der Schleusenstraße bis heute geblieben. Die Ausstiegsseite ist zwar heute durchgehend von der Straßenseite abgewandt, aber die Autofahrer müssen noch heute mit einer die Straßenseite wechselnden Straßenbahn rechnen – wie sie auch einem auf der eigenen Spur entgegenkommen kann.

Tw 30

Die verwinkelte Spurführung lässt an der Rudolf-Breitscheid-Straße viele Motiv-Varianten zu – vorausgesetzt, der Autoverkehr lässt es zu. Der Adrenalinspiegel steigt dann nicht selten – gerade bei wechselhaftem Wetter, aber mutwillig geraten die Autofahrer in aller Regel nicht in die Fotos.

Tw 30

Das eine oder andere reine „Gothaer“-Motiv wurde auch noch mitgenommen. Je nach Herangehensweise gibt es bis heute Motive, wo man denkt „Whow, gute Idee“, aber das ist wohl selbst bei den Heimatbetrieben so. Aber für solche Ideen bleibt einem Woltersdorf erhalten. Die verstärkte historische Flotte wird auch künftig für Motive sorgen.

Tw 28

Bei vergleichbaren Veranstaltungen ist es immer zu beobachten, zu Beginn des Tages wird mit Hochdruck an den eigenen Aufgabenstellungen, ggf. unter Inkaufnahme von Kollateralschäden gearbeitet.
Im Bereich zwischen Blumenstraße und der Schleuse ist es im Lauf des Tages gar zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen, welche am Ende polizeilich aktenkundig wurde. Nun sind solche Kandidaten eigentlich in aller Regel keine Kids, die nicht die Chance der frühen Geburt hatten, sondern „alte Hasen“, welche ihre Ziele kompromißlos durchsetzen. Der Autor war nicht dabei und hat einen völlig entspannten Tag gehabt – mit dem Drehbuch, die Szenerie auch bewusst ins Bild zu nehmen.
In zweiter Reihe kann man niemandem im Bild stehen. Wenn dann beim letzten Spurwechsel vor der Schleuse der Tw 28 völlig frei von Fotografen ins Motiv fährt, auch gut. 😉


Tw 31

Tw 31 fährt die Steigung der Schleusenstraße hinauf. An den Endstellen liegt heute stets ein Triebwagen über, da es sonst zu Nullminutenwenden gekommen wäre. Die Weichen lassen sich entsprechend einstellen, bzw. liegen an den Endstellen ohnehin in dieser Lage – welche ein Umlaufen bei Beiwagenbetrieb möglich machen. Für den Tag wurden aus diesem Grund die Einstiegshaltestellen an die Stumpfendstellen verlegt.

Tw 28

An der Schleuse – das klassische Motiv. Üblicherweise fährt der Triebwagen nicht so weit vor, der erhöhte Regeleinstiegsbereich ist links zu sehen. Waren bisher die eingesetzten Wagentypen sachlich egal, bekommt mit der Barrierefreiheit die Verlässlichkeit dieser neues Gewicht.

Tw 32

Tw 32 erreicht die provisorische Endstelle, während Tw 28 im Hintergrund gen Rahnsdorf fährt. Hinten rechts das Schleusenwärterwohnhaus. Dahinter entstanden auf einer lange als Parkplatz genutzten Freifläche Neubauten, diese machten dem früheren Schleusenmotiv mit den Villen am Hang des südlichen Kalksee ein Ende.

Tw 32

Thälmannplatz mit Sonne. Am Nachmittag kam die Sonne heraus. So war das Ziel, nochmals am Thälmannplatz die Kreuzung abzulichten. Sorgenvolle Blicke auch hier vorab, passt es mit den Autos? So manchem Autofahrer fehlte auch heute die Geduld, einfach ein paar Sekunden Lebenszeit Zeit sein zu lassen. Aber hier gelang es. Tw 31 nähert sich von der Schleuse, während Autofahrer bereits hinter einer Reihe von Fotografen geduldig warten.

Tw 32 und Tw 31

Und auch das eigentliche Motiv kann unfallfrei aufgenommen werden und die Reihe löst sich rasch wieder auf, nicht ohne den Wartenden mit Handzeichen noch kurz „Danke“ zu sagen.

Tw 32

Die Straßenbahn überquert kurz vor der Hst S-Bahn Rahnsdorf den Fredersdorfer Mühlenfließ.

Tw 28 und 31

Auch gegen 15.30 Uhr bilden die Fotofreunde noch immer Reihen, um die Gothaer nebeneinander ablichten zu können, die Dichte entlang der Strecke hat inzwischen deutlich abgenommen. Während Tw 28 gerade ankommt, verlässt Tw 31 die Hst S-Bahn Rahnsdorf.
Die Triebwagen 27, 28 und 30 hatten heute individuell erstellte Abschiedsschilder, die den Eindruck wecken könnten, dass die Tw 31, 32 und 33 in Woltersdorf verbleiben. Von drei Gotha-Triebwagen war die Rede, aber dass neben Tw 29 drei modernisierte T57 bleiben, würde schon sehr überraschen. So ziemlich jedes aktuell denkbare Szenario macht keine drei T57 erforderlich, zumal der Tw 29 bleibt und bei Bedarf der KSW-Tw 7 mit Schaffner (dann das wohl kleinste Problem) aushelfen könnte.


Tw 32

Meist wurde am Nachmittag am S-Bahnhof Rahnsdorf von der „Schokoladenseite“ fotografiert, doch die Kontraste der Sonne im 90 Grad-Winkel ohne Hochlicht haben ihren eigenen Reiz. Tw 32 wartet auf Ankunft des nächsten Kurses.

Tw 27 und BR 480

Der Tw 27 erreicht zeitgleich mit einem auf der S3 verkehrenden Vollzug der BR 480 die Endstelle Rahnsdorf. Der Bau der BR 480 liegt länger zurück als die Modernisierung der Gotha-Triebwagen vom Typ T57, welche auch nach 30 Jahren Betrieb kaum sichtbare Alterungsspuren haben.

Tw 31

Der Tw 31 erreicht die Brücke über den Fredersdorfer Mühlenfließ, die Sonne kommt inzwischen zunehmend frontal, zieht lange und breite Schatten, so dass die passende Auslösung auch bei schneller Kamera reine Glückssache ist.

Tw 32 und 30

Fünf Stunden nach dem ersten Foto schließt sich bei bester Abendsonne der Kreis. Die gleichen Triebwagen wie bei Ankunft kreuzen am Berliner Platz. Das waren 35 Jahre persönliches Erleben Woltersdorf mit den Gotha-Triebwagen, in allen Lebensabschnitten seitdem war Woltersdorf gerne Ziel und der Betrieb hat sich nie gewandelt – aber selbst wenn man eigentlich nicht will, ist der Wandel nicht aufzuhalten.

Sichelmond

Auf der Rückfahrt gen Hamburg fiel aus dem Auto der Blick auf den sichelförmigen Mond und den Planeten Venus, diese stehen derzeit von der Erde aus gesehen nah beieinander. Die Erde reflektiert zum vergleichsweise nahen Mond derart viel Licht, dass diese den vollen Mond sichtbar macht.
Das Phänomen wird Erdschein oder aschgraues Mondlicht genannt und ist im Frühjahr bei schmalen Mondsicheln am Abendhimmel gut zu sehen.

Fotos in Google Earth © 2025 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben