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8. November – Abschied vom ICE-TD
12. November – Neuzugang in der historischen Flotte
26. November – Dresdener Bahn vor dem Wandel








Sonntag, 26. November 2017 – Dresdener Bahn vor dem Wandel

BR481

Die Dresdener Bahn war bisher eines der zahlreichen Dinge auf dem Zettel, die man fotografisch abarbeiten will. Alle Dinge sind realistisch nicht abzuarbeiten, die Zeit und die Möglichkeiten sind endlich. Ohnehin ist der Berliner S-Bahn in den letzten Jahren recht weit nach hinten gerutscht, was die Prioritäten angeht – der historische Betrieb ruht seit 2009 praktisch vollständig und die Fahrzeugvielfalt auf der einen oder anderen Strecke ist mit Einführung der modernen ZBS-Zugsicherung auf eine Baureihe geschrumpft.
Die Strecke nach Lichtenrade wurde von der BVG in den 1980er Jahren nach ihren bei der U-Bahn gewohnten Maßstäben modernisiert und die Bauten waren gefühlt nie echte Eisenbahn, zumal andere Strecken deutlich mehr originales Eisenbahnflair zu bieten hatten. Doch die Zeiten ändern sich und diese "BVG-Strecke" steht vor der völligen Neugestaltung, welche die BVG-Bauten weitgehend Vergangenheit werden lässt – zumal diese durchweg auch schon um die 30 Jahre alt sind.
Der Güterverkehr im Westteil Berlins wurde während der deutschen Teilung im Westteil Berlins von der Reichsbahn aufrechterhalten, der Personenverkehr wurde spätestens ab 1952 um die Westsektoren umgeleitet. Für die zuvor nur mittels Culemeyer-Straßenrollern erreichbaren Industrieanschlüsse in Lichtenrade entstand um 1970 am früheren vorläufigen Güteraußenring (vGAR)
der Übergabebahnhof Motzener Straße, welcher vom Gbf Marienfelde aus bedient wurde.
Seit den 1990er Jahren ist der Anschluss Geschichte und das Gütergleis ohne Verkehr – die Signalanlage ist überflüssig, aber in Signalabhängigkeiten eingebunden, so dass diese funktionslose Anlage weiter instandgehalten wird. Das Bü-Deckungssignal am Hp Buckower Chaussee zeigt Betriebsbereitschaft, obwohl die Strecke seit Jahrzehnten nicht mehr betriebsbereit ist. Im Boden ist das zugewachsene und unterbrochene Gleis zur Motzener Straße noch zu erahnen.

BR 481

Die Deutsche Einheit ist seit über 27 Jahren Realität, die jüngeren Leute kennen die Teilung überhaupt nicht mehr aus ihrem eigenen Erleben. Für Berlin bedeutete die Einheit eine völlige Neukonzeption der Verkehrswege, was 2006 mit der Inbetriebnahme des Nord-Süd-Fernbahntunnels und des neuen Berliner Hauptbahnhofs einen vorläufigen Abschluss fand.
Wesentliche Teile des sog. Pilzkonzeptes wurden im Laufe der Projektierung verworfen bzw. auf später vertagt. Der Ausbau der Nordbahn wurde gestrichen und der geplante Verkehr auf die Stettiner Bahn verlagert. Die Anbindung des
Nord-Süd-Fernbahntunnels wurde im südlichen Teil zunächst nur über die Anhalter Bahn via Lichterfelde realisiert. Eine direkte Anbindung Dresdens und des Flughafen Schönefelds verzögerte sich aufgrund des nötigen Ausbaues der Dresdener Bahn und konnte bis heute nicht realisiert werden.
Bis zum Mauerbau war die Fernbahn via Lichtenrade die direkte Verbindung von und nach Dresden, allerdings teilten sich S-Bahn und (dampfgeführte) Fernbahn ein Gleispaar, welches 1961 mit dem Mauerbau gekappt wurde und erst 1992 in Form eines für den S-Bahnverkehr wiederaufgebauten Gleises zwischen Lichtenrade und Mahlow wieder erstand. Ab Mitte der 1990er Jahre bis 2006 fuhren auf dieser Trasse regelmäßig Müllzüge der BSR aus Richtung Tempelhof nach Schöneicher Plan, so dass die Strecke ab Marienfelde zusätzlich mit Indusi ausgerüstet ist.
Besonders der Streit in Lichtenrade um Tunnel oder Lärmschutzwände auf Ebene 0 hat das Projekt lange zurückgeworfen. Im September 2017 hat die Planfeststellung nach über 25 Jahren Planung Rechtskraft erreicht und die Bauarbeiten beginnen.
Heute kreuzt die Dresdener Bahn die Buckower Chaussee noch niveaugleich. Künftig wird die Buckower Chaussee die Dresdener Bahn überqueren und die Bahnsteige mittig unter ihr liegen. Rechts werden die Fernzüge von und nach Dresden bzw. der Airport-Express zum Flughafen BER verkehren. Und wer weiß, angesichts der aktuellen Verzögerungen beim Flughafen BER könnte die Dresdener Bahn vielleicht doch noch vor dem Flughafen fertig werden.

BR 481

Die BVG drückte der S-Bahn in den 1980er Jahren ihren Stempel auf. Hätte man nicht politisch gewollt die Kompatibilität zwischen den beiden Berliner Teilnetzen wahren müssen, hätte die BVG aus der S-Bahn deutlich stärker eine U-Bahn gemacht. So erinnert nur der vom U-Bahn-Architekten Rainer G. Rümmler gestaltete kolossale Baustil des Haltepunktes und die Zugabfertigerbude (jaja, bei der Eisenbahn hieß das Zugaufsicht...) an die BVG-Handschrift aus den 1980er Jahren.

BR 481

Fußgängerbrücken wurden zu BVG-Zeiten nicht einfach so errichtet. Um diese einst beim Bau als luxuriös kritisierte Überführung brennt erneut ein Streit, da neben den parkenden Autofahrern auch einige Anwohner durch die Brücke einen kürzeren Weg zur S-Bahn haben. Da der Bau eigentlich nur widerruflich des Ausbaues der Dresdener Bahn P&R-Platz und Anwohnerwege erschloss, möchte die Bahn den Bau entfernen.

BR 481

Idylle im Dörfchen Lichtenrade. Noch. Die Vorarbeiten zum Ausbau haben begonnen, die Baufeldfreimachung wird in den kommenden Wochen weitergehen. Hier werden in einigen Jahren hohe Lärmschutzwände stehen und die bisher niveaugleich kreuzende Bahnhofstraße unter der Bahn hindurch führen. Die jahrzehntelangen Bemühungen der Lichtenrader waren nicht von Erfolg gekrönt – sie haben künftig ein von der Bahn unübersehbar durchschnittenes Dorf.

BR 481

Bis in die 1980er Jahre nutzten die Fußgänger eine Unterführung um zur S-Bahn zu kommen, auch wenn die Gleise nach Mahlow seit 1961 ohne Zugverkehr waren. Die BVG funktionierte die Zugänge von der Bahnhofstraße bei der Streckensanierung zu Fahrradabstellplätzen um und schloss die Unterführung.

Bf Lichtenrade

Die Bahnhofsanlagen wurden von der BVG meist durchgreifend saniert, wobei so weit wie möglich historische Substanz erhalten oder nach altem Vorbild erneuert wurde – so blieben auch die alten Bänke in Lichtenrade erhalten. Die Reisenden warten auf den in Kürze aus Blankenfelde kommenden Zug nach Gesundbrunnen.

Bf Lichtenrade

In den 1990er Jahren wurden die grenzüberschreitenden Strecken nach Brandenburg nur eingleisig wieder aufgebaut, da man den Aufwand der als Standard gesetzten Gleismittenerweiterungen scheute. So konnten die Wiederaufbauten ohne Planfeststellungsverfahren erfolgen – die Strecken waren nach 1961 formal nie stillgelegt worden, sie waren nur ohne Verkehr. Das Gleis 2 blieb ein Stumpfgleis, dieses wird sich auch mit Ausbau der Dresdener Bahn für den Fernverkehr nicht ändern.

Hp Attilastraße

Lange wurde um die Form des Ausbaus der Dresdener Bahn gestritten. Der Hp Attilastraße wird im Zuge der Ausbauarbeiten unverändert bleiben, die Brücken für die Fernbahn werden neu gebaut. Südlich des Teltowkanals wird die S-Bahn eine neue, westliche Trassierung erhalten und die Fernbahn die bisherige S-Bahntrasse nutzen. Die in den 1980er Jahren errichtete Signaltechnik wird derzeit im S-Bahnbereich erneuert. Das neue Signal liegt zur Aufstellung bereit, die Balisen der künftigen ZBS-Zugsicherung sind bereits montiert – die mechanische Fahrsperre hat bald ausgedient.

Bf Marienfelde

Entgegen erster Planungen wird der S-Bahnhof Marienfelde weitgehend unverändert bleiben, da das Gleis zum Tanklager am Teltowkanal erst an der Lankwitzer Brücke aus dem nordwärts führenden Fernbahngleis ausgefädelt wird.

Bf Marienfelde

Klassischer Gewächshauszugang, welcher bestehen bleiben wird, aber saniert werden muss – was bisher aufgrund der lange unklaren Perspektive unterblieb.

Bf Marienfelde

Der der in den 1930er Jahren als zentraler Güterbahnhof geplante Güterbahnhof Marienfelde wird "dem aktuellen Bedarf angepasst", was nichts anderes als radikaler Rückbau bedeutet. Die derzeit noch zehn Gleise des Güterbahnhofs werden durch zwei je 450m lange Gleise neben den beiden neu zu bauenden Ferngleisen ersetzt. Ersetzt wird dabei auch das in den 1980er Jahren von der Deutschen Reichsbahn mit Siemens-Technik errichtete Stellwerk Marienfelde, eines der vielen speziellen Kapitel Eisenbahngeschichte im einst geteilten Berlin.

Bf Marienfelde

Viele Details bleiben oft jahrzehntelang unbeachtet. Viele Bunker aus Kriegszeiten sind Geschichte, aber hier und dort sind sie noch unbemerkt ganz "alltägliche" Zeitzeugen, wie hier auf dem Bf Marienfelde. Dieser unscheinbare Backsteinbau sollte bei Luftangriffen den Eisenbahnern Schutz bieten, Sehschlitze inbegriffen.

Bf Marienfelde

Nördliche Ausfahrt des Bf Marienfelde.

Bf Marienfelde

Von der östlichen Seite ist kein fotogener Blick auf den Bahnhof möglich. Eine Aufnahme der Ausfahrt nach Gesundbrunnen von der Verbindung B101 zur Daimlerstraße allerdings schon, so die Sonne nicht scheint. Künftig rauschen hier die ICE hinter bis zu fünf Meter hohen Lärmschutzwänden entlang, die Brücke über die B101/Großbeerenstraße wird in den bisherigen Maßen mit vier Streckengleisen erneuert.

Dresdner Bahn

Das sich entgegen der Wetterprognose zunächst haltene Wetter trübte zunehmend ein und beim ohnehin letzten Motiv auf der Lankwitzer Brücke schoss die ISO-Zahl an der Kamera in die Höhe – die Wolkenformation war dafür eindrucksvoll. In diesem Bereich bekommt die S-Bahn eine neue, um sechs Meter westlich verschobene Trassierung und die Fernbahn nutzt künftig die bisherige Trasse, die um rund einen Meter höhergelegt wird. Die Gleise des 1972 errichteten Tanklagers am Teltowkanal (Oiltanking) bleiben beim Ausbau der Dresdener Bahn erhalten und münden hier in das künftig von der Fernbahn genutzte östliche Streckengleis der Dresdener Bahn ein.

Fotos in Google Earth © 2017 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben