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6. Januar – Harzer Winterzauber
7. Januar – Weißgrauer Alltag bei den Harzer Schmalspurbahnen
8. Januar – Neujahrsfahrt in Braunschweig
16. Januar – Bunter Winter in der Prignitz
28. Januar – Von Klassikern in die Moderne
29. Januar – Berliner Bahnhöfe
30. Januar – Auf den Spuren der letzten Tatra




Sonnabend, 28. Januar 2017 – Von Klassikern in die Moderne

KTNF6 27

Dieser Tage ist der jährliche Resturlaub und passend dazu bot es sich an, für ein paar Tage nach Berlin zu fahren. Die Zeiten der regelmäßigen Touren nach Berlin sind etwas länger her, aber interessante Fotothemen lassen sich auch heute noch finden.
Am Sonnabend strahlte über Berlin die Sonne, so dass vor dem nachmittäglichen Termin die Schöneicher Straßenbahn angesteuert wurde. Die oft im Schatten der mit Gotha-Zweiachsern betriebenen Woltersdorfer Straßenbahn stehende Überlandstraßenbahn in Schöneiche hat einen nicht minder interessanten Wagenpark im Bestand. Drei aus Cottbus übernommene Tatrazüge vom Typ KTNF6 mit Niederflurmittelteil werden ergänzt durch drei
aus Heidelberg stammende hochflurige Düwag-GT6, welche in Schöneiche aufgearbeitet worden sind.
Im sonnabendlichen 30-Minutentakt reichen zwei Triebwagen für die planmäßigen Umläufe, welche bevorzugt mit Niederflurfahrzeugen bestückt werden. So passiert hier der KTNF6 27 die Haltestelle Am Goethepark.

KTNF6 27

Die Puschkinstraße in Schöneiche hat sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert. Zahlreiche Einfamilienhäuser säumen die Straße. Eigentlich würde man in einem Dorf dieser Größe keine Straßenbahn erwarten, doch hat sich die Schöneicher Straßenbahn in der DDR als gute Anbindung an die Berliner S-Bahn halten können, stand aber immer wieder – auch nach der Wende – vor der Stilllegung
Nachdem die bis zum Jahr 2000 vier kommunalen Gesellschafter angesichts verschlechterter Haushaltslagen keine Möglichkeit einer ausreichenden Finanzierung mehr sahen, ist bei der Schöneicher-Rüdersdorfer Straßenbahn GmbH (SRS) seit dem 1. Januar 2001 die Niederbarnimer Eisenbahn AG (NEB) zu 70 Prozent Mehrheitsgesellschafter. Daneben halten die Gemeinden Schöneiche und Rüdersdorf weiter je 15% an der Gesellschaft. Die aktuelle Konstellation ist bis zum Jahresende 2024 durch einen Verkehrsvertrag abgesichert.

GT6 43

Zwei Umläufe reichen bei kurzen Wendezeiten von nur wenigen Minuten nicht als ganztägige Bestückung aus. Gegen 10.40 Uhr rückt an Sonnabenden ein dritter Kurs aus dem Betriebshof aus, welcher in Friedrichshagen einen der beiden Niederflurumläufe ablöst. Hierfür wird üblicherweise einer der Düwag-GT6 eingesetzt. Heute war es der üblicherweise als Fahrschul-Tw vorgehaltene Tw 43, welcher vom Betriebshof nach Friedrichshagen ausrückte und die Hst Rahnsdorfer Straße ohne Halt durchfuhr.

KTNF6 27

Tw 28 passiert die Schöneicher Dorfstraße auf dem Weg nach Friedrichshagen.

GT6 43

In Schöneiche hat der Tw 43 die Hst Dorfaue erreicht. Auf den ersten Blick noch recht verträumt, entsteht links auf der Freifläche aktuell ein Neubau.

KTNF6 27

Beim Blick um 180 Grad gedreht hat die Neuzeit Schöneiche längst erreicht. Immerhin rechts noch eine der inzwischen seltenen Telefonzellen, bzw. was von der "Zelle" übrig geblieben ist.

GT6 43

Für eine weitere Wanderung nach Rüdersdorf fehlte die Zeit, von daher sollte es mit dem Düwag wieder gen Berlin gehen, zuvor ein passendes Motiv gesucht. Beim aktuellen Sonnenstand geht es nicht ganz ohne Schatten. Mangels Fahrgästen fuhr der Zug ohne Halt durch und der Fotograf hatte noch einmal 30 Miunten Zeit. Gut, war eh großzügig geplant... :-)

GT6 43

Nach dem Wiedereinsetzen des zweiten Niederflurumlaufes mit neuem Personal blieb der Düwag-Kurs auf Strecke und ermöglichte dem eingesetzten Personal eine Pause in Friedrichshagen. So war noch eine Aufnahme des Tw 43 bei der Ausfahrt aus Friedrichshagen möglich.

BR 480

Anschließend folgte der Wechsel nach Schöneweide, zum Hp Betriebsbahnhof Schöneweide. Hier ist einer der letzten noch mit Aufsicht besetzten Bahnsteige der Berliner S-Bahn. Ein Dreiviertelzug der BR 480 fährt in den Haltepunkt ein. Die Einsatzmöglichkeiten der Baureihen 480 und 485 haben sich mit Einführung der neuen Zugsicherungstechnik ZBS deutlich reduziert. Sie kommen nur noch auf den Linien zum Einsatz, die ab 2023 nach dem neuen Verkehrsvertrag für den S-Bahnring betrieben werden und dann durch neue Züge der BR 483/484 ersetzt werden. Einzelne Erhaltungsmaßnahmen sind an den "Altfahrzeugen" bis 2023 noch erforderlich. Neben neuen Stromrichtern erhalten die 480 derzeit auch eine neue Spitzenbeleuchtung mit integrierten Fernscheinwerfern. Ein solcher Zug fährt in den Betriebsbahnhof Schöneweide ein.

BR 485

In den Hp Betriebsbahnhof Schöneweide fährt ein Zug der BR 485/885 ein. Heute klassisches Gesicht der Berliner S-Bahn, war die Gestaltung anno 1980 (Prototypen) bzw. 1987 (Vorserienfahrzeuge) ein völlig neues Gesicht auf Berliner S-Bahngleisen und basierend auf den damals bei LEW Hennigsdorf üblichen Baugrundsätzen.
Warum diese Abhandlung zu neuen Formen? Berlins S-Bahn steht vor der Neubeschaffung von insgesamt 106 Fahrzeugen der BR 483/484. Nach dem Ausschluss vom Bombardier als klassischen Lieferanten Berliner S-Bahnfahrzeuge entschied die Fa. Stadler die Ausschreibung für sich und setzt bei der Gestaltung ihre aktuelle Formsprache ein, wie sie auch für die neuen Berliner U-Bahnwagen vom Typ IK und die neuen Wuppertaler Schwebebahnwagen zur Anwendung kommt. Nach der Vorstellung der neuen S-Bahnform ging ein Aufschrei durch Berlin und eine teils hitzige Diskussion entbrannte. Inzwischen wurde die Farbgestaltung etwas geändert und die S-Bahn Berlin bietet Interessierten einen Besuch des Mock-Up-Modells aus Holz an, um sich selbst ein Urteil zu bilden. Zu diesem Zweck weilte der Fotograf nun auch in Schöneweide.

Mock-Up BR 483/484

Als Einstiegsfoto nutze ich ein Foto des Mock-Ups mit zwei von drei bisher beschlossenen Modifizierungen. Diese waren am Besuchstag leider noch nicht am 1:1-Modell umgesetzt, so dass der PC etwas nachhelfen musste. Die unteren Frontformteile bekommen künftig die klassische rote Farbe und der Zugzielanzeiger soll statt der gelben LCD-Anzeigen weiße LED-Anzeigen bekommen, die auch bei praller Sonne gut erkennbar (aber meist kaum fotografierbar, das moderne Leid der Fotografen...) sind.
Wer zwischen den beiden Fotos des 485 und des 483-Modells wechselt wird feststellen, dass der Unterschied der Formsprache vielleicht gar nicht so groß ist und eben auch 30 Jahre Zeitunterschied abbildet. Und die Zeiten der Konstruktion der BR 480, wo die klassische Form der Stadtbahner in die Konstruktion einfloss, sind nun auch über 30 Jahre her. Ein Bruch mit der klassischen Berliner Farbgebung inklusive schwarzer Zierlinien, 1998 nach großem Medientamtam an den Neubauzügen der BR 481/482 durchgesetzt, ist letztlich konsequent – die rot/gelbe Farbe an sich ist im Verkehrsvertrag festgeschrieben.

Mock-Up BR 483/484

Aktuell zeigt das Mock-Up noch die ursprüngliche Gestaltung der Fa. Stadler, bei der nicht wenige bei der Frontgestaltung meinten, dass da auch eine BVG-U-Bahn kommen könnte. Neben den bereits beschriebenen und animierten Änderungen erhalten die 483/484 auch noch Fernscheinwerfer, die zunächst nicht berücksichtigt waren und dem 481 bis heute fehlen.

Projekt BR 483/484

Moderiert werden die aktuellen Führungen – welche innerhalb eines Tages ausgebucht waren – von Ingo Ruff, dessen Stimme wohl jedem Nutzer von Nahverkehrsfahrzeugen der DB vertraut sein dürfte – spricht er doch seit über 20 Jahren die Zugansagen in den Regionalzügen und S-Bahnen der DB. Hier erläutert er die Infotafeln, welche recht anschaulich das Konzept der neuen Züge darstellen.

Mock-Up BR 483/484

In den Innenräumen werden die aktuellen Normen vollständig umgesetzt, wobei man dennoch immer wieder staunt, in welchem Fluss die Normen trotz der schon langjährigen Umsetzung der Barrierefreiheit sind. Neueste Errungenschaft sind die Auffindetöne für die Türen, welche ständig Töne von sich geben, wenn sie freigegeben sind. Jeder selbsttätige Schließ- und Öffnungsvorgang wird akustisch mitgeteilt. Gleichzeitig werden andere Neufahrzeuge in Betrieb genommen, deren Türen in selbsttätiger Steuerung geräuschlos arbeiten, nur im Tempo des Türschließens jüngst reduziert wurden. Wie simpel waren einst doch die Stadtbahner gestrickt, wo es schlicht plopp und rumms machte...

Mock-Up BR 483/484

In den Mehrzweckabteilen soll künftig die eigentlich menschlich logische Reihenfolge der Prioritäten betont werden, ein inzwischen wohl nötiger Akt. Die Farbe der Beschriftungen ändert sich in der Serie von orange auf gelb. Die Position der Notrufsäulen ändert sich ebenfalls noch in Richtung der vorgesehenen Rolliparkposition. Als Innovation in Richtung S-Bahn 3.0 wird überlegt zu den Notrufeinrichtungen im Zuge durch spezielle Apps in Verbindung mit den vorgesehenen WLAN-Systemen stille Alarme vom Handy aus zu ermöglichen. Man merkt, die Zeit bleibt auch bei den Notrufsystemen nicht stehen.

Mock-Up BR 483/484

Die Sitzpolster sind künftig klassisches DBM-Design, die Beleuchtung übernehmen LED-Lichter. An den Seiten werden TFT/LED-Anzeiger eingelassen, die die aktuellen Anschlüsse in Echtzeit anzeigen sollen.

Mock-Up BR 483/484

Klassischer Fahrgastbereich.

Mock-Up BR 483/484

Die Barrierefreiheit äußert sich nicht nur in akustischer Beschallung, gut zu sehen sind auch die visuellen Hilfsmaßnahmen zum Auffinden der Türen. Immerhin wurde die Metallkante hin zum Trittblech als ganz analoge Barrierefalle erkannt und soll gegen eine abgeschrägte Version ohne Kante ersetzt werden.

Mock-Up BR 483/484

Klassisch der Führerraum – in Zeiten von Crashnormen fast ungewöhnlich weit vorne, die TSI-Normen für den Kollisionsschutz sind je nach Verkehrsnetz abgestuft.

Mock-Up BR 483/484

Bevor der Vorhang fällt noch ein letztes Foto auf den neuen Berliner S-Bahnzug, an dessen Gesicht man sich erst noch gewöhnen muss. Der S-Bahn Berlin auf jeden Fall ein herzlicher Dank für diese Veranstaltung auf einer erfreulich sachorientierten Ebene mit nur wenig Marketing.

Fotos in Google Earth © 2017 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben