Am 19. April 1989 besuchte ich zum dritten – und letzten Mal – das AW München-Freimann. Das AW München-Freimann hatte einen legendären Ruf, war es doch das Ausbesserungswerk für die elektrischen Lokomotiven der Deutschen Bundesbahn. Das AW Opladen stand stets in zweiter Reihe und unterhielt nur die Neubauelloks der DB. Der zweite Besuch im Juli 1988 ging durch eine am Vorabend plötzlich nicht mehr auslösende Kamera leider ohne Fotos aus und so hatte ich den April-Termin der damals üblichen öffentlichen Quartalsbesuchstermine anvisiert, um diese Scharte auszuwetzen.

120 131

Vor dem Besuchstermin vertrieb ich mir die Zeit in München Hbf, um den FD 1980 "Königssee" aus Berchtesgaden in München Hbf aufzunehmen. Der FD befuhr zwischen Würzburg und Fulda die 1988 eröffnete Neubaustrecke und wurde deswegen aus druckertüchtigten Wagen gebildet. Da der FD nicht dem Produkt "InterCity" angehörte, erhielten die Wagen bei der Druckertüchtigung die InterRegio-Farbgebung. Die Wagen des FD Königssee waren 1989 bis 1991 die einzigen des eigentlichen IC-Parks, welche in IR-Farben im Einsatz waren. Ab 1991 mit der vollen Inbetriebnahme der Neubaustrecke Hannover – Würzburg kamen die Wagen wieder im normalen IC-Verkehr zum Einsatz und wurden entsprechend orientrot umlackiert. 120 131 setzt in München Hbf vor die Wagen des FD 1980.
120 131

Noch ist die Zugsammelschiene nicht wieder unter Spannung, der Speisewagen versorgt sich entsprechend selbst aus der Fahrleitung.

360 416

Zuvor waren zwei Kurswagen aus Klagenfurt in München angekommen, die von 360 416 im Königssee an die Zugspitze gestellt wurden.

BR 110 und BR 120

Das AW München-Freimann war für die Inbetriebsetzung der Serien-120 verantwortlich. Im Frühjahr 1989 kam es in der Abnahmehalle zu einem Brand, wobei u.a. die dort zur Inbetriebsetzung stehenden 120 kontaminiert wurden. 110 392 steht zu Routinearbeiten im Werk.

BR 120

Die beim Brand in Mitleidenschaft gezogenen Lokomotiven der BR 120 wurden selbst nicht beschädigt, sie wurden jedoch kontaminiert und mussten aufwendig gereinigt werden. Ehe den Gruppenführern auffiel, dass das doch besser nicht fotografiert werden sollte, waren die Fotos im Kasten. Heute, rund 24 Jahre später, dürfte das alles verjährt sein und die Fotos eine Dokumentation eines kleinen Details und historisch fraglos interessant. Die 120 160 ist längst nicht mehr im regulären Fernverkehr der DB im Einsatz, per 20. Februar 2005 wurde die Lok an das FTZ Minden abgegeben – seitdem kommt die Lok nur noch bei absoluten Fahrzeugengpässen leihweise im DB-Fernverkehr zum Einsatz.

BR 420 und BR 120

In den 1980er Jahren brannten nicht selten bevorzugt Mittelwagen der BR 421 nach Brandstiftung aus. Die überzähligen Triebwagen der BR 420 waren zumeist abgestellt, nur in Einzelfällen wurden sie nach Bedarf in andere Garnituren eingestellt. In Zusammenhang mit der Nachbeschaffung der 7. Serie der BR 420/421 wurden einige Mittelwagen nach alten Bauzeichnungen neu gebaut und die Triebwagen der BR 420 wieder aufgearbeitet. Hier steht der 420 042 neben den zur Entkontaminierung stehenden Loks der BR 120.

BR 420

Das Pärchen 420 042/642 wartet auf den Nachbaumittelwagen 421 042.

BR 420

Noch unaufgearbeitet ist der 420 640, im Hintergrund der 420 042.

BR 420 und BR 472

Als Hamburger war ich doch überrascht, als der 472 513 im AW München-Freimann abgestellt stand. Er befand sich damals zu Versuchsreihen auf dem Rollenprüfstand des benachbarten BZA München in Freimann. Links wieder der 420 640 und rechts die S-Bahn 111 157.

BR 120 und BR 111

111 217 kehrte gerade von einer Probefahrt zurück, mittels Handwagen wurden die Gerätschaften von der Lok abgeholt.

120 001

Ebenso unauffällig hatte sich derweil die 120 001 in das AW München-Freimann gesellt, wir sahen die zuvor noch nicht anwesende Lok nur noch abgestellt. Die weitgehend im Originalzustand verbliebene 120 001 wurde bei einem Unfall am 21. April 2004 völlig zerstört, nachdem durch später nicht mehr klärbare Umstände der entgegenkommende 426 011 nach Arbeiten an der Signaltechnik über eine in falscher Lage befindliche Weiche in das Gegengleis gelenkt wurde.

120 158

Die 120 158 gehörte ebenfalls zu den durch den Brand in der Abnahmehalle kontaminierten Lokomotiven und musste vor der endgültigen Inbetriebnahme aufwendig gereinigt werden. Bereits seit Juli 2005 ist die Lok im seit der Schließung des AW München-Freimann für die BR 120 zuständigen Werk Dessau als Ersatzteilspender abgestellt.

182 001

1988 hatte die 182 001 ihre Schuldigkeit getan. Seitdem war die Lok abgestellt, im November 1989 endete das Mietverhältnis mit der Fa. AEG, die in der einstigen Zweisystemlok 182 001 ab April 1981 die Drehstromantriebstechnik erprobte. Der zugehörige Steuerwagen BDylf457wurde 1988 an die Bürgerbahn (BFS) abgegeben und wird heute beim Rheinischen Industriebahn-Museum (RIM) erhalten. Die 182 001 ist seit einigen Jahren im DB-Museumsstandort Koblenz-Lützel abgestellt, wo 2012 mit der optischen Aufarbeitung der Lok begonnen wurde. Große Teile der elektrischen Ausrüstung waren bei Mietende von der AEG aus der Lok wieder ausgebaut worden, so dass die Lok in Teilen nur noch eine Hülle ist.

Arbeitsstände

Nicht fehlen durfte natürlich der Rundgang durch die Richthalle, wo die 120 121, die 150 081 und die 151 059 in Aufarbeitung anzutreffen waren.

Schiebebühne

Ein auf dem Dia leider nicht mehr exakt zu erkennender Mittelwagen der BR 421 wird auf der Schiebebühne in die Lackiererei gebracht.

E 44 119

Nach dem endgültigen Einsatzende der Altbauelloks bei der DB 1988 verirrte sich nur noch selten eine Altbauellok in das Werk München-Freimann. Die E 44 119 hatte von der Deutschen Bundesbahn nochmals eine Hauptuntersuchung spendiert bekommen, es müsste die letzte Hauptuntersuchung einer Altbauellok im AW München-Freimann gewesen sein. Im Mai 1989 kam die Lok bereits wieder auf den Fahrten zum 50-jährigen Bestehen der Elektrifizierung der Frankenwaldbahn zum Einsatz. Nach Ablauf auch der vierjährigen Fristverlängerung ist die E 44 119 seit 2001 im Bw Lichtenfels hinterstellt. 2011 wurde die Lok einer äußerlichen Aufarbeitung unterzogen.

420 584

In München-Freimann waren die Triebwagen der BR 420/421 in der Unterhaltung. Nicht selten waren umfangreiche Unfallschäden zu reparieren, wie hier am 420 584. Rechts davon der 420 666 in Hauptuntersuchung.

141 096

Anno 1989 war vom Generationswechsel im Lokbestand der DB noch keine Rede. Im Gegenteil, die DB war von Lokmangel und Steuerwagenmangel geplagt. Lange war so noch die Reaktivierung der 1985 abgestellten Triebzüge der BR 427/827 im Gespräch, die letztlich doch nichts mehr wurde. 1989 gab es zwar die ersten Planungen für Ausmusterungen der BR 141 und schon konkrete Zeitpläne – selbst das orientrote Farbschema sollten die Loks der BR 141 nur noch im Ausnahmefalle erhalten. Letztlich wurde das alles nichts und die BR 141 blieb noch bis Dezember 2006 im Einsatz. Die Lokomotiven 141 096 und 188 waren die ersten ausgemusterten Lokomotiven ihrer Baureihe und wurden 1990/91 in Penzberg verschrottet.

191 100

In den 1970er und 1980er Jahren war der Lokfriedhof des AW München-Freimann ein beliebter Pilgerort für Eisenbahnfreunde. Dort standen zum Teil über Jahre abgestellte Elloks der DB und warteten auf ihr weiteres Schicksal, was nur selten Wiederinbetriebnahme oder museale Erhaltung hieß. Nach einem Unfall Mitte der 1980er Jahre war der Lokfriedhof ab 1987 nicht mehr zugänglich, wenig später wurde der Großteil der verbliebenen Loks verschrottet. Letzte Überlebender war die 191 100, welche als Ersatzteilspender für die 1984 von der DB betriebsfähig aufgearbeitete E 91 99 dienen sollte.

191 100

Es gab zwar diverse Kaufanfragen für die Lok, doch wurden diese von der DB allesamt abschlägig beschieden und die Lok 1990/91 in Penzberg verschrottet. Lediglich ein Motorgestell wurde erhalten und als Großersatzeil aufbewahrt. Mit Ablauf der HU-Frist ist die heute im Bahnpark Augsburg hinterstellte E 91 99 abgestellt worden und die erst kurz zuvor erfolgte Verschrottung der historisch wertvollen 191 100 umso unverständlicher.

Zur Übersicht © 2012 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben