Im April 2000 beging die S-Bahn Hamburg das direkt mit der Baureihe 471/871 verbundene 60-jährige Bestehen der Gleichstrom-S-Bahn. Die ET/EM 171 standen nach 60 Jahren noch in einigen Exemplaren bei der S-Bahn im Einsatz – darunter auch der erste gebaute Gleichstromtriebwagen, der 471 401, welcher natürlich zentraler Punkt der Veranstaltung war.
Der Zug 001 war am 9. Dezember 1939 geliefert worden und ging am 12. Dezember 1939 zu ersten Probefahrten auf der Strecke Ohlsdorf – Poppenbüttel in Betrieb. Am 22. April 1940 wurde auf dieser Strecke der Fahrgastbetrieb aufgenommen. Im April 2000 war die Ablösung der Altbaufahrzeuge der Hamburger S-Bahn in vollem Gange und zum großem Teil bereits abgeschlossen, so dass das Einsatzende bereits absehbar war.
Die klotzgebremsten Züge der BR 471/871 mussten bereits drei Monate nach dieser Veranstaltung am 24. Juli 2000 abgestellt werden, nachdem am Triebzug 038 ein Riss in einer Radscheibe festgestellt wurde und die S-Bahn Hamburg in Absprache mit dem Eisenbahnbundesamt (EBA) auf den weiteren Einsatz der BR 471/871 verzichtete. Damals war das Ende endgültig – bereits im November 1998 waren die Züge kurzzeitig aufgrund unzulässig hoher Asbestbelastungen in den Kaminräumen der Schaltwerke abgestellt, damals entschied man sich noch zu einer Sanierung der Züge. Der scheibengebremste Triebzug 062 blieb noch bis zum 26. Oktober 2001 im Einsatz, ehe er danach noch bis zum Fristablauf im Dezember 2004 als Ersatzmuseumszug für Sonderfahrten betriebsbereit blieb.

472 539

Im Vorfeld der Veranstaltung waren diverse Vorbereitungseinsätze notwendig, so sollten am Vortag die beiden für den Pendelbetrieb Poppenbüttel – Altona benötigten Züge 001 und 126 geschmückt und mit entsprechenden Schildern versehen werden. An diesem Tag sonnte sich der noch im Originalzustand befindliche 472 539 vor dem Werk Ohlsdorf. Rund acht Jahre sind keine 472/473 mehr in dieser Farbgebung im Einsatz, die einst verhasste Farbgebung ozeanblau/beige schaut mit etwas zeitlichem Abstand im Vergleich zur aktuellen Farbgebung schon fast attraktiv aus...
Fahrzeugköpfe

In den Jahren 1997 bis 2001 war der Fahrzeugpark der S-Bahn kunterbunt. Vier Baureihen kamen in drei verschiedenen Farbgebungen zum Einsatz. Mit etwas Glück konnte man ein Treffen aller dieser Varianten ablichten, wie hier im Werk Ohlsdorf am 21. April 2000 – wo die Züge 001 und 126 zur Schmückung bereitstanden.

471 411

Bei der Ausmusterung ging die S-Bahn Hamburg recht frühzeitig zu einer Ausmusterung nach Fristabläufen oder größeren Fahrzeugschäden über. Die zwischen 1984 und 1988 im AW Stuttgart-Bad Cannstatt aufgearbeiteten 22 Züge der BR 471/871 blieben daher durchweg nicht länger im Einsatz als ihre unmodernisierten Kollegen. Das Programm dürfte auch das letzte große Modernisierungsprogramm der DB gewesen sein, wo es ausschließlich um eine technische Modernisierung der Fahrzeuge ging und der Fahrgastnutzen/Komfort nicht im Mittelpunkt stand. Für den Fastgast änderte sich abgesehen von neuen doppelverglasten Klappfenstern nichts, auch die alte Glühlampenbeleuchtung blieb erhalten. Heute im Zeitalter der Regionalisierung und Wettbewerb beschränken sich Modernisierungen auf neue Innenausstattungen nach wenigen Jahren Einsatz. Ein Einsatzalter, welches eine technische Modernisierung nötig macht, erreichen die Fahrzeuge längst nicht mehr – die Aufgabenträger erwarten derzeit überwiegend schon nach 15 oder 20 Jahren Vertragslaufzeit neue Fahrzeuge.

471 483

Mit den Zügen 062, 083 und 085 standen im April 2000 noch drei Nachkriegs-471 im Einsatz. Der 471 483 war der letzte 471/871, der noch im Werk Ohlsdorf 1983 eine gründliche U4 mit Vollaufarbeitung des Wagenkastens und der Inneneinrichtung erhielt. Bei dieser Gelegenheit erhielt der Zug auch die markanten Doppelleuchten. Seit Umstellung der S1/S11 auf monitorgestützte Abfertigung durch den Lokführer (SAT) im März 2000 kamen die noch im Einsatz befindlichen 471/871 nur noch auf der S2 und neu auf der Linie S21 zum Einsatz, wobei die S21 eigentlich für 100 km/h ausgelegt war, aber die 471/871 bei zügiger Fahrweise die Fahrzeiten halten konnten.

470 436 und 382 001

Im Vorwege der EXPO2000 gestaltete die S-Bahn Hamburg einen Beitrag in Form des Zuges 470 136 als Außenstandort zur EXPO in Hannover. Der Innenraum wurde umgestaltet, um dort Präsentationen zu den Themen "Mensch, Natur, Technik" (je ein Wagen) zu installieren. Entsprechend wurden die einzelnen Wagen auch außen umgestaltet. Auf diesem Foto ist der 470 436 bereits umlackiert, dem 470 136 steht das noch bevor. Die kurz zuvor hauptuntersuchte Akkulok 382 001 steht vor dem 470 136 schadhaft abgestellt – aber auch im Jahre 2013 erfreut sich die 1955 gebaute Lok bester Gesundheit.

471 401

Am nächsten Tag war es dann soweit: Der 60. Jahrestag der Gleichstrom-S-Bahn in Hamburg war erreicht. Der noch immer mit Holzlattensitzbänken ausgestattete (der geneigte Leser vergleiche heute die Haltbarkeit neuzeitlicher Sitze, die oft öffentlich gefördert alle paar Jahre erneuert werden) Jubilar 471 401 verlässt die Ohlsdorfer Werkshallen 60 Jahre nach der Eröffnung des Gleichstrombetriebes am 22. April 1940. Die Fassade des Werks ist nicht mehr original, da die Nachfolgebaureihen rund drei Meter länger als der 471/871 wurden und die Hallen entsprechend verlängert wurden.

470 126

Neben dem Zug 001 kam als vorletzter blauer Vertreter der BR 470/870 der Zug 126 zum Einsatz, der im Gegensatz zum 470 106 noch weitgehend im Originalzustand war. Im Zugverband werden beide Halbzüge für die Fahrten bereitgestellt. Im Vordergrund die Rangierlok 333 005, welche eine der werkseigenen Köf III vertrat. Die im Bw Wilhelmsburg stationierte Lok wurde zehn Monate später abgestellt, ihre Spur verliert sich 2004 bei einem Schrotthändler in Magdeburg.

471 101

Der 471 101 ist kein originales Fahrzeug des 001, der originale 471 101 verunglückte 1980 in Stellingen und wurde durch den 471 441 ersetzt, dessen Mittelwagen zuvor durch einen technischen Defekt ausgebrannt war. Der noch nicht ganz 58 Jahre alte 471 101 verlässt geschmückt als S11 den Hp Rübenkamp.

470 126

Im Stundentakt verkehrten die Züge 126 und 001 zwischen Poppenbüttel und Altona, welches von Ohlsdorf aus erst ab dem 10. April 1941 mit Gleichstrom erreichbar war. Der im Juli 1999 zum Erhalt eines Museumszuges der BR 471/871 gegründete Verein "Historische S-Bahn Hamburg e.V." hatte die Veranstaltung zusammen mit der S-Bahn Hamburg GmbH auf die Beine gestellt und hatte im alten Warteraum auf dem Bahnsteig in Ohlsdorf einen Info- und Verkaufsstand eingerichtet. 470 126 verlässt derweil den Bahnhof Ohlsdorf.

Büssing Präsident 14 6406

Im Schienenersatzverkehr kam der VHH-Museumsbus 6406 vom Typ Büssing Präsident 14 zum Einsatz. Im alten, außer Betrieb befindlichen Terminal 2 des Flughafens hatte die S-Bahn Hamburg eine Ausstellung über die 60 Bahnhöfe der Hamburger S-Bahn eingerichtet, wobei der Flughafen die 60. Station war – welche im Jahr 2000 allerdings noch nicht existierte. Vor dem modernen Vertreter des Niederfluromnibusses in Form des Wagens 1278 der HOCHBAHN steht der 6406 zur Fahrt zum Flughafen bereit.

Büssing Präsident 6406

An der Haltestelle des Terminals 3/4 steht der Büssing Präsident 14 6406 zur Rückfahrt nach Ohlsdorf bereit. Nach der Ausstellung wurde der Terminal 2 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, heute Terminal 1. Die Stelle von damals wird heute nicht mehr auffindbar sein, nachdem am Flughafen seit 1986 praktisch kein Stein auf dem anderen blieb. Auch am Bus selbst wurden seitdem zwei umfassende Aufarbeitungen vorgenommen, damit das Museumsfahrzeug der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) noch möglichst lange im Einsatz erlebt werden kann.

Zur Übersicht © 2013 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben