Die Freunde der BOStrab werden jetzt vielleicht überlegen, wann wurde in Stade denn Straßenbahn gefahren? Nun, ein Wochenende im Mai 1994... Karlsruhe war damals Musterbetrieb in Sachen Einbindung von fast abgeschriebenen Nebenbahnen in ein modernes ÖPNV-Konzept. Der damalige Direktor Dr. Dieter Ludwig war zu seinen aktiven Zeiten stets offen, sein Betriebskonzept in anderen Ballungsräumen vorzustellen und so kamen Karlsruher Straßenbahnen wohl in schon fast jede Ecke Zentral-Europas – im Web findet sich zum Karlsruher Modell eine interessante Website.
1994 hatte eine Gruppe Stader Schüler ein Projekt "Stadtbahn für Stade" auf die Beine gestellt. Unter Nutzung von Gütergleisen sollte in der Stadt und im Einzugsgebiet eine Stadtbahn nach Karlsruher Vorbild entstehen. Die Schule "Am Hohenwedel" erreichte mit diesem Projekt folgende Auszeichnungen: Umweltpreis von 1993 Großer Pandapreis des WWF - 1994 Sonderpreis des WWF 1995 Umweltbildungspreis. Im Zuge ihrer Projektarbeit kam im Mai 1994 für einen Wochenende eine Karlsruher Straßenbahn, äh Stadtbahn, nach Stade und verkehrte mehrmals zwischen Stade und Horneburg. Nach Stade kam in der Folgezeit noch der ausgemusterter Bremer Straßenbahntriebwagen GT4c 3462, der den Jugendlichen als Anlaufpunkt dienen sollte. 2001 wurde der Triebwagen 3462 nach Hammah zu den "Johann-Breuer-Sportanlagen" umgesetzt, wo der Tw 3462 in blau/weiß lackiert als Kommunikationszentrum hergerichtet wurde, siehe auch den Link zu
Google Maps.
Inzwischen sind bald 20 Jahre vergangen, das Projekt "Stadtbahn für Stade" ist unter Bahngeschichte einzusortieren. Aber nur fast... Im Dezember 2007 hat Stade eine andere, innovative Anbindung an den ÖPNV-Großraum Hamburg erhalten. Die Gleichstrom S-Bahn wurde erstmals in ihrer Geschichte auf den Bereich der Wechselstrom-Fernbahn erweitert und erreicht nun Stade. Somit erhielt Stade 13 Jahre nach dem Schülerprojekt tatsächlich eine umsteigefreie Verbindung in einen Ballungsraum nach Karlsruher Vorbild, auch wenn in Hamburg nach Einstellung der Straßenbahn 1978 keine direkte Erschließung des City-Gebietes möglich ist. Aber der Jungfernstieg, die Landungsbrücken und die Vergnügungsmeile Reeperbahn sind damit nur noch eine Spuckweite von Stade entfernt. Welch Anteil das Stader Projekt von 1994 an den künftigen S-Bahnverbindungen hat, kann man nicht mutmaßen – aber ohne Frage würde heute Hamburgs S-Bahn ohne Karlsruhe und seine Entwicklung der Zweisystemstraßenbahn nicht Stade ansteuern.


TW 812 in Unterelbe

Besondere Aufmerksamkeit zog die eine Fahrt der Karlsruher Straßenbahn aka Stadtbahn von Hamburg-Harburg auf sich, war es doch die erste Fahrt einer Straßenbahn auf Hamburger Staatsgebiet seit 1978, von einzelnen "Just-for-Fun" Fahrten der dieselbetriebenen Dortmunder Museumsstraßenbahn von Walter Knupe einmal abgesehen. Rund einen Kilometer weiter vorher kreuzte einst die Eisenbahn mit der Harburger Straßenbahn, motivlich gab die Vorbeifahrt am Stellwerk "Hamburg-Unterelbe" jedoch mehr her.
TW 812 in Agathenburg

Die Stadtbahnfahrten wurden von der örtlichen Bevölkerung begeistert aufgenommen, so nutzten auch diese Radfahrer in Agathenburg das ungewohnte Angebot auf Schienen.

Tw 812 in Dollern

Seit Dezember 2007 fährt die S-Bahn aus Hamburg unter Wechselstrom Dollern an. Der Bahnsteig wurde beim Ausbau leicht nach Westen verschoben, so dass dieses Motiv – abgesehen vom damals eingesetzten Fahrzeug – auch heute noch wiederholt werden kann. 1994 war im Bahnhof ein griechisches Restaurant ansässig, das einem die Wartezeit auf die nächste Straßenbahn sehr verkürzte und auch als Motivstützpunkt wie hier mit dem Tw 812 dienen konnte...

Zur Übersicht © 2013 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben