|
|
In den späten
1980er Jahren sank der Stern der Akkutriebwagen der DB rasant. Die
Deutsche Bundesbahn hatte nach über 10 Jahren Erprobung in Form
der 628.2 eine erste Serie der Baureihe 628 bestellt, mit dem die DB
den Nahverkehr in der Fläche auf eine neue, moderne Basis stellen
wollte. Die Schienenbusse der DB, zu Zeiten des deutschen
Wirtschaftswunders die Nebenbahnretter,
hatten zwar vielen Nebenbahnen der DB eine neue Perspektive geben
können – aber das Groß der Nebenbahnen auf Dauer nicht
retten können. Mit dem 628.2 wollte die DB das angestaubte Image
der Fläche modernisieren, oftmals weg vom unwirtschaftlichen
lokbespannten Verkehr mit umsetzen an den Endbahnhöfen.
Die ab 1987 anrollenden Neubaufahrzeuge kamen zunächst in
Schleswig-Holstein zum Einsatz, wo sie zumeist V100-bespannte
Wendezüge ersetzten. Ab 1988 kamen die 628.2 auch in der Mitte und
im Süden Deutschlands zum Einsatz, wo sie auch die restlichen
Schienenbusse der BR 798 und Akkutriebwagen der BR 515 ersetzen sollten.
Beim Bw Worms kamen 92 Jahre lang Akkutriebwagen zum Einsatz,
zunächst die Triebwagen der Bauart Wittfeld und ab den 1950er
Jahren auch die Neubautriebwagen der DB, die ETA 150. Die DB hatte in
den 1970er Jahren auch mit einem modernen Nachfolger der ETA
geliebäugelt, welcher als ETLO
528 projektiert wurde und als Hybrid-Speichertriebwagen geplant
wurde, er hätte seine Akkus unter
Fahrdraht aufladen können.
Dieses Projekt wurde 1981 eingestellt und die DB konzentrierte sich auf
die Serienreife der dieselbetriebenen BR 628.
Am 13. Januar 1989 endete der Einsatz der letzten Akkutriebwagen,
nachdem zuletzt noch fünf Triebwagen planmäßig
eingesetzt wurden. Die Deutsche
Gesellschaft für Eisenbahngeschichte e. V. (DGEG) organisierte
am 14. Januar 1989 eine letzte Fahrt mit dem Mainzer Triebwagen 515
002, welcher damals als letzter Vorserientriebwagen noch im Bestand der
DB war. Der 515 002 unterschied sich in vielen Details von den
Serienwagen – umso erstaunlicher war es, dass der Triebwagen noch bis
1989 betriebsfähig blieb.
|
|
Frühmorgens
am 14. Januar 1989 zeigt sich der 515 002 vor der Triebwagenhalle des
Bw Worms, welche zunächst für die Dampflokunterhaltung in
weitaus aufwendigerer als der heutigen Form erbaut wurde – wann und aus
welchem Grund die Rechteckhalle modernisiert wurde, ist nicht bekannt.
Bis zum Erscheinen der Akkutriebwagen war das Bw Worms ein reines
Dampflok-Bw, die letzte Dampflok verließ das Bw Worms im Jahre
1967 und die Dampflokanlagen wurden in den Folgejahren abgerissen.
Die Rechteckhalle steht in Worms auch 26 Jahre später noch – sie
diente der Pfalzbahn als
Stützpunkt,
ist heute jedoch weitgehend verlassen.
|
|
Die
ETA-Ladeanlage 69167 wurde 1904 als Güterwagen von Linke-Hofmann in Breslau gebaut und
diente dem Bw Worms als mobile Ladestation, um ausgefallene Ladestellen
an den ETA-Wendepunkten ersetzen zu können. Die Anlage blieb auch
nach dem Ende der Akkutriebwagen in Gelsenkirchen-Bismarck erhalten.
|
|
|
1974 wurden
die ersten Prototypen der BR 628.0 in Dienst gestellt und
von der Deutschen Bundesbahn eingehend erprobt. Es hat nicht nur an der
Komplexität der neuen Fahrzeuge gelegen, dass es rund 10 Jahre
dauerte, ehe eine Serienbestellung über zunächst 150
Fahrzeuge ausgelöst wurde. Die DB haderte damals mit ihren
Nebenstrecken und wäre einen Großteil davon lieber heute als
morgen losgeworden. Damaliges Schlagwort bei vielen dieser Strecken war
das berüchtigte "Alibizugpaar", beim dem das aufwendige
Stilllegungsverfahren mit entsprechenden Fahrgastzahlen untermauert
werden konnte.
Heute sind diese Herangehensweisen längst Geschichte – für
Verkehrsunternehmen sind Nebenstrecken zu Profitbringern geworden,
nachdem die Länder für den Nahverkehr zuständig sind.
Heute wird bei Bedarf einfach vom Aufgabenträger abbestellt – oft
auch nur, weil sich zwei beteiligte Bundesländer über
Modalitäten nicht einig werden.
Der 628 274 war im Januar 1989 erst wenige Monate alt und beim Bw Mainz
zuhause – wozu auch das frühere Bw Worms zählte, nachdem es im
Oktober 1984 die Selbständigkeit verlor. Bis 2012
blieb der Zug seinem Einsatzgebiet treu, ehe er 2012 nach Kiel
wechselte. Seit 2014 ist der damals 26 Jahre alte Triebwagen im
Stillstandsmanagement der DB abgestellt – die heute üblichen
Ausschreibungen der Aufgabenträger fordern zumeist Neufahrzeuge
mit Klimaanlage und Behindertenfreundlichkeit. Der 628 kann hier nicht
mithalten und so ist der Nachfolger der ETA heute oft selbst arbeitslos
abgestellt und das eine oder andere Fahrzeug wurde bereits
verschrottet.
|
|
|
Der rechts
abgestellt stehende 515 546 zählte in Worms bis zuletzt zu den
Betriebsfahrzeugen und wurde im Januar 1989 nach Wanne-Eickel
abgegeben, wo er noch bis 1991 im Einsatz stand.
Alle in dieser Galerie gezeigten Neubautriebwagen der BR 628.2 haben
inzwischen ebenfalls ihren Dienst quittiert. Auch wenn es dem
Fotografen kaum so vorkommt, 26 Jahre entsprechen heute nicht selten
mehr als einem Eisenbahnfahrzeugleben – die Akkutriebwagen waren
seinerzeit um die 30 Jahre alt und verkörperten eine andere Zeit.
2015 ist dieses nicht anders – die Eisenbahn ist heute eine
völlig andere als 1989.
|
|
Der 515 552
hatte damals seine Karriere bei der DB hinter sich, seit September 1988
war der Triebwagen z-gestellt und zum 15. Dezember 1988 ausgemustert
worden. Seine Akkumulatoren spendete der Wagen an andere Fahrzeuge –
die offen stehenden Klappen lassen bei der tiefstehenden Morgensonne
einen schönen Einblick in die Tröge zu, die die
tonnenschweren Akkus tragen mussten und im Laufe der Jahre bei so
ziemlich allen Triebwagen zum berüchtigten Durchhängen
führten.
|
|
Bei mildem
Winterlicht passiert der 515 002 mit dem Steuerwagen 815 616 auf der
Fahrt von Worms über Frankenthal nach Freinsheim das
Einfahrvorsignal von Weisenheim am Sand.
|
|
1985 wurde
aus Anlass des 150-jährigen Bestehens der Eisenbahnen in
Deutschland der 815 616 zusammen mit dem 515 616 in rot neu lackiert
und auf den Jubiläumsparaden bzw. der Fahrzeugausstellung in
Bochum-Dahlhausen gezeigt. Der Steuerwagen 815 616 gehörte bis zum
Einsatzende der ETA in Worms zum Bestand des Bw Worms bzw. Mainz und
konnte von der DGEG für die Abschiedsfahrt der Akkutriebwagen
genutzt werden. Hier steht der Zug im Bf Freinsheim zur Weiterfahrt
nach Bad Dürkheim.
|
|
In
Freinsheim zweigt im Bahnsteiggleis 1 die Strecke nach Frankenthal von
der Pfälzischen Nordbahn Neustadt/W
– Monsheim ab. Damals noch mit Formsignalen gesichert, zeigte dem
Fahrdienstleiter eine meterhohe Weichenlaterne die jeweilige
Weichenstellung an. Heute sind die Bahnsteiganlagen umfangreich
modernisiert, barrierefrei erreichbar und die Formsignale wurden durch
ein ESTW überflüssig. Links steht der 2003 unfallbedingt
ausgeschiedene 928 285.
|
|
Im
Kopfbahnhof von Bad Dürkheim steht der 515 002 zur Fahrt nach
Neustadt/Weinstraße bereit. Diverse Unterschiede zu den
Serien-515 fallen dem Betrachter ins Auge: Neben den deutlich
abweichenden Batterietrögen sind die Fenster größer und
dürften der Ausführung der Schienenbusse entsprechen. Die
Frontleuchten waren tiefer angeordnet und die Frontscheiben
innerhalb eines eckigen Fensterrahmens eingefasst.
Leider blieb das Fahrzeug nicht erhalten und wurde kurz nach der
Umbeheimatung nach Mönchengladbach abgestellt, der Blechzustand
war 1989 bereits eher bescheiden. Vom Vorgänger, dem ETA 176,
blieb anstelle eines Serienfahrzeuges der Prototyp ETA 176 001 erhalten.
|
|
Ein Fotohalt
bei bestem Sonnenschein anlässlich eines Kreuzungsaufenhalts im Bf
Deidesheim. Der Fahrdienstleiter versah seinen Dienst noch im
Bahnhofsgebäude und hatte eine Schrankenanlage zu kurbeln.
Das Ausweichgleis war 1989 bereits vom Netz abgeklemmt.
|
|
Der
Fahrdienstleiter schließt für die Ausfahrt des Sonderzuges
den Bahnübergang, während der 2011 abgestellte 628 280
bei bereits gezogener Ausfahrt auf die Weiterfahrt nach Grünstadt
wartet. Heute, zu "modernen" Zeiten ist der Bahnhof unbesetzt und der
Mittelbahnsteig durch einen ebenerdig ohne Gleisüberschreitung
erreichbaren Bahnsteig auf der früheren Trasse des Ausweichgleises
ersetzt.
|
|
In
Neustadt/Weinstraße ging es auf die dem Landkreis Bad
Dürkheim gehörende und von der DGEG genutzte
Museumsstrecke nach
Elmstein, das Kuckkucksbähnel.
Bei Frankeneck fährt der Zug gen Elmstein.
|
|
Entlang der
Landesstraße 499, dem Flüsschen Speyerbach und dem
Elmsteiner Tal führt das 1984 reaktivierte Kuckkucksbähnel
nach Elmstein und der aus Anlass des ETA-Abschieds bekränzte 515
002 hat bald sein Ziel erreicht. Rechts ist heute die Kläranlage
Elmstein-Speyerbach.
|
|
Mit seiner
Glühlampenbeleuchtung wirkt der Innenraum des 515 002
gemütlich. Auch auf dieser Aufnahme sind im Vergleich zur
Serienausführung des 515 zahlreiche Unterschiede erkennbar. Der
Fahrgastkomfort hielt sich bei einer Bestuhlung 3+2 der ETA 150 001-030
sehr in Grenzen – die Fahrzeuge ab ETA 150 101 ff. erhielten eine 2+2
Bestuhlung in der 2. Klasse und ließen den ETA 150 mit seinen
Drehgestellen der Bauart München-Kassel zu einem durch und durch
komfortablen Fahrzeug werden.
|
|
Zur
Abschiedsfahrt gehörte auch ein Besuch des DGEG-Museums
Neustadt/Weinstraße. Bei der DGEG blieb der 515 556 erhalten,
welcher 1993 für den Einsatz auf der NOKIA-Bahn
modernisiert worden war.
1996 wurde der Triebwagen in rot neu lackiert und noch einige Monate
von Bochum-Dahlhausen aus eingesetzt. Der Triebwagen 515 556 ist heute
der einzige – ohne Fristen – funktionsfähig erhaltene
Akkutriebwagen der BR 515 und wird gelegentlich in Bochum-Dahlhausen in
Funktion vorgeführt. Der beim Bayerischen
Eisenbahnmuseum (BEM) in Nördlingen erhaltene 515 011
besitzt keine Batterien mehr.
|
|
|