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Die Deutsche
Gesellschaft für Eisenbahngeschichte (DGEG) mit
ihrem rührigen Veranstalter Theodor Horn veranstaltete seit 1970
zahllose bundesweite Sonderfahrten mit dem 491 001, die auch nach
Österreich und ins benachbarte Ausland führten – vor
fahrdrahtlosen
Strecken wurde kein Halt gemacht und nicht selten interessante
Einzelgänger zur Bespannung des Zuges ausgewählt. Am 12. und
13.
Februar 1989 bot die DGEG zwei Sonderfahrten mit dem 491 001 von
München aus an – am Sonnabend ins Zillertal und am Sonntag durch
das Donautal nach Nürnberg in das dortige Ausbesserungswerk.
Kriegs-
und
Nachkriegswirren überstand der 1935 für Ausflugsfahrten
gebaute 491 001 und früher als ET 91 01 bzw. elT 1998 bezeichnete "Gläserne Zug" schadlos. 1985
stand
sein Abschied ins Haus, im Jubiläumsjahr war der Zug 50 Jahre alt
geworden und das Jahr über im Zeichen des Jubiläums
bundesweit auf
Tour. Das AW Stuttgart-Bad Cannstatt realisierte dann doch noch eine
umfangreiche HU, die im Juli 1986 abgeschlossen werden konnte. In
München-Freimann wurde 1992 erneut eine Revision ausgeführt,
wobei
der Aufwand zur weiteren betriebsfähigen Erhaltung des
Einzelstücks anstieg und man sich mittelfristig wohl auf eine
Abstellung des
Zuges einstellen musste.
Am 12. Dezember 1995 endete die Einsatzgeschichte des Gläsernen
Zug
jedoch jäh, nachdem bei Einfahrt in den Bf Garmisch-Partenkirchen
ein
mit einer österreichischen Lok der BR 1044 bespannter
Nahverkehrszug
unberechtigt aus dem Bahnhof ausfuhr und mit dem einfahrenden 491 001
frontal kollidierte. In der Folge bekannte sich der damalige
Bahnchef Heinz Dürr für eine Reparatur des auch am Rahmen
schwer beschädigten Zuges ein, doch scheiterte diese letztlich an
den Kosten. Seit 2005 steht der 491 001 im Bahnpark Augsburg
hinterstellt – eine einst vorgesehene optische Wiederherrichtung der
zerstörten Front konnte bisher nicht realisiert werden.
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Fotohalte
gehörten stets zu den Programmpunkten der Fahrten und waren gut
gewählt. Zwischen Kufstein und Wörgl liegt Langkampfen, der
dortige
Haltepunkt wurde später nördlich verschoben neu errichtet und
der alte
Empfangsbau abgerissen. Vor der prächtigen Kulisse der
Brandenberger
Alpen steht der Gläserne Zug mit seinen Reisenden und dem
langjährigen
Stammlokführer Horst Büttner Modell.
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Das Ziel der
ersten Fahrt war Mayrhofen, in Jenbach wartete die Lok 2 der Zillertalbahn
auf die Fahrtteilnehmer und startete in das
Zillertal. Machte das Zillertal damals schon einen urbanen Eindruck –
wer heute zur Zillertalbahn kommt, erkennt so ziemlich jede
Fotostelle von damals nicht wieder. Die Fotostelle am Hp Kapfing wird
der Fotograf heute
vergeblich suchen, einzig das Wartehäuschen steht dort heute noch.
Der
mächtige Baum wurde inzwischen gefällt und ein
Industriebetrieb
hat sich bis an die Unterführung ausgedehnt.
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Auch der
Bahnhof Aschau hat sich gründlich gewandelt – der Vordergrund ist
bebaut, die Bahnsteige mit neuer Beleuchtung erneuert. Fotos auf
der fotogenen Sonnenseite sind praktisch nicht mehr möglich.
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Nach
aktuellen Satellitenfotos scheint sich nahe des Futterwegs bei Zell am
Ziller nur wenig geändert zu haben, Lok 2 bei einer Scheinanfahrt.
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Neben dem
Stammlokführer Horst Büttner und dem Organisator Theodor Horn
gehörte
auch Horst Troche zu den guten Geistern der zahlreichen DGEG-Fahrten.
Bei der DB Leiter des Werkstättendienstes, war
er der "Vater" aller
DB-Museumsfahrzeuge der 1980er Jahre – Initiator der
Jubiläumsparaden
und sorgte für den Fall des Dampflokverbots bei der DB. Hier
hält der
2014 im Alter von 83 Jahren verstorbene Horst Troche die Beschilderung
der Lok 2 im Bild fest und entschuldigte sich umgehend, dass er im Bild
stehen würde – obwohl er es gar nicht tat.
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Ein
besonderes, leider in der Remise abgestelltes, Fahrzeug ist der
dreiteilige Triebwagenzug VT1 der Zillertalbahn. Die
Wagen ET 195 01 und ET 195 02 wurden 1954 von der Deutschen Bundesbahn
für
die Überlandstraßenbahn
Ravensburg – Baienfurt beschafft,
welche 1959 eingestellt wurde.
Die beiden elektrischen Triebwagen wurden 1961 an die
niederländische
Eisenbahngesellschaft RTM (Rotterdamsche
Tramweg Maatschappij) verkauft, die bei Rotterdam
nichtelektrifizierte Überlandstraßenbahnlinien betrieb. Für
den Betrieb auf der RTM mussten die Fahrzeuge jedoch von 1000mm auf
1067mm (Kapspur) umgespurt
und auf Basis eines altbrauchbaren
Triebwagens von 1935 ein neuer Generatorwagen gebaut werden, welcher an
das
Design der Düwag-Triebwagen angepasst wurde.
Doch wie auch schon in Ravensburg wurde auch die RTM kurze Zeit nach
Inbetriebnahme des Zuges 1963 zum 14. Februar 1966 stillgelegt
und
der Zug 1967 an die Zillertalbahn abgegeben, die den auf 760mm
umgespurten Zug bis 1999 im Bestand behielt – die letzten Jahre nur
noch als Reservefahrzeug. 1999 kam der Zug wieder in die Niederlande,
wo die Stichting voorheen RTM
bei Ouddorp eine Strecke in Erinnerung an die
Überlandstraßenbahn RTM als
Museumsbahn aufgebaut hat und betreibt. Aktuell ist der Zug zur
Überholung der
elektrischen Anlage abgestellt.
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Auf der
Rückfahrt nach München wurde die Karwendelbahn
befahren und an dem
einen oder anderen Punkt der Bahnlinie ein Fotohalt eingelegt. An der Martinswand
hier mit einem fotogenen Fernsprechhäuschen. Die am Hang
positionierten Fotografen waren für die nicht fotografierenden
Reisenden auch ein Hingucker. Eben Reisen und Schauen mit dem
Gläsernen
Zug...
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Von oben
macht das Motiv der Schlossbachbrücke bereits ein einen guten
Eindruck.
Wirklich imposant ist das Motiv jedoch erst vom Schlossbach im Tal aus,
vom Bahndamm jedoch nicht "mal eben" zu erreichen und auch sonst in
unwegsamem Gebiet gelegen.
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Leider hatte
sich die Sonne zuvor hinter Wolken verzogen, so dass das
Motiv nahe Leithen ohne abendliche Theaterbeleuchtung auskommen muss.
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Kurze
Raucherpause im Bahnhof Seefeld/Tirol. Auch wenn "nur" eine
Bahnsteigaufnahme als Beifang, das Auge verweilt gerne in der damaligen
Szenerie.
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Am
nächsten
Tag ging es über die Donautalbahn
gen Nürnberg. Auf der alten Donaubrücke bei Poikam bei bestem
Licht ein
Fotohalt – kurz bevor eine Schlechtwetterfront das Gebiet erreicht
hatte.
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Der
Felstortunnel bei Etterzhausen war bis 2010 ein weithin bekannter und
beliebter Fotostandort, natürlich ohne dass die Fotografen im
Gleis standen. Heute wäre eine solche Fahrt undenkbar: Auf
zweigleisiger Hauptstrecke mit dichtem Güterverkehr anhalten, die
Reisegruppe aussteigen lassen und entspannt den Felstortunnel mit
Glaszug
umsetzen. An dieser Stelle wäre mir jetzt ein Güterzug aus
Richtung
Nürnberg recht gewesen – aber alles kann man auch nicht haben. ;-)
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Wenn ich
mich heute recht erinnere, war die Fahrt des 491 001 in das AW
Nürnberg
die erste Fahrt eines elektrischen Zuges in das AW – erst wenige Tage
zuvor war die erste Fahrleitung im Werk fertiggestellt worden. Das
früher ausschließlich für Dieselloks und -triebwagen
zuständige
Ausbesserungswerk hatte erst kurz zuvor die Instandhaltung der BR
420/421 vom AW Stuttgart-Bad Cannstatt übernommen, welches zum 30.
Juni
1989 geschlossen wurde. Entsprechend feierlich wurde die Gruppe von der
Werksleitung empfangen und wartet auf die Besichtigung des Werkes.
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Der 420 327
gehörte zu den Zügen, die ihre Mittelwagen durch
Brandstiftung
verloren. 1989 wurden daher mehrere Mittelwagen der BR 421 nach den
alten Zeichnungen neu gebaut. Die beiden Triebwagen 420 327 und 827
waren für die Einfügung des Neubauwagens bereits
aufgearbeitet worden
und hatten vermutlich für die Abnahme der beiden Triebwagen einen
Bestandswagen der BR 421 eingereiht bekommen.
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In langen
Reihen standen auch 1989 noch Dieselloks im AW Nürnberg
abgestellt,
hier bunt gemischt Loks der BR 211 und 221. Die 211 082 verschlug es
1991 nach Österreich, wo die Österreichischen
Bundesbahnen (ÖBB) eine
Reihe von Loks der BR 211 gekauft hatten. Die 211 082 diente jedoch nur
noch als Ersatzeilspender und wurde 2001 in St. Pölten
verschrottet.
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Damals noch
allerorten anzutreffen – meist aber nur
noch für untergeordnete Dienste genutzt – waren die
Köf II der DB, hier die 323 736, 781 und 235. Alle drei Loks
fanden
externe Abnehmer, wobei die unfallbeschädigte 323 736 im
Vordergrund
von den Eisenbahnfreunden Wetterau
e.V. noch 1989
verschrottet wurde. Die beiden anderen Loks 323 781
und 235
sind noch
heute bei Privatbahnen im Bestand.
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Zahlreich
waren im AW Nürnberg die Loks der BR 221 vorhanden, welche zum Mai
1988
von der DB übereilt abgestellt worden waren. Die zweimotorigen
Loks
galten als zu teuer und wurden trotz zum Teil noch recht frischer
Fristen abgestellt. Nur wenige Monate später waren Dieselloks bei
der
DB Mangelware... Über die Hälfte des Bestandes konnte von der
DB
verkauft werden – 20 Loks nach Griechenland und fünf Loks nach
Albanien.
Die 221 118 und spätere HSH 2001 wurde 1989 über die Regentalbahn
nach
Albanien verkauft, die Loks wurden in Viechtach aufgearbeitet und vier
Loks nach
langer Abstellzeit ca. 2004 verschrottet, einzig die 221 125 alias HSH
2003 war im Jahr 2013 in Përrenjas abgestellt noch vorhanden. Die
dahinter stehende 221 101 stand später in Rosenheim abgestellt und
wurde über
die Fa. Layritz und Pelka nach Italien verkauft, wo sie
aber nie
aufgearbeitet wurde und ca. 2004 zum Süddeutschen
Eisenbahnmuseum (SEH) nach Heilbronn kam und dort langfristig
betriebsfähig aufgearbeitet werden soll.
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1989 begann
die Aufarbeitung der zweiten bei der DB erhaltenen
Diesel-Eierkopfgarnitur,
nachdem der VT08.5 von Braunschweig aus mit großem Erfolg
eingesetzt
wurde und Bedarf für einen zweiten Zug gesehen wurde. Die 612
506
und 507 mit zwei Mittel- und einem Steuerwagen standen seit 1985 in
Nürnberg
abgestellt
und harrten der Dinge die da kommen.
2008 wurde der 1991 fertiggestellte Zug HU-pflichtig abgestellt und in
Hennigsdorf bei den Fahrzeugwerken
Miraustraße (FWM) umfassend aufgearbeitet. Aktuell ist es
um den
technisch weitgehend fertiggestellten Zug leider sehr ruhig geworden
und die Website der BSW-Gruppe aus dem Web verschwunden.
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Anno 1989
versprühte das AW noch pures Werkstattflair, frei aller
Zertifizierungen. 612 506 ist mit einem Mittelwagen zu ersten Arbeiten
im heute abgerissenen Werksbereich eingerückt. Rechts die 218 291.
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Die 1988
abgestellten Triebwagen der BR 601 waren noch längere Zeit in
Nürnberg
bzw. Hamm/W vorhanden, ehe sie ihre Reise nach Italien
antraten, wo
letztlich nur eine (Muster-) Garnitur von der Fa. Jelka aufgearbeitet
wurde.
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Die DB
stellte neben den beiden Triebwagen 612 506 und 507 auch einen
Steuerwagen der BR 912.6 zur musealen Verwendung zurück, welcher
jedoch 1988 beim Beschluss für die Aufarbeitung des VT12.5 als
Ersatzteilspender vorgesehen wurde. 1991 wurde der inzwischen gerupfte
912 601 mit nach Stuttgart überführt, sein weiterer Verbleib
ist mir nicht bekannt.
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Typisch
für
das AW Nürnberg war das auskreuzen von Betriebsnummer und
Eigentümerlogo mittels gelben Streifen. Ohne den zweiten
Motorwagen
stehen hier fünf Mittelwagen verschiedener Bauart
(3x
901.1, 1x 901.2 und 1x 901.3)
und warten auf das weitere Schicksal.
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Heute von
einst über 800 Exemplaren nur
noch in zweistelliger Zahl im aktiven Bestand der DB: Die letzten
Vertreterinnen der V160-Familie. Dort wo die 218 im Regionalverkehr
noch fahren, sind
die Nachfolger in Form der TRAXX bereits in den Startlöchern. Nur
wenige Einsatzgebiete bleiben den letzten Bundesbahngroßdieseln
noch
für einige Jahre, ehe auch hier der Generationswechsel
abgeschlossen
ist.
Welche Lok damals in Nürnberg in der B3-Revision war, ist leider
nicht
definierbar – die Beschriftung der Kiste weist auf 218 281, welche
jedoch bereits eiinge Wochen zuvor das Werk mit frischer Revision
wieder verlassen hatte. Heute präsentiert sich die große
Richthalle
saniert, sauber und aufgeräumt – fast klinisch rein. Davon konnte
1989
noch keine Rede sein.
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Die 290 028
befindet sich zum Drehgestelltausch in Nürnberg, die Lok hatte
erst
vier Jahre zuvor in Nürnberg eine große B3-Revision erhalten
und ist
noch heute als 296 028 im Bestand der DB und in Maschen zuhause. Links
ein Mittelwagen des Braunschweiger VT08, noch als Münchner Kindl beschriftet,
die Weltmeisterbeschriftung
erhielt der Zug erst im
Vorfeld der WM 2006 in Deutschland.
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Der 491 001
verlässt Nürnberg wieder mit dem Ziel München. Da der
Fotograf im
Norden wohnt, ist die Reise zum Reisen
und Schauen hier beendet und die Weiterfahrt wird mit einem
Intercity der DB gen Hamburg angetreten. Leider
zeigte sich hier die Sonne nicht, so dass...
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...die
Fotogeschichte mit einem Foto der ausfahrenden 103 114 mit einem
Kurz-IC aus vier Wagen beendet werden soll. Die Bahnsteigszenerie nicht
nur in Nürnberg hat sich in den letzten 26 Jahren doch etwas
gewandelt.
Immerhin sind die – damals nagelneuen – IC-Wagen der Bauart Bvmz noch
heute im Bestand, auch wenn sie ihre abteilorientierte Innengestaltung
und die druckfesten SIG-Übergänge längst verloren haben.
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