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Sonntag, 12. November 2023
– Mach's gut, BR 485!
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Eisenbahnfahrzeuge haben eine
ungleich längere Lebensdauer als Autos oder Omnibusse.
Wirtschaftlich werden die Fahrzeuge in der Regel über 32 Jahre
abgeschrieben – in früheren Jahren war es nicht selten, dass
Fahrzeuge 40, 50 oder auch gar 60 Jahre im Einsatz blieben. Der
Berliner „Stadtbahner“ hat es auf rund 70 Jahre Einsatz gebracht. Ihre
modernen Nachfolger werden sicher keine so lange Einsatzzeit erreichen
– im Nahverkehr werden die Verkehre über Ausschreibungen vergeben
und dabei seitens der Aufgabenträger genaue Vorgaben zu den
Fahrzeugen gemacht. In der Ausschreibung für das
„Teilnetz Ring“ waren Neubaufahrzeuge vorgeschrieben, die DB gewann die
Ausschreibung – der Zuschlag erfolgte im Dezember 2015. Die DB vergab
den Entwicklungs- und Fertigungsauftrag für die BR 483/484 an das
Konsortium Siemens/Stadler, das Design wurde
von büro+staubach in
Berlin entwickelt.
Seit Jahresbeginn 2021 fahren die Neubaufahrzeuge der BR 483/484 im
S-Bahnbetrieb in Berlin, im Herbst 2023 wurden die letzten
Neubaufahrzeuge ausgeliefert. Eigentlich war das vertragliche
Einsatzende
bereits im April 2023 vorgesehen, doch reichte die Verfügbarkeit
der Neubaufahrzeuge noch nicht für eine vollständige
Ablösung – nun aber ist das Ende der
„Altbaufahrzeuge“
der BR 485/885 gekommen.
Im Mai 1990 waren die heutigen
„Altbaufahrzeuge“ der BR 485/885 die „Neuen“
der Deutschen Reichsbahn für die Berliner S-Bahn, die Nullserie
der BR 270 war seit Ende 1987 im
Einsatz und ab Februar 1990 kamen die ersten Serienfahrzeuge zum
Einsatz. Über viele Jahre hat man sie nebenbei mit abgelichtet,
sie standen immer im Schatten der eigentlichen Altbaufahrzeuge.
Nun sind fast 34 Jahre nach der obigen Aufnahme vergangen und die
Neubaufahrzeuge von einst nahmen heute Abschied vom Linieneinsatz bei
der S-Bahn Berlin. Das Foto oben zeigt den 270 019 bei der Einfahrt in
Baumschulenweg, damals eine völlig andere
Erscheinung und die Station war zu diesem Zeitpunkt ein reiner
Haltepunkt – die Trasse
von der Ringbahn kommend war damals 29 Jahre verwaist. Das Foto ist
heute über 33 Jahre alt, Zeit wird da relativ …
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Heute, über 33 Jahre
später, ist das Richtungsgleis der Ringbahn aus Köllnische
Heide Alltag und keiner kann sich mehr vorstellen, dass
diese Verbindung 28 Jahre lang undenkbar war. Im Foto ist zu sehen,
warum die Zeit der BR 485/885 abläuft.
Die mechanische Fahrsperre wird bis Ende 2024 durch das neue
Zugbeeinflussungssystem ZBS ersetzt, welches mit Balisen und einer
kontinuierlichen Überwachung arbeitet. Die aktuelle
Stellwerkstechnik kann die Fahrsperren nicht mehr ansteuern und so ist
inzwischen
jede Stellwerkserneuerung mit dem Abschied von der Fahrsperre
verbunden. Alsbald ist auch die Umstellung des Bereichs Baumschulenweg
auf ESTW vorgesehen. 485 108 fährt zusammen mit den 485/885 093
und 127
in Baumschulenweg ein.
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Zum Erleben des Abschieds von einer
Bauart
gehören die Menschen. Beim
Stadtbahnerabschied 1997 waren es Unmengen an Menschen, die am
Ostkreuz Abschied vom Stadtbahner nahmen. Die BR 477 wurde 2003 mit
einer großen Feier in Erkner verabschiedet, der abendliche
Abschied in
Schöneweide mobilisierte beim
Aussetzen des letzten Umlaufs deutlich weniger Menschen.
485 072 fährt zusammen mit den
485/885 066 und 123 in Baumschulenweg ein, der Tf des Gegenzuges der
Linie S45 zum
Flughafen BER wartete dankenswerterweise die Einfahrt des Zuges ab.
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485 028 fährt mit den
485 043 und 028 im Verband in Baumschulenweg ein. Der Stern der BR 485
sank ab 2003,
als absehbar wurde, dass das Land Berlin als Besteller der
Nahverkehrsleistungen künftig deutlich weniger Geld an die DB
zahlen wollte. Der damalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin hatte
als vorheriges Vorstandsmitglied der DB natürlich besten Einblick
in die
Bilanzen der S-Bahn
Berlin. Es begann ein harter Sparkurs bei der S-Bahn, um die
kommenden Einnahmeverluste abzufedern. Ab 2003 wurden zahlreiche
Züge
der BR
485 bei Fristablauf abgestellt, sie sollten zunächst noch als
Reserve für die Fußball-WM 2006 erhalten bleiben und standen
einige Jahre abgestellt, ehe die meisten dieser Züge verschrottet
wurden.
Die weitreichenden Sparmaßnahmen mit
Substanzverlust endeten 2009 in der weitgehenden Stilllegung der
S-Bahnfahrzeugflotte – es standen zeitweise nur noch 165
einsatzfähige
Viertelzüge zur Verfügung – und einem drohenden Entzug der
Lizenz als
Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU).
Mit großem Kraft- und
Finanzeinsatz versuchte die DB danach die Folgen ihrer Sparpolitik zu
reparieren und nahm auch zahlreiche
zum Teil seit Jahren abgestellte Züge der BR 485 nach einer
umfassenden Sanierung wieder in Betrieb.
Dazu gehörte der heute als
letzter noch betriebsfähige Vertreter der „Wieder
flott“-Fahrzeuge vorhandene 485 028, welcher
marketinggerecht als „Ich bin Verstärkung
Nr. 13“ beworben wurde. Zum 8. Juni 2007 war der Viertelzug
z-gestellt und
per 4. Mai 2012 wieder in Dienst gestellt worden. Hier
fährt er in den seit 1993 wieder als Bahnhof fungierenden Bf
Baumschulenweg ein, welcher bei der bis Ende 2011 laufenden Sanierung
auf dem stadteinwärts führenden Gleis das Dach des damaligen
Fernbahnsteigs bekam und der stadtauswärts führende Bahnsteig
für eine bessere Zugangssituation nach Norden verschoben wurde.
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Ein Klassikermotiv wird bei der
Abschiedsveranstaltung vom Zug der Neuzeit gebombt. Zwischen
Neukölln und
Hermannstraße besteht bis heute das markante Motiv mit den
Ausfahrformsignalen des Gbf Neukölln.
Zunächst war der Autor bei der Gegenfahrt des modernen Zuges in
Richtung Neukölln in Form von 484 047 natürlich entsetzt, war
es doch
motivlich
anders geplant. Zum
Glück
proportional passend. Die Mitfotografen waren meist alles andere als
begeistert, als der 485 mit dem führenden 485/885 083 zugefahren
wurde.
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Entlang der Ringbahn gibt es
tatsächlich das eine oder andere Motiv, dass der Autor nie
umgesetzt hat, egal ob mit BR 477 oder 485. Die Einfahrt in den Bf
Hermannstraße als aktueller Startpunkt der Linie S47 existiert im
Bestand also exakt einmal mit der BR 485 – am letzten Tag. 485 040
fährt mit den 485 141 und 083 im Verband aus der Kehre an den
Bahnsteig.
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Die südliche Einfahrt der
Ringbahn
in den neuen und alten Bf
Ostkreuz hat der Fotograf nur je einmal mit einem 485 gemacht. Im
Gegensatz zu damals ist hier heute kein Stein auf dem
anderen geblieben – weder bei der Bahn noch bei der Umfeldbebauung. 485
127 führt den Dreiviertelzug an, es folgen 485 093 und 108. Bei
der
Mitfahrt im 485 093 entstand im Anschluss ein kurzes Video der
Fahrt.
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Wie das im Herbst 2004 aussah,
zeigt dieses Foto, welches die letzten 19 Jahre unbeachtet im Archiv
schlummerte, da zu Diazeiten bei grenzwertigen Lichtverhältnissen
mit
Offenblende aufgenommen – Lichtverhältnisse, die den
Digitalfotografen
heute nicht mehr stören.
Eine einfahrende Ringbahn trifft rund ein
Jahr
nach dem Ende des Einsatzes der BR 477/877 auf den Materialzug 478
821/822, welcher aus zwei Viertelzügen der BR 477/877 gebildet war
und
noch bis zum November 2008 im Einsatz war. Zum Bahnsteig zeigend der
478/878 821, ehemals 477/877 605.
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Bornholmer Straße ist ein
geschichtsträchtiger Bahnhof – ab 1961 wurde der im Westteil
Berlins liegende
Bahnhof aufgrund der Grenznähe von und nach Schönholz ohne
Halt durchfahren, der Ast in Richtung Pankow wurde von Schönhauser
Allee aus über die 1952 errichtete „Ulbrichtkurve“ bedient, welche
bis Dezember 1961 noch eingleisig war.
Die den Bahnhof
querende Bösebrücke
führte in den Ostteil Berlins und hatte an
der Grenze zur
DDR eine weiße Linie, abseits der auf DDR-Territorium liegenden
Sicherungsanlagen. Nach der Wiedervereinigung wurde der bis 1961
dreigleisige Bahnhof im Zusammenhang mit dem Bau vom
„Nordkreuz“ viergleisig ausgebaut. Auf den Gleisen wie bis 1961
üblich stehen
die aktuellen Baureihen der Berliner S-Bahn, mit Ausnahme der BR 480 –
welche nach dem Tunnelbrand vom August 2004 im Anhalter Bahnhof aus dem
Nordsüd-S-Bahntunnel und damit aus wesentlichen Bereichen des
früheren
BVG-S-Bahnnetzes verbannt wurde. Links ein unerkannter 481, in der
Mitte 485 108 und rechts 484 057.
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Ohne Sonnenschein stößt
der
Fotograf auf so manches Motiv, wo er sich fragt – warum hast du das
früher nie gemacht? So auch bei der Ausfahrt aus dem Hp Storkower
Straße mit dem führenden 485 072 und den 485/885
066 und 123. Dort ist der Fotograf zu Beginn der 90er Jahre öfter
ausgestiegen, um ins damalige Stammhotel zu kommen. Auch
wenn
tagsüber hier Gegenlicht herrscht, zu bestimmten Jahres- und
Tageszeiten wären hier interessante Motive denkbar gewesen – in
Blickrichtung Landsberger Allee mit der damaligen Bauruine sind
wieder Fotos im Bestand.
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So sah es an der Landsberger
Allee nordwärts im Sommer 2005 aus – zu diesem Zeitpunkt
gingen die HU-pflichtigen 485/885 in der Regel außer Betrieb,
lange wurden an den Zügen keine Hauptuntersuchungen
ausgeführt. Das heutige Hotel war Jahre eine Bauruine und
die Rampe am S-Bahnhof war noch nicht abgerissen. Der führende 485
111 wurde 2008 in die Traditionsfarben der S-Bahn Berlin umlackiert,
2012 in Wittenberge im Fußbodenbereich saniert, Ende 2022
abgestellt und kurz danach in Opladen verschrottet.
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Klassisches Motiv die Einfahrt
Treptower Park mit den Spreebrücken. Heute sind
die Fotografen des letzten Tages Motiv, manche haben bei der
Motivgestaltung ihre eigene Ansichten und posen sich selbst bei der
Einfahrt
des Zuges mit 485 123, 066 und 072. Früher
undenkbar
abstrus,
heute Alltag in „Social
Media“ …
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Der Zug mit 485 072 am Zugschluss
ist
an den
Bahnsteiganzeigern entsprechend dem Anlass angekündigt, die
Züge tragen Abschiedsschilder auf der Front und jeder nimmt den
Moment anders wahr …
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Das Reiterstellwerk Tempelhof „Tf“
ist seit August 2016 auch im Fernbahnbereich außer Betrieb, die
Signalbrücke abgebaut. Klassische Eisenbahn trifft moderne
Eisenbahn. Mit dem führenden 485 127 befährt letztmals ein
Zug der BR
485/885 (fast)
die komplette
Ringbahn entgegen dem
Uhrzeigersinn. Rechts 484 003.
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Westberliner S-Bahnmotiv
– die Einfahrt in den Bf Westkreuz mit dem ICC. In den 70er Jahren
wurde es nach einem Entwurf des Berliner Architektenpaars Ralf
Schüler und Ursulina Schüler-Witte im Raumschiffdesign gebaut
und ist seit 2014 ein leerstehender,
denkmalgeschützter Sanierungsfall. Im September 2003 fährt
einer der letzten vor dem radikalen Einschnitt in den Bestand der BR
485/885 in Schöneweide hauptuntersuchten und neu lackierten
485/885 an der Spitze eines Vollzuges in den Bf Westkreuz ein.
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20 Jahre später an gleichem
Ort – „das“ Westberliner Motiv ist bei der letzten Einfahrt eines
485/885 dicht, in mehreren Schichten und Ebenen belagert. Der
Abschiedszug mit dem
führenden 485 083 mit den 485 141 und 040 im Verband
ist bereits über 15 Minuten verspätet, als er in den Bahnhof
mit der markanten Kulisse einfährt.
Der rennende Nachwuchsfan hat keine
36
Jahre Zeit gehabt, um den Zügen nachzustellen und spurtet nach
einem ersten Foto der Einfahrt in Hochgeschwindigkeit zum
Bahnsteigende, um dort noch ein Foto machen zu können. Eine bis
dahin tiefenentspannte Taube startet im Blitztempo durch …
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Aus und vorbei! Die beiden letzten
485-Verbände haben nach je einer letzten Ringrunde den Endbahnhof
Schöneweide erreicht – der Kurs der S41 musste ungeplant
länger im Bahnhof verweilen, da vom Plan her eine letzte
Gegenüberstellung der beiden Ringbahnzüge vorgesehen war, der
Umlauf der S42 am Ende aber fast 25 Minuten Verspätung hatte.
Die Gegenüberstellung wurde dennoch ermöglicht und von
unzähligen Sehleuten erwartet. Das Aussetzen der beiden Züge
erwies sich als betriebliche
Herausforderung, welche nicht jeden Anwesenden glücklich machen
konnte
– der hintere Zug fuhr nach Schöneweide aus, als bereits der
nächste
Zug der S85 am Bahnsteig stand. Links
485 083, 141 und 040, rechts 485 127, 093 und 108.
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Ein Video
der Momente
des letzten Aussetzens der BR 485 im Bf Schöneweide.
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Die Sehleute waren 2003
technisch nicht so gut ausgestattet wie heute, die meisten
beschränkten
sich im Gegensatz zu heute auf das Sehen. Der 477 606 wurde zuvor im
Rahmen der Verabschiedung von den Berlinern mit ganz persönlichen
Abschiedsgrüßen bemalt. Einen
Rückblick auf die Veranstaltung 2003 zeigte der inzwischen
eingestellte Sender „Bahn TV“ in einem rund zehnminütigen Video, wo auch der Autor dieses Beitrags im 477
wenige Sekunden formatfüllend abgebildet ist …
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Fotos
in Google Earth |
©
2023 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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