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Im Januar 1994
wehten noch einmal Dampfwolken über den südlichen
Thüringer Wald, als im Rahmen einer der damals noch
vergleichsweise einfach möglichen Plandampfaktionen 95 1016, 95
1027 und 94 1292 vor planmäßigen Persönen- und
Güterzügen zum Einsatz kamen. Da die wenige Tage zuvor noch
beste Winterwetterlage kurzfristig kippte, reisten die motorisierten
Mitfahrer vorzeitig wieder ab und ich nahm mir kurzfristig die Oberweißbacher Bergbahn als
Ziel, welche vom Übernachtungsort Lauscha aus per Bus erreichbar
war.
Die Oberweißbacher Bergbahn war 1919 bis 1922 gebaut worden und
schloss von Obstfelderschmiede aus die Ortschaften Cursdorf,
Oberweißbach, Deesbach und Lichtenhain an das Eisenbahnnetz an,
da die hochgelegenen Orte abseits der seit 1900 mit großem Erfolg
betriebenen Schwarzatalbahn
nur schwer mit dem Lkw erreichbar waren. Entsprechend hatte die
Bergbahn eine Bühne für zweiachsige Güterwagen erhalten,
die so auf die zeitgleich errichtete Flachstrecke Lichtenhain –
Cursdorf
übergehen konnten, welche mit elektrischen Triebwagen und 500 V
Gleichspannung betrieben wurde.
Seit März 1949 wurde die Oberweißbacher Bergbahn von der
Deutschen Reichsbahn betrieben, die 1994 in die Deutsche Bahn AG
aufging und auch heute noch die Oberweißbacher Bergbahn
betreibt. Die Deutsche Reichsbahn modernisierte ab den 1950er Jahren
mit
altbrauchbarem Material die Bergbahnfahrzeuge, so dass auch heute noch
Fahrzeuge im Einsatz sind,
die einst für ganz andere Zwecke gebaut wurden.
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In Lauscha
fährt die zuvor bei der Regentalbahn probeweise modernisierte 219
087 aus Probstzella kommend ein. Die Strecke von Sonneberg nach
Probstzella wurde nach der vorübergehenden Komplettsperrung der
Eisenbahnstrecke Sonneberg – Lauscha – Probstzella 1997 nur bis
Ernsttal am Rennsteig wieder in Betrieb genommen. Die Bahnhofsanlagen
in Lauscha präsentieren sich heute erheblich "aufgeräumter" –
die Bauten der Güteranlagen sind abgerissen worden, ebenso die
damals noch besetzte Aufsichtsbude auf dem Bahnsteig Lauscha.
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Nach
Ortswechsel mit dem Linienbus nach Cursdorf fährt hier der 479 203
in den Bf Cursdorf ein.
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Der Bahnhof
Cursdorf wurde damals Hp Cursdorf genannt, obwohl die Station
betrieblich ein Bahnhof ist, heute heißt es auch nur noch
Cursdorf. 2004 wurde der Bahnsteig modernisiert, die Wartehalle sowie
der seit 1966 funktionslose Güterschuppen abgerissen. Die
Fahrzeughalle im Hintergrund kann auch auch heute noch zur
geschützten Abstellung genutzt werden.
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Hier
verlässt der 1909 als Leipziger Straßenbahn vom Typ 16
gebaute und seit 1955 auf der Oberweißbacher Bergbahn eingesetzte
479 203 den Hp Cursdorf.
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1983/84
wurde der Triebwagen im Raw Berlin-Schöneweide modernisiert und
erhielt dabei zahlreiche Komponenten der Berliner S-Bahnbaureihe 276.1
und den Gothaer Zweiachsstraßenbahnwagen, welche damals ebenfalls
in Schöneweide instandgehalten wurden. Entsprechend der Verwendung
von Straßenbahnausrüstung ist heute die Spannung der
Flachstrecke 600 V statt wie früher 500 V Gleichspannung.
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Vier Jahre
nach der Vereinigung waren viele Verkehrsschilder auf
Hauptstraßen bereits ausgetauscht, doch so mancher
Feldwegüberweg hatte noch die alten Warnschilder aus
DDR-Zeit.
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Der Hp
Oberweißbach-Deesbach verlor ebenfalls 2004 seine Wartehalle, der
Güterschuppen blieb jedoch erhalten.
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Hinter dem
aus Lichtenhain ausfahrenden 479 203 das Schwarzatal.
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Betriebsmittelpunkt
der Oberweißbacher Bergbahn ist der Bahnhof Lichtenhain mit
seiner Drehscheibe am Bahnsteiganfang, welche bei jeder Zugfahrt
von/nach
Cursdorf befahren wird. Links das Verwaltungsgebäude der
Oberweißbacher Bergbahn mit angeschlossenem Wagen- und
Güterschuppen. Rechts steht der 479 201 abgestellt, welcher aus
dem Originalwagen von 1922 hervorgegangen ist und 1970 in
Berlin
Schöneweide einen neuen Wagenkasten erhalten hat. 1982/83 wurde
der Wagen erneut modernisiert, unterscheidet er sich auch heute
deutlich von den beiden anderen Triebwagen.
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Der hier mit
dem Schneepflug einsatzbereit abgestellte 479 205 ging aus dem 1940
von der Waggonfabrik Wismar unter
der
Fabriknummer 21137 für die Niederbarnimer Eisenbahn
gebauten VB 256 (ab
1950 VB 140 518) hervor. Der seit 1970 als 190
840 bezeichnete Wagen wurde 1974 für die
Oberweißbacher Bergbahn zum
Steuerwagen 279 202 umgebaut. 1984
wurde der Wagen analog dem 279 203 (heute
479 203) zum Triebwagen 279 205 umgebaut, er wurde 2008 nicht
modernisiert und ist seit 2009 in Lichtenhain abgestellt.
Bei dem rechts abgestellten Bahnhofswagen handelte sich um den
ehemaligen Doppeltriebwagen VT 715/716, 1925 von
Wegmann an die DRG geliefert und zunächst noch als 101/102 Cassel
bezeichnet. Zu Kriegsende war das Fahrzeug beim Bw Nordhausen im
Gebiet der späteren DDR und wurde 1961 in Dessau zum VB 140
604/605 umgebaut. Der Beiwagen wurde meist auf den von Ebeleben
ausgehenden Strecken eingesetzt. Nach Stilllegung der dortigen Strecken
wurde der 1970 zum 190 854/855 umgezeichnete Doppelwagen
zum Bw Jerichow umgesetzt. Ab 1974 dem
Bw Saalfeld zugeteilt, kam er noch bei einigen Sonderfahrten zum
Einsatz. Nach der Ausmusterung 1979 wurde der Doppelwagen geteilt und
die im Foto zu sehende Hälfte – 190 855-7 – wurde in Lichtenhain
als Bahnhofswagen Nr. 5 abgestellt und als Ferienheim
für Mitarbeiter der Deutschen Reichsbahn genutzt. Der Wagen wurde 2004
verschrottet, die andere Hälfte – 190 854-0 – diente zuletzt in
Probstzella als Bahnhofswagen.
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Auf der
Güterbühne der Oberweißbacher Bergbahn steht in der
Regel der früherere Wagen 3 der Kleinbahn
Schleiz – Saalburg, bei der DR nach Betriebsübernahme 1949
als EB 188 513 bezeichnet. Im Sommer wird seit 2008 bei
gutem
Wetter ein aus einem geschlossenen Güterwagen umgebauter offener
Plattformwagen eingesetzt.
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Aus diesen
Fahrzeugen der Kleinbahn Schleiz – Saalburg ging
der 1972 für die Oberweißbacher Bergbahn hergerichtete
Aufstellwagen hervor: 1930 von der Schleizer
Kleinbahn AG eröffnet, wurde die Strecke bis zum 31. Mai 1969
elektrisch mit
einer Spannung von 1200 V betrieben. Der PT1 (ET 188 511), der GT1 (ET 188 521) und der Personenwagen 4 (EB 188 514) gehören heute
dem Verkehrsmuseum Dresden, hier bei einer Ausstellung im Bw
Dresden-Altstadt im Sommer 2004.
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Sauberkeit
muss sein, sagte sich die gerade den Dienst übernommene
Lokführerin der Flachstrecke und nutzte die Standzeit in Cursdorf
für klare Sicht.
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2008 wurden
die beiden Triebwagen 479 201 und 479 203 bei den Fahrzeugwerken (FWM)
Miraustraße in Berlin modernisiert und veränderten dabei ihr
Aussehen nur leicht. Am augenfälligsten sind die LED-Lichter, die
Türen öffnen und schließen nun automatisch. Die
Fahrzielanzeige war nur zu Demozwecken im Fahrzeug eingebaut, sie wird
auf dieser Strecke mit nur drei Stationen nicht wirklich benötigt.
Da seit dem Bau 1909 als Tw 209 der Leipziger Straßenbahn alle
bisherigen Arbeiten am Fahrzeug als Umbauten geführt wurden, war
auf der Innotrans 2008 in Berlin ein 99-jähriges Fahrzeug als
Referenz für Fahrzeugmodernisierung ausgestellt. Faktisch ist der
Wagen 1983 in Berlin-Schöneweide neu gebaut worden und inzwischen
über 30 Jahre alt.
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