Die ostdeutschen Schmalspurbahnen schauten zu Beginn der 1990er Jahre in eine ungewisse Zukunft. In der DDR wurden einige in den 1970er Jahren noch betriebene Schmalspurbahnen dafür bestimmt aus wirtschaftlichen oder touristischen Gründen weiterbetrieben zu werden. Damals war aber keineswegs vorgesehen, die Zeit für die Schmalspurbahnen einzufrieren – der Dampfbetrieb auf schmaler Spur war ein eher notwendiges Übel, nachdem die angestrebte Verdieselung bis dato nicht realisiert werden konnte. Nur im Harz hatte man mit dem Umbau der Regelspur-V100 Erfolg, doch sorgte die Wende für ein schnelles Ende der Verdieselungspläne.
Von Zittau aus führten zwei in Bertsdorf verzweigende Zweigstrecken ins Zittauer Gebirge nach Jonsdorf und Oybin, diese Strecken waren aufgrund des fortschreitenden Braunkohletagebaues um Olbersdorf zum Mai 1990 zur Stilllegung vorgesehen, langfristig hatte man den Bau einer Überlandstraßenbahn entlang der Straße ins Zittauer Gebirge geplant. Die klassische Schmalspurbahn war damals abgeschrieben, die Anlagen nur noch notdürftig instandgehalten. Durch die Geschehnisse zur Wende 1989 und den damals allerorts vorhandenen Druck des Volks – welcher fast Berge versetzen konnte – wurde im März 1990 durch den Ministerrat der DDR der Beschluss gefasst, den umstrittenen Braunkohletagebau um Zittau einzustellen. Die Bahn konnte durch diesen Beschluss über Mai 1990 hinaus weiterbetrieben werden, doch fehlte den Zittauer Schmalspurbahnen zunächst jede wirtschaftliche Perspektive. So war der Besuch im Sommer 1991 in der Ungewissheit, wie es künftig im Zittauer Gebirge weitergehen würde. Verlässliche Aussagen waren damals nicht zu erhalten, es gab viele Ideen – auch zum Einsatz österreichischer Triebwagenzüge, die zuvor noch von Fahrleitungsbetrieb auf Dieselbetrieb umzubauen gewesen wären.
Der tägliche Betrieb in Zittau war nach der Übernahme durch die Anliegerkommunen lange zur Umstellung auf Dieselbetrieb mit
Neubautriebwagen vorgesehen, ein Vertrag zur Beschaffung von Dieseltriebwagen des Herstellers DWA schon praktisch unterschrieben – doch verhinderten die sich bis vor rund 10 Jahren in Sachsen ständig wandelnden Rahmenbedingungen den Bau der bereits durchkonstruierten Schmalspurtriebwagen.
Das Hochwasser der Weißeritz im August 2002 zog schließlich den finalen Schlussstrich unter die Planungen zur Beschaffung von modernen Schmalspurtriebwagen für die sächsischen Schmalspurbahnen, nachdem sich die damals für die Beschaffung der Triebwagen federführende DB aus dem Betrieb der sächsischen Schmalspurbahnen zurückzog.
Heute gehört das Streckennetz der Zittauer Schmalspurbahnen zu den Kleinods der ostdeutschen Schmalspurbahnen. Durch die Förderung des Freistaats Sachsen ist auch heute der tägliche Dampfbetrieb gesichert – die den Betrieb seit Dezember 1996 führende Sächsisch-Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft mbH (SOEG) erhält in enger Zusammenarbeit mit dem Interessenverband der Zittauer Schmalspurbahnen e.V. die Strecken soweit wie möglich im Kleinbahnzustand und führt Modernisierungen nur dort durch, wo sie zwingend erforderlich sind. So sind inzwischen alle Regelzüge der SOEG mit einem Niederflurwagen ausgestattet, welcher die Mitnahme von auf den Rollstuhl angewiesenen Reisenden ermöglicht. Ein Novum bei den ostdeutschen Schmalspurbahnen, die oft nur auf die Modernisierung der Zugangsanlagen gesetzt haben und dabei viel vom ehemaligen Flair der Bahnen zerstört haben.

99 1757

99 1757 steht im Ausgangsbahnhof Zittau zur Abfahrt ins Zittauer Gebirge bereit. Da die Zittauer Schmalspurbahen erst um 1993 von Saugluftbremse auf Druckluftbremse umgerüstet wurden, waren 1991 in Zittau die verbliebenen Altbauwagen konzentriert. Die 99 1757 hat entsprechend einen kompletten Altbauwagenzug am Haken.
Damals waren in Zittau hauptsächlich die ab 1928 von der DRG beschafften Einheitslokomotiven der Reihe 9973-76 beheimatet. In späteren Jahren wurden in Zittau auch die Neubaulokomotiven der Reihe 9977-79 heimisch, die ab 1952 in der DDR
vom VEB Lokomotivbau Karl Marx Babelsberg (LKM) aufbauend auf den Einheitsloks der Reihe 9973-76 gefertigt wurden.
Die 99 1757 dient seit etlichen Jahren als Ersatzteilspender und ist heute nur noch ein Schatten ihrerselbst, der Schmalspurteil des Bf Zittau hat sich in den letzten 22 Jahren dagegen nur unwesentlich verändert.
99 1747

Hinter dem Bf Zittau muss zunächst die Regelspurstrecke nach Tschechien gekreuzt werden, welche nach Querung der Neiße einige Kilometer durch Polen verläuft. Die 99 1747 gehört seit einigen Jahren ebenfalls nicht mehr zu den betriebsfähigen Lokomotiven der SOEG, sie war zunächst teilweise in Richtung Originalzustand zurückgebaut worden und ist seit einigen Jahren als Leihgabe im Eisenbahnmuseum in Nossen untergestellt.
99 1749

Nach der Kreuzung mit der Strecke nach Liberec fällt die Schmalspurbahn stark ab. Der Haltepunkt Zittau Hp wurde bis 1945 zusammen mit der Schmalspurbahn Zittau – Reichenau genutzt, dessen letzte Reste in Polen noch bis 1960 betrieben wurden. Oben erreicht eine der typischen Taucherbrillen der ČSD Zittau.
99 1750

99 1750 unterquert den Neißetalviadukt nach Polen – der Trabi im Vordergrund hatte vor Durchfahrt des Dampfzuges ein Motorproblem, was der Fahrer aber wenige Sekunden vor Durchfahrt des Zuges in den Griff bekam und so das Foto 99 1750 und Trabi mit offener Motorhaube leider verhinderte.
99 1750 ist aufgrund ihres schlechtem Zustandes nach Umbau auf Leichtölfeuerung 1996 abgestellt worden und steht heute vor dem Trixi-Park in Großschönau als Denkmal und soll dort für die Zittauer Schmalspurbahnen werben, der Werbeeffekt darf aufgrund des inzwischen leider recht desolaten Zustandes der Lok und des beigestellten Rekowagens jedoch bezweifelt werden.

99 1747

Der Bahnhof Zittau Süd war im Sommer 1991 noch mit einem Fahrdienstleiter besetzt, das Stellwerk ist – außer Betrieb – auch heute vom Wesen her noch erhalten. 99 1747 erreicht den Bahnhof Zittau Süd.
99 1750

99 1750 fährt in den Bf Zittau Vorstadt ein, bis 1945 Beginn der zweigleisigen Strecke in Richtung Zittauer Gebirge/Oybin.
99 1757

Unter Volldampf – bei derart dichtem, schwarzen Qualm im Sommer ein Zeichen unvollständiger Verbrennung – verlässt die 99 1757 den Bahnhof Zittau Vorstadt.
99 1750

Mit deutlich weniger Rauch passiert die 99 1749 die Ausläufer Zittaus in Richtung Zittauer Gebirge.
99 1749

Entlang der Olbersdorfer Niederstadt rollt hier die 99 1749. Die Niederstadt war zur Wendezeit bereits teilweise umgesiedelt und zugunsten des Braunkohletagebaus abgetragen. Für die Bevölkerung war bis 1989 in der Olbersdorfer Oberstadt neuer Wohnraum geschaffen worden, welcher hier im Bildhintergrund unübersehbar ist. Nicht wenige haben damals ihre gewachsene Heimat nur schweren Herzens aufgegeben und sind in die neuen Plattenbauten gezogen – die damals zwar mehr Komfort boten, aber nichts vom bisherigen Lebensumfeld übrig ließen. Mit dem Beschluss zur Aufgabe des Braunkohletagebaus Olbersdorf dürfte daher nicht wenigen Wohnungsbesitzern der im Vordergrund noch verbliebenen Häusern ein Stein vom Herzen gefallen sein.
99 1750

99 1750 fährt an gleicher Stelle in Richtung Zittauer Gebirge.
99 1750

99 1750 hat bei Einfahrt in den Bf Bertsdorf – weitab vom gleichnamigen Ort gelegen – bereits einige Höhenmeter auf dem Weg ins Zittauer Gebirge geschafft und nimmt mit ihrem reinrassigen Altwagenzug die letzten Meter der Steigung in den Bf Bertsdorf.
99 1750

Am Folgetag hat die 99 1750 einen aus Rekowagen gebildeten Zug am Haken und fährt aus dem Hp Kurort Jonsdorf Haltestelle aus. Längst zurückgebaut die einstigen Gütergleisanlagen der Haltestelle.
99 1749

99 1749 fährt wenige Meter hinter Kurort Jonsdorf Haltestelle weiter in Richtung Jonsdorf entlang einer der bekanntesten Fotostellen des Astes nach Jonsdorf. Für Fotozwecke ist die Stelle alles andere als einfach – anno 1991 war ich mit diesem Motiv erstmal zufrieden. Heute nicht mehr ganz – aber die optimale Länge haben hier wohl nur Triebwagen, die in der Saison in Form des VT 137 322 immerhin auch planmäßig anzutreffen sind.
99 1750

99 1750 passiert mit dem Altbauwagenzug die Hochebene vor dem Bf Jonsdorf, während passend ein Traktor die Weide bearbeitet.
99 1750

99 1750 verlässt den Bf Kurort Jonsdorf und passiert früh am Morgen die Jonsdorfer Kirche – damals hatten wir in der örtlichen Jugendherberge in einem Sammelschlafraum für rund 10-15 Gäste übernachtet, aber mangels Gästen hatten wir den Raum zum Glück für uns. Die Jugendherberge Jonsdorf gibt es heute noch, das Angebot zur Übernachtung dürfte heute aber um Längen gastfreundlicher als damals sein...
99 1749 und 99 1757

Damals wie heute standen die Züge nach Jonsdorf und Oybin meist zeitgleich im Bahnhof und räucherten den Bahnhof zu. 99 1757 traf damals auf 99 1749.
99 1749

Entlang der bis 1943 zweigleisigen Trasse nach Oybin fährt 99 1749 hinter dem Hp Teufelsmühle in Richtung Oybin. Heute ist auf der Trasse des früheren zweiten Gleises ein Wanderweg angelegt.
99 1747

Noch örtlich besetzt war der Bf Kurort Oybin, allerdings längst ohne eigenes Stellwerk. Von der damals noch üblichen Gepäckverladung zeugen die Gepäckkarren. Zum Aufnahmezeitpunkt nicht vorhanden ist das Gleis am ehemaligen Güterschuppen, welches erst in späteren Jahren mit der Herrichtung des Güterschuppens als Museum wiedererrichtet wurde. Rechts iim Vordergrund ist heute ein Restaurant eingerichtet. Den Charakter aber hat der Bahnhof wie praktisch alle Bahnhofsbauten entlang der Strecke bis heute behalten können. Hierfür sei allen Aktiven des Interessenverband der Zittauer Schmalspurbahnen e.V. und den Verantwortlichen der SOEG gedankt. Den Zittauer Schmalspurbahnen auch die kommenden Jahre gute Fahrt unter Volldampf!
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© 2013 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben