Der Harz ist von Hamburg aus per Tagestour erreichbar, entsprechend steht er auch hin und wieder auf dem Reiseplan. Mit einem Freund ging es im April 2004 in den Harz, um ein wenig Harzer Schmalspurbahnen zu machen. Die HSB setzen abseits des Brockenverkehrs überwiegend auf Triebwagen, lediglich je ein Umlauf wird von Nordhausen und Gernrode (an einzelnen Tagen zwei Dampfumläufe) aus mit Dampf gefahren. Für den übrigen Verkehr besitzen die HSB acht Triebwagen, die Strecke Nordhausen – Ilfeld wird ergänzend von drei Straßenbahntriebwagen der Bauart Combino DUO bedient.
Ziel im April 2004 waren nicht bevorzugt die Dampfloks der HSB, sondern ganz bewusst auch die Triebwagen, die sonst bei vielen Eisenbahnfreunden eher links liegengelassen werden. Doch auch im Harz bleiben die Uhren nicht stehen – eine Garantie, dass der heutige Betrieb auch noch in 10 Jahren so gefahren wird, gibt es nicht. Und das bauliche Umfeld ändert sich stetig – bestehende Bauwerke altern, verfallen und werden abgerissen oder saniert, neue Bauwerke entstehen. Auch wenn im Harz vieles schonend modernisiert wird, die Zeit hält keiner auf. Und so haben sich auch nach 2004 wieder viele große und kleine Details verändert.

99 7236 bei Ilfeld

Von Nordhausen kommt täglich eine Dampflok zum Einsatz, sie fährt ein Zugpaar von Nordhausen nach Wernigerode und zurück. Entsprechend befährt einmal am Tag ein Dampfzug in fotogenem Licht den Ilfelder Viadukt. Zu Güterzugzeiten im Harz bis 1990 ein gerne genommenes Motiv. Die Geländerecken besitzen noch die zu Behördenzeiten üblichen weißen Warnanstriche für fehlenden Sicherheitsraum. Heute müssen entsprechende Stellen durch gelb/schwarzen Warnanstrich gekennzeichnet werden.
187 015 in Eisfelder Talmühle

Der 187 015 war der Prototyp SmVT 2000 und wurde von der DB 1996 in Wittenberge für die Schmalspurbahnen im Osten Deutschlands gebaut. Mit entsprechenden Anpassungen sollte das Fahrzeug auf allen drei Spurweiten der dortigen Schmalspurbahnen einsetzbar sein. Obwohl gerade die sächsischen Schmalspurbahnen nach der Wende auf moderne Dieseltriebwagen drängten, kam es aus Sachsen zu keinen Bestellungen. Der am 22. April 1996 vorgestellte SmVT 2000 wurde von den HSB übernommen und erprobt. Die Erprobung mündete 1999 in die Serienfertigung von vier im DB-Spezialwerk Halberstadt nach neuen Entwürfen (das Werk Wittenberge hatte die Pläne des SmVT 2000 zwischenzeitlich an die DWA verkauft) gebauten Triebwagen, welche den bis dahin noch notwendigen Einsatz von Dieselloks im Reisezugverkehr endgültig überflüssig machten.
Der 187 015 hatte im April 2004 eine umfassende Hauptuntersuchung mit Neulackierung in den Farben der Wagen der Harzer Schmalspurbahnen hinter sich. Hier fährt er,
nachdem die 99 7236 aus Nordhausen den Bahnhof erreicht hatte, aus dem Bf Eisfelder Talmühle aus. Das einige Jahre verlassene Empfangsgebäude Eisfelder Talmühle war nach seinem Verkauf gerade in Renovierung – hier zog danach ein Gasthof ein, welcher auch Übernachtungsmöglichkeiten bietet.
187 015 bie Ilfeld

Das Rollo des 187 015 zeigt noch deutlich, in welchen Farben der 187 015 von 1996 bis 2002 im Einsatz war. Der tägliche Einsatz machte 2010 eine Wagenkastenaufarbeitung mit Neulackierung erforderlich, welche bei der Mecklenburgischen Bäderbahn Molli (MBB) in Bad Doberan durchgeführt wurde. 2011 folgte die fällige Hauptuntersuchung, die allerdings nur das nötigste umfasste. Zusammen mit den Altbautriebwagen 187 011-013 soll der Triebwagen demächst eine umfassende technische Modernisierung erhalten, welche bei der VIS in Halberstadt durchgeführt werden wird. Hier fährt der Triebwagen zwischen Netzkater und Ilfeld nahe des Ilfelder Viadukts gen Nordhausen.
187 015 in Netzkater

Der Hp Netzkater liegt direkt am Steinkohlenbesucherbergwerk Rabensteiner Stollen. Im Gegensatz zu den Bahnhofsgaststätten in Eisfelder Talmühle (inzwischen saniert wiedereröffnet), Alexisbad und Mägdesprung konnte sich die hiesige Bahnhofsgastronomie durch die Nähe des Bergwerks halten und ist auch 2013 geöffnet. 2004 hatte sich abgesehen vom neuzeitlichen Triebwagen im Gegensatz manch anderem Bahnhof der HSB noch nicht viel an der Infrastruktur gewandelt. Die Telegrafenmasten fielen erst 2012 bei umfangreichen Gleisbauarbeiten.
187 015 in Hasselfelde

Das Bahnhofsgebäude von Hasselfelde wurde früh an privat verkauft und umfassend saniert. In Hasselfelde ist auch ein kleines Museum zu den Harzer Schmalspurbahnen entstanden – so steht hier u.a. der alte Kessel der 99 5901 im Freigelände. Die von den HSB nicht mehr benötigte Lok 99 7244 wird im örtlichen Lokschuppen von einem engagierten Lokführer der HSB gepflegt. 187 015 erreicht soeben den Bf Hasselfelde.
187 015 in Hasselfelde

Zur Abfahrt bereit im Bf Hasselfelde.
187 015 bei Hasselfelde

Auf der Hochebene bei Hasselfelde fährt der 187 015 mit Ziel Alexisbad. Im Hintergrund die Ortschaft Hasselfelde und im Dunst der Brocken.
187 015 bei Güntersberge

Den Mühlenteich bei Güntersberge passiert hier der 187 015.
187 015 bei Straßberg

Völlig abseits gelegen ist das Dörfchen Straßberg. Entlang der Selke fährt der 187 015 gen Alexisbad.
99 5906 bei Drahtzug

Den Dampfbetrieb im Selketal wollten wir nicht völlig links liegenlassen. Die Malletlok 99 5906 vertrat im April 2004 die Stammlok 99 6001, welche in Meiningen zur Aufarbeitung weilte. Üblicherweise fährt die 99 5906 den zweiten Dampfumlauf, welcher nur an bestimmten Wochentagen mit Dampf gefahren wird und an den anderen Tagen ein Triebwagenumlauf ist. Bei Drahtzug passiert die 99 5906 die markanten Felsvorsprünge.
99 5906 bei Alexisbad

Die Strecke Alexisbad – Harzgerode hat mit dem Bau einer Kläranlage einen charakteristischen Fotopunkt verloren. Einer der wenigen noch möglichen Fotostandorte ist der Bahnübergang an der B242.
187 013 in Mägdesprung

Die HSB übernahmen 1995 drei Triebwagen der Inselbahn Langeoog. Da für den Einsatz bei den HSB umfangreiche Umbauten im Werk Halberstadt nötig waren, verzögerte sich der Einsatz bis 1996. Auch mit Beschaffung der vier Neubautriebwagen 187 016-019 wurden die in den 1990er Jahren bereits über 40 Jahre alten Triebwagen nicht überflüssig – sie sollen auch künftig bei den HSB bevorzugt auf der Selketalbahn eingesetzt werden. Die Triebwagen 187 011 und 013 waren zuletzt sehr störanfällig und wurden 2010 komplett aus dem Einsatz zurückgezogen. Sie werden nach einer technischen Modernisierung in Halberstadt mit neuen Motoren und Getrieben ab 2013 wieder in den Einsatz zurückkehren und die noch immer prekäre Triebwagensituation der HSB wieder normalisieren.
Im April 2004 war 187 013 im Planumlauf eingesetzt, die Bahnhofsgaststätte in Mägdesprung war noch geöffnet und servierte leckeres Gulasch. Die Bahndienstfahrzeuge rotteten längst vor sich hin und der 2012 abgerissene Güterschuppen zeigte ebenfalls schon deutliche Verfallserscheinungen.

187 013 bei Mägdesprung

Der 187 013 hat den Bf Mägdesprung auf der Rückfahrt von Alexisbad in Gegenrichtung verlassen und wird durch die typische Landschaft des Selketals gen Gernrode fahren.
187 013 in Gernrode

Nach Ankunft in Gernrode hieß es für den Lokführer vor dem Feierabend den 187 013 tanken. Dort ergab sich ein Gespräch mit ihm, dem die Fotografen natürlich aufgefallen waren. Normalerweise würden sich die Fotografen doch eher auf die Dampfzüge konzentrieren und keine Triebwagen verfolgen, so der Lokführer. Nun, auch das ist Eisenbahn anno 2004 und in keiner Zeitblase gefangen. Heute, 2013, sieht man bereits wie auch dieser Bereich der HSB sich in den neun Jahren gewandelt hat. Und der Wandel wird auch 2013 nicht aufhören. Wie so oft – interessant werden Dinge oft erst dann, wenn es eigentlich zu spät ist. Wenn sie zur Rarität werden oder kurz vor dem Einsatzende stehen. Aber auch der ganz normale Betrieb hat seinen Reiz...
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© 2013 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben