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Historische Bahn besteht ja nicht nur aus fahrenden Zügen, sondern auch aus den Strecken. Einfach stillgelegt werden Bahnen eigentlich nicht – es gibt immer dazu eine Geschichte, mal kurz, mal länger. Stillgelegt wurden Bahnen früher meist, weil keiner mehr auf ihnen fuhr. In neuerer Zeit hört man immer öfter das Argument, daß kein Geld zur Streckensanierung da wäre. Schleichender Substanzverlust. Oder die örtliche Politik meint, eine Bahn zum fremden Bundesland nicht mehr bezahlen zu wollen. Da sind schon gut genutzte, gut erhaltene Bahnen mit stillgelegt worden.

Es gab aber auch eine andere Art stillzulegen, wobei man hier allerdings nicht trefflich sagen kann, warum sie stillgelegt wurden. Eigentlich trifft keiner der oben genannten Gründe zu... Der einzige Grund, den man sofort benennen kann, ist "Die Deutsche Geschichte". Sehr augenscheinlich war es in Berlin zu sehen, wo nicht nur grenzüberschreitende Bahnen stillgelegt wurden, sondern Bahnen inmitten einer Großstadt mit einem großen Potential an Fahrgästen und idealen Reisewegen.

Berlins S-Bahn war zwischen 1961 und 1984 (und eigentlich bis zum 3. Oktober 1990) eine Bahn, die ihre eigenen Regeln hatte. Die Regeln sorgten dafür, daß über die Hälfte des Streckennetzes in West-Berlin brachlag – allein bei der S-Bahn. Die Eisenbahn war in weiten Teilen genauso betroffen. Ich will in dieser Galerie zwei Strecken zeigen, die 1980 bzw. 1984 stillgelegt wurden – und zum Glück heute wieder unverzichtbarer Bestandteil des Berliner Nahverkehrs sind.

Der Leichengeruch von damals ist in dieser heute Großstadt unvorstellbar und für viele, gerade jüngere Eisenbahnfreunde sicher auch nicht mehr greifbar. Man stelle sich vor, in München die Stammstrecke stillzulegen... Aber bis auf wenige Kilometer Ausnahme waren mal alle S-Bahnstrecken im Westen Berlin stillgelegt.


1. Die Strecke Heiligensee – Tegel

Ruppiner Chaussee Die Strecke Tegel – Heiligensee wurde erst 1984 von der BVG stillgelegt, weil sie außerstande war, sofort alle von der Reichsbahn übernommenen Strecken zu betreiben.

Diese Strecke sollte nach Vorstellungen der West-Berliner Politik nie wieder in Betrieb gehen, da ihr vor 1989 der Fortsatz nach Hennigsdorf fehlte. Auch nach der Maueröffnung am 9. November 1989 war es keine Selbstverständlichkeit, diese Lücke zu schließen.

An der Ruppiner Chaussee endete die Trasse aus Tegel autobahnbedingt im Mai 1990.

Aus Heiligensee kommend, stand vor dem Bahnhof Tegel ein Formsignal, welches die Einfahrt in den Bf Tegel sicherte.

Im Mai 1990 hatte längst die Natur anstelle des Signals das Sagen.
Tegel Einfahrbereich

Bahnsteig Schulzendorf In Schulzendorf war der Bahnsteig inzwischen über sechs Jahre verlassen, weder von Süden noch vom Norden waren die Gleise erreichbar. Im Norden war die Staatsgrenze der DDR, im Süden der Autobahnzubringer den Gleisen im Weg.

Wäre die DDR am Leben geblieben, der Bahnhof wäre vmtl. inzwischen restlos zerfallen.

Während die 1984 stillgelegte Strecke Schönholz – Heiligensee ab Tegel nicht mehr befahrbar war, war der Abschnitt bis Tegel stets im Güterverkehr befahrbar geblieben.
Die Waggon-Union richtete zur Inbetriebnahme von neuen oder überholten S-Bahnzügen auf dem Gütergleis die Stromschiene befahrbar her.

Im Herbst 1993 gelang dadurch zweimal die Befahrung der im S-Bahnverkehr seit 1984 stillgelegten Strecke mit S-Bahnzügen. Heute würde das EBA einen solchen Betrieb wohl nicht zulassen, denn letztlich waren die Bahnhöfe seit seit 1984 nicht mehr bzw. in Tegel nur notdürftig unterhalten worden.

Hier durchfährt der ET165 471 den seit neun Jahren im Dornröschenschlaf liegenden und entsprechend zugewachsenen Hp Eichbornstraße.
Durchfahrt Eichbornstraße


2. Die Strecke Westkreuz – Spandau (– Staaken)

Bahnsteig Olympiastadion Die Strecke Westkreuz – Spandau – Staaken wurde bereits 1980 stillgelegt, obgleich vergleichsweise viel befahren und seinerzeit ohne U-Bahnparallelverkehr.

Im April 1992 war der Beginn der Wiederaufbauarbeiten absehbar – zunächst aber nur für den Fernverkehr, damit die Strecke über Ruhleben saniert werden konnte. Hier ist der einst von Fußballfans belebte Bf Olympiastadion seit 12 Jahren außer Funktion, die Anlagen verfallen.

Der Bahnsteig aus/nach Richtung Pichelsberg wirkte genauso trostlos, wenn auch der Verfall nicht ganz soweit fortgeschritten war, wie bei anderen Bahnsteigen.
Bahnsteig Olympiastadion

Bahnsteig Pichelsberg Der Bf Pichelsberg mit seiner Abstellanlage wirkte nicht besser, offenbar kaufte sich ein S-Bahnfreund eine Sprühdose um einen bereits damals illousorischen Spruch auf die einstige Aufsichtsbude zu sprühen.

Weder fuhren hier
1994 wieder S-Bahnen, noch sollte die S-Bahn je wieder nach Staaken fahren...

Trümmer, wohin man sieht, der Zugang Richtung Waldbühne längst abgerissen, das Stellwerk verfällt. Das Sv-Signal ohne Optiken.

Damit will ich den ersten Teil bewenden lassen, das Scannen von toten Strecken motiviert einen auch heute nicht, auch wenn auf allen gezeigten Bahnhöfen heute wieder das S-Bahnleben tobt...
Bahnsteig Pichelsberg

Weiterführende Galerien der Bahnfotokiste
Stillgelegt – Berliner Eisenbahn zur Wendezeit, Teil 2
Stillgelegt – Berliner Eisenbahn zur Wendezeit, Teil 3

Externe Links

Geschichte und Geschichten rund um die Berliner S-Bahn (von Mike Straschewski)

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