Nur
sechs Tage nach unserem Besuch auf der Transrapidanlage in Lathen kam
es dort am 22. September 2006 zu einem schweren Unglück, nachdem
der TR 08 mit rd. 170 km/h auf ein Betriebsfahrzeug prallte. Es wurden
23 Personen getötet und 10 Personen verletzt. Der Versuchsbetrieb
wurde
bis auf
weiteres eingestellt. Diese Galerie der Bahnfotokiste entstand wenige
Tage vor dem Unglück in Lathen.
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Seit
Jahren beherrscht der Transrapid regelmäßig die Schlagzeilen
in den Medien. Seit 1991 uneingeschränkt serienreif, bemüht
sich die Industrie außerhalb der Versuchsstrecke im Emsland eine
Referenzstrecke für den kommerziellen Einsatz des Transrapids zu
bauen. Der
Transrapid ist ein Gemeinschaftsunternehmen der ThyssenKrupp AG und der
Siemens AG, es firmiert unter "Transrapid International GmbH &
Co.
KG".
Im
März 2008 scheiterte auch der dritte ernstzunehmende Anlauf in
Deutschland eine Referenzstrecke für den Transrapid zu bauen und
zu betreiben, nachdem
zunächst nach einem Kabinettsbeschluss von Dezember 1989 eine
Verbindung zwischen den Flughäfen Köln/Bonn und
Düsseldorf
realisiert werden sollte.
Nach der politischen Wende in der früheren DDR war ab 1992 der Bau
einer Transrapidstrecke von Hamburg nach Berlin vorgesehen. Diese
Strecke wurde am 5. Februar 2000 – nur rund einen Monat nach
Vorliegen des ersten Planfeststellungbeschlusses – ad acta
gelegt. Nicht nur die fast geradlinige Eisenbahnverbindung
zwischen beiden Städten haben das Bauprojekt nicht aus der Kritik
kommen lassen.
Seit dem Jahr 2000 bemühte sich München um den Bau eines 37
Kilometer langen Zubringers vom Münchner Hauptbahnhof zum
Flughafen im Erdinger Moos. Im Februar 2005 begannen erste
Planfeststellungsverfahren,man hoffte in München im Jahre
2011 den Betrieb aufnehmen zu können. Auf dieser Strecke
sollten dann dann bis zu 350 km/h gefahren werden, innerstädtisch
außerhalb von Tunnelanlagen noch bis zu 250 km/h. Der von
Nordrhein-Westfalen
angestrebte Bau eines Metrorapids zwischen Dortmund und Düsseldorf
wurde zugleich nicht weiter verfolgt.
Mit
Entscheidung vom 27. März 2008 entschieden die am Bau beteilligen
Regierungen des Bundes und von Bayern sowie die Industrie, den
Transrapid zwischen München Hauptbahnhof und dem Flughafen nicht
zu bauen. Ausschlaggebend dafür war die erneut gestiegene
Kostenprognose von 1,85 Mrd. EUR im September 2007 auf über 3 Mrd.
EUR. Damit sind an die 20 Jahre politischer Diskussion vergangen, ohne
dass in Deutschland auch nur ein Meter Transrapid gebaut werden konnte.
Ein neuer Anlauf ist nicht zu erwarten – die Zukunft der
deutschen Magnetschwebebahntechnik ist damit fraglich.
Die Chinesen sind da weniger zimperlich – was leider auch
für andere Bereiche der chinesischen Kultur gilt – und haben
in drei Jahren Bau- und Planungszeit den Transrapid als
Flughafenzubringer in Shanghai mit einer Länge von 30 Kilometern
in kürzester Zeit gebaut und betreiben somit die weltweit erste
kommerzielle Anwendung der Transrapidtechnik.
Derzeit wird die Verlängerung der chinesischen Strecke um weitere
170
Kilometer nach Hangzhou
geprüft. Die Verhandlungen dazu stocken derzeit, da China auf
einen Transfer wesentlicher technischer Grundlagen nach China besteht
und damit selbst das Know-How zum Magnetbahnbau erwerben möchte.
Nur eine Woche vor dem "Aus" für den Transrapid in München
stellte das
Transrapid-Konsortium 23.
März 2008 den
neuen Transrapid 09 vor, welcher als Prototyp für den Transrapid
zum Münchner Flughafen vorgesehen war. Das in Farben von DB Regio
gehaltene Fahrzeug wurde anschließend zur Versuchsanlage im
Emsland überführt, wo letzte Arbeiten zur Fertigstellung
ausgeführt wurden.
Am
27. Mai 2009 – rund einen Monat vor Auslaufen der
Betriebsgenehmigung für die Transrapidversuchsanlage im Emsland am
30. Juni 2009 erteilte der TÜV und die für den Transrapid
zuständige Bahnaufsicht die Abnahme des Transrapird 09 und der
überarbeiteten Sicherheitsanlagen. Seit diesem Zeitpunkt
dürfen wieder – maximal 20 – Interessenten mitgenommen
werden, sofern sie von den Herstellerfirmen eingeladen wurden und
dieses der Vermarktung des Transrapids dient. Publikumsfahrten nach dem
bis 2006 gefahrenen Verfahren sind damit nicht mehr zulässig.
Zuvor erhielt die Versuchsanlage am 3. Juli 2008 die
Versuchsanlage im Emsland eine vorläufige
Betriebsgenehmigung, so dass formal erste Versuchsfahrten mit dem
Transrapid 09 aufgenommen werden konnten.
Zeitgleich
mit der erneuten Abnahme der Versuchsanlage wurde in den Medien ein
Interesse des Irans an der deutschen Technologie verkündet –
ob dieses zu einer Verlängerung der am 30. Juni 2009 auslaufenden
Betriebsgenehmgung führt, war Ende Mai 2009 noch nicht absehbar.
Bei
einer endgültigen Einstellung der Versuchsfahrten ist vertraglich
festgeschrieben, dass die Versuchsanlage demontiert werden muss.
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Im
Sommerhalbjahr wurden Mittwochs bis Sonnabends Besuchermitfahrten
angeboten. Im Jahr 2006 sollte abweichend bis Ende Oktober gefahren
werden, da
hier neue Komponenten erprobt und zugelassen wurden.
Am 16. September 2006 begann die erste Fahrt gegen 9.30 Uhr, der
Versuchsbetrieb endete gegen 15.30 Uhr. Dabei wurden jeweils
zwei Runden auf der Versuchsanlage gefahren. Auf der ersten Runde
wurden rund 410 km/h erreicht, bei der zweiten 355 km/h.
Wie auf dem Foto zu sehen, konnte das
Fahrzeug nur durch
einen Einstieg betreten werden. Im Vorgriff auf die beim Bau des TR 08
fest geplante Strecke Hamburg – Berlin hatten die Türen
bereits die spätere, serienmäßige Anordnung. Der TR 09
hat
dichtere Türenfolge erhalten.
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Während
die zweite Besuchergruppe des Tages auf die Fahrt wartet, kommt der TR
08 das erste Mal auf der Versuchsstrecke nach Süden durchgefahren.
Bei dieser Fahrt erreichte der Transrapid 410 km/h.
Die Geräuschentwicklung mag zwar einem 300 km/h schnellen ICE
entsprechen, doch wirkt sie aufgrund ihrer Plötzlichkeit
erschreckend wie ein tieffliegender Jet.
Da der Fotograf mit solchen Geschwindigkeiten recht wenig Erfahrung
hat, ist es gerade bei Digitalkameras mit ihrer
Auslöseverögerung ein recht stressiges Unterfangen, den
richtigen Auslösezeitpunkt zu erwischen.
Unten links im Bild einige Fotografen, oben links der "Bahnsteig"
für
den Fahrgastwechsel.
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Während
die zweite Besuchergruppe auf den Einstieg wartet, verlässt die
vorherige Gruppe den Transrapid. Die gute Laune lässt vermuten,
dass die Fahrt mit 410 km/h keine unangenehmen
Begleiterscheinungen hatte. |
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Die
Wagenübergänge des Transrapids sind komplett druckdicht
ausgeführt. Bei Begegnungsgeschwindigkeiten auf zweispurigen
Strecken von rund 1000 km/h sind hier spezielle Maßnahmen
unerlässlich. Die Türkonstruktion entspricht den
ICE-Fahrzeugen der Deutschen Bahn AG. |
Der
Innenraum des TR 08 war im Bereich der 2. Klasse in Dreierreihen
bestuhlt. Die im Gegensatz zu Eisenbahnfahrzeugen erheblich höhere
Breite ließ aber keine Enge aufkommen. Der im Hintergrund zu
sehende Wagen war Messwagen und 1. Klasse zugleich – hier standen
großzügige Sitze in Zweierreihen.
Eine Leuchtschrift im Display über den Türen zeigte die
aktuelle
Geschwindigkeit an.
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Nach
dem Ansturm der Besucher war der Innenraum am Veranstaltungstag schnell
gefüllt, praktisch alle Sitzplätze wurden belegt. Die
Türen schlossen sich in Kürze, der Transrapid hob an und
startete angenehm zügig.
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Ein Blick
in die nördliche Fahrtrichtung des Transrapids.
Auf der linken Seite sind die Betriebsgebäude des Transrapids zu
sehen, mittels einer Weiche mit biegsamen Stahlträgern kann der
Zug in die Werkstatt einfahren.
Auf Nebenfahrwegen stehen Betriebsfahrzeuge.
Im Hintergrund zu sehen der alte Einstieg in die Fahrzeuge,
aufgenommern vom neuen Einstieg aus.
Beim Unfall am 22. September 2006 wartete ein Betriebsfahrzeug vor im
Foto zu sehenden Weiche auf Einlass in den Betriebshof – der
TR 08 mit dem völlig zerstörten ersten Wagen kam erst in der
im Hintergrund zu sehenden Linkskurve zum stehen.
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Im
Besucherzentrum steht eine Hälfte des Transrapids 07, welcher
durch den im August 1999 ausgelieferten TR 08 ersetzt wurde.
Am 2. Oktober 2003 wurde dieser Teil im Design des
"Metrorapid" in
Lathen als
Ausstellung aufgestellt.
Der zweite Teil des TR 07 stand seit dem 23.
April 2002 am Münchner Airport und wurde im Mai 2008 an den
Unternehmer Max Bögl verkauft, welcher ihn dort ab dem 26. Mai
2008 abbaute und zum Unternehmenssitz in Neumarkt (Oberpfalz)
überführte.
Zuvor war die bestuhlte Hälfte des TR 07 in Lathen an gleicher
Stelle wie seit Oktober 2003 der Messteil des TR 07.
Im Hintergrund zu erkennen das "Transrapid-Kino", wo Promotion-Filme
zum Transrapid gezeigt wurden.
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Die
Hälfte des TR 07 erinnerte an den vergeblichen Versuch NRW's von
2000
bis 2003, diese
Technologie an den Rhein zu holen.
Durch die Deutsche Einheit
musste bereits das Projekt der Flughafenverbindung Köln/Bonn
– Düsseldorf zu den Akten gelegt werden.
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Ein Blick
von der Zufahrtstraße aus Lathen auf den Bahnhof des Transrapids.
Unterhalb des Transrapidfahrwerks sind
Sromschienenkonstruktionen zu
erkennen, welche in Bereichen, wo der Transrapid unter 100 km/h
fährt, die Energieversorgung des Zuges sicherstellen.
Im Bereich über 100 km/h übernimmt ein Lineargenerator die
Erzeugung der Energie für die elektrischen Einrichtungen des
Transrapids – in diesen Streckenbereichen sind keine Stromschienen
montiert.
In Bereichen unter 100 km/h reicht die Batteriekapazität des TR 08
rund
eine
Stunde, um die elektrischen Aggregate zu versorgen. Künftige
Transrapidgenerationen kommen ohne Stromschienen aus.
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Wesentliches
Charakteristikum des Transrapids ist der im Fahrweg eingebaute Antrieb
in Form von Stator-Wanderfeldleitungen – welche magnetisch sind, wenn
sich der Transrapid im entsprechenden Abschnitt befindet.
Die Magnetbahntechnik kann man vereinfacht mit dem Prinzip des
Drehstromsynchronmotors vergleichen, wobei im Falle der Magnetbahn der
Fahrweg der Stator und das Fahrzeug der Rotor ist. Die entsprechden
Magnetfelder ziehen den Zug vorwärts – die
Geschwindigkeitsregelung wird über Veränderungen der
Frequenz erreicht.
Unterhalb des Langstators sind die Stromschienen zu erkennen, welche im
Stillstand bzw. langsamer Fahrt die Bordnetze mit externer Energie
versorgen.
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Südlich
des Magnetbahnhofs kreuzt der Transrapid in der Südschleife die
Eisenbahnlinie Lathen – Werlte. Die Strecke wird heute noch im
Güter- und Touristikverkehr betrieben.
Zum Einsatz kommt im
Toursitikverkehr der VT1 von Talbot aus dem Jahre 1957, welcher seit
seiner Indienststellung 1957 auf dieser Bahnlinie stationiert ist.
Am 16. September 2006 kam es zum Zusammentreffen von VT1 und
TR 08 am
Streckenkilometer 2,0.
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Der
Vorläufer der Versuchsanlage in Lathen war die Strecke des
Transrapid
05.
Diese Strecke wurde 1979 anlässlich der Internationalen
Verkehrsausstellung (IVA) in Hamburg aufgebaut und verband mit maximal
75 km/h das Messegelände mit dem 900
Meter entfernten Ausstellungsgelände
auf dem Heiligengeistfeld.
In rund drei Wochen nutzten 50.000 Besucher die
fahrplanmäßig zum
HVV-Tarif verkehrende Verbindung.
Nach dem Ende der IVA wurde die Anlage abgebaut und1980 bei
ThyssenKrupp in Kassel wieder aufgebaut.
Nach Inbetriebnahme der Versuchsstrecke im Emsland wurde der TR05
endgültig stillgelegt. Die Anlage steht noch heute in Kassel als
Denkmal.
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Während
heute der Rekord des Transrapids bei 501 km/h liegt – aufgestellt
am 12. November 2003 in Shanghai – war anno 1979 beim TR 05 an
solche Geschwindigkeiten nicht zu denken. Die Patentierung der
Grundlagen der Magnetbahntechnik durch Hermann Kemper lagen gerade
einmal 45 Jahre zurück.
Während die Bauform des Transrapid 05 erstmals der noch heute
bekannten Form von Fahrzeug und Fahrweg entsprach, war die
Fahrzeugkonstruktion selbst nur für das Tempo 75 km/h ausgelegt
und der Wagenkasten entsprechend leicht konstruiert.
Im Januar 1999 stand der TR 05 im Werkgelände von ThyssenKrupp.
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Der
Vorgänger des Transrapid 05 war der Transrapid 04 von 1973.
Dieses System unterschied sich von den späteren TR-Modellen durch
die Umklammerung des Fahrzeuges durch den Fahrweg. Ab Transrapid 05
umklammert das Fahrzeug den Fahrweg.
Der Transrapid 04 wurde nach Außerdiensstellung dem
Technik-Museum im Speyer übergeben, wo der Versuchsträger im
Mai 2002 leider in nicht mehr allzu gutem Zustand mit Graffitischaden
im Freigelände abgestellt war.
Der Transrapid 01 steht im Deutschen Museum in Freilassing, der
Transrapid 02 bei Krauss-Maffei in München und der Transrapid 06
vor
dem Deutschen Museum in Bonn. Der Transrapid 03 ist als bisher einziger
verschrottet.
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