Nach dem Auszug des VVM aus dem Betriebshof Bahrenfeld 1974 waren die historischen Hamburger Straßenbahnen zunächst heimatlos. Die Straßenbahn in Hamburg stand vor der Stilllegung, so dass auch Ausweichquartiere bei der Hochbahn keine Alternative gewesen wären. Über Wakendorf kamen die Straßenbahnen des VVM 1978 zum Schönberger Strand, wo die Wagen über viele Jahre im Freien abgestellt waren, einzelne Fahrzeuge konnten in Krummbek in einer Halle mehr oder minder geschützt abgestellt werden.
Erst ab Anfang der 1990er Jahre kam der Bau einer Straßenbahnanlage nennenswert voran, über eine ABM konnte
aus geborgenen Altanlagen eine Gleisanlage mit zwei Schleifen errichtet werden, welche auch für die Kieler Spur mit 1.100mm Spurweite geeignet ist. Zur Fahrzeugaufarbeitung wurde zunächst eine Zelthalle provisorisch errichtet – das Ziel Fahrzeughalle gab es, war aber noch weit von einer Realisierung entfernt.
Mitte September 1993 konnte die Straßenbahn am Schönberger Strand – zunächst mit Hilfe eines mitgeführten Batterieanhängers – in Betrieb genommen werden. Als erstes Betriebsfahrzeug stand der Hamburger V6E 3644 zur Verfügung, welcher die Strecke mit dem Schild "Erste Fahrt" statt "Letzte Fahrt" – wie einst die letzte Hamburger Straßenbahn 1978 es zur Stilllegung der Hamburger Straßenbahn tat – eröffnete. Eine Woche später besuchte ich die "neue alte" Hamburger Straßenbahn am Schönberger Strand.

Tw 202 und V6E 3644

Durch das anfängliche Fehlen einer Fahrleitungsanlage konnte stets nur ein Fahrzeug auf der Anlage verkehren – hierbei handelte es sich in der Regel um den V6E 3644, welcher vom Hannoveraner Tw 202 unterstützt wurde. Der Tw 202 steht im Stumpfgleis am Bahnhofsgebäude als Blickfang aufgestellt, während der V6E 3644 auf neue Fahrgäste wartet.
V6E 3644

Interessiert schauen sich die Besucher das neue Verkehrsmittel am Schönberger Strand an, im Hintergrund der Akkuanhänger gut erkennbar.

V6E 3644

Eine Fahrzeughalle gab es erst fast 10 Jahre später, solange konnten die Fahrzeuge nicht im Trockenen abgestellt werden – für Arbeiten an den Fahrzeugen stand eine provisorische Zelthalle zur Verfügung.

V6E 3644

V6E 3644 fährt in die Südschleife ein, im Hintergrund vollbesetzt der Aussichtsturm der Gemeinde Schönberg. Die in Vordergrundmitte wachsenden Sträucher wurden einige Jahre später wieder entfernt, so wurde die Anlage wesentlich attraktiver.

V6E 3644

Ein einsamer Haltestellenmast flankiert die Haltestelle in der Nordschleife. Im Vordergrund eine Weiche als Bauvorleistung, da damals die Idee bestand, über die Straße auf die andere Seite zu wechseln und damit eine wesentlich erweiterte Fahrstrecke zu haben. Daraus wurde nichts, das Areal ist heute weitgehend bebaut – ohnehin hätte eine solche Querung den Betrieb der Anlage wesentlich verkompliziert, da dann eine reguläre Konzession als Straßenbahn erforderlich geworden wäre und ein Betrieb nach BOStrab mit allen dort vorgesehenen Regeln. Die heutige Anlage wird als Schaustellerbetrieb geführt, mit Aufsicht durch den TÜV.

V6E 3644

Die gerade Strecke zwischen den Schleifen kann nicht wirklich zum "aufdrehen" genutzt werden, dennoch ist die Fahrt durch die beiden Schleifen ein Erlebnis. Heute ist die Fahrleitungsanlage längst errichtet, ein mobiles Unterwerk sorgt für 550 V Fahrspannung und die Fahrzeughalle ist fertiggestellt.
Seit rund 10 Jahren leider nicht mehr in Betrieb ist der V6E 3644, welcher mit größeren Schäden an der Karosserie abgestellt ist. Eine Instandsetzung ist derzeit nicht absehbar, der Arbeitsvorrat der Museumsstraßenbahn ist ohnehin mehr als ausreichend und mit dem V6E 3657 ein weiterer V6E erhalten und im Straßenbahnmuseum Skjoldenaesholm auch betriebsbereit.

Zur Übersicht © 2014 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben