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7. Januar – Molli wieder am Draht
8. Januar – Nah am Wasser
20. Januar – Große Runde zum Abschied
26. Januar – Zeitreise nach Beimoor







Freitag, 26. Januar 2018 – Zeitreise nach Beimoor

Beimoor

Dieses Jahr jährt sich die Inbetriebnahme der Walddörferbahn zum 100. Male. Die Geschichte des Baues der Walddörferbahn ist hochinteressant und bietet so einige Wirrungen der Zeit des 1. Weltkrieges und der Wirtschaftskrise danach. Heute ging es spontan zu einem nie betriebenen Abschnitt der Walddörferbahn, welcher aber zusammen mit dem Rest der Walddörferbahn bis 1918 komplett errichtet wurde und abgesehen von der fehlenden elektrischen Ausrüstung auch betriebsfähig war. Aus einer älteren und mit diesem Beitrag ersetzten Galerie der Bahnfotokiste übernehme ich mit dieser aktuellen Fotoreihe Teile der ggf. ergänzten Texte. Die Fotos entstanden mit dem Smartphone, was in der Bahnfotokiste eigentlich die absolute Ausnahme ist und bleiben wird.
1912 beschloss die Stadt Hamburg den Bau einer eigenen Bahnlinie, um die hamburgischen Exklaven – die "Walddörfer" Farmsen, Berne, Volksdorf, Ohlstedt, Wohldorf, Schmalenbeck und Groß-Hansdorf – nordöstlich Hamburgs besser an die Stadt anzuschließen und für Besiedelung interessant zu machen. Der Bau dieser "Walddörferbahn" genannten Bahnlinie begann umgehend, konnte aber aufgrund der Wirtschaftskrise durch den 1. Weltkrieg erst 1918 weitgehend fertiggestellt werden – einschließlich einer nördlich von Großhansdorf gelegenen Station namens "Beimoor". Hier war neben Siedlungsbau der Bau einer Rüstungsfabrik und einer "Irrenanstalt" geplant. Diese wurde nicht gebaut, nach dem Versailler Vertrag von 1919 war dem Deutschen Reich auch jede Rüstungstätigkeit untersagt. Die Grundlagen für den Betrieb der fertiggestellten Strecke bis Beimoor (samt der projektierten Erweiterung bis zum Hansdorfer Kamp) waren entfallen und die Strecke wurde nur bis Groß-Hansdorf in Betrieb genommen.
Auf der Aufnahme oben ist das südliche Widerlager über den Beimoorweg zu sehen, welches für die projektierte Erweiterung zum Hansdorfer Kamp mit errichtet wurde. Von praktisch identischer Stelle ist auch das einzig bekannte Foto der fertiggestellten Strecke nach Beimoor entstanden, welches am 13. März 1931 im Hamburger Anzeiger erschien und in einem hervorragend recherchierten
Beitrag des NDR zu sehen ist.

Beimoor

Das zweite Streckengleis der Walddörferbahn nördlich Volksdorf wurde demontiert um die fehlenden Stromschienen errichten zu können, damit die Walddörferbahn ab 1921 elektrisch betrieben werden konnte. Spätestens nach dem zweiten Weltkrieg wurden die Bauten der Haltestelle Beimoor Opfer von Hamstereien, wie nicht wenige andere Ruinen in der Not.
Allen bekannten Überlieferungen nach wurde die Hst Beimoor ohne das bei der Walddörferbahn fast überall übliche Empfangsgebäude errichtet, der Platz für das Gebäude ist heute unverklinkert. Es ist naheliegend, dass es hier nie Klinker gegeben hat, die umfassenden Bauten haben noch lange Klinker gehabt oder haben sie bis heute. Auch waren die Portalbauten der Widerlager noch bis in die 1980er Jahre verklinkert und mit Muschelkalk verkleidet. Der Zugangsbau ist in seiner typischen Form noch erkennbar und wurde nach der Nutzung als Behelfsheim in späteren Jahren als Fledermauswinterquartier ausgebaut.

Beimoor

Die Ruine des Bahnsteiges erinnert noch heute an diesen Streckenabschnitt. Inzwischen werden nach 100 Jahren Betrieb die Bahnsteigkanten entlang der Walddörferbahn erneuerungsfällig. Wie eine 100 Jahre alte Bahnsteigkante ohne Instandhaltung aussieht, sieht man bei der Hst Beimoor anschaulich.

Beimoor

Ohne Worte.

Beimoor

Der Verfall ist nicht zu übersehen und selbst 18 Jahre altes Graffiti verblasst zunehmend.

Hst Beimoor

Blick vom Bahnsteig Beimoor in Richtung Groß-Hansdorf, im Vordergrund das Fundament der Haltestellenwärterbude mit den Bodendurchlässen. Dem Fotografen wurde bei der Aufnahme leicht schummerig. Er dachte zuvor darüber nach, wie es hier wohl ausgesehen hätte, wenn die Haltestelle in Betrieb genommen worden wäre. Beim auslesen der Fotos staunte der Autor nicht schlecht, was auf einem Foto zu sehen war – und der Grund war klar, was beim Abschweifen der Gedanken passiert war. Bloß über das wie, wie das möglich war grübelt der Autor noch...

Beimoor

Blick von der Trasse nach Groß-Hansdorf – rechts die viergleisig projektierte Abstellanlage, die in den Projektzeichnungen auch eine Wagenhalle erhalten sollte.

Beimoor

Hier endete das Planum der Abstellanlage. Ob die Gleise der Abstellanlage beim Bau errichtet wurden, ist widersprüchlich überliefert. Fotomaterial der Strecke ist abgesehen vom oben genannten Foto der Haltestelle selbst unbekannt – es soll ein Foto eines Arbeitszuges in der Hst Beimoor geben – das konnte aber bis heute nicht referenziert werden.

Beimoor

Blick hinter der Querung der Mielerstede entlang der Trasse nach Beimoor.

Mielerstede

Der Brückenüberbau über die Mielerstede wurde früh demontiert – in der Originalform des Hochbahnbaues erhalten geblieben sind die Widerlager, wie hier das nördliche Widerlager.

Mielerstede

Blick vom nördlichen Widerlager zum südlichen Widerlager an der Mielerstede. 350 Meter südlich davon beginnt die Abstellanlage der Hst Großhansdorf.

Fotos in Google Earth © 2018 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de Nach oben