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Sonntag, 23. Oktober 2016
– Leichenschmaus in der Prignitz
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Nachdem am 29.
Juli nunmehr endgültig der Personenverkehr von
Pritzwalk nach Putlitz eingestellt wurde, kehrte über der wohl
letzten klassischen Nebenbahn Deutschlands Ruhe ein. Güterverkehr
findet hier seit über 20 Jahren nicht mehr statt, so dass die
Trasse seit Juli brach liegt. Aktuell ist noch kein Stilllegungsantrag
nach § 11
des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) gestellt, so dass die
Strecke aktuell noch bei Bedarf befahrbar ist. Für 2017 ist jedoch
zumindest eine Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit und der
Streckenklasse zu erwarten.
So bestand im Oktober nochmals die Gelegenheit zu Fotofahrten, wobei
dieses Jahr der Goldene Oktober zumindest im Norden weitgehend ausfiel.
Wie bis Ende Juli 2016 steht 798 610 im früheren Keilbahnhof
Putlitz und heutigen Streckenendpunkt zur Fahrt in Richtung Pritzwalk
bereit, Reisende im Nahverkehr werden hier nicht mehr einsteigen – der
Zug fährt nur noch im bestellten Sonderverkehr. Im
Empfangsgebäude ist die Hanseatische
Eisenbahn GmbH (kurz HANS) beheimatet, welche den verbliebenen
Schienenpersonenennahverkehr in der Prigntz abseits des
Prignitz-Express betreibt.
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Alles sieht aus wie immer seit 20
Jahren, als der frühere DB-Lokführer Thomas Becken mit einem
Uerdinger Schienenbus den Betrieb mit der Prignitzer Eisenbahn GmbH (PEG)
aufnahm und u.a. 1999 im SPIEGEL
dafür gewürdigt wurde. Später waren es bis zu zwölf
Schienenbusse – nach einer erfolgreichen Expansion auch zahlreiche
moderne Triebwagen und diverse Diesel- und E-Loks. Nach dem Verkauf der
PEG an ARRIVA kehrte der
Gründer zu den Wurzeln zurück und übernahm 2010 die Eisenbahngesellschaft Potsdam mbH (EGP),
welche zunächst nur im Güterverkehr aktiv war. Die
EGP-Tochter Hanseatische Eisenbahn GmbH (HANS) weilt nun wieder am
Stammsitz des 1995 gegründeten Unternehmens.
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Der kleine Signalgarten mit einer
in den Hausfarben der PEG gehaltenen Dampflokachse am
früheren Postenhäuschen des Abzweiges nach Suckow (bzw. bis zum Abbau 1945 nach Parchim)
ist
gepflegt. Am Haltestellenschild prangt seit Ende Juli das Logo von prignitzbus – dem Unternehmen,
welches die Ausschreibung des Busnetzes gewann und die Nachfolge der Verkehrsgesellschaft Prignitz mbH (VGP)
antrat.
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798 610 am Schuppen in
Putlitz, wo bis zur Übernahme der Werkstatt in Meyenburg alle
Fahrzeuge der PEG instandgehalten und aufgearbeitet wurden – auch viele
der
aus Griechenland zurückgeholten 20 Lokomotiven der Reihe V200.1
standen hier lange im Arbeitsvorrat, ehe der größte Teil in
Neustrelitz aufgearbeitet und an verschiedene Eisenbahnunternehmen
verkauft wurde. Die EGP hat von diesen Loks selbst noch zwei Loks im
Bestand. Von der Quirligkeit einst ist man heute in Putlitz weit
entfernt
– nur drei Fahrzeugwracks stehen noch im Putlitzer Freigelände und
im
Schuppen steht der seit 2015 nicht mehr eingesetzte
Doppelstockschienenbus VT 670.4 auf bessere Zeiten wartend.
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Wenn das Wörtchen "Wenn" nicht
wäre, dann wäre hier jetzt ein herrlicher Sonnenaufgang
über der Dömnitz zu sehen. So ist es "nur" der 798 610 auf
der Dömnitzquerung – welche 1993 bei einem
Hochwasser zerstört wurde, aber von der Deutschen Reichsbahn mit
einer Behelfsbrücke wieder errichtet wurde. In der Summe ist die
Strecke seit den 1980er Jahren schon viele Tode gestorben und doch
immer am Leben geblieben.
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Nur wenige Meter weiter in Richtung
Kuhbier dieser einsame Feldwegübergang, wo ein Andreaskreuz
nach Normen der DDR überlebt hat, vorschriftsmäßig
ergänzt um reflextierende Folien. Einzelne Andreaskreuze mit
integriertem Blinklicht haben bis heute noch keine Folien erhalten, wie
der Bahnübergang in Kuhbier.
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Klassiker als Fotomotiv mit
Feldsteinweg – der einsam gelegene Hp Jakobsdorf. Hier wird kein
Reisender mehr auf einen Zug warten. Desto besser man die Strecke nach
Putlitz kennt, desto verwunderter ist man eigentlich, dass es für
diese Regelspurstrecke kein Museumskonzept gibt. Nicht weit von der
Schiene nach Putlitz entfernt ist der Pollo, ein seit 2002
erfolgreich betriebenes Schmalspurbahnprojekt mit wieder aufgebauter
Strecke – ihren Endpunkt hatten beide Strecken einst im Kleinbahnhof
von Pritzwalk. Aber den Investitionsstau auf der Strecke nach Putlitz
könnte wohl nur ein finanzstarker Investor ohne Renditeerwartungen
abbauen – und die deutsche Museumsbahnszene ist Lichtjahre von der
britischen Museumsbahnkultur entfernt.
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Vor Laaske liegt dieser verlassen
wirkende Hof, den 798 610 auf der Fahrt gen Pritzwalk passiert. Der 798
610 darf noch bis Oktober 2017 fahren, dann läuft seine Frist ab.
Bis
dahin wird er noch für Charterfahrten oder
Ehrenlokführerlehrgänge
genutzt. Im Planverkehr der HANS dürfte der Wagen nicht mehr zum
Einsatz kommen.
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Neugierig schaute dieses Pferd auf
den lange nicht gesehenen Uerdinger Schienenbus – aber als aus diesem
ein dutzend Fotografen ausstiegen und sich im Gelände verteilten,
war das dem Vierbeiner etwas suspekt. Am Ende trabte das
Pferd dann doch noch eine Runde vor den Fotografen.
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Kaum an der Hst Groß
Langerwisch angekommen, kam eine größere Gruppe
Pferdefuhrwerke des Weges. Aber die Fuhrwerke haben keinen
umweltfreundlichen Schienenersatzverkehr übernommen...
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An der Hst Groß Langerwisch
steht ein Gefallenendenkmal des ersten Weltkrieges, weitere Kunstwerke
verteilen sich auf der Wiese.
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Fotozüge haben den Vorteil,
dass der Reisende neben der Bahnfahrt auch Fotostellen erreichen kann,
die abseits der Straßen und Bahnhöfe liegen. Nicht weit von
der Hst Groß Langerwisch entfernt liegt diese Stelle im Wald.
Hier beißt sich aber die Katze in den Schwanz, denn zu
Betriebszeiten hat der Fotograf in der Regel darauf geachtet, dass bei
Besuchen die Sonne scheint – dann sind Waldabschnitte fototechnisch
problematisch und bleiben meist unbeackert. Helle Bewölkung und
sich lichtende Bäume ergeben eine herrliche Stimmung, die mit
Fotozügen kein Problem sind.
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In der Gegenrichtung der einsame
Waldwegüberweg, auch hier haben die Schilder aus DDR-Zeiten mit
neuen Folien überdauert.
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Ein besonderes Kapitel in der
Strecke Pritzwalk – Putlitz ist der Hp Putlitz Süd. Weitab
jeglicher
Wege gelegen, wurde der Hp seit 2004 stets nur wenige Tage im Jahr
bedient, wenn das Musik-Festival VooV
Experience in Putlitz stattfand. In der Woche vor
Betriebseinstellung fand das Festival 2016 mit rund 3.500 Besuchern
statt – 2017 zum 25. VooV-Festival wird die Strecke wohl nicht mehr als
Zubringer dienen. Aber man weiß ja nie, schon 2007 wurden
Sonderverkehre für das VooV-Festival auf der sonst
zuglosen Strecke gefahren...
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Vor Laaske waren Äpfel im
Überangebot.
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Warten auf Sonne am Hp Laaske. Die
Sonne zeigte sich nur leicht, für wenige Sekunden brach sie fast
ganz durch die Wolken. Passt.
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Hinter Laaske hatte sich eine
große Wolkenlücke gefunden und die Auslöser ratterten
fast wie
Maschinengewehre.
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In Gegenrichtung noch mehr
Herbstfärbung.
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Aus den angekündigten drei bis
vier
Stunden Sonne wurde am Ende vielleicht eine Stunde, aber die war
optimal genutzt. Am Hp Jakobsdorf hatte sich die Sonne wieder hinter
– dafür eindrucksvollen – Wolken verzogen.
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Die Sonne wanderte zum
Sonnenuntergang haarscharf an Wolkenkanten – diese ließen einen
Hauch von Sonne auf den Uerdinger Schienenbus fallen, während die
Wolkentürme im Hintergrund voll in der Sonne lagen. Danke an die
Mannschaft der EGP und den Dampflokfreunden
Salzwedel e.V. für diese entspannte Fotofahrt über
rund 10
Stunden auf rund zehn Kilometern Strecke. Wer weiß, war es nun
das
letzte Mal?
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Fotos
in Google Earth |
©
2016 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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