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Sonnabend, 18. April 2015
– BeNeLux Teil 2: Düwag-Triebwagen mit Dieselantrieb und
Güterstraßenbahnen
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Vor einigen Monaten landete eine
Einladung zu einer Fotosonderfahrt nicht ganz um die Ecke auf meinem
Schreibtisch – zu einer Fahrt mit historischen
Güterstraßenbahnen der früheren Rotterdamsche
Tramweg Maatschappij (RTM),
einer bis 1966 stillgelegten Überlandstraßenbahn bei
Rotterdam.
Die 1965 gegründete Stiftung Stichting
voorheen RTM baut seit 1989 bei Ouddorp in der Provinz Südholland eine Museumsbahn
auf,
auf der die erhaltenen Fahrzeuge der RTM zum Einsatz kommen. Inzwischen
ist neben dem Depot auch eine rund sieben Kilometer lange zum Teil
zweigleisige Museumsbahn entstanden und fast alle Fahrzeuge des
Vereins sind restauriert und betriebsfähig. Hier rangiert die
Trambahnlok MD 1805 die Dampftrambahnloks ausstellungsgerecht
hin, während rechts die Trambahnlok M 67 vor einem
Güterzug abgestellt steht.
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Vor der Fahrzeughalle haben auch
die weiteren Triebwagen Aufstellung genommen: MABD 1602 und
1804. Bisher waren
niederländische Museumsbahnen nicht gerade mein klassisches Ziel –
doch hatte ich im Hinterkopf, dass vor rund 15 Jahren der
Düwag-Großraumzug der Zillertalbahn
dorthin abgegeben wurde, welcher 1954 als ET 195 für die Deutsche
Bundesbahn gebaut wurde und rund fünf Jahre auf der einzigen
DB-Straßenbahnlinie zwischen Ravensburg und Baienfurt eingesetzt
wurde.
Nachdem die DB-Straßenbahnlinie trotz zunächst noch guten
Fahrgastzahlen 1959 dem wachsenden Autoverkehr sprichwörtlich zum
Opfer fiel, wurden die beiden ET 195 im Jahr 1961 an die RTM verkauft,
die die Fahrzeuge für ihre Überlandstraßenbahnlinien
umbaute. Nachdem die letzten Straßenbahnlinien der RTM bis 1966
stillgelegt und abgebaut wurden, kam der Zug zur Zillertalbahn in
Österreich, die den ursprünglich meterspurigen Zug von
Kapspur 1067mm auf 760mm umbaute und die letzten Jahre nur noch als
Reservefahrzeug vorhielt.
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Während die
DB-Überlandstraßenbahn Ravensburg – Baienfurt mit 750
V-Gleichspannung betrieben wurde, wurden die Strecken der RTM mit
Dampftrambahnloks bzw. Dieseltriebwagen befahren.
Für die Engergieversorgung der ET 195 01 und 02 entstand
ab 1961
formal aus dem Triebwagen M 66 ein neuer Generatorwagen mit
Gepäckabteil im typischen Düwag-Design,
welcher durch die N.V.
Carrosseriefabriek Hoogeveen
gefertigt wurde. Hier ist der Zug aus
EB 17.02, MBD 17.00 und EB 17.01 in der Einfahrt aus Middelplaat zu
sehen.
Der EB 17.02 war 1981 durch einen Unfall mit einem Feuerwehrfahrzeug
schwer beschädigt worden und wurde in St. Pölten bis 1983
wieder aufgebaut, dabei wurde die Steuerung des Zuges umgebaut und die
Führerstände des MBD 17.00 konnten ab jetzt nicht mehr
genutzt werden – zuvor konnte bei Bedarf mit nur zwei Wagen gefahren
werden.
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Der Kauf der beiden ET 195 durch
die RTM kam
durch einen schweren (Lkw-) Unfall des Triebwagens MABD 1801 am 14.
November 1959 zustande, bei dem der ebenfalls "Sperwer" genannte Wagen
irreparabel beschädigt wurde und kurze Zeit später zwei
weitere Fahrzeuge ausfielen.
Typische Düwag-Form, doch
letztlich nur ein improvisierter Nachbau für die Versorgung der
von der DB stammenden ET 195 01 und 02. 1971 erhielt der Generatorwagen
bei der Zillertalbahn neue Drehgestelle, da die alten auf 760mm
umgespurten Drehgestelle eines alten Personenwagens problematisch waren.
In den 1990er Jahren gab es
Bestrebungen
einer sächsischen Schmalspurbahn, den Zug zu kaufen und im
Alltagsbetrieb einzusetzen. Die Pläne für
Triebwageneinsätze als Alternative zum teuren
Dampfbetrieb wurden nicht realisiert und der Zug
konnte 1999 als historisches Fahrzeug an
seine alte Wirkungsstätte
zurückkehren.
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Eine Eigenart der RTM war die
Benennung ihrer Fahrzeuge nach Vögeln und die kunstvolle Abbildung
der jeweiligen Art – der MBD 17.00 erhielt den Namen "Sperwer", dt.
Sperber.
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Stillgelegt wurden mit dem Umbau
die zweiten Führerstände der beiden ET 195, auch die Lampen
wurden ausgebaut. Eine detaillierte Beschreibung des "Sperwers" bei der
RTM und im Zillertal hat die Stichting
RTM Ouddorp 2003 in niederländischer Sprache
als PDF-Datei
veröffentlicht.
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Details an MBD 17.00 und EB 17.02.
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Der EB 17.01 hat als Ziel
Hellevoetsluis, einst Depot und bis zum Umzug nach Ouddorp Heimat der
Stichting voorheen RTM, die das alte Depot noch lange Jahre als
Standort und Startpunkt von Sonderfahrten nutzen konnte.
Nach der Rückkehr des Sperwers im Oktober 1999 folgte die
schrittweise Restaurierung des Zuges, zunächst mussten die
Drehgestelle von 760mm auf Kapspur gebracht werden. Nach und nach
folgte eine Aufarbeitung von Karosserie und Inneneinrichtung. Die
elektrische Ausrüstung wird im Zustand der Zillertalbahn bleiben –
in Österreich wurden viele Detailänderungen vorgenommen, sie
muss jedoch gründlich
erneuert werden.
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Nachdem das alte Depot
baufällig wurde und am alten, historischen Standort keine
Perspektive mehr absehbar war, zog die Stichting voorheen RTM 1989 nach
Ouddorp um und begann aus dem Nichts heraus eine neue Museumsbahn
aufzubauen – die Bahn entstand dabei auf bisher nicht für
Bahnbetrieb genutztem Gelände. Die Leichtbauhalle beherbergt alle
Fahrzeuge der RTM, sie wurde jüngst um einen Ergänzungsbau
erweitert. Fast alle Dieseltriebfahrzeuge haben sich vor der
Fahrzeughalle zur fotogerechten Aufstellung versammelt.
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Die RTM besaß eine
größere Anzahl an Trambahndampfloks, beim Museumsverein sind
mehrere erhalten – sie standen heute nicht im Fokus, waren aber zur
Fahrzeugausstellung angetreten. Alle vier im Bild zu sehenden Fahrzeuge
sind als Trambahnloks klassifiziert: Lok 50 (gebaut 1913 bei Henschel in Kassel),
Lok 54 (gebaut 1916 bei O&K in
Berlin), M 67 wurde 1949 auf einer ausgebrannten Lok aufgebaut
und steht seit 2009 im Museumsbetrieb. Rechts MD 1805, 1952 aus der
verbrannten Lok M 69 aufgebaut.
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Eigentlich war der Sperwer
17.01/17.00/17.02 nur zur Ausstellung am Abfahrtsbahnsteig zu Beginn
der Veranstaltung vorgesehen, da der Zug seit einigen Jahren zur
Überholung der elektrischen Anlage abgestellt ist. Dank eines
Entgegenkommens von Veranstalter und Museum wurde der Sperwer mit in
das Fotoprogramm aufgenommen und die weite
Anreise lohnte sich.
Kurzfristig entschieden sich die Aktiven auch
dazu, die ausgebauten Batterien wieder einzubauen und einen
Motorprobelauf durchzuführen. Beides verlief erfolgreich und so
konnte der Sperwer erstmals seit Jahren wieder mit funktionierender
Beleuchtung und laufendem Motor präsentiert werden. Fotogerecht
der Sperwer hinter dem Museumsbahnsteig in Richtung Schleife.
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Am den alten Bahnsteigen
nachempfundenen Haltepunkt De Punt West steigen keine Reisenden ein, in
Kürze wird der Zug die Fahrt fortsetzen. Nach Fertigstellung
laufender Aufarbeitungen soll der Sperwer wieder betriebsfähig
hergerichtet werden, woran angesichts der in rund 25 Jahren aus dem
Nichts errichteten Museumsbahn keinerlei Zweifel bestehen.
Den Aktiven und den Organisatoren mein herzlicher Dank für die
Einbindung der einstigen Bundesbahntriebwagen, welche rund 55 Jahre
nach Stilllegung der einzigen DB-Straßenbahnlinie bei den meisten
längst in Vergessenheit geraten sind und ab 1970 rund 30 Jahre
in Österreich bei der Zillertalbahn ein Einsatzgebiet fanden, wo
ich den Zug 1989
leider nur in der Halle abgestellt antraf.
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Der MABD 1804 "Kievit" (dt. Kiebitz) basiert auf einem
1924 bei der HAWA in Hannover gebauten Triebwagen mit
Teakholzverkleidung. Der Wagen wurde 1953 modernisiert und seit dem
Verkauf an den Museumsverein 1966 mehrfach restauriert, zuletzt nach
langer Abstellung 2010/11 sehr gründlich und durch die
geschützte Hallenabstellung wird das Fahrzeug hoffentlich lange in
diesem fabrikneu wirkenden Zustand bleiben. Als Postgütertram
fährt der Zug an den Fotografen in Richtung Schelife vorbei.
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Der MD 1805 wurde 1952 von der N.V.
Carrosseriefabriek Hoogeveen zusammen mit der RTM-Zentralwerkstatt in
Rotterdam auf dem Rahmen des verbrannten Triebwagens M 69 gebaut und
blieb bis zum Ende der RTM 1966 als Trambahnlok im Einsatz. Nachdem die
Trambahnlok nicht verkauft werden konnte, wurde die Lok MD 1805 an den
Museumsverein verkauft und bei der späteren Restauration
grundlegend erneuert. Hier fährt die MD 1805 mit einem langen
Güterzug in Richtung Schleife.
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Parallelfahrt in die Schleife. MABD
1602 als kurzer Personenzug und MD 1805 als langer Güterzug.
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MABD 1602 "Reiger" (dt. Reiher) kam 1949 zur RTM und
wurde hier umfassend modernisiert. Zusammen mit dem passenden
Personenwagen fährt der Zug in die Schleife ein.
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MABD 1804 als Postgütertram.
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Güterwagen sind im
Museumsbetrieb eher die Ausnahme, lassen sich mit ihnen doch kaum
nennenswerte Einnahmen erzielen. Bei der RTM in Ouddorp sind jedoch
eine
Reihe von Güterwagen restauriert vorhanden und betriebsfähig.
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Die
Rotterdamsche Tramweg Maatschappij (RTM)
betrieben Mitte der 1960er Jahre noch zwei
Straßenbahnlinien: Von Rotterdam nach Hellevoetsluis und
Oostvoorne. Die meisten neu beschafften Busse, welche die
Straßenbahnen
der RTM ersetzten, waren Busse der Marke Magirus – ab 1964 wurden die
ersten Leylands beschafft, wie 1966 der Wagen 38.
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In der Schleife De
Punt traf der MD 1805 auf den Leyland
Verheul 38 (Waschbär) von
1966, welcher wenige Monate nach der Stilllegung der letzten Strecke
der RTM in Betrieb ging. Der Wagen 38 konnte 1983 von der Stichting Veteraan Autobussen (SVA)
übernommen werden und steht im Zustand des Einsatzes bei der RTM
für Sonderfahrten zur Verfügung.
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Der MABD 1602 steht in der Schleife
Besucherzentrum zur Fahrt ins Museum bereit. Leider wird aktuell die
Schleife in De Punt mit Ferienhäusern zugebaut, so dass die hier
bisher weitgehend unberührte Natur der Vergangenheit
angehört.
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Fotos
in Google Earth |
©
2015 Jan Borchers, www.bahnfotokiste.de |
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